Ab durch die Mitte - Mit dem Motorrad durch den Mittelpunkt Europas (Reisebericht): -Lettland- Mücken oder Regen

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Lettland - Mücken oder Regen[Bearbeiten]

Der elfte Tag (08.06.2009)[Bearbeiten]

127 Kilometer


Lettland grüßt mit leichtem Sonnenschein

Pape - Nica - Liepāja - Grobiņa


Der Leuchtturm am Strand von Pape

Wir sind heute erst um zehn aufgestanden. Ich weiß gar nicht, wie lange wir gestern noch gemacht haben, es war aber noch nicht dunkel, als wir in unsere Wohnungsgarage gegangen sind. ;)

Der Morgen hat uns gleich wieder in einem freundlichen Grau begrüßt. Haben uns mit frühstücken und packen viel Zeit gelassen, so dass wir erst gegen 12:00 Uhr los gekommen sind. Den Rest aus der Gemeindekasse haben wir dann noch für Lebensmittel ausgegeben. Hat genau noch gelangt.

Dann sind wir Richtung Norden los. Kurz hinter der Grenze sind wir dann erstmal nach Pape. Dort gibt es ein Vogelschutzgebiet mit Beobachtungsstation. Ich wäre am liebsten gleich dort geblieben, aber an der Grenze gab es keine Wechselstube, so dass wir noch keinen gültigen roten Heller in der Tasche hatten. Wir mussten also noch vor Ladenschluss nach Liepaja (Libau) kommen, um dort noch auf der Bank Geld zu tauschen. Also sahen wir auch davon ab, die Strecke an der Ostsee von Pape in Richtung Liepaja zu nehmen, weil Kalle im Gelände nur 20 km/h hin bekommt und bis zur Bank waren es noch an die 70 km Strecke.

Beim Geldtauschen haben wir uns dann erst einmal erschreckt, wie wenig der Euro so wert ist. Die D-Mark hätten wir bestimmt eins zu eins oder besser getauscht bekommen (oder vielleicht gar nicht tauschen müssen). Nachdem wir also wieder flüssig waren, gönnten wir uns gleich einmal einen Kaffee. Dabei füllten wir auch die Gemeindekasse wieder auf. Danach sind wir noch ein bisschen durch die Stadt gekurvt, haben dabei den Hafen gesehen und sind noch mal an den Strand. Leider wieder nur bei grauem Wetter und sogar ein wenig Nieselregen.

Hafen von Liepaja
Hafen von Liepaja

Von Liepaja zieht sich eine leichte Bucht nach Süden, so dass man von der Hafenmole aus bestimmt 30 km sehen konnte. Alles weißer Strand mit Wald dahinter, so wie ich es im Heimatkundeunterricht kennen gelernt habe, und beinahe keine Menschenseele zu sehen.

An der Hafeneinfahrt gibt es auch einen Fischereibetrieb mit kleinem Laden. Dort habe ich uns einen geräucherten Fisch gekauft und wir freuten uns über eine kleine Brotzeit am Strand.

Schließlich mussten wir aufbrechen, denn es war schon später Nachmittag, und den Weg nach Riga suchen. Mit Hilfe der hervorragenden Ausschilderung, unter Benutzung kleinerer Umwege. Morgen wollen wir ein wenig durch das Kurenland fahren, um uns die Sehenswürdigkeiten um und in Kuldiga anzusehen.

Liepaja ist übrigens eine kleine liebenswerte Stadt mit Fußgängerzone. Hier könnte man bestimmt auch mal einen angenehmen Abend verbringen. Schon beim Durchfahren habe ich viele schöne Ecken gesehen, die sich bestimmt auch gut erbummeln lassen.

Kurz vor Aizpute haben wir dann die Straße verlassen und uns ein nettes Plätzchen für die Nacht gesucht. Das ist uns diesmal wirklich gut gelungen. Ein sanfter Hügel mit Wiese und einzelnen Büschen und Bäumen. Wir können von hier weit über das Land sehen und sehen natürlich auch das Wetter, was auf uns zukommt.

Der schönste Zeltplatz der ganzen Reise
Der schönste Zeltplatz der ganzen Reise

Gegen 18:00 Uhr standen die Zelte und wir haben noch etwas gegessen. Dabei mussten wir einmal kurz in die Zelte flüchten, weil es anfing zu regnen. Die Sonne kam aber noch einmal hervor und wir haben Domino gespielt. Als es später kühler wurde, sind wir endgültig in unsere Schlafsäcke gekrochen und von Ferne hörten wir auch schon ein Grummeln vom Himmel. Es hat sich Zeit gelassen, bis es da war, aber nun fängt der Regen an, auf mein Zelt zu prasseln. Hoffen wir mal, dass es nicht allzu schlimm wird, und dass das Gewitter schnell wieder vorüber ist. Ich will auch im Zelt mal ruhig schlafen und ohne zu frieren. Es ist nämlich Sommer!

Ich werde jetzt noch einmal im Reiseführer nachsehen, was es morgen zu sehen gibt und dann Regentropfen oder vielleicht auch Blitze zählen.

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Der zwölfte Tag (09.06.2009)[Bearbeiten]

266 Kilometer


Tour durch die Geschichte

Aizpute - Kazdanga - Kuldiga - Zelkas - Ugale - Usma See - Puzenieki - Pope - Ventspils - Oviši - Miķeltornis


So langsam das Gewitter in der letzten Nacht kam, so viel Zeit hatte es sich auch beim Gehen gelassen. Es zog direkt über uns hinweg, war aber nicht weiter schlimm.

Viel schlimmer war, als es dann endlich aufhörte zu regnen, dass immer wieder kleine Nachregen kamen.

So würden wir mal wieder alles im Nassen verpacken. Und nicht nur das! Der Feldweg, auf dem wir hierher gekommen sind, wird uns eine freundliche Schlammschlacht bereiten, wenn wir auf die Straße zurück wollen. Das wiederum werden wir aber müssen, also wird es kein: "Da komme ich aber nicht durch!" geben.

"Zeit zum Schlafen!", sagte ich dann letzte Nacht so gegen 23:00 Uhr zu mir, als das Gewitter vorbei war und es draußen wieder heller wurde. Aber nein! Nun dachte ich, wird unser Lager von Wildschweinen oder ähnlichem heimgesucht. Als ich nachschaute, stellte sich aber heraus, dass es nur Kalle war, der mal wieder selig schnarchte.

Der Morgen kam dann genau, wie ich es erwartet hatte. Grau und vernieselt und von der Nässe der Nacht war auch noch alles da.

Missmutig tranken wir den Kaffee. Eine neue Sorte, die ich gestern holen musste, weil der mitgebrachte aufgebraucht war. Ich hatte nämlich beim Kauf des Instantkaffees einfach nur in das Regal gegriffen und nun stellte sich heraus, dass es kein Kaffee aus Bohnen war, sondern ein Zeug aus Getreide. Die Ähren sind deutlich auf dem Etikett abgebildet. Er tat sein übriges zum "gelungenen" Urlaubsmorgen bei. Es ist der zwölfte Morgen der Reise, wenn ich mich nicht verzählt habe, und der neunte davon nass.

Kaum, dass wir unser nasses Zeug in Sack und Tüten hatten, kam doch tatsächlich auch mal die Sonne heraus. Dieses seltene Vergnügen sollte aber nicht lange anhalten, weil unser erstes Ziel genau in der Richtung lag, in die das Wetter abgezogen ist.

... auf dem Weg ...

Aizpute stand auf dem Plan. Eine der ältesten Städte Lettlands, wo der livländische Ritterorden eine Burg errichtete, um den Übergang über den Fluss Tebra zu sichern und die Kuren auf der anderen Seite abzuwehren.

Die Burg selbst ist eigentlich nicht so der große Hit. Wie zu den Zeiten ihrer Errichtung üblich, ein kastellartiger Bau. Vier Mauern, in denen die Brüder gehaust haben. Später wurde die Burg erweitert und muss wunderschön verputzt gewesen sein. Und wenn dieser Putz dann noch bunt bemalt war, wovon man sicher ausgehen kann, war die Burg ein echtes Kleinod. An der Seite über der Durchfahrt ist noch etwas von diesem Putz, allerdings ohne Farbe, zu sehen. Zu wenig deutlich, um es bei diesem Licht und ohne Stativ auf ein Foto zu bekommen. Ich selbst musste auch sehr genau hinsehen, bevor ich es entdeckt hatte. Ansonsten verfällt das Gemäuer, offensichtlich sich selbst überlassen, so langsam.

Für mich, der es gewöhnt ist, dass Burgen immer irgendwo oben auf Bergen und Felsen über der Landschaft thronen, wenn es keine Wasserburgen sind, ist es schon ungewöhnlich, hier mal eine Burg einfach so auf einer leichten Erhebung in der Landschaft herumstehen zu sehen. Eigentlich ganz unscheinbar in einem dörflichen Ambiente eingebettet, hätte sie auch die Ruine eines größeren Bauernhofes sein können.

Was mir hier in Lettland gefällt ist, dass an den Eingängen der Ortschaften Tafeln stehen, auf denen kurz Geschichte und Sehenswürdigkeiten des Ortes erklärt sind und das sogar in Deutsch. Überhaupt kann man sich hier in der Gegend von Kurenland mit älteren Leuten noch auf Deutsch verständigen, wenn auch nur gebrochen.

Die Kirche von Aitzpute

Die Hinweistafel von Aizpute versprach dann aber doch etwas mehr als der kleine Ort, früher reiche Hansestadt, halten konnte. So sollte es im Ort ein Internetcafé und zahlreiche Restaurants geben, von denen wir uns gern eines für ein gutes Frühstück ausgesucht hätten. Aber denkste! Nachdem wir die nicht (mehr) sehr sehenswerte Wassermühle besucht hatten, verlief unsere Suche nach einem Frühstück oder gar einem Zugang zum Internet erfolglos. Kann natürlich sein, dass die zahlreich angepriesenen Cafés und Restaurants wegen der umfangreichen Straßenbauarbeiten in der "Ortsmitte" geschlossen hatten. Aber daran glaube ich nicht wirklich.

Nicht nur der Putz bröckelt - das Schloß Park von Kazdanga

Ich setzte also meine Hoffnungen auf Kuldiga, was wir als übernächstes besuchen wollten. Wir würden es aber erst gegen Mittag erreichen, denn vorher standen noch die "ausgedehnten Parkanlagen", wie sie im Reiseführer beschrieben sind,von Kazdanga auf dem Plan.

Auf ein Frühstück hoffte ich in diesem kleinen Ort nicht, wo doch schon Aizpute diesbezüglich eine Enttäuschung gewesen ist. Wohl auch mit Parkanlagen hätte ich nicht rechnen sollen. Jedenfalls nicht im Sinne von Wörlitz, Sanssouci oder ähnlichem. Obwohl sich der Ort selbst schon als solches anpries, fanden wir in einem eigentlich recht aufgeräumten Wald irgendwann auch mal das sich in einem präerbarmungswürdigen Zustand befindlichen "Schloss" von Kazdanga. Da waren die Nebengebäude, in denen sich wohl die Verwaltung befindet, besser erhalten. In diesem "Park" fanden wir aber auch verfallene (jedenfalls sahen sie so aus) Industrieanlagen und abgewirtschaftete Plattenbauten. Also echt nichts, was den Umweg nach Kazdanga gelohnt hätte.

Kuldiga an der Venta
Kuldiga an der Venta

In Kuldiga kamen wir so gegen elf an. Unsere Mägen hingen schon in den Kniekehlen und so musste erst mal eine gastronomische Einrichtung gefunden werden. Zwei sehr freundliche junge Menschen, die ich mal wieder nicht nach ihrem Namen gefragt habe, kamen am Rathausplatz auch gleich direkt auf uns zu, weil sie uns wohl als Touristen erkannt haben (sicher nicht schwer hier in der Gegend) und fragten uns, ob sie uns weiterhelfen könnten. Sogar ein paar Worte in Deutsch konnten wir wechseln. Sie wiesen uns auf ein gutes und preiswertes Restaurant gleich am Rathausplatz hin und wir und unsere Mägen freuten uns

Blick von der "Flaniermeile" zum Rathausplatz von Kuldiga. Dort an der Ecke standen unser Maschinen, im Hintergrund das Metropol.

schon auf ein nun doch eher Brunch statt Frühstück. Leider hatte das besagte Restaurant heute irgendwie nicht geöffnet. Also entschlossen wir uns, kurzerhand gleich in das auf der anderen Straßenseite zu gehen. Das war aber nur eine Art Kantinenbetrieb in einem penetrant riechenden Kellergewölbe, wo die doch anwesende "Bedienung" uns aus dem sicheren Schutz ihrer Theke anstarrte wie Aliens, aber ansonsten keine Anstalten unternahm, obwohl wir doch die einzigen "Gäste" waren. Naja, vielleicht sah ich ja von dem Geruch in diesem Katakomben doch etwas Grün im Gesicht aus. Kalle meinte, er hätte nichts gerochen.

Nun wollte ich aber nicht noch eine dritte oder, wenn wir Aizpute mit zählen, vierte Pleite erleben. Also ins beste Haus am Platz, Hotel Metropole, und gefragt, ob die auch essen haben. Haben die in einem ganz ansehnlichen Restaurant, das ich doch der gehobenen Klasse zuordnen möchte.

Und hier bekamen wir dann auch etwas zu essen und Kaffee und alles von einer freundlichen, jungen, hübschen Bedienung, die gut Englisch sprechen konnte. Wir ließen es uns also schmecken und genossen die Zeit in Wärme und Trockenheit.

Kuldiga selbst empfand ich als zweigespalten. Zum einen gab es da Ecken, die schön zurecht gemacht waren, aber der Großteil der Stadt war eher in einem ruinösen Zustand.

Natürlich war die Obersehenswürdigkeit des Ortes, der Wasserfall der Venta, groß aufgemacht. Die wunderschöne Steinbrücke über den Fluss ist erst kürzlich mit EU-Mitteln renoviert worden. Was hier übrigens sehr viel mit der Förderung aus der EU passiert, zum Beispiel im Straßenbau.

Über die Jahrhunderte wurde auch versucht, die Venta schiffbar zu machen, um so einen Wasserweg von der Ostsee zum Schwarzen Meer schaffen zu können. Aber der über zweihundert Meter lange Wasserfall der Venta bei Kuldiga verhinderte das immer wieder. Sprengversuche am massiven Gestein führten zu schweren Schäden an der Burg, die über dem Wasserfall thronte, so dass heute von ihr nur noch ein Gedenkstein und ein kleiner Keller übrig geblieben ist.

Nachdem wir uns einige Stunden in Kuldiga, was eigentlich eine sehr schöne kleine Stadt sein könnte, herumgetrieben haben, setzten wir unsere Reise fort. Vorher füllten wir aber noch unsere Wasservorräte am Brunnen auf dem Rathausplatz auf. Ein Einheimischer, der uns ein wenig auf Deutsch versuchte aufzuheitern, meinte übrigens, dass die baltischen (er sagte lettischen) Sommer immer so sind. Ich fand das nicht sehr erheiternd.

Das Schloß von Edole, konnten wir dann nicht besuchen.

Mangels genauer Ausschilderung fanden wir den Weg nach Edole nicht direkt und ließen es deshalb links liegen, als wir uns dann auf dem Weg nach Ugale befanden. In Ugale sahen wir uns eine wirklich hübsche kleine evangelisch-lutherischer Kirche an, deren Ausstattung in einem vortrefflichen Zustand ist. Altar, Kanzel, Orgel und Gestühl können mit mancher barocken Kirche in Deutschland mithalten und übertreffen bestimmt viele.

Am See von Usma, ein Stück weiter, wäre ich am liebsten über Nacht geblieben. Es war ganz ruhig und die Sonne zeigte sich auch mal wieder. Kalle wollte aber noch ein bisschen fahren und so sollte es dann auch werden. Hätten wir in Kuldiga nur mehr Zeit zugebracht...

Die Gegend am Usma-See spaltete sich in zwei Welten, die von der Straße um den See herum getrennt werden. Auf der, dem See zugewandten, Seite der Straße ist der Luxus nicht zu übersehen. Villen, Segelhafen und auch die Campingplätze waren vom Feinsten. Ganz anders die gegenüberliegende Straßenseite. Ganz oder teilweise zerfallene Gehöfte, abgewirtschaftete "Industrieanlagen". Ganz zu schweigen von den Wohnkomplexen Usma selbst, in denen ich dachte, mich in einer Mad-Max-Kulisse zu befinden.

Die alte Holzkirche von Usma steht jetzt im Freilichtmuseum bei Riga ....
... und kann so erhalten werden.Anderswo diente sowas vor dem Verfall noch als Scheune.

Eine neue Holzkirche hat Usma auch, denn die alte ist in ein ethnologisches Freilichtmuseum bei Riga gekommen. So etwas gibt es also auch hier. Da werden wir doch mal zusehen, dass wir das ausfindig machen können, denn das in Litauen hat mir super gut gefallen und ich habe viele Anregungen für mein eigenes kleines Gut bekommen. Ideen allerdings auch, die ich zu Hause wohl leider nie umsetzen kann.

Zum Tauchen ist der Usma-See auch nicht geeignet. Das Wasser, welches ihm zufließt, kommt aus den Sumpfgebieten im nördlichen Kurenland, ist torfig braun und so auch der ganze See. Das erinnerte mich ein wenig an Schottland, denn da sah das auch alles so aus.

Puzenieki sollte nun auf dem Weg nach Ventspils noch einmal einen Abstecher wert sein, hieß es in meinem Reiseführer und auf der Hinweistafel in Ugale, weil das dortige Pfarrhausensemble so toll sein sollte. Wir haben es ewig nicht gefunden, da es in Puzenieki keinen weiteren Hinweis darauf gab. Die Kirche war nicht so schwer zu finden und der Friedhof auch nicht (interessante Mauer und sonst auch schön), aber vom Pfarrhausensemble war da nichts zu sehen. Als wir dann aufgaben und wieder nach Ventspils weiter sind, haben wir es kurz vor dem Ortsausgang gefunden. Wer aber im Freilichtmuseum in Kaunas war, für den ist es nicht wirklich etwas besonderes. Es gibt viele solcher Höfe hier im Baltikum, nur dass dieser hier noch betrieben wird und dazu sehr gut erhalten ist. Dieser Umweg war also umsonst, aber auch der letzte auf dem Weg nach Ventspils.

Gleich hinter Puzenieki musste ich nämlich auf Reserve umstellen und war so auf die nächste Tankstelle angewiesen. Da wir aber laut Karte auf der Straße A10 auf jeden Fall eine finden würden, war das auch kein Problem, dachte ich. Kurz vor Pope wieß ein freundliches blau-weißes Schild darauf hin, dass, wenn man jetzt die A10 verlassen und nach Pope hineinfahren würde, dann hätte man nach 800 m eine Zapfsäule erreicht. Wären wir ungefähr 400 m weiter auf der A10 gefahren, hätten wir uns eine Odyssee durch Pope erspart. Die gemeinte Tanke ist nämlich gleich an der A10 an der anderen Ortsausfahrt von Pope in Richtung Ventspils.

Ventspils selbst präsentierte sich schon von Ferne mit Hafenkränen und Industrieanlagen. Als wir aber erst einmal die Venta überquert hatten, öffnete sich vor uns eine breite, helle Magistrale. Der Weg in die "Altstadt" war erstaunlich gut ausgeschildert. Es war aber nicht viel da von einer Altstadt, jedenfalls nicht so, wie man sich einen historischen Stadtkern vorstellt. Die mehrfach umgebaute Ordensburg ließ heute leider keine Besucher mehr ein, so dass mir nur ein Foto in der Ansicht zu machen blieb.

Das Wetter war inzwischen auch schön aufgeklart, wodurch wir versucht waren, uns am Hafen ein stilles Restaurant zu suchen, wo wir unsere Mopeds abstellen, einen Kaffee trinken und Leuten nachschauen könnten. Gab es aber nicht! Nach kurzer Suche im Ortsinneren in der Nähe der Magistrale hatte dann das TexMex doch einladende Schirme und Tische draußen stehen. Viel los war da aber drumherum auch nicht. Die Entscheidung fiel, jetzt noch ein paar Kilometer der Küstenstraße nach Norden in Richtung Kolka zu folgen, und irgendwann einfach zum Strand abzubiegen und ein Plätzchen für die Nacht zu suchen.

Leuchtturm von Ovisi

Hier taten sich nun wieder mehrere Probleme auf. Von der Küste oder vielleicht wenigstens etwas Meer war auf der ganzen Strecke nach Kolka nichts zu sehen. Bei Ovisi versuchten wir an der auslaufenden Steilküste ein geeignetes Plätzchen zu finden, aber da war alles zum Naturschutzgebiet erklärt, also kein Zelten, Müll in die Natur, Lagerfeuer, gehen oder fahren abseits von den Wegen. Die letzten vier Punkte sehen die Letten im Zusammenhang mit dem Naturschutz wohl nicht so eng. Was will man auch erwarten bei über einem halben Jahrhundert russischer Herrschaft? Aber wie das immer so ist, wenn Fremde das tun, ist das dann auch immer noch einmal etwas anderes, wie sich später noch einmal zeigen wird. Also diesmal kein Zelten im Naturschutzgebiet. Weiter suchen!

Beim nächsten Versuch eröffnete mir Kalle dann, dass er nicht durch den Sand fahren könne.....???!!! Wir stehen kurz vor der Ostsee, nur noch wenige 100 m (vielleicht) und nun geht Sandfahren plötzlich nicht. Wie weit muss man denn von der Realität weg sein, dass man nicht weiß, dass einem keiner Asphaltsstraßen bis zum Strand der Ostsee baut, wenn man versucht über, Forststrecken dorthin zu gelangen ... und gerade hier im Baltikum.

Planänderung! Nächster Zeltplatz wird angefahren. Und das war unser Pech. Zum einen würde es noch ewig dauern, bis einer auf dieser Strecke kam und dann gab es da noch einige böse Überraschungen. Mikeltornis hieß beziehungsweise heißt der Ort. Hier gibt es immerhin den höchsten Leuchtturm Lettland und drei Zeltplätze. Wir entschieden uns für Mikelbaka. Nicht, dass die anderen Plätze nicht auch gepflegt gewesen wären, nein alles top, aber Mikelbaka war der einzige, wo jemand ansprechbar war - sogar in Deutsch besser als in Englisch.

Der höchste Leuchtturm Lettlands bei Mikeltornis
Der höchste Leuchtturm Lettlands bei Mikeltornis

Für fünf Lat durften wir unsere Zelte aufbauen. Ich wollte, die Sonne schien gerade, aber erst einmal in die Ostsee. Also Bademantel gegriffen und ein Feierabendbierchen und dann wollte ich mich treiben lassen. Haste aber gedacht! Beim Gang zum Strand wurde ich von Geschwadern von Megamutantenmücken angegriffen, die wahrscheinlich seit Monaten kein Blut mehr gesehen hatten. Im Laufschritt bin ich durch den kleinen Hain (auch sehr schön) über die Düne, im Laufen schon aus der Hose und rein in die See .... dunkelbraune Brühe, die Irbe mündet hier in der Nähe, aber nutzte nichts.

Trotz minutenlangen Untertauchen waren die Mistviecher wieder da. Und die, die nicht mit bis ins Wasser gekommen sind, hatten auf meinen Sachen gewartet. Es gab keine Chance, denen zu entkommen, geschweige denn in Ruhe ein Strandbier zu genießen. Sturzbier und in die Klamotten eingemurmelt immer in Bewegung bleiben. Wer mehr als 30 s an einer Stelle verweilt, sieht das Tageslicht nicht mehr. Auf dem Zeltplatz sah die Situation nicht besser aus. Wir versuchten noch die Mücken durch den Rauch eines Feuers aus nassem Holz (war ja kein Problem welches zu finden) zu vertreiben, aber auch dieser Versuch war nicht von Erfolg gekrönt.

Einzig bleibende Möglichkeit war es, den Rückzug in das Zelt anzutreten. Kalle kapitulierte als erster, während ich mich noch mit einem Typen aus Riga unterhielt, der mit seiner KTM auch schon durch die Ukraine gefahren ist. Er wollte dann noch ein Bild von mir und meiner Maschine machen, um es einem Freund zu zeigen, der auch eine DR650 fährt. Und dann verzog ich mich auch.

Und die Regentropfen prasselten schon wieder auf dem Zelt ...

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Der dreizehnte Tag (10.06.2009)[Bearbeiten]

187 Kilometer


Von den Mücken in den Sonnenschein

Kolka - Roja - Slokenbeka - Jūrmala


Die Nacht war mal wieder gegen 3:00 Uhr beendet. Kalles Schnarchen hatte die streunenden Köter aus der Gegend angelockt, die nun wissen wollten, was sie da aus der Stoffhundehütte für ein Zeitgenosse anknurrt.

Wegweiser am Kap Kolka

Da das nicht ohne gegenseitiges Angekläffe abging, musste ich mich also, gegen die Mücken gepanzert, mit einem Knüppel bewaffnen und die Meute auseinander treiben, um auch noch mal in den Schlaf zu kommen. Dieses Spiel ging bis 5:00 Uhr morgens und so schlief ich dann bis um 10:00 Uhr durch, denn es war nicht kalt und Mücken hatte ich auch nicht (mehr) im Zelt.

Das morgendliche Kaffee-trinken-nasse-Sachen-zusammen-packen-Spiel wiederholte sich wie immer in der letzten Woche. Vor uns lagen circa vierzig Kilometer der baltischen Kalle-20-km/h-Strecke, also 2 h bis Kolka.

Kolka, mit dem Kolka Cup, liegt an der Spitze zu Rigaer Buch. Hier befindet sich der Sliteres-Nationalpark und jede Menge mückenfreier Zeltplätze, denn solange wir uns hier aufhielten, zeigte sich keiner der lästigen Plagegeister. Ich trug inzwischen meine Sonnenbrille, was soviel bedeutet, als dass das Wetter inzwischen aufklarte. Nur noch vereinzelte Kumuluswolken am Himmel. Schatten-Sonne-Schatten-Sonne-Fahrt. Sehr angenehm und Sachen trocknend. Außerdem hat man dann auch Lust, sich mal etwas zu erlaufen, anzusehen. So machten wir dann auch einen ausgedehnten Spaziergang durch den Nationalpark, die Dünen und Wälder, die Brandungszone und den Strand an das Kolka Cup.

Das machte Appetit auf einen Kaffee, den wir uns bei der Durchfahrt durch Kolka am Straßenrand unter einem Sonnenschirm gönnen wollten. Und tatsächlich fanden wir, obwohl ich nicht wirklich daran geglaubt habe, besagtes Sonnenschirmplätzchen bei einem (dem) Hotel in Kolka. Immerhin haben wir hier drei Kirchen gezählt, also kann es so etwas ja auch geben.

Wir nun die Maschinen direkt an der menschenleeren, aber beschirmten Terrasse abgestellt, an einem Hotel wie bemerkt, und uns auf den Bänken unter den Schirmen niedergelassen und gewartet. An den Fenstern der, dem Hotel zugehörigen, Restauration war auch eine entsprechende Bewegung zu erkennen und eine weibliche Person schlich auch immer mal um die Terrasse. Aber nicht die Bedienung, die war in ihren schwarzen Sachen immer wieder deutlich an den Gardinen hinter den Fenstern zu erkennen. Wir warteten also auf diese Bedienung in diesem Hotel in Kolka, wo es immerhin drei Kirchen gibt (mindestens).

Ich widmete mich meinen schriftlichen Aufzeichnungen in dieser (reichlich zur Verfügung stehenden) Zeit und merkte gar nicht, wie diese verstrich. Kalle wurde es dann zu langweilig und er ging mal ins Innere des Hotels. Schließlich kam er mit zwei Kaffee zurück. Scheint ein Selbstbedienungshotel zu sein.

Ab Roja bekamen wir dann auf unserer Küstenstraße auch ab und an mal etwas vom Meer zu sehen. Aber nie wirklich so, wie man es sich an einer Küstenroute vorstellt, wenn ich da zum Beispiel an Kroatien denke, wo ich das Gefühl hatte, nach jeder Kurve ins Wasser zu fallen. Hier in der Gegend hielten wir kurz an, um in einer kleinen Pension Mittag zu essen, denn die Zeit war schon fortgeschritten und unsere Bäuche machten sich bemerkbar.

Vor den Toren von Slokenbeka

Auf dem Plan stand noch Slokenbaka. Die Entscheidung, sich dieses gut befestigte Gehöft aus dem fünfzehnten Jahrhundert anzusehen, hatte sich wirklich gelohnt. Slokenbaka wurde rekonstruiert und beherbergt heute ein Verkehrsmuseum. Das Museum haben wir nicht besichtigt, denn als wir eintrafen, war es auch schon nach 18:00 Uhr, aber die Anlage des Gutes war traumhaft. Wir haben viele Fotos gemacht. Unter anderem war da auf einer Informationstafel eine Zeichnung aus dem Jahr 1810 (?), die das Gute zu dieser Zeit darstellt. Ich habe sie abfotografiert und wollte dann aus derselben Position, wo der Zeichner damals stand, das Gut fotografieren. Aber da war nur grüner Wucherkram auf den Bildern zu sehen. Aber sonst sind mir wirklich gute Fotos gelungen.

Unterkunft haben wir dann kurz darauf in Jurmala, kurz vor Riga, auf dem Zeltplatz Nemo gefunden. Der lag nur wenige Schritte vom Strand entfernt, war aber dummerweise auch nicht mückenfrei, aber lange nicht so verseucht wie Mikeltornis.

Wir bauten unsere Zelte auf und bemerkten unweit von uns an einem Zelt, neben dem ebenfalls zwei Maschinen parkten, eine kleine Sachsen-Anhalt-Fahne im Boden stecken. Es stellte sich heraus, dass die beiden Biker (Uwe und Ilona) aus Ditfurt kommen, einem kleinen Ort nur wenige Kilometer von Halberstadt entfernt und noch näher bei Harsleben liegend.

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Der vierzehnte Tag (11.06.2009)[Bearbeiten]

0 Kilometer


Bahnreise nach Riga

Riga


Es sind nicht nur lästige Mücken, die einen nachts nicht schlafen lassen, nein auch andere Idioten auf öffentlichen Zeltplätzen. Die Nacht war also wieder mal kürzer als gedacht. Ich hatte zwar bis auf eine, alle Mücken erfolgreich aus meinem Zelt bekommen, aber um 4:00 Uhr morgens fingen so ein paar Spinner an, auf dem Zeltplatz Fußball zu spielen. Beim Erwachen bemerkte ich dann auch die letzte Mücke in meinem Zelt und was sie mir auf dem Schulterblatt verpasst hatte.

Ich ließ sie kurz mal "bluten" und das eine Problem war erledigt. Es gab aber noch ein viel lästigeres. Ich schmiss mir missmutig den Bademantel über, kroch aus dem Zelt, wurde sofort von mindestens 100 Mücken angefallen und wollte schon einen Brüller tun. Kalle hatte aber schon interveniert und die Truppe Beknackter trollte sich zum Strand. War das so schwer, da selber drauf zukommen?

Ich ging daraufhin mit meinen Mücken unter die Dusche, denn ich war einmal wach und würde nicht nur das ganze warme Wasser um diese Zeit für mich haben, sondern diesen Moment auch Ruhe vor den stechenden Plagegeistern. Zähne putzen oder gar rasieren war nicht möglich. Kaum, dass man einige Sekunden still stand, hefteten sie sich an mich und bohrten mir ihre kleinen Rüssel in die Haut. Zum Glück gab es noch einen anderen Waschraum, wo offensichtlich niemand die Nacht über die Tür offen gelassen hatte. Hier konnte ich mich also für unseren Ausflug nach Riga landfein machen. Zumindest was das Rasieren im Gesicht betraf, die Murmel würde ich mir dann wieder mal von Kalle abdrehen lassen, wenn nicht so viele Mücken da sind, die den Schädel zu Mondlandschaft machen.

Es hatte übrigens mal nicht geregnet über Nacht und die ersten Sonnenstrahlen leuchteten nur einige wenige Wolkenschleier an, so dass wir wettertechnisch heute bester Hoffnung waren.

Unsere Ditfurter hatten die Fußball-Heinis gut überstanden dank Ohropax, wie wir später erfuhren, und schlummerten noch, als Kalle und ich beim morgendlichen Kaffee, immer in Bewegung, die Frage erörterten, ob wir mit den Maschinen oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Riga fahren sollten. Auf den ÖPNV hatten uns die Ditfurter gebracht, die auf jeden Fall den Zug nehmen wollten, weil sie Eisenbahnliebhaber sind.

Wir entschieden uns ebenfalls für den Zug, auch wenn das einen kleineren Spaziergang am Morgen bedeuten würde. Eisenbahn ist halt einfacher zu händeln. Der Frau am Schalter konnte ich nämlich viel einfacher erklären wohin wir wollten, denn das Ding vor ihrer Tür da konnte ja nur in zwei Richtungen.


Schwerer war es da schon ihr beizubringen, dass ich ein Ticket für zwei Personen brauchte. Gut, ich hatte dann zwei Tickets für je eine Person. Unmöglich war es ihr beizubringen, dass wir hin und zurück wollten. Aber, mach das mal im Bus, wo du noch nicht mal weißt, ob Du nun tatsächlich im richtigen bist.

In Riga auf dem Bahnhof haben wir dann erst mal ordentlich gefrühstückt. Das ging noch ganz gut, obwohl der Caféautomat nach einem Service schrie, das aber nur auf Russisch, was ich wahrlich kaum noch verstehe... MENJA SAWUD Jörg!

Ansicht von Riga's Altstadt über die Daugava
Ansicht von Riga's Altstadt über die Daugava

Viel schwieriger war es anschließend ein Plätzchen zu finden, um den Kaffee wieder loszuwerden. Der hatte da auf dem Bahnhof ein WC gefunden, das war aber nur für Frauen. Ausgeschildert war zwar noch eins...aber baltische Ausschilderung... Die Pfeile zeigten immer noch oben, das Klo war aber am ganz anderen Ende vom Bahnhof und im Keller...und hat auch noch Geld gekostet. Da kannst du dir besser gleich in die Hosen machen und hast dabei noch eine Menge Zeit, Schmerzen und 0,15 Lat gespart.

Nun lag aber endlich das wunderschöne Riga vor uns und schön ist es tatsächlich. Mal abgesehen davon, dass wir den ganzen Tag Sonne hatten, was die ganze Sache eh verschönte, ist diese Stadt, ganz besonders die alte, wirklich schön gemacht. Sicher, nicht alles, aber wir sind den ganzen Tag da durch gewandert, ohne dass uns langweilig wurde.

So viele schnucklige Ecken, da könnte man ganze Megabyte mit Fotos füllen. Insgesamt gefällt es mir besser als Vilnius, doch Tallinn soll ja noch einen Zacken schärfer sein. Warten wir's also mal ab!

360°-Panoramablick von der Petrikirche über Riga

Petrikirche

Wir schlenderten ziellos durch die Straßen, Gassen, Gässchen und Höfe, waren für einen kurzen Überblick auf der Petrikirche, waren begeistert vom neu errichteten Schwarzhäupterhaus, wandelten bezaubert durch den Konvent und immer wieder sahen wir etwas anderes und beeindruckendes. Bemerkenswerte Details und wunderschöne Ensemble, das ist Riga!

Auf dem Weg wollte ich in ein Internetcafé, um mal nach den Mails der letzten zwei Wochen zu sehen. So dachte ich mir, es kann ja nicht schaden, wenn ich mal in einem Computerladen nach einem Internetcafé frage. Dort könnte man vielleicht wissen, wo so etwas ist, was mich schnell ans Ziel bringt und damit Zeit spart. Es gibt aber keins in Riga, meinte der freundliche junge Mann im Laden, jedenfalls nicht, dass er wüsste. Daraufhin ließ er mich freundlicherweise mit einem seiner Ausstellungsstücke mein Postfach besuchen. War aber nichts wichtiges drin, außer Spams, FMX-Werbung und Dienstpläne von der Arbeit, die mich aber die nächsten drei Wochen nicht interessieren würden. Riga braucht also gar kein Internetcafé. ;)

Die Sonne verließ uns den ganzen Tag nicht. Um einmal eine kleine Abkühlung und Ruhe zu erfahren, überquerten wir die Daugava und setzten uns an das jenseitige Ufer der Altstadt. Die Looser-Insel, wie wir sie nannten, da dort das ganze Ufer voll leerer Pullen lag. Wer weiß, wie viele sich nach dem letzten Schluck dann in die Daugava stürzt haben? Aber von hier aus hat man einen wunderschönen Blick auf das Ensemble der Altstadt.

Zum Erfrischen, Ausruhen und Essen fassen kehrten wir natürlich auch immer wieder mal ein. Das hat ein ganz schönes Loch in das Kontor der Gemeindekasse gerissen. Riga ist halt kein preiswertes Pflaster. Dann müssen wir halt in die Kasse nachschießen, denn fünf Tage sind wir noch in Lettland. Litauen war da preislich schon angenehmer. Aber wir sind ja nicht jede Woche hier! Und man muss sagen, einen halben Liter bekommt man in der Berliner Innenstadt nicht für 2,50 €. Ansonsten hat es in beinahe allen Gaststätten super geschmeckt. Selbst am Bahnhof beim Frühstück. Nur beim Italiener, in den wir dann mal kurz vor Abreise eingekehrt waren, kannte man wohl die italienische Küche nicht, so wie wir sie aus Deutschland gewohnt sind. Nicht einmal der Parmesan hat nach Parmesan geschmeckt. Dafür war die Bedienung, Cindy, eine ganz liebe. Heißt übrigens Pamodoro der Laden.

Auf dem Weg zum Bahnhof haben wir uns dann noch den Zentralmarkt angesehen. Die Markthallen waren leider schon zu. Rings herum um die Markthallen gab es noch Gemüse und Blumen zu kaufen und die Halle von "Maximal" hatte auch noch bis 21:00 Uhr geöffnet. Da haben wir uns jeder noch ein Betthupferl für den Zeltplatz geholt. Kalle musste auch unbedingt noch Rauchkram auffüllen. Mit der Dauer der Reise wurde seine Qualmerei immer schlimmer, das habe ich ihm auch sagt. Wenn er nicht gerade auf seiner Karre sitzt, hat er eine Fluppe am Start. Na ja, solange dafür Geld da ist, kann noch keine Not sein.

Auf dem Bahnhof habe ich dann doch noch Internet gefunden. Dort gibt es Terminals wie Telefonzellen. Telefonieren geht auch, aber eben auch Internet. Ich hatte nicht damit gerechnet, noch neue interessante Mails bekommen zu haben, wollte es aber unbedingt ausprobieren. Für 1,2 Lita/h ist das ganz annehmbar. War aber, wie gesagt, nix da.

Mit brennenden Schuhsohlen sitzen wir im Zug zurück nach Asari, dem Stadtteil von Jurmala, wo sich unser Zeltplatz befindet. Dort haben wir dann ja auch noch ungefähr 30 min Fußweg zum Zeltplatz vor uns. Kalle sagte vorhin zu mir, dass er seine Füße schon nicht mehr spüren würde, worauf ich ihm antwortete, was für ein Glück er doch hätte, ist doch besser, als wenn sie weh täten.

Ich nehme mir übrigens vor, die Aufzeichnungen jetzt immer just-in-time zu machen, damit ich nicht immer so nachhänge. Ich hatte heute zweieinhalb Tage aufzuholen und dafür musste ich jede Minute nutzen, die wir irgendwo saßen. Aber nun ist es geschafft und wir werden uns noch einen gemütlichen Abend mit unseren Mücken machen.

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Der fünfzehnte Tag (12.06.2009)[Bearbeiten]

109 Kilometer


Ein kurzer Tag im Freilichtmuseum

Ethnographische Freilichtmuseum Lettlands - Sigulda


Die Nacht war wunderbar. Totale Ruhe, kein Regen, keine Kälte und keine Mücken im Zelt. Habe auch gleich bis um acht geschlafen.

Der Rest aus Sachsen-Anhalt war schon munter und beim Frühstück oder wenigstens einem Kaffee. Die Sonne war auch schon so hoch, dass die Mücken keine große Lust mehr hatten, sich auf ihre Opfer zu stürzen. So war ausgiebig Zeit für die Morgentoilette. Kalle machte mir wieder die Murmel rund. Weil er aber nicht von alleine auf die Idee gekommen ist, dazu mal seine Lesebrille aufzusetzen, mussten wir es zweimal machen.

Bevor wir uns in die Versorgungseinrichtung unseres Zeltplatzes zum Frühstücken begeben wollten, breiteten wir noch alles, wo auch nur ein Quäntchen Feuchtigkeit drin sein konnte, in der Sonne aus.

Beim Frühstück unterbreitete ich Kalle meine Vorschläge für die nächsten Unternehmungen und die mögliche Planung, die ich mir noch in der Nacht davor überlegt hatte. Er hatte keine eigenen, so nahmen wir meine.

Es gab eigentlich nur zwei Sachen, die ich noch unbedingt in Lettland sehen wollte. Alle anderen Sehenswürdigkeiten waren sehr weiträumig verteilt und wegen einer Burgruine oder Kirche müssen wir keine 200 km Umweg fahren.

Ich hatte mir bei meiner nächtlichen Planung auch schon überlegt, welche Antwort ich auf meine Vorschläge bekommen würde. Weil ich mich einmal über die Ja-Nee-Doch-Vielleicht-Variante schon mal so lustig gemacht hatte, war diese eigentlich außen vor. Sie wurde schon seit Tagen nicht mehr verwendet. Mein Favorit für diesen Morgen war die Ja-können-wir-so-machen-Antwort ... und hatte damit richtig gelegen.

Da wir in Estland örtlich sehr gebunden sein werden, hatte ich vorgeschlagen, den Rest des Tages in Freilichtmuseum für lettische Ethnologie zu verbringen und dann irgendwo in der Nähe des Geruja-Nationalparkes ein Nachtlager zu errichten. Am nächsten Tag dann den Nationalpark besuchen und anschließend schon nach Estland zu wechseln, um dort die südlichen und mittleren Regionen zu bereisen. Nun ja, die Antwort ist schon bekannt.

Ich freute mich auf das Museum, da mir schon das litauische so gut gefallen hat. Sicherlich sollte man nicht mit einer romantischen Verklärung eine solche Besichtigung machen, wenn man etwas über das Leben und Arbeiten der Menschen dieser Region vom sechzehnten bis zwanzigsten Jahrhundert erfahren möchte.

Das Leben war einfach und wenn ich an die Winter denke, bestimmt auch hart. Kein Luxus, an den wir uns so gewöhnt haben und diese Dinge gar nicht mehr wahrnehmen. Nur noch wenn sie fehlen oder wir die Abrechnung für Strom, Wasser und Wärme einmal im Jahr bekommen.

Licht spendete ein Kienspan oder eine Kerze, wenn man sich eine leisten konnte. Für die Heizung musste man Holz oder Torf herbeischaffen und wenn der Ofen nicht zog, war die Bude schwarz. Waren die ohne Schornstein eh alle - bessere Räucherkammern. Genauso das Wasser. Nicht eben mal den Hahn aufdrehen und laufen lassen. Schön vom Brunnen holen oder vom Bach und klar und wohl schmeckend war es dann auch nicht unbedingt. Eher braun und torfig und warm erst recht nicht. Dafür brauchte man wieder Holz für den Ofen oder das Badhaus. Eine tolle Erfindung, die wohl aus dem Norden her gekommen ist. Im westlichen Europa hatte man sich ja eher nicht gebadet.

Meistens waren Schlaf- und Arbeitsraum eins. Gut, wenn es sich um ein Spinnrad oder einen Webstuhl handelt, mag das nicht so wild erscheinen, aber bei einem Töpfer sieht das dann wohl schon anders aus.

Leider waren die Gebäude schon 17:00 Uhr geschlossen. Damit blieb nicht genug Zeit, um auch alles von innen besichtigen zu können. Ganz besonders leid tat es mir um die Kirche von Usma, die nun hier ihren Platz gefunden hat. Nicht nur weil wir nun auch die Stelle kannten, wo sie gestanden hatte und sich jetzt eine neue Holzkirche befindet, sondern auch, weil sie im Inneren so wundervoll bemalt und ausgestattet ist.

Schon während unseres Besuchs im Freilichtmuseum zogen Wolkenfelder auf und der Wind wurde stärker. Auf unserer Fahrt in Richtung Sigulda war dann keine Sonne mehr zu sehen. Das ließ mich schon wieder schlimmes ahnen.

In Sigulda holten wir uns noch ein paar Vorräte und suchten uns ein Plätzchen für die Nacht außerhalb des Nationalparkes. Dieses war wieder einmal nicht so einfach, fanden dann aber schließlich etwas auf einer Wiese unweit der Straße.

Wir hockten noch ein bisschen zusammen, aßen zu Abend und telefonierten noch mit der Heimat. Die Mücken sind hier viel kleiner und nicht so aggressiv wie an der Ostsee, so machten sie uns kaum noch etwas aus.


Eine Nacht im Nassen - nichts neues mehr
Eine Nacht im Nassen - nichts neues mehr

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Der sechszehnte Tag (13.06.2009)[Bearbeiten]

172 Kilometer


Ein harter Regentag mit glücklichem Ende im weichem Bett

Sigulda - Gauja-Nationalpark - Burg Turaida - Inciems - Lielstraupe - Raiskums - Cesis - Āraiši - Jāņmuiža - Vaidava - Sietin-Felsen - Valmiera - Rujiena - Konu dzirnavas


Seit 3:00 Uhr regnet es wieder ohne Pause. War gegen 5:00 Uhr mal draußen. Nur grau, nicht einmal ein kleiner Schimmer von leichtem hellgrau oder gar blau zu sehen. Dann wird das wohl heute mit dem Nationalpark nicht viel werden. Nur das, was wir erfahren können. Besichtigungen oder Wanderungen mit den zu erwartenden nassen Stiefel fällt aus.

Die Ruine der Ordensburg in Sigulda

Also wieder einmal die drei Stufen des Abwartens. Wenn wir hier nicht wild in der Botanik herumstehen würden, könnte ich mich sogar dafür erwärmen, einfach einen Tag zu bleiben, wo wir sind. So müssten wir die nasse Ausrüstung nicht verpacken und hätten für morgen vielleicht eine geringe Aussicht auf Trocknung. Ist aber nix, wir werden weiter müssen. Darum nun die drei Stufen des Abwartens, die schon öfter dafür gesorgt haben, dass wir zumindest ein Stück im Trockenen fahren konnten, wenn auch das Zelten immer im Nassen stattgefunden hat.

Siguldas neues Schloß

Phase 1: ich entscheide mich mal, bis um zehn im Schlafsack zu bleiben. In den letzten Tagen hat das Wetter immer so um diese Zeit ein Erbarmen gehabt.

Phase 2: immer wenn wir die Sachen verpackt und die Regenkombi an hatten, um loszufahren, hörte es zumindest auf zu regnen. Also verpackte ich meine Klamotten alle schon im Zelt, zog die Regenkombi an und kroch gegen 10:30 Uhr ins Freie, um Kaffee zu kochen ... nix!

Phase 3: wenn man auf das Trocknen des Zeltes verzichtet und gleich losfahren will ... vielleicht dann ... auch nix!

Nach 10 km, wir waren noch nicht mal zurück in Sigulda, waren die Stiefel und Handschuhe schon durch. Und das ist der Moment, wo du nichts anderes machen willst als fahren, weil jeder Schritt, den du tun würdest, das bisschen warme Wasser, welches sich um die Füße sammelt, sofort gegen kaltes austauscht. Die Hände fühlen sich mit der Situation am Lenker zwar nicht wohl, aber was sollen sie machen? Und da ich nicht die ganze Zeit mit beschlagenem Visier fahren kann, ist das auch offen stehen, was die Maximalgeschwindigkeit auf 80 km/h drosselt, denn sonst fühlen sich die kalten Regentropfen im Gesicht wie kleine Eisgeschosse an. Und nun hoffe ich nur noch, dass das Wasser, was da kommt, nicht allzu kalt wird.

Fahren, fahren! Die gute Ausschilderung der Sehenswürdigkeiten kann uns auch nicht dazu verlocken, sie bei diesem Wetter zu besichtigen. Burgen, z.B. die wunderschöne Turaida mit ihrer Sage um Maja, der Rose von Turaida, sehen wir nur von der Ferne, wenn uns die Bäume von der Straße aus mal den Blick darauf freigegeben. Dasselbe ist mit der wundervollen Landschaft, die die Orga hier geschaffen hat. In einem, für das Baltikum tiefen Einschnitt in die Landschaft (circa 80 m), fließt die Orga in ihrem Bett und lädt zu Wanderungen zu Fuß oder mit dem Boot ein.

Gegen 14:00 Uhr fassen wir den Entschluss in Cesis etwas zu essen, Kaffee zu trinken, uns aufzuwärmen und was man noch so alles tun kann, wenn die entsprechende Infrastruktur da ist.

Im kleinen Café, dem "Aroma Club", am zentralen Platz, gab es dann auch alles das, was wir suchten, zusammen mit einer netten Bedienung, die auch wieder mal etwas Deutsch konnte. Auf der Toilette nutzte ich den Händetrockner, um heiße Luft in meine Stiefel blasen zu lassen, was das Wasser in ihnen für eine gewisse Zeit angenehm warm machte. Ein kleiner Trick aus der Taucherei, wo wir uns im Winter vor dem Tauchgang warmes Wasser in den Anzug und die Stiefel kippen.

Wir einigten uns, die Zelte heute Nacht nicht mehr aufzubauen, wenn sich das Wetter nicht noch ändern sollte. Es war circa viertel vier. Ich war schon versucht, die nette Bedienung zu fragen, ob sie nicht wüsste, wo man in Cesis preiswert unterkommen könnte. Da der Regen aufgehört hatte, in großen Tropfen zu regnen, wollten wir doch noch mal ein Stück fahren.

Kirche von Āraiši. Kein eigenes Bild, dafür war es viel zu naß.

Die direkte Zufahrt nach Āraiši (Arrasch), wo sich die älteste Mühle Lettlands aus dem achten Jahrhundert befindet, war leider gesperrt. Mit einigen Kilometern Umweg kamen wir dann doch dorthin.

Wegen einer Art Volksfest gab es diese Umleitung. Auf Volksfestivitäten in strömenden Regen hatten wir absolut keine Lust, denn der Regen hatte wieder aufgehört in kleinen Tropfen zu regnen. Aber insgesamt hätte es sicher großen Spaß gemacht, das gesamte Örtchen zu besichtigen. Eine Art Verteidigungsanlage und ein Fischerdörfchen waren neben der Mühle zu erkennen, deren Bauart wir aber schon im Freilichtmuseum bei Kaunas und Riga besichtigen konnten (ebenfalls von außen betrachtet). Hierzu habe ich mir vorgenommen, unbedingt einmal im Internet zu recherchieren, um noch Genaueres über den Ort zu erfahren. Zum Glück bin ich reichlich fündig geworden.

Im Reiseführer war in der Nähe noch eine Sandsteinformation beschrieben, die in ihrer Art, die größte und beeindruckendste in Lettland sein soll. Sie liegt im Verlauf der Gauja in Richtung Norden und damit "genau" auf unserer Route. Dazu mussten wir wieder Holperstrecke fahren. Diese war aber aufgrund des Regens extrem durchgeweicht. An einigen Streckenabschnitten war sie dazu noch mit dem Scraper frisch abgehobelt und somit für uns eine kaum zu überwindende Schlammrinne. Passierten uns andere Fahrzeuge, so wurden wir vollkommen mit Schlamm bedeckt. Es war ein lang anhaltendes und zermürbendes "Dahintuckern". Selbst ich hatte mit meiner Enduro ärgste Schwierigkeiten, was für Kalle bedeutete, dass er kaum noch voran kam. Dafür rächten sich dann auch irgendwann mal meine Kerzen, wie ich annahm, indem sie einfach aussetzten. Wir mussten einige Minuten warten bevor die DR wieder ansprang. Während dieser Minuten sah ich mich schon den Tank bei strömenden Regen abbauen, um an die Kerzen heranzukommen, die meiner Meinung nach total verrust sein mussten. Ein paar Tage später hatte ich dasselbe Problem. Dabei konnte es aber nicht am Dahintuckern liegen, da wir in diesem Moment des Aussetzens gut Strecke machten. Das einzige, was in diesem Moment gleich war, war der strömenden Regen, so dass ich vermuten muss, dass mein Tankrucksack entweder Wasser in den Tank leitet oder durch die Feuchtigkeit so dicht abschließt, dass der Tank nicht mehr richtig belüftet wird.

Der Sietiniezis-Canyon (Sietin-Felsen) ist so eine Art Elbsandsteingebirge, nur im kleinen. Er ist circa 150 m lang und 13 m hoch. Über ihn gibt es die Sage, dass sich der Teufel an einer Felswand abgestoßen haben soll, um an das andere Ufer der Gauja zu springen. Dabei hat er mit seinem (hier) Ziegenfuß einen tiefen Abdruck hinterlassen, der heute noch deutlich zu sehen ist. Das erinnerte ein wenig an den alten Bodo in Thale. Ich denke, dass ich diese Stelle dann auch gesehen habe.

Sandsteinformationen an der Gauja

Der Weg über Valmira sollte uns aus dem Gauja-Nationalpark heraus Richtung Norden bringen. Matschige Holperstrecken, die meine Reifen durchaus manchmal an den Rand ihrer Möglichkeiten gebracht haben. Ich hätte zwar die Geländereifen drauf lassen können, aber wer weiß, wie viel Profil die nach der Anreise überhaupt noch gehabt hätten. Und so bin ich ganz froh über die Wahl des Tourance. Auf den meisten nassen Straßen habe ich auch bei höherer Geschwindigkeit guten Grip. Nur bei Matsch und tiefem Sand ist hohes Geschick oder einfach die Vermeidung gefragt. Wenn die Holperstrecken nicht nass sind, kann ich sie gut mit siebzig Sachen nehmen, um nur die oberen Kanten der Querrillen zu fahren und so kaum die Stöße spüre. Kalle muss da jeden Hügel durchfahren.

Valmira muss auch einmal eine gut befestigte Stadt gewesen sein. Hier versuchte ich das erste Mal Quartier zu finden. An Zelten war überhaupt nicht zu denken, so nass wie wir und die Ausrüstung waren. Bei mir wäre es vielleicht noch gegangen, aber Kalle hätte bestimmt den Kältetod mit Ersaufen in seinem Zelt erlitten.

Die erste Unterkunft, ein Hotel, wollte zweiundvierzig Lat pro Person. Das hätte nicht nur unser gesamtes Guthaben verbraucht (und Kalle musste noch tanken), sondern auch die Grenzen des Anstandes überschritten.

In einem kleinen Ferienhaus auf dem Zeltplatz bei Riga hätten Kalle und ich zusammen fünfzehn Lat für eine Nacht bezahlt. Und dabei war der Zeltplatz bei Riga auch nicht der billigste. Also müsste sich die heutige Unterkunft ebenfalls in diesem Rahmen bewegen, um uns nicht vollkommen in den Ruin zu treiben und noch eine kleine Mahlzeit möglich zu machen.

Auch hoffe ich, noch irgendwo solche kleinen Hütten zu finden. Und richtig! Am nördlichen Ortsausgang von Valmira gibt es eine solche Anlage. Und relativ neu aussehend. Sehr ansprechend und einladend auch. Aber auf der ganzen Anlage war keine Menschenseele zu sehen. Zelten hätte man da auch können, für 1,5 Lat pro Nacht und Zelt. Super Preis, da konnten die Zimmer ja auch nicht sehr teuer sein. Aber ich weiß nicht, wie eine solche Anlage bestehen soll, wenn keiner da ist, der die Gäste in Empfang nimmt und ihnen zeigt, wo sie unterkommen können und im schlimmsten Falle vielleicht auch noch etwas Geld dafür einkassiert. Kann es sein, dass in Lettland die Unterhaltung einer solchen Anlage gar kein Geld kostet? Auf dem Weg weiter nach Norden hoffte ich aber trotzdem noch einige solcher Hütten zu finden. Aber denkste! Wir erreichten das über 40 km von Valmira entfernt liegende Rujiena. Der Regen hatte sich noch etwas verstärkt und es war kaum noch etwas auf der Straße auszumachen. Zum Glück überholte uns ein Pkw, an dessen Rücklichter ich mich dann einfach dranhängen und so wenigstens den Verlauf der Straße etwas im Voraus erkennen konnte. So kamen wir wieder etwas schneller voran.

Und dann - Rujiena! Das machte, bis auf die Extremstraßenschäden, welche einfach mit groben Kies aufgeschüttet waren, einen absolut toten Eindruck. Wir fuhren durch das Örtchen, wobei ich einige Male den Schotter fliegen lassen musste, um aus den Löchern, in die ich gefahren war, wieder herauszukommen; aber nichts, was als Unterkunft für uns dienen könnte.

Kalle musste auch dringend tanken. Die Tankstelle fanden wir auch relativ schnell. Ich war mir auch "sicher", dass es sie gibt, denn sie ist in meiner Karte verzeichnet.

An der Tanke, Kalle hatte nur noch einen Liter im Tank, fragte ich die anwesende Tankwartin, ob sie nicht wüsste, wo man in dieser Gegend noch unterkommen könnte. Und sie hatte den entscheidenden Hinweis, der uns das Leben rettete ... zumindest die Gesundheit. An einer Wassermühle, in der Nähe der Grenze zu Estland, gibt es eine sehr gepflegte kleine Pension. Die Wassermühle gleich nebenan, wird sogar noch betrieben, zumindest als Museum und für Schauvorführungen. Die nette Frau von der Tankstelle war auch noch so freundlich, gleich in der Pension anzurufen, um zu fragen, ob es für uns arme Schweine noch ein trockenes Plätzchen für die Nacht gibt.

Konu Dzirnavas ist wirklich die Rettung gewesen. Nicht nur, dass sie eh schon preiswert sind, mit den Wirtsleuten konnte ich auch noch über den Preis reden. So haben wir für unsere vierzig Lat Gemeindekasse und Restbestände noch einmal Kalles Tank voll bekommen, haben ein kleines Zimmer mit eigener Dusche und WC und Fernseher, mit dem wir noch versuchen wollten, etwas über die Wetterentwicklung zu erfahren, und es gab noch ein gutes Abendessen.


Konu Dzirnavas unsere Rettung für diese Nacht. Das Bild entstand regenfrei am nächsten Morgen.
Konu Dzirnavas unsere Rettung für diese Nacht. Das Bild entstand regenfrei am nächsten Morgen.

Ich trinke jetzt noch ein Bier und dann gehe ich schlafen und morgen lasse ich mir vielleicht noch die Manufaktur und die kleine Ausstellung zeigen, die die Wirtsleute in der Wassermühle betreiben, um Kunst und Gebrauchsgegenstände herzustellen.

Gute Nacht!


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