Soziologische Klassiker/ Lenski, Gerhard

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Biographische Daten[Bearbeiten]

Lenski Gerhard Emmanuel

  • geboren am 13. August 1924 in Washington D.C. geboren


Eltern

Sr. Gerhard Lenski, lutherischer Pastor und Christine Umhau Lenski, vor ihrer Heirat Sekretärin, später Hausfrau und Mutter, aus der Ehe geht ein Kind hervor.


Ehe

Heirat mit Jean Lenski (geborene Cappelman), die später sechs Editionen von "Human Societies" co-authored, aus der Ehe gehen vier Kinder hervor. Jean Lenski stirbt 1994.

1996 heiratet Gerhard Lenski die Autorin, Herausgeberin und Evaluations-Spezialistin Ann Bonar Blalock.


Ausbildung

  • Lenski wuchs als Einzelkind in bürgerlichen Verhältnissen auf.
  • 1941 Studium mit dem Haupfach Wirtschaftswissenschaften als Stipendiat an der Yale University
  • 1942 zweieinhalbjährige Studienunterbrechung, Lenski tritt in die Army ein und dient am North of London Stützpunkt in einer B-17 Bombeneinheit
  • 1946 Wiederaufnahme des Studiums in Yale, Studienwechsel zum Hauptfach Soziologie
  • 1947 B.A. der Soziologie, Einstieg in das graduate program in Soziologie; in dieser Zeit auch Heirat mit Jean Cappelmann
  • 1950 Dissertation bei Professor A.B. Hollinshead mit dem Titel Prestige Status and Wealt, eine Studie über die Beziehung zwischen Prestige und Vermögen einer kleinen Textilindustriestadt


Beruflicher Werdegang

  • 1950 Anstellung als Dozent am Fachbereich Soziologie der University of Michigan at Ann Arbor
  • 1952-1953 Teilnahme an der ersten Detroid Area Study (DAS; Forschungs- und Unterrichtseinrichtung für Graduierte, des Fachbereichs Soziologie der University of Michigan)
  • 1954 Assistenzprofessor an der University of Michigan
  • 1957-1958 erneute Teilnhame an der DAS (sole Investigator)
  • 1959 außerordentlicher Professor an der University of Michigan
  • 1961 Veröffenltichung seines ersten wissenschaftlichen Buchs The Religious Factor basierend auf den Forschungsergebnissen des DAS von 1957-1958
  • 1963 ordentlicher Professor an der University of Michigan, im selben Jahr Wechsel an die University of North Carolina at Chapel Hill
  • 1965-1968 Vorstandsmitglied der American Sociological Association
  • 1966 Veröffentlichung des zweiten Hauptwerkes Power and Privilege
  • 1969-1972 Vorsitzender des UNC Ressorts für Soziologie
  • 1970 Veröffentlichung des Werkes Human Societies (dieses Werk blieb seither im Druck(Lenski 1970; Lenski and Lenski 1974, 1978, 1982, 1987;Lenski, Lenski and Nolan 1991; Lenski, Nolan, and Lenski 1995; Nolan and Lenski 1999; Nolan and Lenski 2004))
  • 1970-1971 Vizepräsident der American Sociological Association
  • 1972 Wissenschaftspreis: Guggenheim Forschungsstipendium
  • 1973 Verleihung des Titels Alumni Distinguished Professor of Sociology
  • 1976 Mitgliedschaft in der American Academy of Arts and Sciences
  • 1976-1978 Vorsitzender der Universitätsabteilung für Sozialforschung (UNC)
  • 1977-1978 Präsident der Southern Sociological Society
  • 1979 senior IREX [1] Fakultätsaustausch nach Polen und 1988 nach Ungarn
  • 1986 Lenski beendet seine regelmäßige Lehrtätigkeit aufgrund zunehmender Probleme mit dem Gehör, setzt jedoch seine Forschungstätigkeit und Beratung von graduate students bis 1992 fort.
  • 1994 Tod seiner Frau Jean Lenski
  • 1996 Hochzeit mit seiner zweiten Ehefrau Ann Bonar Blalock
  • 2002 Lenski bekommt den American Sociological Assoziation Award of Distinguished Scholarship verliehen
  • 2005 Veröffentlichung des Werks Ecological-Evolutionary Theory: Principles and Applications

Historischer Kontext[Bearbeiten]

Gerhard E. Lenski wurde in Washington D.C., USA als Sohn von Gerhard Lenski und Christine Umhau Lenski geboren. Er wuchs in bürgerlichen Verhältnissen auf, wo die Diskussionen bei Tisch oft um die Ereignisse und Probleme der Zeit kreisten. Man unterhielt sich unter anderem über New Deal, den Nazismus und Kommunismus. Lenski's Vater selbst war ein Bewunderer von Norman Thomas, dem langjährigen sozialistischen Kandidaten.

Das Washington der 1930er wurde allmählich zu einer kosmopolitischen Stadt mit einer zunehmend vielschichtigen Einwohnerschaft, v.a. was deren politische Einstellung anging. Lenski, der eine öffentliche Schule besuchte und somit viele Kinder aus unterschiedlichen Kreisen kennenlernte, empfand diese Vielschichtigkeit selbst als sehr anregend. Lenski, der bereits als Kind viel las, entwickelte bereits früh sein Interesse für soziale Fragen und nachdem er das Buch Genesis gelesen hatte und ihn der Bericht, über den Verlauf des Lebens von Adam und Eva bis zu Abraham frustierte, interessierte er sich auch vermehrt für Religion und Evolution.

Im Jahre 1941 begann Lenski sein Studium mit dem Haupfach Wirtschaftswissenschaften an der Eliteuniversität Yale. Er finanzierte sich dieses mit einem Stipendium und einem zwanzig Stunden pro Woche - Job in der Küche der freshmen dining hall. In Yale stieß Lenski aber auch das erste mal auf Mitglieder der vermögenden Oberschicht des Landes und bemerkte die soziale Trennung zwischen Studenten aus öffentlichen Schulen der Mittelschicht und der dort zahlenmäßig weitaus stärker vertretenen Elite. 1942 unterbrach Lenski sein Studium und trat in die Army ein, um an einem Londoner Stützpunkt in einer B-17 Bombeneinheit zu dienen. Seine dort gewonnenen Bekanntschaften und Freundschaften waren von der Army Angeworbene GI's, einfache Soldaten der Arbeiterschicht mit oftmals ländlichem Hintergrund - ein auffallender Kontrast zu seinen Studienkollegen von Yale. Da er jedoch bei einer ortsansässigen Familie untergebracht war, hatte er auch vermehrt Kontakt zu britischen Bügern, vor allem während seiner regelmäßigen Beurlaubungen von seinem Luftstützpunkt. Lenski selbst empfand seine in London und später in Frankreich gemachten Erfahrungen als sehr bereichernd. Einerseits die Reglementierungen des Militärs, mit seiner Befehlsstruktur und seinem Rangsystem - so verschieden vom alltäglichen Leben, wodurch er aber (wie er selbst behauptet) ein Verständnis für die Schichtung der Gesellschaft bekam, andererseits die Übersee-Erfahrung - für einige Zeit ein "Mitglied" der britischen Gesellschaft zu sein, die sowohl in militärischer als auch sozialer Hinsicht verschieden genug von der amerkanischen war, um ihn zu faszinierten. Im Jahre 1946 gelang es Lenski mit Hilfe seiner GI-Bescheinigung, sein Studium in Yale wieder aufzunehmen, wo sein Haupfach von Wirtschaftswissenschaften zu Soziologie wechselte. Bereits 1947 machte er seine B.A. in Soziologie und besuchte das graduate program für Soziologie im selben Jahr. 1950 reichte er seine Dissertation mit dem Titel Prestige Status and Wealt bei A.B. Hollingshead ein.

Von 1950 bis 1963 lehrt Lenski an der University of Michigan at Ann Arbor, wechselt danach jedoch an die University of North Carolina at Chapel Hill, wo ihn v.a. die Geschehnisse und Umstände des Vietnamkrieg beschäftigen (auch die anti-Kriegsbewegung). Ebenso erforscht Lenski den Kommunismus und dabei insbesondere die Schriften von Karl Marx. Er versucht die Fehlschlüsse der marxistischen Theorie aufzudecken und veröffentlicht diese im Rahmen zahlreicher Aufsätze. Man sagt, dass der Zerfall des Kommunisums in Europa seine Einschätzung sozusagen untermauert. In seinen frühen Forschungsjahren beschäftigt er sich allerdings auch mit der Religionssoziologie und über seine gesamte wissenschaftliche Laufbahn interessieren ihn weiters unter anderem Rassenprobleme (amerikanische Rassengesetze), Genderproblemen (Feminismus), sozialen Schichtungsproblemen und das amerikanische Bürgerrechte .

Gerhard Lenski ist bis heute forscherisch tätig und veröffentlichte 2005 sein bisweil letztes Buch mit dem Titel Ecological-Evolutionary Theory: Principles and Applications.


Theoriegeschichtlicher Kontext[Bearbeiten]

Gerhard Lenski erweiterte in seinen Werken "Power and Privilege" (1966) and "Human Societies: An Introduction to Macrosociology" (1974) die Arbeiten von Lewis Henry Morgan und Leslie White.

Lewis Henry Morgan war ein US-amerikanischer Anthropologe und Mitbegründer der Ethnologie. Er war der Überzeugung, dass die kulturelle Entwicklung jeder Gesellschaft in drei Stufen ablaufen würde. Die erste und primitivste Stufe ist die der Wildheit. Eine Gesellschaft dieser Entwicklungsstufe kennt lediglich Ernährung durch wildwachsende Pflanzen und Jagd - Viehzucht und Konservierung von Nahrungsmittel ist in dieser ersten Stufe fremd. Die zweite Stufe nennt Morgan Barberei. Gesellschaften dieser Entwicklungsstufe betreiben bereits Landwirtschaft und halten Tiere. Die dritte und höchste Entwicklungsstufe ist die Zivilisation. Sie zeichnet sich durch die Entwicklung der Schrift, genauer der Geschichtsschreibung, aus, die eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft zuläßt und letztere planbar macht, was als Grundlage für eine höhere Entwicklung angesehen werden kann. Morgan stellt damit eine Verbindung zwischen sozialem und technologischem Fortschritt her, wobei der technologische Fortschritt die Kraft hinter jedem sozialem Wandel darstellt. Somit basieren für Morgean alle sozialen Einrichtungen, Organisationen und Ideologien auf einer technologischen Veränderung.

In Morgans Hauptwerk, Ancient Society, Or: Researches in the lines of human progress from savagery through barbarism to civilisation (Die Urgesellschaft oder Untersuchung über den Fortschritt der Menschheit aus der Wildheit durch die Barbarei zur Zivilisation), erschienen 1877 (deutsch 1891) entwickelte er seinen kulturellen Evolutionismus, wie er auch von Edward B. Tylor und Herbert Spencer vertreten wurde. Auch Friedrich Engels beschäftigte sich mit Morgans Untersuchungen zur Urgesellschaft. Morgan nahm auf der Basis von Forschungen die Einteilung zwischen einer "Societas" und einer "Civitas" vor. Als "Societas" wird eine Gesellschaft, beruhend auf persönlichen Beziehungen genannt, und "Civitas" eine auf Besitz beruhende. Diese Einteilung diente wiederum als Vorlage für Ferdinand Tönnies Einteilung in "Gemeinschaft" und "Gesellschaft".

Der US-amerikanische Anthropologe Leslie Whitewurde vor allem durch seine Theorien zur kulturellen Evolution, des sozialen Evolutionismus und des Neoevolutionismus bekannt. Er war der Überzeugung, dass die Kultur die Summe aller menschlichen Handlungen und kulturellen Aktivitäten ist, wobei die technische Komponente für die kulturelle Entwicklung die Wichtigste ist. Diese technologische Komponente besteht aus mechanischen, physikalischen und chemischen Instrumenten und wie diese von den Menschen verwendet werden. Das heißt also, dass die kulturelle Entwicklung maßgebend von der materiellen und mechanischen Anpassung der Menschen an ihre Umgebung abhängt.

Werke[Bearbeiten]

Bücher

  • Lenski, G. 1950. Prestige Status and Wealth. Ph.D. dissertation. New Haven, CT: Yale University.
  • Lenski, G. 1961. The Religious Factor: A Sociological Study of Religion's Impact on Politics, Economics, and Family Life. Garden City, NJ: Doubleday.
  • Lenski, G. 1966. Power and Privilege: A Theory of Social Stratification. New York: McGraw-Hill.
  • Lenski, G. 1970. Human Societies: A Macrolevel Introduction to Sociology. New York: McGraw-Hill.
  • Lenski, G., ed. 1984. Current Issues and Research in Macrosociology. Leiden, the Netherlands: E.H. Brill.
  • Lenski, G. 2005. Ecological-Evolutionary Theory: Principles and Applications. Colorado: Paradigm Publishers


Aufsätze

  • Lenski, G. 1952. "American Social Classes: Statistical Strata or Social Groups?" American Journal of Sociology 58: 139-149.
  • Lenski, G. 1953. "Sozial Correlation of Religious Interest." American Sociological Review 18: 533-544.
  • Lenski, G. 1954. "Status Crystallization: A Non-Vertical Dimension of Social Status." American Soziological Review 19: 405-413.
  • Lenski, G. 1956. "Social Participation and Status Crystallization." American Soziological Review 21: 458-464.
  • Lenski, G. 1958a. "Social Stratification." Pp. 521-538 in Contemporary Sociology, edited by J. Roucek. New York: Philosophical Libary.
  • Lenski, G. 1958b. "Trends in Inter-Generational Mobility in the United States." American Sociological Review 23: 521-523.
  • Lenski, G. 1959. "Religion and the Modern Metropolis." Review of Religious Research 1: 24-29.
  • Lenski, G. 1962a. "Religion's Impact on Secular Institutions." Review of Religious Research 4: 1-17.
  • Lenski, G. 1962b. "The Church and Community Change." The City Church 13: 5-7.
  • Lenski, G. 1962c. "Die Religionssoziologie in den Vereinigten Staaten von Amerika." Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozial Psychologie 6: 123-48.
  • Lenski, G. 1963. "Religions Impact on Daily Life, * Bulletin: Gettysburg Seminary, 43 (May): 25-36.
  • Lenski, G. 1964. "Comment." Public Opinion Quarterly 28: 326-330.
  • Lenski, G. 1965. "Religious Pluralism in Theoretical Perspective." International Yearbook for the Sociology of Religion 1: 25-42
  • Lenski, G. 1967. "Status Inconsistency and the Vote: A Four Nation Test." American Sociological Review 32: 298-301.
  • Lenski, G. 1971. "The Religious Factor in Detroit Revisited." American Sociological Review 36(February): 48-50.
  • Lenski, G. 1975. "Social Structure in Evolutionary Perspecive." Pp. 135-153 in Approaches to Social Structure, edited by P. Blau. New York: Free Press.
  • Lenski, G. 1976. "History and Social Change." American Journal of Sociology 82: 548-564.
  • Lenski, G. 1978. "Marxist Experiments in Destratification: An Appraisal" Social Forces 57: 364-383.
  • Lenski, G. 1979. "Probabalilism Reasserted: A Reply to Becker." American Journal of Sociology 84: 1242-1245.
  • Lenski, G. 1980. "Social Structures and Social Mobility in Evolutionary Perspective." Journal of Asian-Pacific and World Perspectives 4: 3-14.
  • Lenski, G. 1983a. " Rethinking the Introductory Course." Teaching Sociology 10: 153-168.
  • Lenski, G., ed. 1983b. "Current Issues and Research in Macrosociology." International Journal of Comparative Sociology 24: 1-136.
  • Lenski, G. 1984a. "Income Stratification in the United States: Toward a Revised Model of the System." Annual Review of Research in Social Stratification and Mobility 3: 173-205.
  • Lenski, G., ed. 1984b. "Sociology, Anthropology and the Study of Human Societies" Teaching Sociology 11: 335-340-
  • Lenski, G. 1985. "Rethinking the Introductory Course." Pages 101-125 in The Teaching Sociology: The Quest for Excellence, edited by F.L. Campbell, H. M. Blalock, Jr., and R. McGee. Chicago: Nelson Hall.
  • Lenski, G. 1988. "Rethinking Macrosociological Theory." American Sociological Review 53: 163-171.
  • Lenski, G. 1991. "Positivism's Future - and Sociology's" Canadian Journal of Sociology 16:187-195.
  • Lenski, G. 1994a. "New Light on Old Issues: The Relevance of 'Really Exsisting Socialism' for Stratification Theory." Pp. 77-84 in Social Stratification: Class, Race, and Gender in Sociological Perspective, 2d. ed., edited by D. Grusky. Boulder, CO: West view Press.
  • Lenski, G. 1994b. "Societal Taxonomies: Mapping the Social Universe." Annual Review of Sociology 20: 1-26.
  • Lenski, G. 1996a. "Ecological-Evolutionary Theory and Societal Transforamtion in Post-Communist Europe." Czech Sociological Review. 4: 149-156.
  • Lenski, G. 1996b. "Technology, Ideology, and Societal Development." Sociological Perspectives 39: 23-38.
  • Lenski, G. 2001. "New Light on Old Issues: The Relevance of 'Really Existing Socialist Societies' for Stratification Theory ." Pp. 77-84 in Social Stratification: Class, Race, and Gender in Sociological Perspective, 2d ed., edited by D. Grusky. Boulder, CO: Westview Press.


Das Werk in Themen und Thesen[Bearbeiten]

Religionssoziologie

Die Religionssoziologie befaßt sich mit den Voraussetzungen, die für Religion gegeben sein müssen, mit den aus ihr hervorgehenden sozialen Formen, bzw. jenen die sie selbst annimmt und allgemein mit ihrem Einfluss auf die Gesellschaft. Im Rahmen der Religionssoziologie beschäftigt man sich sowohl mit der Analyse der Funktion von Religion für die Gesamtgesellschaft, als auch auf mikrosoziologischer Ebene mit ihren Auswirkungen auf einzelne religiöse Gruppen und Praktiken.


Lenski's Beiträge zur Religionsphilosophie beschränken sich auf den ersten Teil seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. Sein Werk The Religious Factor: A Sociological Study of Religion's Impact on Politics, Economics, and Family Life (1961) bekam deshalb so grosse Aufmerksamkeit, weil die empirische Untersuchung auf der das Buch basiert (1957-1958 Detroit Area Study) die erste Hauptanwendung der sich später etablierenden Techniken der betrachtenden Untersuchung zum Thema Religion war. In gewisser Weise erhob er somit die Religionssoziologie auf den Stand der empirischen Sozialforschung. Außerdem waren seine Untersuchungen der empirische Test für Max Weber's "Protestanische Ethik". Dazu untersuchte und dokumentierte er religiös-ethnische Gemeinschaften (Weiße, Schwarze, Protestante, Katholiken und Juden) und es gelang ihm die Konsequenzen der Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe nachzuweisen.


Funktionale Schichtungstheorie

Lenski wird als Vertreter der funktionalen Schichtungstheorie angesehen, wenngleich er aber selbst anfügt, dass seine Theorie, vor allem als er sein Werk Macht und Privileg schrieb, noch näher an dieser Position war, als einige Jahre später, wo die weitere Analyse von Vergleichsmaterialien eine Verschiebung erzwang.


Da diese jedoch im oben angeführten Werk noch nicht zu erkennen ist, werden hier die Grundthesen der funktionalen Schichtungstheorie kurz dargestellt:

In jeder Gesellschaft müssen bestimmte Positionen besetzt werden, um das soziale System zu erhalten. Diese Positionen werden von Individuen eingenommen, die jeweils ihren eigenen, funktionalen Beitrag leisten, wobei jede Position unterschiedlich gewichtet wird. Daraus ergibt sich eine Schichtung der Gesellschaft, innerhalb der die für die Gesellschaft am wichtigsten erachteten Positionen von den tatsächlich fähigsten Personen eingenommen werden. Grundvoraussetzung dafür ist ein freier Wettbewerb um diese Positionen und eine Knappheit der dafür in Frage kommenden Individuen (Knappheit der Talente). Gleichzeitig wird angenommen, dass der Mensch von sich aus aber ein Wesen ist, dass motiviert werden muss um diese wichtigen Positionen überhaupt einnehmen zu wollen, weshalb eine dementsprechendes System an Gratifikationen bereitgestellt werden muss.


Gerhard Lenskis Werk Power and Privilege (1966) ist der Vesuch die mannigfaltigen und oftmals gegensätzlichen Theorien zum Thema soziale Schichtung in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Obgleich er zunächst fürchtete, er könne die Arbeiten der verschiednen Theoretiker wie Marx, Spencer, Gumplowicz, Sumner, Veblen, Mosca, Pareto, Michels, Sorokin, Pasons, Davis, Dahrendorf und Mill lediglich in chronologischer Reihenfolge anführen und als in sich abgeschlossene Theorien präsentieren, eröffnete sich im Zuge der Bearbeitung des Materials eine neue Möglichkeit. Lenski fand heraus, dass sich solch gegensätzliche Theorien, wie z.B. die von Dahrendorf und Parsons, oder jene von Marx und Mosca unter Anwendung der sogenannten Hegelschen Dialektik zu einer neuen Synthese verbinden lassen. Dahinter steht die Theorie, dass eine Idee eine ihr entgegengesetzte Idee erzeugt, wobei die Synthese, die sich aus deren Gegenüberstellung ergibt (These - Antithese - Synthese), Elemente beider enthält und in einen neuen, höheren Zusammenhang stellt. Anhand dieser Methode, davon ist der Autor überzeugt, lässt sich eine sinnvolle Struktur aufdecken, die hinter der verwirrend anmutenden Vergangenheit der Schichtungstheorien steckt. Gleichzeitig lassen sich so aber auch aktuelle Tendenzen erkennen, ja sogar zukünftige Entwicklung auf Grundlage dieser Analyse herausfinden. Gleichzeitig hebt Lenkski die Gültigkeit von auf induktiven Schlüssen basierenden Theorien hoch, unter der Bedingung, dass neue Daten berücksichtigt werden, wonach also mit Modifikationen der Theorie zu rechnen ist. Der Autor ist bemüht nicht nur die zentralen Tendenzen herauszuarbeiten, sondern auch Randtendenzen oder überhaupt gegensätzliche Tendenzen, die sich auf quantitatives Datenmaterial stützen lassen, zu erörtern. Zusätzlich versucht er sich mehr auf die Ursache von sozialer Schichtung als auf ihre Auswirkungen zu konzentrieren. Dabei analysiert er hauptsächlich den Einfluss von Macht und Privilegien (Besitz oder Kontrolle eines Teils des von der Gesellschaft produzierten Überschusses).


Schichtungsaxiome nach Lenski:

  • Der Mensch ist ein soziales Wesen, er ist von Natur aus gezwungen mit anderen Menschen zusammenzuleben.
  • Der Mensch ist egoistisch, er ist von seinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen motiviert und kooperiert nur unter der Aussicht auf Gratifikation, die sich bei einer Einhaltung eines Regelsystems wahrscheinlicher einstellt, als bei einer Missachtung.
  • Die meisten, für den Menschen erstrebenswerten Güter sind knapp, das heißt, die Nachfrage übersteigt das Angebot, da der Mensch stets mehr Güter und Dienstleistungen erstrebt, vor allem jene mit hohem Gebrauchs- wie Statuswert.
  • Nicht alle Menschen sind mit denselben, für den Kampf notwendigen Fähigkeiten, ausgestattet.
  • Menschen sind Gewohnheitstiere, die die sich gerne auf die Bräuchen der Gesellschaft stützen.


Zwei Verteilungsgesetzte

  • Bedürfnis:Auch wenn Menschen ihre eigenen Bedürfnisse über jene der anderen Stellen, sind sie zur Kooperation gezwungen, um überhaupt überleben zu können und die darüber hinausgehenden Ziele erreichen zu können. Somit zwingt der Egoismus die Menschen dazu, Teil einer Gesellschaft zu bleiben und sich an der Arbeitsteilung zu beteiligen. Um das Überleben der Positionsinhaber und damit die Produktion aufrecht erhalten zu können, müssen die Menschen die Güter und Dienstleistungen teilen.
  • Macht: Grundvoraussetzung dafür, dass Güter und Dienstleistungen nach Macht verteilt werden, ist, dass von der Gesellschaft ein Überfluss produziert wird.

Gesellschaften die sich auf einem technologisch primitiven Stand befinden, verteilen die vorhandenen Güter weitgehend nach Bedarf. Je fortgeschrittener eine Gesellschaft ist, d.h. je mehr technologisches Wissen ihr zur Verfügung steht (und tatsächlich angewendet wird), desto mehr entsteht eine Verteilung auf der Basis von Macht. Demnach lässt sich eine Klassifikation der Gesellschaften nach Technologie vornehmen.


Technologie und Information

Während Leslie White der Auffassung war, dass Technologien zur Erzeugung und Nutzung von Energie befähigen, analysierte Lenski mehr den Einfluss des Informationsstandes einer Gesellschaft auf deren Entwicklungsstand. Er fand heraus, dass der Fortschritt einer Gesellschaft proportional zu ihrem Informationstand ansteigt, wobei hier das Hauptaugenmerk auf jene Informationen zu legen ist, die der Formung der Umwelt dienen. Während die Informationen zunächst nur über die Gene weitergegeben wurden, geht mit der Entwicklung eines Bewusstseins eine Lernfähigkeit einher, die es möglich macht durch Erfahrung zu lernen und die gelernten Inhalte weiterzugeben. In weiterer Folge beginnen die Menschen zunächst Zeichen zu benutzen und Logik zu entwickeln und schaffen später Symbole, entwickeln eine Sprache und Schrift.

Lenski trifft nun eine Einteilung von Gesellschaften, basierend auf Technologie-, Kommunikations- und Ökonomiestand:

  1. Jäger und Sammler
  2. einfache Landwirtschaft
  3. fortschrittliche Landwirtschaft
  4. Industrie
  5. spezielle Formen wie Fischerei

Rezeption und Wirkung[Bearbeiten]

Gerhard Lenski ist sowohl für die Religionssoziologie als auch für die Theorien zur kulturellen Evolution und sozialen Schichtung bedeutend.

Er führte die empirische Arbeitsweise in die Religionssoziologie ein, erweiterte Morgan's und Whites' Beiträge zur kulturellen Evolution, indem er den Informationsstand einer Gesellschaft als deren Indikator für den allgemeinen Entwicklungsstand einführt. Lenskis Untersuchungen zur funktionalen Schichtung, vor allem im Rahmen seines Werkes "Macht und Privileg", sind von allgemeiner Wichtigkeit.


Literatur[Bearbeiten]

  • Lenski, Gerhard (1977):
    "Macht und Privileg. Eine Theorie der sozialen Schichtung, übersetzt von Hanne Herkommer (Titel der Originalausgabe: 1966. Power and Privileg. A Theory of Social Startification)"
    Frankfurt am Main
  • Bernice McNair Barnett (2004):
    "Introdutction: The Life, Career, and Social Thoughts of Gerhard Lenski - Scholar, Teacher, Mentor, Leader" Sociological Theory
    S. 164-192.


Internetquellen[Bearbeiten]