Mathematik: Analysis: Grundlagen: Relationen

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Relationen[Bearbeiten]

Paarmengen und kartesisches Produkt (Kreuzprodukt)

Wie allgemein bekannt lässt sich die Lage eines Punktes in der Ebene durch zwei Zahlen beschreiben. Dazu benutzt man ein rechtwinkliges (kartesisches) Koordinatensystem mit einer -Achse und -Achse, die senkrecht aufeinander stehen. Bezeichnet man beispielsweise mit den Abstand eines Punktes von der -Achse (dieser ist negativ, wenn links der -Achse liegt) und mit man den Abstand eines Punktes von der -Achse (dieser ist negativ, wenn unterhalb der -Achse liegt), so wird durch das Zahlenpaar die Lage des Punktes im Koordinatensystem beschrieben. Bei dem Zahlenpaar ist die Reihenfolge wesentlich. So beschreiben beispielsweise die Zahlenpaare und unterschiedliche Punkte im Koordinatensystem, es gilt also .

Diese Paarbildung wird mit den folgenden Definitionen auf allgemeine Mengen erweitert:


Definition
Seien und Mengen und sei und
  1. geordnetes Paar:
    heißt geordnetes Paar.
  2. Gleichheit von geordneten Paaren
    Zwei geordnete Paare " und sind gleich" ⇔ " und "
  3. Paarmenge
    Die Paarmenge (kartesisches Produkt, Kreuzprodukt) von und wird wie folgt definiert:
    und

Normalerweise spricht man nur von Paaren (statt von geordneten Paaren), die Reihenfolge der Elemente ist aber wesentlich.


Die Menge nennt man auch Rechteckmenge. Man kann die Elemente von in Form von Rechtecken im kartesischen Koordinatensystem aufschreiben. Hierzu folgendes Beispiel: und . Die dazugehörige Rechteckmenge lautet dann:

                     
Die Abbildung rechts veranschaulicht diese Rechteckmenge.
Rechteckmenge



 
In vielen mathematischen Sachverhalten stehen Objekte in bestimmten Zusammenhängen z. B. " ist größer als ". Der Zusammenhang " ist größer als " kann auch in der ungewöhnlichen Weise " steht in der Relation größer" dargestellt werden. Das Beispiel zeigt aber, wie der Begriff der Relation auf den Mengenbegriff zurückgeführt werden kann.


Relation[Bearbeiten]

Definition
und seien Mengen.
heißt eine Relation zwischen und  ⇔  .
Ist so ist eine Relation auf .
Gilt dann "erfüllen und die Relation " oder "stehen in der Relation ". Oft wird hierfür auch "" geschrieben.
Stellt man sich zwei Mengen und als Punktmengen in einer Ebene vor, kann man die Relation durch Verbindungslinien zwischen den in Relation stehenden Punktepaaren kennzeichnen. Ein Pfeil von einem zu einem bedeutet .
Relation zwischen und


Beispiel:
Sei eine beliebige Menge. Durch ist eine Relation auf definiert: die Gleichheitsrelation. Diese lässt sich anschaulich als Diagonale darstellen.
Gleichheitsrelation




Beispiel:
und und ist groesser als
ist eine Relation zwischen und und definiert die oben erwähnte "Größer-Relation".

Äquivalenzrelation[Bearbeiten]

Viele Probleme lassen sich vereinfachen, indem man Objekte, die gewissen gemeinsamen Kriterien genügen, als äquivalent betrachtet, obwohl sie sich hinsichtlich anderen Kriterien unterscheiden können. Hierzu benutzt man in der Mathematik die Äquivalenzrelation.


Definition
Seien eine Menge und eine Relation auf .
Äquivalenzrelation:
ist eine Äquivalenzrelation auf , wenn für alle gilt:
  1. Reflexivität:    
  2. Symmetrie:       ⇒  
  3. Transitivität:     und   ⇒  
Äquivalenzklasse
Sei eine Äquivalenzrelation auf . Die Menge der zu äquivalenten Elemente von

nennt man die Äquivalenzklasse oder Faser von bezüglich . Das Element heißt Repräsentant von .


Beispiel:
Die oben erwähnte Gleichheitsrelation ist die "klassische" Äquivalenzrelation. Reflexivität, Symmetrie und Transitivität sind die bekannten Eigenschaften der Gleichheit. Außerdem gilt für alle : . Die Äquivalenzklassen von bezüglich sind also Mengen mit genau einem Element, d.h. .
In diesem Zusammenhang der Hinweis, dass eine Menge eine "Zusammenfassung wohl unterschiedener Objekte" ist.


Beispiel und Übung:
Etwas spannender ist schon die Entscheidung, ob es sich bei der Relation

und oder um eine Äquivalenzrelation handelt. Es ist also zu prüfen, ob auf der Menge reflexiv, symmetrisch und transitiv ist.


Satz
Sei eine Äquivalenzrelation auf , dann gilt


Beweis
Sei . Dann ist und , und wegen der Transitivität und der Symetrie gilt daher . Für jedes gilt daher und wegen der Transitivität auch . Daraus folgt . Ganz analog zeigt man . Damit gilt .
Dass gilt ist klar.


Bemerkung: Dieser Satz besagt, dass Äquivalenzklassen disjunkt oder gleich sein müssen. D.h. eine Äquivalenzrelation auf der Menge , bildet eine disjunkte Partition der Menge .

Ordnungsrelationen[Bearbeiten]

Mengen kann man über die Teilmengenbeziehung "" der Größe nach ordnen. Solche Ordnungen werden durch Eigenschaften wie Reflexivität, Antisymmetrie und Transitivität charakterisiert. Dies führt zu der sehr allgemeinen Definition der Ordnungsrelation.

Ordnungsrelation[Bearbeiten]

Definition
Seien eine Menge und eine Relation auf .
Ordnungsrelation:
ist eine Ordnungsrelation auf , wenn für alle gilt:
  1. Reflexivität:        
  2. Antisymmetrie:     und
  3. Transitivität:         und
Ist eine Ordnungsrelation auf , so heißt das Paar eine geordnete Menge und eine Ordnung auf . Die Namensgebung ist hier leider nicht sehr einheitlich. Man sagt statt Ordnung auch Halbordnung, Partialordnung oder teilweise Ordnung.
Statt schreibt man oft , und auch, wie sicherlich vertraut, (sprich kleiner oder gleich ).
ist linear (total) geordnet, wenn für alle gilt: oder .

Kette[Bearbeiten]

Definition
Eine nichtleere Teilmenge einer geordneten Menge heißt Kette von , falls eine total Ordnung ist.


Die vertraute Schreibweise "" könnte zu dem Fehlschluss verleiten, dass die Definition nur "gut bekannte" geordnete Mengen, wie z. B. die natürlichen Zahlen beschreibt. Das ist nicht der Fall, der Begriff ist viel allgemeiner. Das sollen die folgenden Beispiele verdeutlichen:


Beispiel:
Die oben erwähnte Gleichheitsrelation ist eine Ordnungsrelation auf . Wie schon gesagt ist eine Äquivalenzrelation, also ist sie reflexiv und transitiv. Falls und folgt aus der Definition der Gleicheitsrelation , d. h. auch die Antisymmetrie ist erfüllt.


Beispiel und Übung:
Potenzmenge: Sei eine Menge und die Potenzmenge von . Durch wird eine Ordnungsrelation auf definiert. Beweisen lässt sich dies mit den Rechenregeln der Teilmengenbeziehung.


Zum Schluss dieses Abschnitts noch eine Übungsaufgabe, bei der vielleicht erst mit dem "zweiten Blick" klar wird, was hier eigentlich definiert wird:


Übungsaufgabe:
Zeige: Sei eine Menge und eine Ordnung auf . Für jede Teilmenge wird durch eine Ordnung auf definiert. läßt sich also auf Teilmengen einschränken.

Hinweise:
Es wird vorausgesetzt, dass eine Menge und eine geordnete Menge ist. Sei nun eine Teilmenge von . ist dann eine Relation auf , bei der alle Elemente von miteinander in Beziehung stehen, d. h. für alle gilt . "" steht als Symbol für die vorausgesetzte Ordnungsrelation, d. h. "" symbolisiert eine Relation oder Teilmenge von , also insbesondere ist "" eine Paarmenge. Aus den beiden Paarmengen und wird dann der Durchschnitt "" gebildet. Dieser Durchschnitt ist wieder eine Paarmenge. Und genau für diese Paarmenge soll gezeigt werden, dass sie eine Ordnungsrelation, d. h. reflexiv, antisymmetrisch und transitiv, ist.


Im Folgenden werden ausgezeichnete Elemente geordneter Mengen bezüglich gegebener Teilmengen beschrieben. Diese Begriffe werden in der Analysis und auch vielen anderen Gebieten der Mathematik häufig verwendet.

Maximum - Minimum[Bearbeiten]

Definition
sei eine geordnete Menge und eine Teilmenge von :
  1. " heißt Maximum oder größtes Element von " : " und gilt "
  2. " heißt Minimum oder kleinstes Element von " : " und gilt ".


Satz
Eine Teilmenge einer geordneten Menge besitzt höchstens ein Maximum (Minimum).
Beweis
Seien also und Maxima von . Dann gilt und ( ist Maximum) sowie ( ist Maximum). Daraus folgt wegen der Antisymmetrie der Ordnungsrelation sofort .


Eine geordnete Menge muss kein Maximum oder Minimum besitzen, z.B. die Menge , besitzt weder ein Maximum noch ein Minimum, obwohl sie geordnet ist.


Da Maximum und Minimum einer Teilmenge eindeutig bestimmt sind (vorausgesetzt sie existieren!) definiert man weiter:


Definition
Sei eine Teilmenge einer geordneten Menge und sei ein Maximum von , so setzt man:

Obere Schranke - untere Schranke[Bearbeiten]

Im Allgemeinen existieren zu einer Teilmenge einer geordneten Menge weder Minimum noch Maximum. Für solche Teilmengen ist die obige Definition nicht anwendbar. Mit der folgenden Definition erweitert man die Menge der "möglichen Elemente" indem man auch Elemente der Menge zuläßt.


Definition
sei eine geordnete Menge und eine Teilmenge von
  1. " heißt obere Schranke von "  : " und gilt "
  2. " heißt untere Schranke von " : " und gilt "
  3. Sei ist obere Schranke von .
    " heißt nach oben beschränkt" : " , d. h. hat (mindestens) eine obere Schranke"
  4. Sei ist untere Schranke von .
    " heißt nach unten beschränkt " : " , d. h. " hat (mindestens) eine untere Schranke"
  5. " heißt beschränkt " : " ist nach oben und unten beschränkt"


Supremum - Infimum[Bearbeiten]

Falls ein minimales Element der Menge ist obere Schranke von existiert, so ist es nach dem oben bewiesenen Satz eindeutig und dieses Element nennt man dann Supremum von . Die Existenz eines solchen Elementes ist jedoch keinesfalls gesichert und im "Einzelfall" nachzuweisen. Erst nachdem dieser Nachweis geglückt ist, dürfen also die folgende Definitionen benutzt werden:


Definition
sei eine geordnete Menge und eine Teilmenge von
" heißt Supremum oder kleinste obere Schranke oder sup von " : "" .
" heißt Infimum oder größte untere Schranke oder inf von " : ""


Satz
sei eine geordnete Menge, eine Teilmenge von und . Dann gilt:
  1. und und
  2. und und

muss im Gegensatz zum nicht zur Teilmenge gehören. Ein Beispiel hierfür ist die Menge ( steht für die Menge der reellen Zahlen). Später werden wir solche Beispiele genauer untersuchen.

Wohlordnung[Bearbeiten]

Zum Schluss dieses Abschnitts wird noch der Begriff der Wohlordnung eingeführt. Ein Beispiel für eine wohlgeordnete Menge sind die natürlichen Zahlen mit der "natürlichen" Ordnung. Dagegen sind die "normalen" Ordnungen der ganzen oder positiven reellen Zahlen nicht wohlgeordnet.

Definition
Eine Ordnung auf einer Menge heißt Wohlordnung : mit existiert .



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