SHK-Handwerk in Sachsen: 1800 bis 1861: politische Strukturen

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Einführung in die politischen Strukuren zwischen 1800 und 1861[Bearbeiten]

Sachsen in der Zeit zwischen 1800 und 1861 wandelte sich in diesem Zeitraum vom Kurfürstentum zum Königreich. Wollen wir die Vorgänge verstehen, dann müssen wir den Blick um einige Jahre zurück auf die europäische Bühne richten.

Knapp zwei Wochen nach dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 erreichten Nachrichten von diesem Ereignis auch Sachsen. Am 25. Juli schrieben die „Leipziger Zeitungen“ erstmals über die Vorgänge in Paris: „ Die sämtlichen Barrieren von Paris sind gegenwärtig mit Bürgerwachen besetzt und lassen niemanden hinaus... Die Bürgerschaft begab sich mit einigen Compagnien der Französischen Garden nach der Bastille, um sich der Artillerie und des Pulvers zu bemächtigen... Man brachte es bald dahin, daß die aufgezogene Brücke herunterfiel, bemächtigte sich des Thores und zog mit den Waffen in der Hand hinein.“ [1] Diese Nachricht hatte zunächst keine Reaktionen in der kursächsischen Residenz noch in sächsischen Städten und auf dem Lande hervorgerufen. Die große Mehrheit der Sachsen nahm das Ganze mehr oder weniger unberührt zur Kenntnis. Je mehr aber die Ereignisse in Frankreich an Brisanz gewannen, erhöhte sich auch in Kursachsen die Aufmerksamkeit von interessierten Kreisen. Unterstützt wurde das ganze durch die Verbreitung politisch informierender und Propagandaschriften, Flugblätter und Journale, die über Leipzig durch die hier ansässigen Verleger und Buchhändler eingeführt wurden. Mit Verboten und verschärften gesetzlichen Bestimmungen durch die Bücherkommission in Leipzig versuchte die Obrigkeit dagegen vorzugehen – mit wenig Erfolg.

Sturm auf die Bastille

Ein Jahr später überrollte Kursachsen eine Bauernerhebung. Die aufklärerischen Ideen und Ereignisse, die in Mainz zur Gründung der nach der Stadt benannten Republik führten und auch westwärts des Rheins weiter wirkten, bewiesen, „ daß dasjenige, was an anderen Orten zum Vorteil des Bauernstandes geschehen, auch wohl in Sachsen stattfinden können“, wie es ein Bericht aus dem Amt Chemnitz vom 13. Oktober 1790 zum Ausdruck brachte. [2]
Diese Ereignisse nahmen nicht nur Einfluß auf die innenpolitische Entwicklung im Kurfürstentum. In der Außenpolitik gab Kurfürst Friedrich August III. seine Neutralität auf. Seine Minister und Ratgeber suchten nun die Nähe zur Bourbonendynastie.

In den Sommertagen vom 25. bis 27. August 1791 weilten auf Einladung Kursachsens der Kaiser Leopold II. , Friedrich Wilhelm II. von Preußen und einige bourbonische Prinzen in Pillnitz bei Dresden. Die Ergebnisse ihrer Beratung flossen in die Erklärung von Pillnitz ein, in der sie nicht nur ihr Interesse für die Wiederherstellung der königlichen Gewalt in Frankreich bekundeten, sondern dazu auch ein militärisches Engagement vereinbarten.

Dem am 7. Februar 1792 gegründeten preußisch-österreichischen Schutzbündnis zugunsten der Bourbonen trat Kursachsen noch nicht bei. Der Kurfürst versuchte sich aus den abzeichnenden machtpolitischen Gegensätzen europäischer Mächte herauszuhalten. So lehnte er die vom polnischen Sejm angebotene polnische Königskrone ab.

Als aber die französische Revolutionsarmee erfolgreich operierend Reichsgebiet erreichte, Mainz und Frankfurt a.Main unter französische Besatzung gerieten, der Regensburger Reichstag den Reichskrieg gegen Frankreich beschloß, da glaubte auch Kursachen seinen Verpflichtungen gegenüber dem Reich nachkommen zu müssen. Am 19. Oktober 1792 trat es dem Reichskrieg mit einem Korps vom 6000 Mann, 3000 Pferden und 10 Geschützen unter General Lindt bei. Als Preußen, infolge der Vorgänge der dritten polnischen Teilung mit Frankreich am 5. Juli 1795 den Baseler Separatfrieden schloß, kämpften sächsische Truppen an der Seite des österreichischen Heeres weiter gegen Frankreich. Es beteiligte sich an den Waffenstillstand- und Friedensverhandlungen in Erlangen, die in den Rastatter Friedenskongreß mündeten. Immernoch dem Neutralitätsgedanken nachhängend, war die sächsische Seite die einzige der wenigen Reichsstände, die keine Gebietserwerbungen anstrebte. Kursachsen wollte mit seiner Haltung dem Schacher um säkularisierte Gebiete als Ersatz für das an Frankreich abgetretene linksrheinische Gebiet ein Ende setzen. Die kursächsische Diplomatie überschätzte in dieser Angelegenheit ihren Einfluß.

Nach dem Ende des zweiten Koalitionskrieges gegen Frankreich, der in den Frieden von Lunéville vom 9. Februar 1791 mündete, war die Auflösung des Reiches nur noch eine Frage der Zeit. Im Ergebnis der machtpolitischen Auseinandersetzung um Interessensphären zwischen Rußland, England und dem Frankreich unter Napoleon Bonaparte beseitigte der Reichsdeputatutionshauptausschuß vom 25. Februar 1803 den größten Teil der Reichsstände, besonders die geistlichen. Von der Landkarte verschwanden 112 Reichsstände. 3 Millionen Menschen erhielten ein neues Staatsoberhaupt. Die Hauptnutznießer dieser Beschlüsse waren Preußen, Württemberg und Baden. Hiermit vollzog sich der erste Akt der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation.

Drei Jahre später, 1806, folgte der zweite Akt. Am 16.Juli 1806 erklärten die unter französischer Vorherrschaft zusammengeschlossenen Rheinbundstaaten ihren Austritt aus dem Reich. Daraufhin legte Kaiser Franz II. am 6. August 1806 die Kaiserkrone nieder. Kursachsen glaubt sich auch nach dem Reishauptdeputationshauptschluß, der Errichtung des Kaisertums Österreich 1804 und dessen Beitritt zur englisch-russischen Offensivallianz gegen das napoleonische Kaiserreich, dem Hinwenden der süddeutschen Staaten zu Napoleon und nach der Schlacht bei Austerlitz aus den weltgeschichtliche Dimensionen annehmenden Auseinandersetzungen in Europa heraushalten zu können.
Sachsen sah sich in seinem Festhalten am Reichsgedanken von Österreich und den Habsburgern verlassen. Aus diesem Grunde suchte es die Nähe Preußens. Das führte Sachsen in die epochale Auseinandersetzung mit dem napoleonischen Frankreich und seine Armee 1806 auf die Schlachtfelder von Jena und Auerstädt. In der Doppelschlacht stand die preußisch-sächsische Armee mit 180.000 preußischen und 22.000 sächsischen Soldaten der etwa 195.000 starken französischen Armee unter Napoleon gegenüber und erlitt am 14. Oktober eine katastrophale Niederlage. Damit sollte in den nächsten sieben Jahren das Kurfürstentum zu einem der Hauptkriegsplätze in Mitteleuropa werden.

Zwar versuchte Kursachsen angesichts der Niederlage mit einer Neutralitätserklärung schlimmeres vom Lande abzuwenden, allein Napoleon ging auf das Angebot nicht ein, nahm Wittenberg aus dem Kurfürstentum, auferlegte noch für das Jahr 1806 Kriegskontributionen in Höhe von ca. 40 Millionen Francs und zahlreiche Forderungen nach Kriegslieferungen für seine Armee. Über das ganze Land wurde ein französisches Militärverwaltungssystem gelegt, das in den bedeutenden sächsischen Städten französische Beamte und Offiziere als Kommandanten installierte und Leipzig zu seinem Verwaltungszentrum machte.

Unter diesen bedrückenden Verhältnissen begannen die Friedensverhandlungen zwischen Sachsen und Frankreich, die am 11. Dezember 1806 im Abschluß des Vertrages von Posen endeten. In seinem Ergebnis trat Sachsen den Rheinbundstaaten bei und der sächsische Kurfürst Friedrich August III. wurde von Napoleons Gnaden König Friedrich August I. von Sachsen. Gemäß diesem Vertrag verzichtete Sachsen auf sein Territorium zwischen Erfurt und dem Eichsfeld zugunsten des geplanten Königsreichs Westfalen. Als Entschädigung sollte es den Kottbuser Kreis – einer preußischen Enklave inmitten der kursächsischen Niederlausitz – erhalten. Der Tilsiter Frieden 1807 bescherte dem wettinischen Königshaus als Sekundogenitur das von Napoleon geschaffene Großherzogtum Warschau. Nur konnte hier der sächsische König nie Regierungsfunktionen ausüben. Später kam noch Krakau hinzu. Damit war das Schicksal des sächsischen Königreiches fest an Napoleon gebunden und mußte mit ihm steigen und fallen. Für all diese „Gnaden“ waren sächsische Soldaten gezwungen, den französischen Eroberern folgen. Dresden sah im Mai 1812 den Kaiser der Franzosen in glänzendem Gefolge und im Kreise zahlreicher europäischer Potentaten, darunter der österreichische Kaiser und der preußische König, am Beginn des Feldzuges gegen Rußland.

21.000 sächsische Männer unter dem französischen General Reynier bildeten das 7. Korps der Grande armée, das Ende März aus der Niederlausitz nach Osten marschierte. Nur wenige tausend Soldaten kehrten davon im Frühjahr 1813 in ihre Heimat zurück. In den Herbsttagen vom 16. bis 19. Oktober 1813 lieferten sich die napoleonischen Heere und die Heere der Verbündeten - ingesamt 500.000 Soldaten - vor den Toren Leipzigs die entscheidende Schlacht. Schon vor der Schlacht kämpften junge Sachsen in Freikorps gegen die napoleonischen Truppen, und im Verlauf der Kämpfe liefen einzelne sächsische Truppenteile auf die Seite der Verbündeten über. Dieses Überlaufen ermöglichte in bescheidenem Umfang die offene Beteiligung sächsischer Truppen am Krieg gegen Frankreich.

Angriff der Husaren bei der Völkerschlacht
Wiener Kongress 1815

Am 19. Oktober geriet der sächsische König Friedrich August I. in die Hände der Befreier Deutschlands, wurde als Gefangener auf das preußische Lustschloß Friedrichsfelde gebracht. Sachsen war ein besiegtes Land und kam unter die Administration des klugen und maßvollen russischen Generalgouverneurs Fürst Repin. Die Verhandlungen auf dem Wiener Kongreß über die nochmalige Neugestaltung der europäischen Landkarte wurden in Abwesenheit des sächsischen Königs geführt. Er konnte sie vom nahen Preßburg (heute Bratislava) aus verfolgen. Die abschließenden Verhandlungen mit dem sächsischen König fanden im März 1815 in Preßburg statt.

Es bedurfte noch zwei weiterer Monate bis der sächsische König am 15. Mai gleichen Jahres nachgab und der Vertrag zwischen Rußland, Preußen und Sachsen geschlossen wurde. Mit den Unterschriften unter den Preßburger Vertrag gingen fast zwei Drittel des kursächsischen Territoriums und die knappe Hälfte seiner Gesamtbevölkerung an das Königreich Preußen über: die Niederlausitz und der nördliche Teil der Oberlausitz um Görlitz, der Kurkreis mit Gommern und Barby, der Thüringische Kreis und der Neustädter Kreis, Mansfeld, Querfurt, die säkularisierten ehemaligen Stifter Naumburg-Zeitz, Weißenfels und Merseburg, die nördlichen Teile des Meißnischen Kreises sowie einige Ämter des Leipziger Kreises. Eine solch einschneidende Veränderung des sächsischen Staatsgebietes hatte es bis dahin nicht gegeben. Damit wurde der Schlußpunkt gesetzt im Wettlauf des preußischen und sächsischen Feudalstaates im 18. Jahrhunderts um eine politische Vormachtstellung in Deutschland.

In den folgenden Jahren ging es darum, im geschrumpften Königreich Sachsen die Kriegsschäden zu beseitigen und die Wirtschaft aufzubauen. Durch die Politik des ersten Ministers den Königs, Graf v. Einsiedel, wurden politische Reformen verhindert. Sachsen wurde Mitglied des Deutschen Bundes, einer vom Wiener Kongreß geschaffenen politischen Vereinigung deutscher Staaten. Der nach 1815 nur langsam vor sich gehende und häufig unterbrochene Wiederaufbau, vor allem durch die Agrarkrise der Jahre 1817 bis 1820, wurde die Entwicklung wie in der Wirtschaft auch in der Landwirtschaft zunehmend von den Ideen des wirtschaftlichen Liberalismus bestimmt. 1827 verstarb der König Friedrich August I. Sein Bruder bestieg den sächsischen Thron als König Anton. Durch die gesellschaftlichen Umbrüche in Europa sah er sich bald zu Reformen gezwungen. Die Beispiele liberalerer deutscher Länder und besonders das der französischen Julirevolution von 1830 hatten dazu beigetragen.

Der König entließ den unbeliebten Grafen v. Einsiedel. Statt des bisherigen geheimen Rates wurde eine aus sechs Ministern bestehende Regierung durch den König berufen. An der Spitze dieser Regierung stand der Innenminister v. Lindenau. Er berief weiterhin seinen Neffen, den populären Prinzen Friedrich August zum Mitregenten. König Anton war zu diesem Zeitpunkt bereits über 70 Jahre alt. Die von innen heraus vorgenommenen Veränderungen mündeten am 4. September 1831 in die Verabschiedung einer Verfassung. Das Königreich Sachsen trat damit in die Reihe der konstitutionellen Staaten ein. Über die Geschicke des Landes hatte eine aus zwei Kammern bestehende Volksvertretung mitzuentscheiden. Der Adel besaß in der 1. Kammer eine Zweidrittel-Mehrheit. In der 2. Kammer saßen 20 Abgeordnete der Rittergutsbesitzer, je 25 der Städte und der Bauern sowie – erstmalig in einem deutschen Landtag – auch fünf Vertreter des Handels und der Industrie.

Die Folgen dieser Einrichtung waren Verbesserungen auf den verschiedensten Gebieten der Verwaltung. Und nach dem Beitritt zum Zollverein am 1. Januar 1834 nahmen Handel und Gewerbe einen deutlichen Aufschwung. Der sächsischen Textilindustrie öffnete sich durch den Wegfall der Zollschranken ein neuer innerdeutscher Markt. Im Chemnitzer Raum entwickelte sich der Textilmaschinenbau. Nicht zuletzt verdankt die Sächsische Wirtschaft ihren weiteren raschen Aufschwung der führenden Rolle Sachsens im deutschen Eisenbahnbau. Am 8. April 1839 wurde die erste deutsche Fernbahnstrecke zwischen Leipzig und Dresden eröffnet. Weitere Bahnbauten verbanden bis zum Beginn der 50-er Jahre die Leipzig-Dresdner Bahn mit Bayern, Böhmen, Schlesien und der Provinz Sachsen und begannen den erzgebirgischen Raum und die gewerbereiche südliche Oberlausitz an das bestehende Eisenbahnnetz anzuschließen.
Seit 1825 entwickelte sich in Sachsen eine Gasindustrie, die auf die Tätigkeit von Lampadius und Blochmann u.a. zurückging, deren Entwicklung im nachfolgenden Kapitel ausführlicher beleuchtet werden soll. Die Einführung der Gasbeleuchtung in privaten Haushalten und öffentlichen Einrichtungen nahm einen rasanten Aufschwung. Seit Mitte der dreißiger Jahre investierten die kapitalkräftigsten Großkaufleute der Messestadt Leipzig große Kapitalien im Eisenbahnbau, in das Bank- und Versicherungswesen, im erzgebirgischen Steinkohle- und im Mansfelder Kupferbergbau, in der Eisenverhüttung, im Maschinenbau und anderen Unternehmen und griffen damit in die Industrielle Revolution ein.

In diese Zeit des Aufschwungs fiel der Tod König Antons 1836. Der Mitregent Friedrich August wird nun König Friedrich August II. von Sachsen. Zu Beginn seiner Regierungszeit neigte er noch den Reformen seines verstorbenen Vorgängers zu. Bald aber nahm die Kluft zwischen ihm und der liberalen Opposition zu. Die Situation verschärfte sich als für den 1843 ausscheidenden ersten Minister der Konservative von Könneritz eingesetzt wurde. Es folgten beschränkende Vorschriften für die Presse und das Ausweisen progressiver Schriftsteller. Die Nachricht vom Erfolg der PariserFebruarrevolution 1848 veranlaßte die Vertreter der Leipziger Bürgerschaft, eine Adresse an den König abzufassen, in der die Forderung nach Pressefreiheit eine zentrale Bedeutung hatte. Die Ablehnung der Forderungen durch den König führte in Leipzig zu Unmutsbekundungen, die Robert Blum zu dämpfen und in die rechten Bahnen zu lenken wußte. In Leipzig standen in Eintracht die Leipziger Bürgerversammlung, der Stadtrat und der akademische Senat der Universität zusammen. Als aus allen größeren Städten Sachsens Abordnungen und Adressen eintrafen, ließ der König Truppen aufmarschieren und zur Unterstützung preußische Soldaten an der nahen Grenze bereithalten. Die Leipziger ließen sich nicht provozieren und hielten Ruhe, blieben aber in ihren Forderungen unnachgiebig. Der Justizminister v. Carlowitz überzeugte sich von der mustergültigen Ordnung. Er erhielt einen Eindruck von der Geschlossenheit der Leipziger. Nach seiner Rückkehr und Berichterstattung am Dresdner Hofe löste sich die Spannung am 13. März, als der erste Minister, v. Könneritz, entlassen wurde und das Ministerium zurücktrat.Das neue Kabinett veranlaßte eine Reihe von Reformen auf verschiedensten Gebieten (Finanzen, Rechtspflege, Steuern, Wahlrecht, Presse- und Vereinigungsgesetz). Im Gegensatz zu Preußen war das Aufbegehren in Sachsen unblutig zu Ende gegangen – hatte die Vernunft die Oberhand.

Feierlicher Einzug der Abgeordneten der Nationalversammlung in die Paulskirche am 18.Mai 1848

Im Mai 1848 war in Frankfurt a.M. das erste, vom ganzen Volk gewählte deutsche Parlament zusammengetreten. Bis zum März 1849 hatte diese, überwiegend aus gemäßigten Liberalen bestehende Nationalversammlung die Arbeit an einer deutschen Verfassung, der Reichsverfassung, abgeschlossen. Sie wählte denpreußischen König zum deutschen Kaiser, der jedoch ablehnte. Nach seiner Auffassung sei nur die Fürstenversammlung zu einem solchen Akt berechtigt. So erfüllte sich die Hoffnung auf einen deutschen Einheitsstaat nicht. Alle Aufmerksamkeit richtete sich jetzt auf das Wirken liberaler und demokratischer Kräfte, die in Frankfurt beschlossene Reichsverfassung durchzusetzen.

Das stieß bei den Regierungen der größeren deutschen Staaten wie Bayern, Preußen und Sachsen auf Ablehnung und führte in Dresden zu blutigen Kämpfen. Einen Anlaß für den Ausbruch der Kämpfe lieferte am 3. Mai das Verbot für die Parade der Dresdner Kommunalgarde (einer Bürgerwehr), die eine Demonstration für die Reichsverfassung werden sollte. Jetzt begann man zu handeln. Das Zeughaus wurde gestürmt, um sich zu bewaffnen. In der Nacht zum 4. Mai entstanden 108 Barrikaden in der Altstadt. Den Mittelpunkt der Verschanzungen bildete der Altmarkt. Die Aufständischen erhielten Unterstützung aus der Umgebung und den sächsischen Industrie- und Bergbaustädten. Ihre Zahl wuchs schnell auf 10.000. In den frühen Morgenstunden des 4.Mai flüchtete der König mit seiner Familie auf die Festung Königstein. Eine provisorische Regierung hielt nun die Fäden in der Hand. Als nach Ablauf des Waffenstillstandes am 5. Mai 1849 der offene Kampf entbrannte, war der Aufstand in die Defensive geraten. 5.000 schwerbewaffnete sächsische und preußische Soldaten, die mit der Eisenbahn nach Dresden gebracht worden waren, standen den 3.000 schlecht bewaffneten und zunächst fast über keine militärische Organisation verfügenden Aufständischen gegenüber. Am 9. Mai fielen die letzten Bastionen der Verteidiger am Postplatz und am Altmarkt nach einem erbitterten Häuserkampf. Die Angreifer durchbrachen dabei nicht nur die Barrikaden, sondern sie durchbrachen Hof- und Gartenmauern sowie die Innenwände der Häuser, um in den Rücken der Aufständischen zu gelangen. Da sich an diesem Tage die Kräfte der Aufständischen in Dresden völlig erschöpft hatten, beschloß die Führung den Abzug aus der Stadt. Trotz der erdrückenden Übermacht gelang der geordnete Abzug von etwa 2.000 Aufständischen aus der Stadt, die sich zum Teil bis zur Grenze durchschlagen konnten. Manche von ihnen nahmen wenige Wochen später an den Kämpfen in Baden und der Pfalz teil. Nahezu 200 gefallene Aufständische und etwa 30 tote Soldaten waren die Opfer.

Gestützt auf den Belagerungszustand über Dresden und Umgebung sowie das Industriegebiet um Glauchau-Werdau unterdrückte die sächsische Obrigkeit die demokratische Bewegung. Alle republikanischen und Vaterlandsvereine wurden verboten, in zahlreichen Städten die Stadtverordnetenversammlungen und Kommunalgarden aufgelöst, Bürgermeister und Stadträte von ihren Ämtern suspendiert. In den nachfolgenden Jahren wurde „Sachsentreue“ zum Herrscherhaus Wettin zur obersten Staatsmaxime erhoben, um die 1848 mächtig erstarkte nationale Bewegung zu paralysieren.
Eine tiefe politische Apathie erfaßte das Land. Auch das blühende, von fortschrittlichen Ideen getragene kulturelle Leben des Vormärz verlor in der Reaktionsperiode, in der solch hervorragende demokratische Künstler wie Gottfried Semper und Richard Wagner in die Emigration getrieben wurden, die Oberhand. Für diese Politik stand Friedrich Ferdinand v. Beust, der als Staatsminister in verschiedenen Ministerien bis 1866 wirkte. Er besaß das volle Vertrauen des 1854 auf den Thron gelangten Königs Johann. Feierte die nach hinten gerichtete Politik Anfang der fünfziger Jahre auch Triumphe, so vollzogen sich auf ökonomischen Gebiet unaufhaltsame Prozesse. Auf gewerblichem Sektor schuf die Adelsregierung im Interesse der Erhaltung ihrer Macht freiere Spielräume für die Durchsetzung des ökonomischen Fortschritts im Lande.

Für das zahlenmäßig sehr große städtische Handwerk brachte der einsetzende Siegeszug der Industriellen Revolution erhöhte soziale Unsicherheit. Obwohl die Zünfte in den Städten bis 1861 fortbestanden, vermochten sie den zunehmenden Einfluß des Kapitals auf das Handwerk nicht mehr aufzuhalten. War schon die Lage der Handwerksmeister in der Regel alles andere als rosig, so führte die Masse der Gesellen unter oft schweren Arbeits- und Lebensbedingungen ein bereits proletarisches Leben. Nur wenigen gelang der Sprung zum Innungsmeister, aber selbst bei einem solchen Glück wechselten sie nicht selten vom Gesellen- zum Meisterelend. [3] Die Konzessionen für die Gründung von Fabriken und Aktiengesellschaften wurden großzügiger erteilt und die Zunftverfassungen immer mehr durchlöchert, bis Sachsen 1861 endlich – gegenüber Preußen um Jahrzehnte verspätet, aber als erster der deutschen Mittelstaaten, die Gewerbefreiheit einführte. Damit verloren die Zünfte alle Privilegien und Monopolrechte.

Quellen[Bearbeiten]

  1. Leipziger Zeitungen, 1789, 143. Stück, 25. Juli, S. 841 f. Zitiert nach: Geschichte Sachsens. Hrsg von K. Czok. Weimar 1989, S.305.
  2. Sächsiches Hauptstaatsarchiv Dresden: Landesregierung. Loc. 30 680. Die in den zum Rittergut Neukirchen... gehörigen Dörfer ausgebrochenen Unruhen, Bd. 3, 1790. Vgl. dazu auch R. Strauss. Die Untertanen der Herrschaft Weißbach mit Dittersdorf und der Herrschaft Neukirchen bei Chemnitz im antifeudalen Bauernaufstand von 1790. In: Sächsische Heimatblätter, 1972, H.5, S. 229-236.
  3. H. Zwar. Zur Konstituierung des Proletariats als Klasse. Berlin 1978. S. 68.