Einführung in die Systemtheorie/ Beschreibung linearer Prozesse im Zeitbereich

Aus Wikibooks

Beschreibung linearer und nichtlinearer Prozesse im Zeitbereich[Bearbeiten]

Normung der Signalbezeichnungen

Die bis zum Jahr 2009 gültige Norm DIN 19226 Leittechnik; Regelungstechnik und Steuerungstechnik wurde zurückgezogen und durch DIN IEC 60050-351 ersetzt.

Das deutsche Institut für Normung hat in der DIN EN 60027-6 sämtliche Begriffe und Formelzeichen für die Signale in Regelkreisen festgelegt.

Blockschaltbild eines erweiterten Standardregelkreises, bestehend aus der Regelstrecke, dem Regler und einer negativen Rückkopplung der Regelgröße y (auch Istwert)

Diese Normen wurden in der deutschen Fachliteratur der Regelungstechnik kaum verwendet. Es darf vermutet werden, dass der Einfluss durch das aus den USA stammende mathematische Verfahren der „Zustandsraumdarstellung“ von dynamischen Systemen den Zwang zu einer gemischten Vereinheitlichung von Signalbezeichnungen mit der Regelungstechnik geführt hat.

Zunehmend wird für die Eingangs- Ausgangsbezeichnung eines Systems anstelle von X und Y oder „Xe“ für das Eingangssignal und „Xa“ für das Ausgangssignal in der Fachliteratur der modernen Systemtheorie als Eingangsgröße „U“ und als Ausgangsgröße „Y“ verwendet.

Für die Systemtheorie werden nachfolgend, wie auch in der Regelungstechnik, die Signalgrößen des dargestellten Blockschaltbildes verwendet:


Systembeschreibung[Bearbeiten]

Die nachfolgenden Systembeschreibungen setzen die Kenntnisse der mathematischen Werkzeuge wie Differenzialgleichung, Laplace-Transformation und Übertragungsfunktion voraus. Diese Kenntnisse werden erst in späteren Kapiteln dargestellt. Gewöhnliche systembeschreibende Differenzialgleichungen können jederzeit in die anschaulicheren Übertragungsfunktionen und wieder zurück gewandelt werden. Übertragungsfunktionen behandeln keine Anfangswerte der physikalischen Systemspeicher.

Ein reales dynamisches System kann durch das Aufstellen von Differenzialgleichungen modelliert werden. Dazu werden für die Energie-/Materie-Speicher zunächst Bilanzgleichungen benötigt.

Für jeden konzentrierten Speicher entsteht eine Differenzialgleichung erster Ordnung mit der Ableitung der Ausgangsgröße y(t). Das Verhalten eines linearen Systems wird vollständig durch die Lösung der Differenzialgleichung wiedergegeben.

Beispiele für Differenzialgleichungen erster Ordnung

Die Lösung einer linearen, inhomogenen Differenzialgleichung mit konstanten Koeffizienten setzt sich immer aus den Anteilen der homogenen und der partikulären Lösung zusammen.

  • Die homogene Lösung bezieht sich auf die Anfangswerte der Systemspeicher. Die Eingangsgröße der Differenzialgleichung ist dabei zu Null gesetzt. Sind die Anfangswerte Null, ist auch die Lösung der Differenzialgleichung die Ausgangsgröße yH(t) = 0.
  • Die partikuläre Lösung yP(t) bezieht sich auf eine von Null verschiedene Eingangsgröße u(t) bei denen die Systemspeicher den Wert Null haben. Diese Lösung des Eingangs- Ausgangsverhaltens eines Systems interessiert in den meisten Anwendungsfällen.
  • Durch die Laplace-Transformation der systembeschreibenden Differenzialgleichung linearer Übertragungssysteme werden Systeme bei verschwindenden Anfangsbedingungen vom Zeitbereich in den sogenannten Bildbereich (s-Bereich) mit der komplexen Frequenz s übertragen.
Das Produkt der Übertragungsfunktion mit dem Laplace-transformierten Eingangssignal U(s) ergibt das Ausgangssignal Y(s) des Systems. Mit der inversen Laplace-Transformation entsteht die gesuchte Lösung der Ausgangsgröße y(t) eines Übertragungssystems als Funktion der Eingangsgröße u(t) im Zeitbereich. Sie entspricht der partikulären Lösung der dem System zugehörigen Differenzialgleichung. Die partikuläre Lösung einer Differenzialgleichung über den Umweg der Laplace-Transformation ist einfacher als die direkte Lösung mit dem Faltungsintegral.
Signale und Übertragungsfunktionen im s-Bereich können entsprechend ihrer Systemstruktur (Reihenschaltung, Parallelschaltung, Rückkopplungsschaltung) beliebig algebraisch behandelt werden.
Durch die Analyse der Pole und Nullstellen der Übertragungsfunktion ergeben sich wichtige Aussagen über das Systemverhalten wie Eigendynamik, Stabilität und Zeitverhalten.


Testsignale[Bearbeiten]

Impulsantwort Xaδ(t) von 4 hintereinander geschalteten PT1-Gliedern mit gleichen Zeitkonstanten

Den nichtperiodischen (deterministischen) Testsignalen kommt in der Regelungstechnik eine zentrale Bedeutung zu. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, ein Übertragungssystem zu testen, auf Stabilität zu prüfen oder Eigenschaften des Systems durch Ermittlung der Kennwerte zu analysieren.

Den Testsignalen ist gemeinsam, dass sie zum Zeitpunkt t = 0 beginnen und bei t < 0 eine Amplitude = 0 aufweisen. Es wird das Testsignal als Eingangsgröße u(t) an einem Übertragungssystem angelegt und die Systemantwort als Ausgangsgröße y(t) aufgezeichnet und analysiert. Anhand der Kenndaten können mathematische Modelle geschaffen werden. Die häufig verwendete Darstellungsform eines Modells ist die Übertragungsfunktion im s-Bereich mit der komplexen Frequenz s.

Zur Unterscheidung der Funktion der Testsignale werden sie mit den Zeichen δ (Impuls), Ϭ (Sprung), a (Anstieg) und s (Sinus) indiziert.

Der theoretische Deltaimpuls (δ-Impuls, Dirac-Impuls) für t = 0 mit unendlich großer Amplitude ist technisch nicht realisierbar. An seiner Stelle wird ein Rechteckimpuls mit der Impulsfläche
1 = Amplitude · Zeit definiert. In der Praxis genügt ein Wert für die Impulsbreite von Δt = 1 % bis 10 % der dominanten Zeitkonstante des zu prüfenden Übertragungssystems.

Die Differentiation der Sprungfunktion entspricht der Impulsfunktion. Die Integration einer Sprungfunktion entspricht der Anstiegsfunktion. Die Differentiation der Sprungantwort eines linearen Übertragungssystems entspricht der Impulsantwort.

Die Sprungantworten Xaσ(t) mit 4 PT1-Gliedern mit je gleichen Zeitkonstanten mit je T = 1[s]

Die Sinusfunktion gehört zur Gruppe der periodischen Signale. Die frequenz-variable Einspeisung eines linearen Übertragungssystems erlaubt die Aufnahme des Amplituden- und Phasengangs des Systems. Mit Hilfe des Bode-Diagramms kann die Übertragungsfunktion des Systems bestimmt werden.

Begriff Testsignal
Xe(t)
Zeitverhalten des Testsignals Bildbereich Systemantwort
Xa(t)
Impulsfunktion δ oder
Stoßfunktion, Deltaimpuls
Normierter Impuls =
Impulsbreite =
Hauptanwendung: Erkennung des Systems, der Ordnung und der Stabilität
Impulsantwort oder
Gewichtsfunktion
Sprungfunktion σ
Einheitssprung:
Hauptanwendung: Erkennung des Systems

Sprungantwort oder
Übergangsfunktion
Anstiegsfunktion oder
Rampe
Anstiegsfunktion: Gradient:
Hauptanwendung: Bestimmung der Nachlaufeigenschaften
Anstiegsantwort oder
Rampenantwort
Sinusfunktion s

Hauptanwendung: Aufnahme des Amplituden- und Phasengang eines Systems

Frequenzgang


Linearitätseigenschaften[Bearbeiten]

Linearisierung im Arbeitspunkt eines nichtlinearen Systems

Die Linearität eines dynamischen Systems bedeutet, dass die systembeschreibende Differenzialgleichung linear ist. Eine lineare Differenzialgleichung enthält die gesuchte Funktion und deren Ableitungen nur in der ersten Potenz. Es dürfen keine Produkte der gesuchten Funktion und ihrer Ableitungen auftreten. Das heißt, die Koeffizienten müssen konstant sein.

Die symbolische Operatorenschreibweise lautet für ein lineares dynamisches System F mit dem Eingangssignal u(t) und Ausgangssignal y(t):

Der lineare Operator F ist die Operation, für die sich aus dem gegebenen Eingangssignal u(t) das Verhalten des Ausgangssignals y(t) ergibt.

Die Linearität eines Übertragungssystems bedeutet für alle Systembeschreibungen:

  • Lineare Kennlinien,
  • Lineare Gleichungen,
  • Lineare Differenzialgleichungen.
Lineares statisches System

Ein statisches System F mit dem Eingangssignal u und dem Ausgangssignal y hat einen linearen Zusammenhang mit y = F(u) wenn folgende Beziehung gilt:

  • Superpositionsprinzip:
  • Verstärkungsprinzip
Lineares dynamisches System
Darstellung des Superpositionsprinzips und des Verstärkungsprinzips bei linearen Übertragungssystemen

Ein dynamisches System verhält sich linear, wenn die Wirkungen zweier linear überlagerter Eingangssignale sich am Ausgang des Systems in gleicher Weise linear überlagern.

Wird für ein Eingangssignal

die dargestellte Signalkombination gesetzt, so fordert das Superpositionsprinzip, dass die Ausgangsgröße des linearen Systems sich wie folgt darstellen lässt:

Superpositionsprinzip
Verstärkungsprinzip

Hierbei sind u1(t) und u2(t) beliebige Eingangssignale und K eine beliebige Konstante.

Nichtlineares Übertragungssystem[Bearbeiten]

Die lineare Systemeigenschaft ist häufig nicht gegeben, da viele zusammenwirkende Systeme z. B. in der Regelungstechnik bei Ventil-Kennlinien, Stellgrößenbegrenzungen oder Schaltvorgängen keine Linearität aufweisen.

Ein nichtlineares System kann entweder in Form nichtlinearer statischer Kennlinien oder in Form nichtlinearer Operationen wie Multiplikation oder Division von Variablen in algebraischen Gleichungen und Differentialgleichungen auftreten.

Ein nichtlineares dynamisches System 2. Ordnung entsteht beispielsweise durch ein Feder-Masse-Dämpfer-System, wenn das Federsystem oder der Dämpfer ein nichtlineares Verhalten hat. Anhand der Vielzahl der Formen nichtlinearer Systeme ist es schwierig, diese in bestimmte Klassen einzuordnen. Nichtlineare Systeme kann man als einzigartig einstufen.

Folgende Beziehungen ergeben sich bei nichtlinearen Systemen:

Beispiele nichtlinearer Übertragungssysteme
  • Wird ein nichtlineares Übertragungssystem in einem festen Arbeitspunkt betrieben, dann kann das nichtlineare Verhalten des Systems durch ein lineares Modell für die nähere Umgebung des Arbeitspunktes ersetzt werden.
  • Jeder nichtlineare Zusammenhang kann im Kleinsignalverhalten näherungsweise linear beschrieben werden. Die Näherung wird umso besser, je kleiner der Differenzenquotient y(t) zu u(t) am Arbeitspunkt ist.
  • Ist eine nichtlineare Funktion als grafische Kennlinie gegeben, dann kann durch Anlegen einer Tangente im gewünschten Arbeitspunkt die Steigung der Tangente für die linearisierte Beziehung bestimmt werden
  • Ein nichtlineares dynamisches System mit kontinuierlich fallender oder steigender Kennlinie kann auch durch Einbindung in einen eigenen Regelkreis linearisiert und damit auch in seinem dynamischen Verhalten verbessert werden.
  • Nichtlineare Differenzialgleichungen lassen sich meist nur numerisch lösen. Wenn ein Übertragungssystem in Teilsysteme zerlegt werden kann und das nichtlineare Verhalten einzelner Systeme als analytische Gleichung oder Wertetabelle vorliegt, kann relativ einfach das Verhalten eines nichtlinearen dynamischen Systems berechnet werden.

Nachteilige Eigenschaften nichtlinearer Systeme[Bearbeiten]

Im Gegensatz zu den linearen dynamischen Systemen haben die nichtlinearen dynamischen Systeme folgende nachteiligen Eigenschaften:

  • Für nichtlineare Systeme gilt das Superpositionsprinzip allgemein nicht.
  • Für nichtlineare Systeme gilt das Verstärkungsprinzip allgemein nicht.
  • Es existiert keine geschlossenen Theorie der mathematischen Behandlung wie bei den linearen Systemen.
  • Funktionsblöcke eines Übertragungssystems können in der Reihenfolge nicht vertauscht werden.
  • Die Betrachtung im Frequenzbereich ist nicht mehr so einfach möglich.
  • Die Laplace-Transformation ist nicht mehr anwendbar.
Allgemeine Darstellung des nichtlinearen Regelkreises

Es sind nichtlineare statische Systeme und nichtlineare dynamische Systeme zu unterscheiden. Gelingt es, von einem dynamischen nichtlinearen System einen Block als nichtlineare statische Funktion (Kennlinienverhalten) und einen Block als lineares dynamisches System zu trennen, entstehen die sogenannten Hammerstein-Strukturen Hammerstein-Modell oder die Wiener-Struktur Wiener-Modell als Modelle der Systembeschreibung.

Diese beiden Modelle unterscheiden sich nur durch die Reihenfolge der Funktionsblöcke, haben aber bei größeren Eingangssignalen unterschiedliche Eigenschaften. Für die regelungstechnischen Belange ist das Hammerstein-Modell vorzuziehen, weil die Stellgröße des Reglers meist durch Begrenzungseffekte oder der Regler als sogenannter Kennlinienregler ein nichtlineares Verhalten hat.

Schwingungseigenschaften beliebiger Systeme bei sinusförmiger Erregung[Bearbeiten]

Bei einem nichtlinearen statischen System kann die Übertragungskennlinie als eine in weiten Grenzen sich ändernde Verstärkung angesehen werden. Das System antwortet auf ein sinusförmiges Eingangssignal meist mit einer Verzerrung der Schwingung des Eingangssignals gleicher Frequenz und einer Phasenverschiebung. Lediglich ein symmetrisches Zweipunkt-Element (Zweipunktregler) ohne Hysterese, ohne Totzone und Signalbegrenzung antwortet auf eine sinusförmige Eingangsschwingung mit einer Rechteckschwingung der gewählten Rechteck-Amplitude u(t) der gleichen Frequenz ohne eine Phasenverschiebung.

  • Ein lineares dynamisches System antwortet auf ein sinusförmiges Eingangssignal u(t) = uMAX * sin(ωt) im eingeschwungenen Zustand immer mit der gleichen Frequenz, lediglich die Amplitude des Ausgangssignals y(t) wird verändert.
  • Ein angeregtes lineares System mit konjugiert komplexen Polen schwingt immer sinusförmig.
  • Ein angeregtes nichtlineares System z.B. ein Regelkreis mit einem Zweipunktregler als nichtlineare Kennlinie schwingt meistens – je nach Ordnung der Regelstrecke und damit des Tiefpass-Verhaltens – nicht sinusförmig oder bei höherer Ordnung der Regelstrecke gut angenähert sinusförmig.
  • Wird ein nichtlineares statisches System mit einem sinusförmigen Eingangssignal e(t) erregt, kann sich die Frequenz und das Frequenzspektrum des Ausgangssignals u(t) völlig verändern.
Beispiel: Nichtlinearität mit quadratischer oder exponentieller Kennlinie:
Für eine sinusförmige Erregung mit quadratischer Kennlinie des Systems antwortet das System mit einer doppelten sinusförmigen Frequenz und Gleichanteil (verschobener Arbeitspunkt), das System mit exponentieller Kennlinie antwortet mit einem sinusähnlichen Impuls mit großem Oberwellenanteil.
  • Sogenannte Kennlinienregler antworten bei einer sinusförmiger Erregung mit Rechteckschwingungen gleicher Frequenz und meist einer nacheilenden Phasenverschiebung φ zur Eingangsschwingung. Eine Ausnahme bildet der Zweipunktregler. Er antwortet auf eine sinusförmige Erregung mit einer Rechteckschwingung gleicher Frequenz ohne Phasenverschiebung.

Methoden der mathematischen Behandlung nichtlinearer Systeme[Bearbeiten]

Kennlinie Dreipunktregler mit Ortskurve der Beschreibungsfunktion N(A)
  • Harmonische Balance
Im Zustand der Dauerschwingung eines nichtlinearen dynamischen Regelsystems wird das nichtlineare statische System als lineares Übertragungsglied N(A) (A = Eingangsamplitude eMAX) betrachtet. Voraussetzung für das lineare dynamische System (Regelstrecke) ist das Tiefpass-Verhalten 2. und höherer Ordnung, bei dem die Ausgangsgröße y(t) eine angenäherte harmonische Sinusschwingung ist. Aus der Gleichung der Harmonischen Balance lassen sich die unbekannten Systemgrößen, die Amplitude A der Eingangsschwingung e(t) und die Frequenz der Dauerschwingung ω = 2*π*f bestimmen.
Die Harmonische Balance ist ein sehr anschauliches Verfahren der Systemanalyse, das aber nicht auf die Stabilität der Ruhelage, sondern auf die Instabilität der Ruhelage, also auf stabile Dauerschwingungen zielt. Nur durch Schlussfolgerungen können daraus stabile Regelkreise bestimmt werden.

→ Siehe Wikipedia-Artikel: Harmonische Balance

  • Direkte Methode von Ljapunow.[1]
Mit den Stabilitätssätzen von Ljapunow ergibt sich ein breites Anwendungsfeld für die Stabilitätsuntersuchung und der Reglersynthese.
Die Sätze lauten:
  1. Stabilität im Kleinen,
  2. Asymptotische Stabilität im Kleinen,
  3. Asymptotische Stabilität im Großen,
  4. Globale asymptotische Stabilität.
  • Zustandsebene [2]
Die Darstellung in der Zustandsebene ist für die Analyse und Reglersynthese geeignet, beschränkt sich aber auf Systeme 2. Ordnung. Die zeitoptimale Regelung ist gut behandelbar.
Beispiel der numerischen Berechnung der Sprungantwort eines nichtlinearen Regelkreises.
  • Fuzzy-Systeme
Fuzzy-Systeme, wie die Fuzzy-Logik und Fuzzy-Regler, sind für die experimentelle Modellierung nichtlinearer Systeme und für die Regler-Synthese mit geringem mathematischen Aufwand geeignet.

→ Siehe Wikipedia-Artikel: Fuzzy-Regler

  • Numerische Berechnung
Die numerische rekursive Berechnung eines nichtlinearen dynamischen Systems nach dem Euler-Streckenzug-Verfahren mit der diskreten Zeit Δt und der Berechnungsfolge k = (0, 1, 2, 3, ... kMAX) erlaubt als einfachstes Verfahren das Zeitverhalten sämtlicher vorkommenden nichtlinearen und totzeitbehafteten Systeme zu bestimmen.
Die statische Nichtlinearität kann mit logischen Programm-Befehlen oder Wertetabellen berechnet, die Linearfaktoren der linearen Teilsysteme können mit Differenzengleichungen berechnet werden.

→ Siehe das ausführliche Hauptkapitel "Einführung in die Systemtheorie/ Numerische Berechnung dynamischer Systeme".

Alternativ, soweit verfügbar, kommen numerischen Rechenprogramme wie kostenfreie GNU Octave oder kommerzielle Varianten wie MATLAB mit Simulink zur Anwendung.

Einführung in die Regelungstechnik[Bearbeiten]

Ein Regelkreis wie auch eine Regelstrecke sind dynamische Systeme. Es gelten die gleichen mathematischen Systembeschreibungen. Eine Regelstrecke ist immer stabil, wenn seine Einzelsysteme stabil sind, d.h. die Pole der Einzelsysteme haben einen negativen Realteil. Systeme mit Integratoren (I-Glieder) sind grenzstabil, ihre Pole liegen im Ursprung (Realteil = 0) des s-Diagramms (s-Ebene). Zwei Integratoren in einer Regelstrecke führen zur monotonen Instabilität. Dennoch können instabile Regelstrecken mit geeigneten Reglern zum stabilen Regelkreisverhalten gebracht werden.

Ein besonderes Phänomen der Stabilität eines offenen (aufgeschnittenen) Regelkreises tritt auf, wenn der Regelkreis geschlossen wird.

Eine der Regelstrecke nicht angepasste zu hohe Kreisverstärkung führt bei Regelstrecken mit Verzögerungsgliedern ab 3. Ordnung oder gar mit Totzeitverhalten zur oszillatorischen Instabilität. Bedingt durch das Zeitverhalten der Regelstrecke wird über den Soll-Istwert-Vergleich dem Regler eine verspätete Regeldifferenz zugeführt. Reduziert sich diese nacheilende Phasenverschiebung der Regelgröße des offenen Regelkreises um einen Wert kleiner als -180°, ergibt sich am Soll-Istwert-Vergleich anstelle einer Gegenkopplung eine Mitkopplung und der geschlossene Regelkreis wird bei einer Kreisverstärkung > 1 instabil.

Blockschaltbild eines einfachen Standardregelkreises, bestehend aus der Regelstrecke, dem Regler und einer negativen Rückkopplung der Regelgröße y (auch Istwert). Die Regelgröße y wird mit der Führungsgröße (Sollwert) w verglichen. Die Regelabweichung e = wy wird dem Regler zugeführt, der daraus entsprechend der gewünschten Dynamik des Regelkreises eine Steuergröße u bildet. Die Störgröße d wirkt meistens auf den Ausgang der Regelstrecke, sie kann aber auch auf verschiedene Teile der Regelstrecke Einfluss nehmen.

Prinzip der Regelung[Bearbeiten]

Durch die Subtraktion der negativen Rückführung der Regelgröße y(t) von der Führungsgröße w(t) entsteht die Regeldifferenz e(t), die auf den Regler wirkt. Es ist Aufgabe des Reglers, das Zeitverhalten der Regelgröße bezüglich des statischen und dynamischen Verhaltens gemäß den vorgegebenen Anforderungen festzulegen. Zur Erfüllung widersprechender Anforderungen wie gutes Führungs- und Störverhalten sind gegebenenfalls aufwändigere Regelkreisstrukturen erforderlich.

Regelkreismodell[Bearbeiten]

Die Aufgabe eines mathematisches Modells eines realen dynamischen Prozesses oder eines noch zu projektierenden technischen Prozesses dient dem Erkennen und der Vorhersage des Systemverhaltens.

Das mathematische Modell eines Regelkreises beschreibt alle äußeren Einflussgrößen wie Störgrößen und Eingangssignale auf den geschlossenen Wirkungsablauf des Regelkreises. Das Verhalten der Ausgangsgrößen wie die Regelgrößen sowie auch interessante Zwischengrößen (Stellgrößen) als Funktion der Eingangssignale und der Parameter von Regler und Regelstrecke sind von besonderem Interesse.

Je nach Lastenheft der regelungstechnischen Aufgabenstellung ist für die Bestimmung eines geeigneten Reglers das mathematische Modell der Regelstrecke erforderlich.

Mathematische Modelle können bei einfachen linearen physikalischen Systemen durch eine gewöhnliche Differenzialgleichung exakt eine Regelstrecke beschreiben (= Theoretische Modellbildung).

In den meisten Anwendungsfällen haben Übertragungssysteme (Regelstrecken) auch nichtlineare Komponenten und sind totzeitbehaftet. Für solche Systeme wird experimentell durch geeignete Testsignale die Systemantwort aufgezeichnet und ein mathematisches Modell gesucht, das den gemessenen Verlauf der Ausgangsgröße y(t) reproduziert (= Experimentelle Prozessanalyse). Ein derartig definiertes Modell ist durch Anwendung numerischer Verfahren einfach berechenbar. Sind nichtlineare Teilsysteme im Gesamtsystem enthalten, müssen diese getrennt erfasst und durch Wertetabellen definiert werden.

Global-proportionale Regelstrecken höherer Ordnung mit Totzeit lassen sich relativ genau durch Modelle als PT2-Tt-Glieder beschreiben. Global-integrale Regelstrecken lassen sich ebenso durch PT2-Tt-I-Glieder beschreiben.

Zum Modellverständnis eines dynamischen Systems müssen die wichtigsten Begriffe der inneren Systemspeicher verstanden werden.

Anforderung an einen Regelkreis[Bearbeiten]

  • Der Regelkreis muss stabil sein.
Die Stabilität des Regelkreises mit linearen zeitinvarianten Übertragungssystemen hängt von der Ordnung und den Parametern der Strecke, von der Struktur des Reglers und von den Parametern des Reglers ab.
Wird eine Steuerstrecke aus linearen zeitinvarianten Systemen in Verbindung mit einem Regler zu einem Regelkreis gestaltet, dann werden in Bezug zum Verhalten der Steuerstrecke folgende Vorteile gewonnen:
  • Die Regelgröße y(t) stellt sich auf das Niveau des Sollwertes w(t) ein,
  • Störgrößen werden minimiert,
  • Die dominante Zeitkonstante der Regelgröße verringert sich ungefähr um den Faktor der Kreisverstärkung.
Bei Vorhandensein differenzierender PD-Glieder im Regler wird die Verstärkung um einen dynamischen Anteil noch zusätzlich erhöht. Dabei kann die Stellgröße u(t) sehr große Werte annehmen. Dies ergibt sich aus der Berechnung der Schließbedingung des offenen Regelkreises mit der Signalflussalgebra des Regelkreises.
Sprungantwort eines Regelkreises mit verschiedenen Begrenzungen des Stellgliedes bei hoher Kreisverstärkung K
Eine zu einer Regelstrecke umfunktionierte Steuerstrecke lässt sich ohne Energiezufuhr nicht schneller machen. Dieses Beispiel zeigt den Effekt der gerätetechnischen Signalbegrenzung der Stellgröße y(t), die häufig als Schnittstelle von Steuersignalen und Steuerenergie fungiert (z. B. Stellantriebe, Ventile, usw.). Es ist Ermessenssache, ob die Leistungsschnittstelle zum Regler oder zur Regelstrecke gehört.
Die Übertragungsfunktion dieses Beispiels eines einfachen Regelkreises enthält keinen Hinweis auf eine Signalbegrenzung und ist deshalb falsch, wenn eine Signalbegrenzung vorliegt. Übertragungsfunktionen gelten nur für lineare zeitinvariante Systeme.
Man kann durchaus Signalbegrenzungen ignorieren und kommt zu einem stabilen Regelkreis. Jedoch entspricht das Übergangsverhalten der Regelgröße y(t) bei Signalbegrenzungen nicht der Übertragungsfunktion des Regelkreises.
Ein wichtiges Verfahren der Bestimmung der Stabilität ist die Analyse des Nennerpolynoms der Übertragungsfunktion des Regelkreises, ob die Pole (Nullstellen des Nenners, die die Gleichung zu Null machen) in der linken s-Halbebene liegen.
  • Der Regelkreis soll ein gutes Führungsverhalten und Störverhalten aufweisen.
Werden keine besonderen regelungstechnischen Maßnahmen getroffen, sind dies widersprechende Anforderungen.
  • Der Regelkreis soll sich robust verhalten.
Unter „robust“ versteht man den Einfluss der schleichenden Änderungen der Parameter von Regler und Regelstrecke auf die Dynamik des Regelkreises. Diese durch innere und äußere Umwelteinflüsse wie z. B. Alterung, Reibung, Korrosion entstehenden Parameteränderungen müssen innerhalb eines zugelassenen Toleranzbereiches liegen. Das Verhalten der Robustheit wird auch mit Einfluss der „inneren Störgrößen“ eines Regelkreises bezeichnet.

Auslegungsstrategie[Bearbeiten]

In Bezug auf die gewünschte Stabilität des Regelkreises und weiteren Anforderungen der Dynamik der Regelgröße sind folgende Auslegungsstrategien des Reglers zu betrachten:

  • Analyse eines gegebenen Regelkreises:
Erfüllt die Regelgröße die Anforderungen nach Stabilität, Einschwingverhalten (Regelgüte), Störverhalten?
  • Regelstrecke ist gegeben:
Synthese der Reglereigenschaften, welche der Regler gemäß der Anforderungen erfüllen muss.
  • Regelstrecke ist gegeben, erhöhte Dynamikforderungen der Regelgröße:
Ist der höhere Aufwand eines Zustandsreglers mit Nutzung der inneren Systemgrößen (Zustandsvariablen) mit der Zustandsrückführung gegenüber einem konventionellen Regler mit Ausgangsrückführung vertretbar?

Spezialregler für gegebene bekannte und unbekannte Regelstrecken[Bearbeiten]

  • Kombinierter Regler mit Vorsteuerung oder Vorfilter,
  • Regler mit Störgrößenaufschaltung,
  • Kaskadenregler: Einzelne Teilsysteme der Regelstrecke sind messbar:
Kaskadenregler sind Hilfsgrößen-Regler für einen Folgeregelkreis. Sie erfüllen eine bessere Dynamik der Regelgröße und tragen zur Verbesserung des Störverhaltens bei.
  • Regelstrecke mit Totzeit: Smith-Prädiktor eliminiert Totzeit.
Mathematisches Modell der totzeitbehafteten Regelstrecke durch Smith-Prädiktor mit „Totzeit Vorhersage“.
  • Regelstrecke unbekannt oder ändert sich:
Adaptiver Regler erforderlich, der die Regelstrecke identifizieren und in bestimmten Grenzen optimal regeln kann.
  • Regelkreis mit Rückführung der Zustandsvariablen,
Verbesserte dynamische Regeleigenschaften gegenüber Regelkreisen mit Ausgangsrückführung. Vergleichbar mit Kaskadenreglern.

→ Siehe den ausführlichen Wikipedia-Artikel: Regelungstechnik

→ Siehe den ausführlichen Wikipedia-Artikel: Regelkreis

→ Siehe den ausführlichen Wikipedia-Artikel: Regler

→ Siehe den ausführlichen Wikipedia-Artikel: Regelstrecke


Groß- und Kleinsignalverhalten[Bearbeiten]

  • Großsignale sind wirklich gemessene Signale
Beispiel: Maximaler Sollwertsprung an einer Regeleinrichtung. Gemessene Sprungantwort der Regler-Stellgröße und der Regelgröße. Analyse der Problematik häufig vorkommender Stellgrößenbegrenzung, die zu nichtlinearem Verhalten führen.
  • Kleinsignalverhalten
Kleine Signalabweichungen um den Arbeitspunkt eines linearen Übertragungssystems müssen sich nicht proportional und identisch mit großen Signalabweichungen verhalten.
Beispiel: Für kleine Sollwert-Änderungen an einer Regeleinrichtung müssen nicht zwangsläufig Stellgrößenbegrenzungen auftreten.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Fachbuch Heinz Unbehauen „Regelungstechnik II“, Nichtlineare Regelsysteme, Kapitel: Stabilitätstheorie nach Ljapunow", 9. Auflage 2006
  2. Fachbuch Heinz Unbehauen „Regelungstechnik II“, Nichtlineare Regelsysteme, Kapitel: „Analyse nichtlinearer Regelsysteme in der Phasenebene“ und „Untersuchung von Relaisregelsystemen mit der Methode der Phasenebene“, 9. Auflage 2006