Praktikum Organische Chemie/ Trennung und Isolierung niedermolekularer organischer Verbindungen/ Papierchromatographie

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Eine lange Zeit in Vergessenheit geratene Methode zur Trennung von Verbindungen in analytischem Maßstab ist die Papierchromatographie. Die Methode hatte ihren Höhepunkt in den Jahren ca. 1950 bis 1960, wurde aber dann zunehmend von der Dünnschichtchromatographie verdrängt. Beide Methoden sind Varianten der schichtchromatographischen Verfahren, die apparativ geringe Anforderungen stellen. Bereits 1855 veröffentlichte der Chemiker Friedlieb Ferdinand Runge seine "Musterbilder für Freunde des Schönen", die er auf Filtrierpapier mit farbbildenden Chemikalien erzeugte.[1]

Die Bedeutung seiner Entdeckung für die analytische Chemie erkannte er jedoch nicht. Erst 1944 wurde von Consden, Gordon und Martin die Papierchromatographie als Methode vorgestellt.[2] Diese chromatographische Methode wird an speziellen, saugfähigen Papiersorten durchgeführt, die im Handel erhältlich sind. Einfache Trennungen zur Demonstration in der Schule lassen sich schon mit Kaffeefilterpapieren durchführen. Zur Trennung wird die zu analysierende Lösung des Stoffgemisches mit einer Mikropipette tropfenweise („Auftüpfeln“) oder als kurzer Strich“ auf das Papier aufgetragen. Nachdem das Lösungsmittel verdunstet ist, bringt man das Papier in eine Trennkammer, die vorher mit einem für die „Entwicklung“ geeigneten Lösungsmittel(gemisch) beschickt wurde. Der aufgebrachte Fleck bzw. die strichförmige Zone, wandert nun langsam durch das Papier; Kapillarkräfte bewirken die Wanderung, bei der eine Trennung der Komponenten erfolgen kann.

Trennmechanismen[Bearbeiten]

Wie bei den meisten chromatographischen Methoden, sind komplexe Vorgänge für die Trennung verantwortlich. Die Cellulosefasern tragen an ihrer Oberfläche HO-Gruppen, die als Wasserstoffbrücken-Donoren wirksam werden können. Stark vereinfacht kann man jedoch die Papierchromatographie in vielen Fällen als systematisch wiederholte Verteilung betrachten. Die Cellulosefasern des Papiers enthalten nämlich stets adsorbierte Wassermoleküle. Außerdem enthalten die üblichen „Fließmittel“ („Laufmittel“) zum „Entwickeln“ des Papierchromatogramms Wasser. Damit wird während des Entwicklungsprozesses die Oberfläche der Cellulose weiter mit Wassermolekülen beladen. Die Trennung kann man daher als Verteilung der Verbindungen zwischen einer (stationären) Wasserphase und einem organischen Lösungsmittel (mobile Phase) betrachten, welche systematisch wiederholt wird. Im Modell der Verteilungs-Schichtchromatographie (Bild 5-1) stellt das Papier sowohl die Trägerschicht als auch das Sorbens dar. Das adsorbierte Wasser bildet die stationäre Phase, über welche das Fließmittel zieht. Die am Start aufgetragene Substanzmischung (A und B) setzt sich mit stationärer und mobiler Phase ins Verteilungsgleichgewicht. Eine bestimmte Wegstrecke entspricht einer theoretischen Trennstufe. Je weiter die mobile Phase fortschreitet, desto mehr Trennstufen lassen sich realisieren.

Arbeitstechniken[Bearbeiten]

  • Horizontale Entwicklung

Die im Modell (Bild 5-1) dargestellte horizontale Entwicklung wird selten angewandt. Eine Ausnahme ist die Rundfilter-Technik, eine Variante der Cirkular-Chromatographie, bei der die Substanzmischung im Zentrum eines runden Papiers aufgebracht wird. Bei der Entwicklung wandern die Moleküle dann in kreisförmigen Zonen um den Mittelpunkt. Die erwähnten "Rungeschen Bilder" sind historische Vorläufer dieser Technik.

Rundfilterchromatographie,schematisch

Bild 6-1. Rundfilterchromatographie,schematisch.



  • Absteigende Entwicklung

Für diese Methode werden große Glaströge benötigt, in denen sich ein Gestell befindet, in das die mit dem Fließmittel gefüllte Schale eingelegt werden kann. Das lange Chromatographiepapier wird durch einen Glasstab in der Schale fixiert. Durch Kapillarkräfte und Schwerkraft wandert die mobile Phase nach unten.


Trog zur absteigenden Papierchromatographie
Absteigende Entwicklung eines Papierchromatogramms, Beginn
Absteigende Entwicklung eines Papierchromatogramms, fortgeschrittenes Stadium

Bild 6-2. Absteigende Entwicklung eines Papierchromatogramms.

  • Aufsteigende Entwicklung

Diese Methode wird am meisten verwendet, da die Trennkammer kleiner sein kann als bei der Absteigenden Methode, und kein Gestell benötigt wird. Allerdings muss das Papier steif sein, damit es sich beim Aufsaugen des Fließmittels nicht durchbiegt. Oder man benötigt, wie im Bild gezeigt, eine Halterung.

Bild 6-3. Papierchromatographie in aufsteigender Entwicklung.

Fließmittel[Bearbeiten]

Als moblile Phasen wählt man meistens Gemische von Wasser mit Lösungsmitteln, die teilweise mit Wasser mischbar sind. Ein Standard-Fließmittel ist das System Butanol-Essigsäure-Wasser. Zur Chromatographie basischer Verbindungen wird u.a. eine Mischung von Butanol und verdünnter wässriger Ammoniak-Lösung verwendet.

Auswertung[Bearbeiten]

Nachdem die Front des Fließmittels in der Nähe des Papierrandes angelangt ist, wird das lösungsmittelgesättigte Papier vorsichtig aus der Trennkammer genommen, und die Front mit einem Bleistift markiert. Im Abzug(!) lässt man das Papier trocknen. Darauf markiert man die Flecken mit einem Bleistift, falls sie farbig sind. Um farblose Verbindungen nachzuweisen, sprüht man Nachweisreagentien auf, lässt wiederum trocknen (Abzug(!) und markiert die Flecken. Durch Ausmessen mit dem Lineal werden die Rf-Werte ermittelt, wie im Kapitel "Verteilungs-Schichtchromatographei" beschrieben.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. G. Harsch und H.H. Bussemas, Der Chemiker Runge und seine "Musterbilder für Freunde des Schönen" - Anregungen zu einem Spiel mit Farben. 2. Auflage (Reprint der 1. Auflage), Aulis-Verlag, ISBN: 978-3-7614-2495-7.
  2. R. Consden, A.H. Gordon, A. J. P. Martin, Qualitative analysis of proteins: a partition chromatography method using paper, Biochem. J. 38, 224-232 (1944).

Literatur[Bearbeiten]

  • Friedrich Cramer, Papierchromatographie, 5. Aufl., Verlag Chemie, Weinheim, 1962 und frühere Auflagen.

Versuche[Bearbeiten]

Trennung der Farbstoffe aus den Kelchblättern von Hibiscus sabdariffa L. ("Malventee") durch absteigende Papierchromatographie