Sexualität/ Orgasmus

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Sexualität

Sexueller Reaktionszyklus

Der Orgasmus ist ein hervorbrechendes Ereignis. (Bild: Władysław Podkowiński, „La Folie“, 1894)

Der Orgasmus (im Fachwortschatz auch: Klimax von griech. κλίμαξ „Treppe“, „Leiter“, „Steigerung“) ist der Höhepunkt des sexuellen Lusterlebens.

Kurz vor dem Orgasmus steigert sich die Durchblutung der Geschlechtsorgane bis zum Maximum, während des Höhepunkts kommt es im Genitalbereich zu rhythmischen unwillkürlichen Muskelkontraktionen, in denen sich die sexuelle Spannung entlädt. Anschließend erfolgt meist eine Entspannung des Genitalbereichs, oft auch des gesamten Körpers. Beim Mann kommt es in der Regel während des Orgasmus zur Ejakulation. Neben den körperlichen Reaktionen äußert sich der Orgasmus in einem meist als angenehm empfundenen individuellen Erlebnis des Rausches und der Überwältigung. Die Intensität und Erlebnistiefe kann sich von Mal zu Mal und von Mensch zu Mensch unterscheiden, sie lässt sich durch mentale oder körperliche Stimuli beeinflussen. In zahlreichen Ratgebern finden sich Methoden, die dazu geeignet sein sollen, die Erlebnistiefe oder die Orgasmushäufigkeit zu steigern.

Hintergründe und anthropologische Theorien[Bearbeiten]

Das Orgasmuserleben wird meist metaphorisch beschrieben.

Den Orgasmus kann man im physiologischen Sinn als einen zentral-nervösen Vorgang beschreiben und somit von anderen Sexualfunktionen - etwa der Ejakulation, der Befruchtung oder dem Eisprung - deutlich abgrenzen. Gut vergleichen lassen sich die Vorgänge im Gehirn während des sexuellen Höhepunktes mit einem „neuronalen Feuerwerk“. Diese neuronale Aktivität hat ihren Ursprung im Limbischen System, beteiligt sind vor allem bestimmte Regionen des Hypothalamus und die Amygdala.

Limbisches System - Steuerungszentrale des Orgasmus

An der sexuellen Erregungssteigerung und der Auslösung des Orgasmus sind unterschiedliche Botenstoffe beteiligt, deren Zusammenspiel im einzelnen noch wenig erforscht ist: die Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Serotonin und verschiedene Hormone, besonders Androgene, endogene Opioide, aber auch andere.

Es kann bei diesen Vorgängen manchmal zu einer Art Übersprungsreaktion zwischen benachbarten Hirnarealen kommen. Dadurch lassen sich vermeintlich paradoxe sexuelle Reaktionen erklären, die etwa bei Schmerz- oder Angsterlebnissen auftreten können (vergl. Kapitel Orgasmen und orgasmusähnliche Erlebnisse außerhalb sexueller Handlungen).

Während der Luststeigerung bis zum Höhepunkt ist das Schmerzempfinden ebenso wie die Aktivität des Großhirns als wertende Instanz deutlich herabgesetzt. Es werden daher oftmals Reize als stimulierend empfunden, die im nicht-erregten Zustand als unangenehm empfunden und abgelehnt würden. Letzteres wird besonders in den Praktiken des BDSM genutzt.


Geschlechtliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede[Bearbeiten]

Männer wie Frauen haben individuelle Vorlieben hinsichtlich sexueller Stimulationen und können auf verschiedene Weisen Orgasmen erleben. Laut Angaben einiger Wissenschaftler besteht ein Zusammenhang zwischen weiblicher wie männlicher Orgasmusfähigkeit, auch der männlichen Potenz und einer gut trainierten Beckenbodenmuskulatur, insbesondere des PC-Muskels.

Studien zeigen, dass sich bei beiden Geschlechtern nach dem Orgasmus eine erhöhte Anzahl von Immunglobulinen in Blut und Speichel nachweisen lässt (möglicherweise um Fremdkeimen von einem etwaigen Partner zu begegnen), zudem führe er durch die Ausschüttung des Hormons Oxytocin zu einem tieferen Nachtschlaf und allgemein zu einer vermehrten Entspannung, was die Regeneration des Körpers erhöhe und dem Alterungsprozess entgegenwirke. Deutliche Unterschiede zeigten sich jedoch hinsichtlich der Wirkung auf die körperliche Kondition: Während sich der Orgasmus bei der Frau durch eine erhöhte Testosteronausschüttung positiv auf die Fitness auswirke, drossele er beim Mann hingegen den Spiegel dieses Leistungshormons, was zu einem kurzfristigen Abfall der sportlichen Leistungsfähigkeit führe. Bei jedem Orgasmus werden laut physiologischer Studien jeweils bis zu 300 kcal in kürzester Zeit verbrannt. Das entspricht einem Brennwert, der je nach Körpergewicht zirka einer Stunde Brustschwimmen entspricht. Dieser enorm hohe Energieumsatz, der sich in nur wenigen Sekunden abspielt, hat seine Ursache darin, dass weit über 500 Muskeln bis zum vierfachen ihrer normalen Maximalkraft isometrisch und zeitgleich kontrahiert werden. Bei mehrfachen Orgasmen ohne weitere Erholungsphasen kann der jeweilige Energieumsatz noch deutlicher ausfallen.

Der Orgasmus des Mannes[Bearbeiten]

Auszug aus dem Gedicht Liebe in zwei Tempi:
Kastagnette Schelle Jubel
meines Rosenhimmels aus Frauenfleisch
mein Mann du einziger Talisman
Zauber meiner wüstenhaften Blätter
komm noch einmal ruf mich drück mich
an deinen Hafen der heiseren Wellen
Erfüll mich mit deiner weißen Zärtlichkeit
erstille meine Schreie
lass mich aufgelöst Frau sein.

Allgemeines[Bearbeiten]

Der Orgasmus des geschlechtreifen Mannes oder Jugendlichen geht mit neurophysiologisch vom Sexualzentrum im Zwischenhirn ausgelösten, rhythmischen Muskelkontraktionen der Genitalgänge und der zugehörigen Organe wie Samenleiter, Samenblase und der Prostata, weiterhin der Urethra, der Muskeln des Beckenbodens, damit auch denen an der Peniswurzel, und schließlich der Kontraktionen des Penis selbst einher. [1] Dabei wird gewöhnlich direkt und unmittelbar eine Ejakulation ausgelöst, wobei das Sperma in die Harnröhre gelangt und durch die Öffnung in der Eichel nach außen geschleudert wird. Das in diesem Ejakulat befindliche Sperma setzt sich aus unterschiedlichen Sekreten (Seminalplasma) zusammen, die größtenteils von den so genannten akzessorischen Geschlechtsdrüsen abgegeben werden. Der spermienhaltige Sekretanteil, den Hoden und Nebenhoden beisteuern, beträgt lediglich 3–5 % (die Menge der Spermien beträgt davon noch einen weitaus geringeren Anteil). Anstatt mit einer Ejakulation kann der Höhepunkt bei manchen Männern mit der so genannten Injakulation verbunden sein, die sich als sexuelle Kunstform bereits in den altchinesischen Schriften des Taoismus findet und in unserer Zeit als Methode zum Erreichen männlicher multipler Orgasmen propagiert wird. Vor der Pubertät und der in ihrem Verlauf verbundenen Erreichung der Geschlechtsreife erleben die Mehrzahl der Jungen den so genannten trockenen Orgasmus, einen Orgasmus zwar mit rhythmischen Muskelkontraktionen der Genitalgänge aber ohne tatsächlicher Ejakulation im Sinne von Ausscheidung eines Ergusses ohne Samen.

Wurde nach Masters und Johnson der männliche Orgasmus noch mit der Ejakulation gleichgesetzt, so gilt heute als erwiesen, dass es sich hierbei um zwei unterschiedliche neurophysiologische Vorgänge handelt, die zwar meistens, jedoch nicht immer parallel ablaufen. Ebenso sagen die Ejakulationsstärke und die Spermamenge nichts über den Orgasmus aus, entgegen der noch immer weit verbreiteten Ansicht, Männer würden durch die Ejakulation höchsten sexuellen Genuss und Befriedigung erlangen. In diesem Kontext wird die Orgasmusfähigkeit des Mannes vielfach unterschätzt und an den falschen Bedingungen gemessen.

Im Unterschied zu vielen Frauen können die meisten Männer beim Vaginalverkehr ohne explizite zusätzliche Stimulationen einen Orgasmus erleben. Männer brauchen oftmals eine längere Erholungsphase als Frauen, um die sexuelle Spannung für einen weiteren Orgasmus aufzubauen, während manche Frauen zu multiplen Orgasmen fähig sind. Durch ein gezieltes Training des PC-Muskels im Beckenbodenbereich sollen laut Anweisungen in unterschiedlichen Ratgebern auch Männer die Fähigkeit steigern oder erlangen können, mehrere Höhepunkte in kurzen Abständen hintereinander zu erleben. Die zunächst kurzen Erholungspausen würden dabei von Höhepunkt zu Höhepunkt immer länger, was beim multiplen Orgasmus der Frauen nicht zutreffen muss. Bei einem wiederholten Samenerguss verringert sich die Menge des Ejakulats (des Spermas), da die akzessorischen Geschlechtsdrüsen nur eine stetig verringerte Menge Sekret nachliefern können, auch die Hoden brauchen eine gewisse Zeit, um erneut Spermien und den dazugehörigen Sekretanteil zu produzieren. Für diese Vorgänge wird normalerweise eine gewisse Erholungsphase benötigt, die so genannte Refraktärphase.

Manche Männer können durch eine (rektale) Stimulation der Prostata einen Orgasmus erleben, der sich in der Art des Erlebens von einem Orgasmus, der durch die Reizung des Penis hervorgerufen wird, unterscheidet. Besonders unter Homosexuellen sind dahingehende Stimulationen sehr verbreitet, vgl. Analsex.

Gesundheitliche Auswirkungen[Bearbeiten]

Eine regelmäßige sexuelle Befriedigung mit Ejakulation erscheint aus medizinischer Sicht sogar für die Vorbeugung gewisser Prostatabeschwerden sinnvoll. Die Ejakulation von befruchtungsfähigem Sperma ist keine Voraussetzung für den Orgasmus, was bei einer Sterilisation von Belang ist. Die Spermien sind ein ausschließlich unter Laborbedingungen messbarer und subjektiv nicht feststellbarer Mengenanteil des Ejakulats, der individuell und je nach Situation erheblich schwanken kann.

Eine walisische Studie legte einen sehr positiven Effekt von möglichst häufigen Orgasmen beim Mann für Herz-Kreislauf-Krankheiten nahe. Bei den sexuell aktivsten Männern war die Sterbequote ungefähr halb so groß wie bei anderen Männern, die seltener einen Orgasmus erlebt hatten. Am deutlichsten zeigte sich das beim Herzinfarkt, weniger ausgeprägt auch bei allen anderen krankheitsbedingten Todesfällen. Vieles spricht danach dafür, dass ein intensives Sexualleben die Ursache für eine längere Lebenserwartung sein kann.[2]

Einer gemeinsamen Laborstudie von Schweizer und US-Forschern zufolge wird beim Orgasmus durch Geschlechtsverkehr die vierfache Menge des Hormons Prolactin ausgeschüttet als beim Orgasmus durch Masturbation. Höhere Mengen dieses Hormons besitzen eine muskellähmende Wirkung, die für das häufige Müdigkeitsgefühl nach dem Orgasmus/der Ejakulation verantwortlich ist. Die männlichen Testpersonen hatten sich zunächst erotische Filme angeschaut und danach den Orgasmus herbeigeführt. Die Forscher sehen in dem auch für sie überraschenden Befund eine physiologische Bestätigung dafür, dass der Orgasmus mit einem Partner häufig als befriedigender erlebt wird als ein selbst herbeigeführter.[3]

Ejakulation[Bearbeiten]

Zur Ejakulation des Samens kommt es, wenn der Mann sexuell erregt ist, sein Penis mit Blut vollgepumpt wurde und er an diesem für ihn angenehme Berührungen erfährt, was zur Folge hat, dass sich in der Spermienblase im Körper des Mannes ein Muskel zusammenzieht und das Sperma mit Geschwindigkeiten bis zu 35 km/h durch die Harnröhre nach außen "spritzt".

Sperma[Bearbeiten]

Beim Erguss wird ungefähr ein Teelöffel voll Samenflüssigkeit ejakuliert. Die Flüssigkeit besteht zum größeren Teil aus Gleitflüssigkeit und zum geringeren Volumenteil aus den Spermien. Sie ist gelblich weiß und leicht klebrig. Den Geschmack kann man mit "leicht bitter" bis "süßlich" beschreiben. Der Geruch ist kastanienblütenartig.

Der Orgasmus der Frau[Bearbeiten]

Gestern Nacht erst
warst Du wie ein nackter Kämpfer
der über dunkle Felsen sprang.
Ich auf meinem Beobachtungsposten
in der Ebene
sah dich eine Waffe schwingen
und heftig in mich dringen.
ich öffnete die Augen
und noch immer warst du ein Schmied
der den Funkenamboss schlug
bis mein Geschlecht explodierte wie eine Granate
und wir beide starben im Mondsplitterhagel
(Gedichte zitiert aus Gioconda Belli: Zauber gegen die Kälte)

Der Orgasmus der Frau geht mit einer Anzahl rhythmischer Muskelkontraktionen einher, die während der fruchtbaren Phase der Frau empfängnisunterstützend wirken können, da sie den Gebärmuttermund rhythmisch und mit peristaltischen Bewegungen in die Samenflüssigkeit eintauchen. Außerdem werden die Hormone Oxytocin und Prolaktin innersekretorisch ausgeschüttet.

Da die Scheidenwand fast keine Nerven aufweist, kommen viele Frauen nur dann zum Orgasmus, wenn bestimmte erogene Regionen stimuliert werden, etwa die Klitoris, bestimmte Regionen im Scheideninneren (vergl. G-Punkt), der A-Punkt oder andere. Die Existenz von G- und A-Punkt als klar definierte Zentren ist wissenschaftlich nicht gesichert.

In vielen allgemeinen und in einigen älteren wissenschaftlichen Publikationen wird unterschieden zwischen einem „klitoralen“ und einem „vaginalen Orgasmus“, wobei letzterer oftmals als erfüllender oder gar als höhere Stufe propagiert wird. Einige Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass in Wahrheit jeder weibliche Orgasmus von der Klitoris, dem bei der Frau nervenreichsten Zentrum sexueller Erregung, ausgeht: Nach neueren Erkenntnissen ist die Klitoris ein weitaus größeres Organ als allgemein angenommen und publiziert, tatsächlich beträgt ihre Länge zirka elf Zentimeter und ihre Nervenenden reichen bis in die Vagina und in die Schenkel hinein. Die allgemein als Klitoris erachtete außen sichtbare Klitorisspitze ist also lediglich ein Teil des Organs. Somit könne der Orgasmus durch vielfältigere Weise als bisher angenommen klitoral ausgelöst werden, etwa auch durch eine vaginale Stimulation. Die oft anzutreffende Unterscheidung in klitorale und vaginale Orgasmen beruht ihrer Ansicht nach auf der gängigen Fehleinschätzung über die Größe der Klitoris.


Tendenziell nimmt die Orgasmusfähigkeit von Frauen mit zunehmendem Alter und zunehmender sexueller Erfahrung zu. Frauen lernen oft erst mit der Zeit, durch welche Stimulationen sie am besten zum Orgasmus kommen und gewinnen mit dem Heranwachsen und mit zunehmender Erfahrung mehr und mehr Selbstbewusstsein, was hilft, die eigenen sexuellen Wünsche zu vertreten. Mit zunehmender Erfahrung können feine Abstufungen in den Stimulationsmöglichkeiten und im Empfinden erprobt werden, was das sexuelle Erlebnispotential erweitern kann.

Über die eigene Einflussnahme hinaus unterliegt die Empfindungsfähigkeit und die Lokalisierung der Empfindungen individuellen und lebenszyklischen Schwankungen, die hormonell wie anatomisch bedingt sind. So berichten manche Frauen nach der ersten (Vaginal-)Geburt von einer Zunahme des sexuellen Genusses und intensiveren Empfindungen im Bereich der vorderen Scheidenwand, der Umgebung des G-Punkts. Einigen Angaben zufolge kann mit zunehmender Erfahrung und durch eine gezielte Reizung auch die weibliche Vorsteherdrüse (Prostata feminina oder Gräfenberg-Zone, kurz G-Punkt) aus dem umliegenden Vaginal-Gewebe stärker hervortreten, was bei der vaginalen Stimulation das sexuelle Lustempfinden steigern und leichter einen Orgasmus bescheren könne.

Vor dem und vor allem während des Orgasmus werden in der Vagina Sexualsekrete abgesondert, die beim Liebesakt die Gleitwirkung verstärken und durch ihre Eigenschaften die Befruchtung fördern können. Wenn etwa das Sperma zu dickflüssig oder dessen Menge zu klein ist, sind die bei sexueller Erregung gebildeten Vaginalsekrete ab einer gewissen Menge imstande, die verminderte Mobilität der Spermien zu verbessern. Zudem beeinflussen sie das Basen-Säuren-Verhältnis in der Vagina: Die Vaginalflora hat normalerweise einen sauren pH-Wert, während Spermien eine leicht alkalische Umgebung brauchen. Die weiblichen Sexualsekrete können für eine kurze Zeit den pH-Wert in der Vagina erhöhen - und damit wahrscheinlich die Überlebensfähigkeit der Spermien.

Laut Erfahrungsberichten soll es bei einigen Frauen während des Orgasmus zu einer Ejakulation kommen, vergl. Weibliche Ejakulation. Dabei soll stoßweise ein klares Sekret aus dem G-Punkt-Drüsenzentrum abgesondert werden.

Bewusste Steuerung des Orgasmus[Bearbeiten]

Wie häufig und durch welche Stimulationen ein Mensch Orgasmen erleben kann, sagt wenig über seine sexuelle Genussfähigkeit aus. Sie hängt vielmehr von der Tiefe seiner Hingabe, seiner Fähigkeit zur Überwindung der Selbstkontrolle und seinem Selbstwertgefühl ab. Die Bezeichnung Liebesspiel kommt von Spiel als Tätigkeit zum Selbstzweck aus purem Genuss. Diese Einstellung beinhaltet oft eine größere sexuelle Erfüllung als die leistungsorientierte Orgasmusjagd (vergl. Kapitel: Der vorgetäuschte Orgasmus).

Die Intensität des weiblichen Orgasmus lässt sich laut unterschiedlichen Erfahrungsberichten mit der „Raffinesse“ des Liebesspiels steigern, etwa durch kurzfristige Intensitätsänderungen der Berührungen, mehrfache Stimulationen wie gleichzeitige Berührungen von Klitoris und Brüsten, Mund oder Analregion sowie einer spielerischen „Inszenierung“, etwa durch das Einnehmen einer aktiven, passiven oder imaginären Rolle oder durch Verbinden der Augen. Darauf zu warten oder sich unter Druck zu setzen wird hingegen als hinderlich beschrieben.

Die meisten Männer lernen mit zunehmender Erfahrung, wie sie ihren Orgasmus und die Ejakulation durch Selbstbeherrschung und -disziplin besser kontrollieren können. Hierbei entwickeln sie vor allem die Fähigkeit, den Orgasmus willentlich hinauszuzögern, was häufig den sexuellen Genuss erhöht und zu einem intensiveren Höhepunkt führt. Ebenso kann die Partnerin oder der Partner durch einen Intensitätswechsel der Stimulationen den Zeitpunkt des männlichen Orgasmus mit steuern. Etwa 25% der Männer erlernen diese Orgasmuskontrolle nicht - man spricht von einem vorzeitigen Orgasmus, der sich durch spezielle verhaltenstherapeutische Verfahren behandeln lässt.

Eine Verfeinerung des Liebesspiels stellt das bewusste Hinauszögern des Orgasmus durch wiederholtes Unterbrechen der Stimulation bei fortgeschrittener Erregung dar. Diese Erkenntnis begründet die Sexualtechniken des hinduistischen Tantras, wobei sich der Orgasmus hier nicht in einer explosiven Entladung der sexuellen Energie äußert, sondern mit bestimmten Atemtechniken in andere Erlebnisformen transformiert wird, die sich in einem ganzkörperlichen Talorgasmus und lang anhaltenden Zustand hoher Ekstase äußern.

Auch Teile der heute im Westen populären altindischen Schriften des Kamasutras zeugen bereits von einer frühen Auseinandersetzung mit Techniken, die eine Steigerung des sexuellen Genusses erzielen sollen, überdies setzen sie einen bemerkenswerten Kontrapunkt zum heute in Indien verbreiteten eher prüden Umgang mit der Sexualität.

In Hinduismus und Buddhismus steht jedoch nicht die Verstärkung des sexuellen Lusterlebnisses im Mittelpunkt, sie ist lediglich ein Nebenprodukt der spirituellen Handlung. Die sexuellen Techniken des Tantras bezwecken nach traditioneller hinduistischer Auffassung vielmehr, eine Nähe zu den Göttern, insbesondere der Doppelgottheit Shiva/Shakti herzustellen und durch das orgastische Erleben einer Auflösung der Ich-Grenzen selbst zu dieser zu werden, bzw. nach der Auffassung des tantrischen Buddhismus die Erfahrung der Einheit von Glückseligkeit und Leerheit. Nach Auffassung einzelner Tantriker handelt es sich bei dieser Erfahrung um ein besonderes Samadhi, das durch andere Meditationsmethoden nicht oder nur wesentlich schwieriger erreichbar ist. Die Bereitschaft zur Selbstaufgabe begünstigt hierbei vermutlich die Erlebnistiefe – und umgekehrt.

Manche fernöstliche Vorstellungen betrachten den Orgasmus als „Bad des Körpers in Qi“ (Qi lässt sich in etwa mit „Lebensenergie“ übersetzen). Diese Auffassung wird in moderner Form von Mantak Chia vertreten.

Körperliche Einschränkungen[Bearbeiten]

Anorgasmie[Bearbeiten]

Als Anorgasmie, manchmal auch als „Orgasmushemmung“, wird eine Orgasmusstörung bei Frauen wie Männern bezeichnet, die durch ein oftmaliges oder andauerndes Fehlen eines sexuellen Höhepunktes bei ungestörter Erregungsphase definiert ist.

Diese ist bei Frauen häufiger als bei Männern festzustellen: Nur etwa ein Drittel der sexuell aktiven Frauen berichtet von regelmäßigen Orgasmen. 5 bis 10 % geben an, noch niemals einen Orgasmus gehabt zu haben.

Bei Männern muss eine Anorgasmie bzw. im weiteren Sinn die Orgasmusstörung von einer Ejakulationsstörung im engeren bzw. einer erektilen Dysfunktion im weiteren Sinne abgegrenzt werden.

Anorgasmie kann auch durch die Einnahme eines Antidepressivums ausgelöst werden.

Während es bei der ärztlichen Behandlung von Männern mit Orgasmusproblemen üblich ist, sowohl psychische als auch physische Faktoren zu berücksichtigen, richtet sich die Ursachenforschung und Behandlung von Frauen, die unter ähnlichen Schwierigkeiten leiden, nach wie vor stark auf den psychischen Bereich. Selbst in den zahlreichen Fällen, in denen durch diese Handhabe keine Besserung eintritt, wird häufig nicht umfassender nachgeforscht, die Betroffenen finden keine adäquate Hilfe. In Wirklichkeit ist die Fachwelt häufig ratlos, da die Anatomie und die Funktionen der weiblichen Geschlechtsorgane noch immer nicht hinreichend erforscht sind. Das zeigt sich etwa darin, dass bei Operationen häufig unnötig Nerven oder Blutgefäße verletzt werden, die, wie sich oft zu spät zeigt, für das weibliche Lusterleben von Bedeutung sind. Erst im Jahr 1998 sorgte eine neue Entdeckung der Urologin Helen O’Conell in der Fachwelt für Furore: die Klitoris liegt zum größten Teil unter Gewebe verborgen und ist mehr als doppelt so groß wie bisher angenommen wurde, vergl. Kapitel Neuere Forschungsergebnisse. Aufgrund der Forschungs- und Behandlungsdefizite wurde - ebenfalls gegen Ende der 90er Jahre - die International Society for the Study of Woman’s Sexual Health gegründet, eine Organisation, die sich eingehend der Erforschung der körperlichen Ursachen der sexuellen Dysfunktion bei Frauen widmet.

Die bisher vorliegenden neuesten Studien zeigen, dass eine Orgasmuslosigkeit bei Männern und Frauen oftmals sehr ähnliche Ursachen hat. Sie reichen etwa von psychischen Faktoren (vergl. Sexualangst) über krankheits-, unfall- oder operationsbedingte Schädigungen der Nerven oder der Kapillargefäße (Risikofaktoren können hier bestimmte Erkrankungen, etwa Diabetes, Multiple Sklerose, sein) bis hin zu Durchblutungsstörungen, etwa bedingt durch eine arterielle Hypertonie (Bluthochdruck), Arteriosklerose oder Rauchen. Neueste Diagnoseverfahren und -Geräte ermöglichen mittlerweile auch bei den Patientinnen eine präzisere Erforschung und Eingrenzung der körperlichen Ursachen. So erzeugt ein Stab, der in die Vagina eingeführt wird, der Genito-Sensory-Analyzer, unterschiedliche Temperatur- und Vibrationsreize, deren Wahrnehmung die Patientin per Knopfdruck anzeigt, wodurch Rückschlüsse auf eine etwaige Nervenschädigung ermöglicht werden. Andere Geräte messen Feuchtigkeit oder Durchblutungsintensität der Genitalien.

Auch in der Therapie zieht die Berücksichtigung körperlicher Ursachen bei Frauen langsam nach. Neueste Studien haben gezeigt, dass geringe Mengen des „männlichen Hormons“ Testosteron für das weibliche Lustempfinden wichtig sind. Wird ein Mangel als Ursache festgestellt, kann das Hormon ersetzt werden, etwa durch ein hormonhaltiges Gel, das im Bereich der Klitoris aufgetragen wird. Ist eine Mangeldurchblutung der Kapillargefäße die Ursache der Störung, kann es laut Dr. Johannes Siewers (einem der wenigen Sexualmediziner in Deutschland, die die aktuellen Erkenntnisse und Methoden bereits in der gynäkologischen Praxis nutzen) auch bei Frauen sinnvoll sein, den Einsatz von Viagra zu testen. Wie für betreffende Männer schon länger erhältlich, gibt es inzwischen auch für Frauen eine so genannte Vakuumpumpe (vergl. Penispumpe), die an den äußeren Genitalien angesetzt wird und durch Sogwirkung die Gefäße trainiert.

Siehe auch: Asexualität

Der vorgetäuschte Orgasmus[Bearbeiten]

Eine jahrhundertewährende Reglementierung und Unterdrückung der Sexualität hat sich in unserer Zeit der sexuellen Aufklärung geradezu ins Gegenteil entwickelt. Der Orgasmus wird häufig als höchstes Ziel des sexuellen Aktes betrachtet, das es unter allen Umständen zu erreichen gilt. Männer und Frauen fühlen sich daher häufig zum Orgasmus verpflichtet. Diese oft unbewusste und leistungsorientierte Haltung ist dem Erleben eines Orgasmus abträglich – es stört die natürliche Neugier, Kreativität und Freude, die das Wesen des Spiels ausmachen, das das Liebesspiel eigentlich ist. Die Angst vor dem „Versagen“ wird geschürt und genutzt durch die Vermarktung der Sexualität, etwa durch Ratgeber und Hilfsmittel, die sexuelle „Leistungsfähigkeit“ und Orgasmen der Superlative versprechen. Deshalb fühlen sich Frauen und Männer, die seltener oder bisher noch nie einen Orgasmus erlebten, oft sexuell minderwertig und haben Angst davor, dahingehend „entlarvt“ zu werden.

Als Reaktion auf diesen Leistungsdruck haben viele Menschen beim Geschlechtsakt schon einmal oder mehrfach einen Orgasmus simuliert, manche tun es regelmäßig. Die einen spielen ihrem Partner aus Angst, möglicherweise als unvollkommen gelten zu können, einen Orgasmus vor, andere wollen das Selbstbewusstsein des Partners stärken und wiederum ihn nicht als „Versager“ dastehen lassen. Manche fühlen sich durch die leistungsbetonten Bemühungen des Partners unter Druck gesetzt und wollen mit der Täuschung eine Entspannung der anstrengenden Interaktion herbeiführen. Die Gründe sind mannigfaltig und können bis zur Furcht vor dem Verlassenwerden durch den möglicherweise enttäuschten Partner reichen. Der vorgetäuschte Orgasmus, auch „vorgespielter Orgasmus“ oder „Orgasmuslüge“ genannt, gehört deshalb in den Bereich der Notlüge.

Auch so genannte Stricher und Callboys, die sich auf homosexuellen Kontakt spezialisiert haben, täuschen ihren Kunden zuweilen einen Orgasmus vor. Bei weiblichen Prostituierten gehört das mehr oder weniger theatralische Vortäuschen eines Orgasmus zum Standardrepertoire.

Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Frauenzeitschrift Marie Claire haben 20 Prozent der deutschen Frauen und 41 Prozent der deutschen Männer ihrem Partner noch nie einen Orgasmus vorgetäuscht. 54 Prozent der Interviewten fanden, dass Sex auch ohne Orgasmus befriedigend sein könne, jede zweite befragte Person meinte, dass der Orgasmus generell viel zu wichtig genommen werde. Für 28 Prozent der Frauen und 42 Prozent der Männer sei er das Schönste am Sex. In manchen Studien wird davon ausgegangen, dass unter Einberechnung der Dunkelziffer über 90 % aller Frauen einmal oder mehrmals einen Orgasmus vorgetäuscht haben.

Die Gründe der männlichen Orgasmuslüge sind oft ähnlich den weiblichen, weichen aber manchmal etwas ab. So wollen manche Männer nicht zeigen, wenn plötzlich der Wunsch nach Entspannung größer wird als der sexuelle Trieb. Durch das Orgasmus-Vortäuschen wird hier der Druck einer vermeintlichen Rechtfertigung gegenüber der Partnerin verhindert. Häufiger als bei Frauen ist für Männer die Befürchtung der Motor, der Partnerin nicht ausreichend das Gefühl geben zu können, dass sie begehrenswert ist, wenn der eigene Orgasmus ausbleibt.

Frauen hingegen täuschen manchmal einen Orgasmus vor, wenn sie den Partner zur Ejakulation animieren wollen – entweder um einen als anstrengend empfundenen Geschlechtsakt auf subtile Weise zum Abschluss zu bringen oder aber um durch die kurzfristige Zunahme der Reizung auch selbst in den Genuss eines echten Orgasmus zu kommen. Ein gelegentliches Vorspielen des Höhepunkts kann für ein Paar also in manchen Fällen bereichernd sein. Simuliert die Frau den Höhepunkt hingegen regelmäßig und erlebt nie einen echten Orgasmus, kann das zu einem großen Problem werden: Die Frau bringt ihre Bedürfnisse nicht zum Ausdruck und befindet sich in einem Teufelskreis.

Für den Partner ist es sehr schwierig, einen unechten Orgasmus zu erkennen, trotz einiger Hinweise auf einen echten Orgasmus, welche für die Frau schwierig zu kopieren sind: Muskelzuckungen im Vaginalbereich, harte Brustwarzen und manche Frauen bekommen während des Höhepunkts eine rötliche Farbe im Gesicht. Je besser sich ein Liebespaar kennt, desto schwieriger wird es für die Frau, einen vorgetäuschten Orgasmus unentdeckt zu lassen, sofern sie zwischendurch echte Orgasmen mit ihrem Partner erlebt hat und den Orgasmus nicht jedes Mal vortäuschte.

Die Tatsache, dass manche Männer kategorisch davon ausgehen, ihnen könne niemals eine Frau einen Orgasmus vortäuschen, wurde mitunter in Filmen thematisiert. In Rob Reiners Film „Harry und Sally“ demonstriert Sally (Meg Ryan) in einem Restaurant ihrem Freund Harry (Billy Crystal) das glaubhafte Vorspielen eines Orgasmus.

Rollenklischees[Bearbeiten]

Die Enttäuschung, beim Sex mit dem Partner keinen Orgasmus zu erreichen, scheint laut Umfragen bei Frauen geringer zu sein als bei Männern – das legt die Vermutung nahe, dass Frauen stärker als Männer zwischen Orgasmus und sexueller Befriedigung unterscheiden. Zahlreiche Umfragen und Untersuchungen bestätigen, dass viele Frauen die häufigsten und intensivsten Orgasmen bei der Masturbation erleben, aber trotzdem angeben, mit dem Sexualleben in ihrer Partnerschaft zufrieden zu sein. Hierbei stützen sich die zugrunde liegenden Untersuchungen vorrangig auf die Aussagen von Heterosexuellen.

Möglicherweise sind die Gründe für die als selbstverständlich hingenommene Orgasmuslosigkeit der Frau in der veralteten Rollenverteilung der Geschlechter und in tradierten sexuellen Vorstellungen zu finden, die sich u. a. im Ausdruck Eheliche Pflicht widerspiegeln, der lange gebräuchlich war und sogar als Begründung für die ungleiche juristische Bewertung ehelicher und außerehelicher Vergewaltigungen diente. Lange sollten Frauen keinen Spaß an der körperlichen Liebe haben, stattdessen wurde von ihnen Fügsamkeit erwartet, was unterbewusst bis heute nachwirkt (vergl. Abschnitt weiter unten). Umfragen bei homosexuellen Frauen haben ergeben, dass sie häufiger Orgasmen erleben, und dass der Orgasmus selbstverständlicher zum Liebesspiel gehört, als bei Frauen mit heterosexuellen Partnern. Diese Ergebnisse unterstützen die These der fortbestehenden unbewussten Rollenkonformität.

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das Recht der Frau auf ihre eigene Sexualität von feministischen Bewegungen immer stärker vertreten und eingefordert. In den 1950er Jahren erfasste und erforschte der weltberühmte Zoologe und Sexualforscher Kinsey in seinem Buch Das geheime Leben der Frauen das Thema und machte es zum Gegenstand der öffentlichen Auseinandersetzung. Bis dahin war der weibliche Orgasmus ein Mythos, wenn nicht sogar ein Tabu. In den 1970er und 1980er Jahren machte die Sexualforscherin und Feministin Shere Hite mit den Hite-Reports Furore, in denen sie weibliche und männliche Stereotypen im sexuellen Rollenverhalten entlarvte. Mit ihren Veröffentlichungen gelang es ihr insbesondere, ein größeres allgemeines Interesse für die Sexualität der Frau und den weiblichen Orgasmus zu wecken, und somit einen Beitrag zu größerem gesellschaftlichen Respekt vor der Frau zu leisten.

In vielen Kulturen wurde - und wird zum Teil noch heute - der weibliche Körper aufgrund seiner besonderen Funktionen als unheimlich betrachtet bis hin zu der Ansicht, er sei von Grunde auf pathogen, schwach oder minderwertig (vergl. Artikel Wahnsinn - körperliche Ursachen und Artikel Hysterie). Diese Betrachtungsweisen wurden etwa in vergangenen Zeiten der heutigen westlichen Industrienationen vertreten (vergl. Kapitel Geschichtliche Entwicklung - Mittelalter bis Neuzeit). Sie hatten mitunter grausame Konsequenzen: Teilweise wurde „hysterischen“ Frauen die Gebärmutter entfernt; bei manchen angeblich von Hysterie oder Masturbation betroffenen Frauen wurde eine operative Verstümmelung der Genitalien vorgenommen (vergl. Beschneidung weiblicher Genitalien - Klitorisamputation und Masturbation). Diese Tatsache und besonders, dass die Genitalverstümmelung als „medizinische Praxis“ in einigen Fällen auch im deutschsprachigen Raum Anwendung fand, ist allgemein wenig bekannt und wenig publiziert. M. Hulverscheidt (siehe Literaturliste) wies für den Zeitraum von ca. 1815 bis 1915 etwa 100 Fälle in medizinischen Publikationen nach, die tatsächliche Anzahl Betroffener könnte höher liegen.

Fernab unserer Breiten sind uns die Konsequenzen geläufiger, zu denen manche Betrachtungsweisen der weiblichen Körperfunktionen - insbesondere des weiblichen Orgasmus - und die damit verbundene Bewertung der Frau führen können:

Besonders in einigen Ländern Afrikas wird die sexuelle Lust der Frau, da sie einen Teil zur weiblichen Autonomie beiträgt, als eine Bedrohung für die in den betreffenden Kulturen patriarchisch strukturierte Gemeinschaft angesehen. Um die Frau dieses zentralen Bereichs der Selbstbestimmung zu berauben, wurde und werden dort vielerorts bereits junge Mädchen etwaiger sexueller Intentionen beraubt, indem systematisch ihre Genitalien verstümmelt werden. Weltweit kämpfen Menschenrechtsorganisationen gegen dieses Verbrechen (vergl. Artikel Beschneidung weiblicher Genitalien).

Orgasmen und orgasmusähnliche Erlebnisse außerhalb sexueller Handlungen[Bearbeiten]

Hier sind die sowohl bei Männern wie Frauen gelegentlich auftretenden Orgasmen im Schlaf zu nennen, die vorwiegend während des Nachtschlafes auftreten können. Meist sind diese von sexuellen Träumen oder Empfindungen begleitet. Bei heranwachsenden männlichen Jugendlichen ab der Pubertät und erwachsenen Männern werden diese mit einer Ejakulation von Sperma verbundenen Ereignisse als Pollutionen bezeichnet.

Ein Orgasmus kann mitunter fernab von sexuellen Gedanken oder einer entsprechender Betätigung in geistigen oder körperlichen Extremsituationen auftreten, verursacht etwa durch exzessives Beten oder Hungern, extreme körperliche Betätigung (vergl. Leistungssport), intensivstes Musikerleben (vergl. Trance), körperlichen Schmerz (auch außerhalb sexuell betonter S/M-Praktiken), eine massive Angst- oder Bedrohungssituation oder durch Gewalterlebnisse bei Opfern oder Tätern.

Der Orgasmus könnte hierbei die Funktion haben, eine Überreizung des Nervensystems abzubauen und einer weiteren Überreizung durch den kurzfristigen „Ausstieg“ aus der überfordernden Situation vorzubeugen. Neurologisch könnte das Phänomen durch die unmittelbare Nachbarschaft entsprechender Hirnareale begründbar sein (vergl. Hintergründe und anthropologische Theorien). In der Folge solcher zunächst paradox erscheinenden Erlebnisse kann es zu einer Erotisierung der auslösenden Ereignisse kommen, was jedoch nicht zwangsläufig als angenehm erlebt wird und mitunter die Folge einer Traumatisierung sein kann. Aus Richard von Krafft-Ebings Psychopathia sexualis von 1912:

„Wenn er des Nachts Pollutionen hat, so kommen sie fast stets in Verbindung mit ganz anderen Gedanken vor, als dies bei normalen Männern der Fall ist. Die betreffenden Träume des Patienten sind Rekapitulationen aus seiner Schulzeit. In dieser hatte nämlich Patient [...] Samenerguss, wenn ihn eine grosse Ängstlichkeit überfiel. Wenn z. B. der Lehrer eine Extemporale diktierte und L. beim Uebersetzen nicht zu folgen vermochte, so trat öfter Ejakulation ein.“

Das Orgasmusgefühl ist eng verwandt mit anderen ekstatischen Zuständen, zu den etwa verschiedenartige Rauschzustände sowie intensive Glückserlebnisse zählen, aber auch Amok oder Gewaltexzesse. Die ähnlichen Empfindungen könnten mit der Ausschüttung von Endorphinen zusammenhängen, die das neuroendokrine System des Zwischenhirns freisetzt.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. E. J. Haeberle: ’’Die Sexualität des Menschen’’, Walter de Gruyter, Berlin – New York 1983, S.38
  2. Orgasmus-Häufigkeit beeinflußt Lebenserwartung
  3. Biological Psychology Bd. 71, S. 312
  4. Klimt „Mulher sentada“, 1916.