Logik: Einleitung

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Der Begriff der Logik[Bearbeiten]

Formale Definition 1[Bearbeiten]

Logik ist die Lehre von der Folgerichtigkeit von Aussagen.

Bemerkungen[Bearbeiten]

Hier ist die Bedeutung der Begriffe Folgerichtigkeit und Aussage noch nicht bekannt, sie wird aber noch geklärt werden.

Diese Definition ist im Kern gleichbedeutend mit der zweiten, die gleich kommt. Warum, wird später klar werden.

Formale Definition 2[Bearbeiten]

Logik ist die Lehre, welche die Gültigkeit von Argumenten untersucht.

Bemerkungen[Bearbeiten]

In dieser Definition sind uns im Moment noch zwei Begriffe unbekannt. Es handelt sich zum einen um den Begriff des "Argumentes" und zum anderen um den Begriff der "Gültigkeit". In unserer natürlichen Sprache sind uns diese Begriffe zwar geläufig, aber um sie im Rahmen der Logik wissenschaftlich untersuchen zu können, müssen diese Begriffe präzisiert werden. Im Folgenden werden wir dies tun.

Der Begriff des Argumentes[Bearbeiten]

Zunächst definieren wir den Begriff der Aussage, als Bestandteil eines Argumentes.

Aussage[Bearbeiten]

Formale Definition[Bearbeiten]

In der Mathematik sprechen wir von einer Aussage, wenn ein sprachliches Gebilde durch genau einen der folgenden zwei Wahrheitswerte festgelegt ist:

  • "wahr" (Abkürzung: oder )
  • "falsch" (Abkürzung: oder )

Eine Aussage im mathematischen Sinne erfüllt also das sogenannte Prinzip der Zweiwertigkeit. Dieses Prinzip wird auch Bivalenzprinzip oder Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten genannt. Nach diesem Prinzip gibt es keinen weiteren möglichen Wahrheitswert einer Aussage. Weiterhin erfüllt eine Aussage im mathematischen Sinne das Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch. Eine Aussage kann demnach nicht sowohl wahr als auch falsch sein.

Das Ermitteln des Wahrheitswertes einer Aussage bezeichnen wir auch als das Auswerten einer Aussage.

In der Mathematik wird eine wahre Aussage auch alternativ als Theorem, Satz, Lemma oder Korollar bezeichnet.

Bemerkungen[Bearbeiten]

Es sei darauf hingewiesen, dass das Prinzip der Zweiwertigkeit oder das Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch keine zwingenden Voraussetzungen dafür sind, den Begriff der Aussage in der Logik zu definieren. Mathematische Aussagen sind aber so formuliert, dass sie entweder wahr oder falsch sind. Den Wahrheitsgehalt von Aussagen kann man hingegen auch durch mehr als zwei Wahrheitswerte festlegen. So bewertet man beispielsweise das Rezitieren eines Gedichtes in der Schule durch eine der folgenden Noten:

„sehr gut“, „gut“, „befriedigend“, „ausreichend“, „mangelhaft“ oder „ungenügend“.

Beispiele[Bearbeiten]

Bei folgenden Sprachgebilden handelt es sich nicht direkt um Aussagen im mathematischen Sinn:

Sprachgebilde Beispiel Interpretation als Aussage
Befehl Fahr langsamer! Ich will, dass du langsamer fährst.
Frage Stimmt das? Ich will, dass du mir sagst, ob das stimmt.
Ausrufe Häh? Das verstehe ich nicht.

Allerdings schwingt in der Praxis immer bzw. fast immer eine Aussage mit (rechteste Spalte).

Dagegen sind Sätze wie "Die Sonne scheint jetzt hier!" entweder wahr oder falsch; es handelt sich also um Aussagen. Manchmal sind weitere Einschränkungen zweckmäßig; z. B. gibt es keine selbstbezüglichen Aussagen, u. a. da Sätze wie "Dieser Satz ist falsch" weder wahr noch falsch sind, was über ein mathematisches Axiom (eine grundlegene, unbewiesene und in der Regel Intuitiv einleuchtende Aussage) unmöglich ist; siehe auch:  Lügner-Paradox.

Argument[Bearbeiten]

Formale Definition[Bearbeiten]

Ein Argument ist eine Aussage, die besagt, dass eine Aussage, die Konklusion, aus einer Aussagenmenge, der Menge der Prämissen, folgt.

Synonyme[Bearbeiten]

Ein Argument bezeichnet man alternativ auch als Schlussfolgerung, (logischer) Schluss oder Ableitung.

Beispiel[Bearbeiten]

Das folgende Beispiel zeigt ein Argument, welches uns gültig erscheint, auch wenn wir bisher noch nicht genauer auf diesen Begriff eingegangen sind.

  • Es hat geregnet.
  • Nachdem es geregnet hat, ist die Straße nass.
  • Also gilt:
  • Die Straße ist nass.

Im obigen Beispiel wären "Es hat geregnet." und "Nachdem es geregnet hat, ist die Straße nass." die Prämissen des Argumentes. Der Folgerungsindikator wäre "Also gilt:". Die Konklusion schließlich wäre "Die Straße ist nass."

Darstellung[Bearbeiten]

Formal wird ein Argument dargestellt, indem man links die Menge der Prämissen, dann den Folgerungsindikator und dahinter die Konklusion aufschreibt. Oft bezeichnet man den Folgerungsindikator sprachlich durch eines der folgenden Wörter unserer natürlichen Sprache:

„deshalb“, „darum“, „folglich“, „daraus folgt“, „also“ oder „auf Grund von ... gilt“.

In der üblichen formalen Schreibweise wird er durch

oder

je nachdem ob es sich um eine syntaktische oder semantische Folgerung handelt (näheres dazu unten) oder durch die Verneinungen

oder

bezeichnet.

Der Begriff der Gültigkeit[Bearbeiten]

In der Logik werden Argumente auf ihre syntaktische Gültigkeit und ihre semantische Gültigkeit hin überprüft. Neben der unten eingeführten Syntax und Semantik gibt es in der Sprachwissenschaft noch den Begriff der Pragmatik, welcher sich mit der Wirkung der Bausteine von Sätzen auf den Hörer oder Leser beschäftigt. Der Begriff der Pragmatik hat für die formale Logik keine Bedeutung und daher werden wir hier nicht weiter darauf eingehen. Wir werden nun die beiden Begriffe Syntax und Semantik präzisieren:

Syntax[Bearbeiten]

Wir beschränken uns im Folgenden auf die Syntax der logischen Sprache. Den Begriff Syntax kann man sprachwissenschaftlich noch allgemeiner fassen. Zunächst merken wir an, dass die Syntax einer logischen Sprache als Kalkül bezeichnet wird.

Kalkül[Bearbeiten]

Unter einem Kalkül (auch Kalkül des natürlichen Schließens genannt) versteht man ein System von Regeln, nach denen Argumente aus einem wohldefinierten Zeichenvorrat, welcher auch Alphabet genannt wird, gebildet werden. Ein derart gebildetes Argument heißt dann syntaktisch gültig. Um die syntaktische Gültigkeit auszudrücken, verwendet man das Zeichen . Ist ein Argument nicht syntaktisch gültig, so kennzeichnet man dies durch . Links dieser Zeichen schreibt man die Prämissen des Argumentes auf. Rechts davon die Konklusion des Argumentes.

Bemerkungen[Bearbeiten]

Die Regeln, von denen in der Definition die Rede ist, lassen sich in folgende drei Kategorien unterteilen:

  • Formationsregeln: Sie geben an, wie die Zeichen des Alphabets angeordnet werden dürfen, damit Aussagen als Bestandteil von Argumenten entstehen.
  • Transformationsregeln: Transformationsregeln werden auch Ableitungsregeln, Deduktionsregeln oder Schlussregeln genannt. Eine Transformationsregel bezeichnet ein syntaktisch gültiges Argument, dessen Gültigkeit man nicht weiter durch Argumente belegt, sondern dessen Gültigkeit man per Definition festlegt.
  • Axiome: Axiome bezeichnen nach den Formationsregeln gebildete Aussagen, welche man beliebig zu den Prämissen des Argumentes hinzufügen oder entfernen darf. Das Argument bleibt hiernach syntaktisch gültig.

Axiome sind für die Bildung eines Kalküls nicht notwendig. Ein Kalkül, welches Axiome beinhaltet – egal wie viele oder wie wenige – wird axiomatischer Kalkül (auch „axiomatischer Regelkalkül“)[1] genannt. Kalküle, die ohne Axiome auskommen, dafür aber meistens mehr Transformationsregeln beinhalten, werden oft als Regelkalküle (auch Schlussregelkalküle) bezeichnet.

Historisch gehen Kalküle auf die Arbeiten des deutschen Logikers Gerhard Gentzen (1909-1945)“)[2] und des polnischen Logikers Stanisław Jaśkowski (1906-1965)[3] zurück.

Semantik[Bearbeiten]

Die Semantik beschäftigt sich allgemein mit der Bedeutung einer Sprache. In unserem Fall beschränkt sich die Semantik auf das Auswerten der Argumente, also auf das Bestimmen ihrer Wahrheitswerte. Um die semantische Gültigkeit auszudrücken, verwendet man das Zeichen . Ist ein Argument nicht semantisch gültig, so kennzeichnet man dies durch . Links dieser Zeichen schreibt man die Prämissen des Argumentes auf. Rechts davon die Konklusion des Argumentes.

Wozu wird Logik betrieben?[Bearbeiten]

Logik ist die Grundlage oder einer der Grundlagen des rationalen Denkens. Wir haben vorhin gesagt, Logik sei die Lehre der Folgerichtigkeit. An sich geht es ja beim rationalen Denken genau darum. Wie haben unsere Sinneseindrücke und müssen daraus etwas schließen. Aber die klassische Logik beschränkt sich einzig und allein darauf, unbedingt aus den Prämissen folgende Schlüsse zu ziehen. Was kann man schon mit 100%-iger Wahrscheinlichkeit auf Grundlage der Sinneseindrücke sagen? Eigentlich nichts, außer halt... das was eh klar ist. Aber es gibt noch weitere Arten der Logik, für rationales Denken ist insbesondere die Induktionslogik und die Abduktionslogik interessant, die in Kapitel 4 besprochen werden. Wenn Logik wirklich die Grundlage des rationalen Denkens ist, wäre damit ja klar, warum man sie betreibt.

Aber mal mehr auf die Mathematik bezogen: Mathematik funktioniert so, dass man aus bestimmten Axiomen Theoreme zieht. Das ist Logik. Die Axiome wären die Prämissen und die Theoreme die Folgerungen. Die Mathematik ist also ein logisches System, das mit einem bestimmten Satz von Prämissen, den mathematischen Axiomen arbeitet. Die klassische Logik reicht hier völlig aus, man braucht keine Induktionslogik oder ähnliches.

Arten von Logik[Bearbeiten]

Die wichtigste Art der Logik in der Mathematik ist die klassische Logik. Diese Logik beschäftigt sich mit dem exakten bestimmen des Wahrheitswertes eines Argumentes. Durch zwei Eigenschaften grenzt sich die klassische Logik von den anderen populären Logiken ab. Erstens ist das das Zweiwertigkeitsprinzip, dass besagt, dass jede Aussage entweder wahr oder falsch ist und nichts anderes. Zweitens gilt das Prinzip der Monotonie, das besagt, dass ein gültiges Argument durch das Hinzufügen einer weiteren Prämisse nicht ungültig werden darf. Dass ein ungültiges Argument dadurch gültig wird, schließt es natürlich nicht aus. Jede populäre nichtklassische Logik erfüllt mindestens eine der beiden Bedingungen nicht.

Das wohl berühmteste Beispiel einer nichtklassischen Logik ist die Fuzzylogik, in der das Zweiwertigkeitsprinzip nicht gilt und es „wahrere“ und „weniger wahre“ Aussagen gibt. Ihr Wahrheitswert wird durch eine Reelle Zahl zwischen 0 und 1 festgelegt.

Wahrscheinlich wichtiger ist jedoch die Induktionslogik, in der man davon, dass eine Aussage für eine bestimmte Teilmenge von Fällen gilt darauf schließt, dass es für die gesamte Menge gilt. In diesem Fall gilt das Prinzip der Monotonie nicht, denn solbald man die Teilmenge um einen Fall erweitert, in dem die Aussage nicht gilt, kann man nicht mehr auf die Obermenge schließen.

Ausführlich um nichtklassische Logiken geht es in Kapitel 4.

Die Rolle der Logik in der Informatik[Bearbeiten]

Die verschiedenen Systeme der Logik, die in diesem Buch beschrieben werden, spielen auch in vielen Bereichen der Informatik eine sehr große Rolle. Durch alle Abstraktionsebenen hindurch bietet die Informatik unzählige Anwendungsbereiche für verschiedene Systeme der Logik.

Schon auf der untersten Abstraktionsschicht, im Bereich der Technischen Informatik, bildet die Aussagenlogik die Grundlage der nach ihr benannten Logischen Gattern, die nicht nur Grundbausteine des modernen Computers, sondern Grundbausteine jeglicher modernen Elektronik darstellen.

In nahezu jedem heute üblichen Programmierparadigma und dadurch in nahezu jeder heute üblichen Programmiersprache ist das Auswerten von logischen Ausdrücken eine wesentliche Technik.

In den höheren Abstraktionsebenen der Informatik spielt dann neben der Aussagenlogik auch die Prädikatenlogik eine wichtige Rolle. So ist beispielsweise die relationale Datenbank, die den Technischen Hintergrund nahezu jeder modernen Webapplikation - seien es Wikiprojekte wie Wikibooks, Webshops oder Gästebücher - bildet, eng verwandt mit den Prinzipien der Prädikatenlogik. In einer relationalen Datenbank gibt es nämlich die Möglichkeit, Abfragen in Form einer prädikatenlogischen Formel zu formulieren, wenn das Datenbanksystem eine Sprache einsetzt, die auf dem Relationalen Kalkül basiert.

Das ebenfalls auf Prädikatenlogik basierende Logische Programmierparadigma und die daraus abgeleitete Programmiersprache Prolog ist derzeit - mangels Popularität - eher akademischen Interesses. Trotzdem hat sie im Gebiet der sogenannten Expertensysteme eine Nische gefunden, in der sie eine große Bedeutung erlangt hat, und wird vor allem im Bereich der künstlichen Intelligenz eingesetzt.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. So Regenbogen/Meyer, Wörterbuch der Philosophischen Begriffe (2005)/Kalkül
  2. Untersuchungen über das logische Schließen, Mathematische Zeitschrift 39 (1934-35), 176-210, 405-431; Göttinger Dissertation von 1934
  3. On the Rules of Supposition in Formal Logic, Studia Logica 1 (1934, Warszawa)