Erste Hilfe/ epileptischer Anfall

Aus Wikibooks

Ursachen[Bearbeiten]

Ein Krampfanfall entsteht durch ein abnorme, synchrone elektrische Entladung von Nervenzellen. Diese Entladungen können verschiedene Gründe haben:

  • angeborene Epilepsie
  • Vergiftung (z. B. Alkohol-/Drogenmissbrauch, Entzug)
  • Reizüberflutung (z. B. durch ein Stroboskop)
  • Hirntumor
  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Entzündung des Gehirns oder der Hirnhaut
  • Unterversorgung des Gehirns (Sauerstoffmangel, Unterzucker, Wassermangel)
  • Hyperventilation
  • Schlafentzug
  • Fieber (vor allem bei Kindern)
  • Eklampsie (bei Schwangeren)
  • Affektkrampf (bei Kindern)
  • Sonnenstich
  • Stromunfall

Ein normaler Krampfanfall dauert zirka 30 bis 120 Sekunden; bei einer Anfallsdauer von über drei Minuten spricht man vom Status epilepticus.

Erkennen[Bearbeiten]

Viele Arten von Krampfanfällen sind für einen Laien kaum als solche zu erkennen. Unübersehbar ist jedoch auch für sie ein „großer“ Anfall, der „Grand Mal“.

  • Einige Patienten fühlen eine Art „Aura“ kurz vor dem Anfallsbeginn. Dies sind Missempfindungen wie beispielsweise ein Kribbeln oder auch halluzinatorische Erlebnisse.
  • Während der meisten Anfallsarten sind viele Patienten nicht ansprechbar, jedoch wach; anders beim Grand Mal, der in der Regel mit einer tiefen Bewusstlosigkeit einhergeht. Typisch hierfür sind eine harte Versteifung der Muskulatur, die in der Regel zu einem Sturz führt, gefolgt von unkontrollierten Zuckungen der Muskulatur, sogenannten Myoklonien. Es gibt jedoch auch Anfälle, bei denen nur eine dieser beiden Formen auftritt.
  • Manchmal bildet sich vor dem Mund der Patienten Schaum, der sich gelegentlich durch Blut aufgrund eines Bisses auf die Zunge rot verfärbt.
  • Nach einem Anfall sind die Patienten in der Regel leicht desorientiert und/oder umdämmert. Urin- bzw. Stuhlabgang bei einem Grand Mal ist häufig zu beobachten. Einige Personen fallen in den sogenannten Terminalschlaf.
  • Am Anfang des eigentlichen Krampfanfalls bewegen sich die Augen des Patienten nach rechts oben und das 2 bis 5 Sekunden lang. Der Patient ist aber dabei noch beim Bewusstsein.

Gefahren[Bearbeiten]

Das Wichtigste ist, den krampfenden Patienten vor Sekundärverletzungen (z. B. bei Sturz oder Zuckungen) zu schützen, das heißt, seine Umgebung zu sichern.

Eine weitere Gefahr besteht in der folgenden Bewusstlosigkeit, vor allem durch die erschlaffende Zunge und den Magensphinkter.

Maßnahmen[Bearbeiten]

Kurzzusammenfassung:

  • den Patienten nicht festhalten
  • die Zeit messen, wie lange der Anfall dauert
  • Notruf absetzen
  • bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage
  • bei Atem-/Herzstillstand: Herz-Lungen-Wiederbelebung
  • gegebenenfalls nach dem Anfall Wunden oder Verletzungen versorgen

Für den Rettungsdienst gelten zusätzliche Maßnahmen:

  • Durchbrechen des Anfalls mit Diazepam, meist in Form von Rektiolen
  • Sauerstoffgabe
  • gegebenenfalls, falls möglich, Ursachen beseitigen (z. B. Hypoglykämie)

Ruhe bewahren/nicht überstürzt handeln[Bearbeiten]

In der Regel ist kein Eingreifen nötig und der Anfall endet nach (maximal) wenigen Minuten von selbst. Viele Epileptiker empfinden es sogar als unangenehm und belastend, wenn bei einem „einfachen“ Anfall der Rettungsdienst gerufen oder gar eine Klinikeinweisung veranlasst wird.

die Dauer des Anfalls registrieren[Bearbeiten]

Die Anfälle – Sturz, Zuckungen der Arme und Beine und des Gesichts – sind meist nach 1 bis 2 Minuten von selbst abgeklungen. Anschließend kann der Betroffene noch für einige Zeit (dies kann bis zu mehreren Stunden dauern) kaum weckbar, schwer besinnlich und müde sein. Der Betroffene erholt sich fast immer von selbst. Hilfe/Begleitung anbieten.

Ein Rettungswagen und ein Notarzt müssen in unklaren Situationen bei Krampfanfällen immer gerufen werden, da zum einen der Grund für den Anfall unklar ist und sich dieser zum anderen wiederholen kann.

Des Weiteren kann es zu Verletzungen während des Krampfens kommen.

Gegenstände, die eine Verletzungsgefahr darstellen, nach Möglichkeit außer Reichweite bringen[Bearbeiten]

Die nötigen Hilfsmaßnahmen bestehen regelmäßig in der Verhinderung von Verletzungen (Abpolstern, Entfernen von umgebenden Gegenständen), können aber auch zum Beispiel den Versuch bedeuten, den Betroffenen aus einer „Gefahrensituation“ vor Unterkühlung (z. B. auf einer Eisfläche oder durch Abtrocknen nach Schwimmen/Duschen), Hitze (z. B. beim Grillen) oder dem Ertrinken zu bewahren.

Arme und Beine nicht festhalten, nichts zwischen die Zähne schieben[Bearbeiten]

Man sollte nicht versuchen, den Betroffenen festzuhalten oder ihm etwas zwischen die Zähne zu schieben (Mundkeil). Der Betroffene entwickelt in diesem Moment so viel Kraft, dass er während des Anfalls auch vertraute und durchaus starke Menschen verletzen könnte. Außerdem ist die Gefahr, dass er sich die Zunge abbeißt, wesentlich geringer, als dass er bei dem Anfall durch die Kraft des Zubeißens seine Zähne verliert.

medikamentöse Erste Hilfe[Bearbeiten]

Die medikamentöse Erste Hilfe ist für Laien nur im Einzelfall notwendig und möglich. Dazu muss die Epilepsie bei dem Betroffenen bekannt sein, dieser ein entsprechendes Medikament dabei haben und der Ersthelfer muss wissen, wo dieses ist und wie er damit umzugehen hat. Sinnvoll ist eine medikamentöse Hilfe unter den Umständen, wenn die Anfälle bei dem Betroffenen in immer gleicher Weise auftreten und sonst ein Arzt oder Krankentransport gerufen werden müsste (Status epilepticus, mehrere Anfälle kurz hintereinander erfolgen, das Gesicht blau anläuft oder die Verwirrtheit länger als 30 Minuten dauert).

Der akute epileptische Anfall wird dann medikamentös durch Antikonvulsiva aus der Gruppe der Benzodiazepine unterbrochen. Unter diesen haben sich insbesondere Lorazepam, Diazepam, Clonazepam, Midazolam und Nitrazepam in der Akuttherapie etabliert, wobei Lorazepam die längste antikonvulsive Wirkung hat, bei gleichzeitig geringerer sedierender Wirkung als die anderen Substanzen. Sowohl für Lorazepam als auch für Diazepam gibt es Darreichungsformen, die man als Laie in den Enddarm oder unter die Zunge (z. B. Tavor) einführen kann. Für die Dauerbehandlung sind diese Arzneistoffe jedoch weniger geeignet, da sie bei regelmäßiger Einnahme insbesondere zu einer psychischen Abhängigkeit führen können.