In diesem Artikel wollen wir den Funktionsraum, also den Vektorraum aller Abbildungen
von einer Menge
in einen Vektorraum
betrachten.
Definition des Funktionsraums[Bearbeiten]
Sei
ein Körper,
ein
-Vektorraum und
irgendeine Menge.
Dann können wir die Menge der Abbildungen von
nach
definieren:
Hinweis
Für diese Definition haben wir noch nicht benutzt, dass
ein Vektorraum ist. Es genügt, wenn
eine Menge ist.
Auf dieser Menge definieren wir eine Addition und eine Skalarmultiplikation:
Definition (Vektorraumverknüpfungen auf
)
Die Addition
ist definiert durch
für alle
und
.
Ähnlich definieren wir die Skalarmultiplikation
durch
für alle
und
.
Hinweis
Für die Definition brauchen wir nur, dass
ein Vektorraum ist,
kann tatsächlich eine beliebige Menge (d.h. ohne algebraischer Struktur) sein.
Der Funktionenraum ist ein Vektorraum[Bearbeiten]
Satz (
ist ein Vektorraum)
ist ein
-Vektorraum.
Beweis (
ist ein Vektorraum)
Wir müssen nun also die acht Vektorraumaxiome nachprüfen. Daher sei im Folgenden immer
.
Beweisschritt: Assoziativität der Addition
Seien
. Dann gilt:
Damit ist die Assoziativität der Addition gezeigt.
Beweisschritt: Kommutativität der Addition
Seien
. Dann gilt:
Damit ist die Kommutativität der Addition gezeigt.
Beweisschritt: neutrales Element der Addition
Wir müssen nun zeigen, dass es ein neutrales Element
gibt.
Das heißt,
soll für alle
gelten.
Es liegt auf der Hand, dass die Nullabbildung
diese Eigenschaft besitzt.
Sei
. Dann gilt:
Damit ist gezeigt, dass
ein neutrales Element bezüglich der Addition besitzt.
Beweisschritt: Inverse bezüglich der Addition
Sei
mit
.
Wir müssen zeigen, dass es ein
gibt, sodass
gilt.
Da
ein Vektorraum ist, existiert zu jedem
ein Inverses
bezüglich "
" mit
. Wir zeigen nun, dass
das Inverse zu
ist. Es gilt:
Weiterhin ist
, durch die Wohldefiniertheit von
und der Eindeutigkeit der Inversen in
, eindeutig bestimmt.
Damit haben wir gezeigt, dass es zu einem beliebigen
ein
gibt mit
.
Beweisschritt: Skalares Distributivitätsgesetz
Seien
und
. Dann gilt:
Damit ist das skalare Distributivgesetz gezeigt.
Beweisschritt: Vektorielles Distributivitätsgesetz
Seien
und
.
Damit ist das vektorielle Distributivgesetz gezeigt.
Beweisschritt: Assoziativität bezüglich Multiplikation
Seien
und
. Dann gilt:
Damit ist das Assoziativgesetz für die Multiplikation gezeigt.
Beweisschritt: Unitäres Gesetz
Sei
. Dann gilt:
Somit haben wir das unitäre Gesetz gezeigt.
Hinweis
Einige zählen die Abgeschlossenheit der Addition und der skalaren Multiplikation auch noch zu den Vektorraumaxiomen. Diese folgen aber daraus, dass
selbst ein
-Vektorraum ist. Das haben wir uns im Hinweis nach der Definition der Verknüpfungen überlegt.
Außerdem muss gelten, dass
nicht leer ist. Dies folgt direkt aus der Existenz eines neutralen Elements bezüglich der Addition.
Die Menge der differenzierbaren Funktionen
als
-Vektorraum[Bearbeiten]
Im vorherigen Abschnitt haben wir gezeigt, dass die Menge aller Abbildungen von einer Menge
in einen
-Vektorraum
wieder ein
-Vektorraum ist. Wir betrachten nun den Spezialfall
,
und
. Wir wissen bereits, dass
ein
-Vektorraum ist. Wir haben also bisher gezeigt, dass die Menge der Abbildungen
ein
-Vektorraum ist.
Wir betrachten nun die Menge der differenzierbaren Funktionen
. Wir bezeichnen diese mit
.
Satz
Die Menge der differenzierbaren Funktionen
bildet einen
-Vektorraum.
Beweis
Die Menge der differenzierbaren Funktionen
ist eine Teilmenge der Menge der Abbildungen
, d.h.
. Um zu zeigen, dass
einen
-Vektorraum bildet, reicht es zu zeigen, dass
ein
-Untervektorraum von
ist.
Dazu müssen wir die 3 Unterraumkriterien zeigen.
Beweisschritt: ![{\displaystyle {\mathcal {D}}(]0,1[,\mathbb {R} )\neq \emptyset }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/b776e54b957875f1f87d0231d1da573d14f9350e)
Die Funktion
ist eine differenzierbare Funktion. Also:
.
Beweisschritt: Für alle
gilt
.
Seien
differenzierbar, d.h.
. Wir haben in Analysis I gezeigt, dass die Funktion
differenzierbar ist. Folglich gilt
.
Beweisschritt: Für alle
und alle
gilt
.
Sei
und
. Wir haben in Analysis I gezeigt, dass die Abbildung
differenzierbar ist. Somit gilt
.
Damit haben wir gezeigt, dass
ein
-Untervektorraum von
ist.
Zusammenhang mit dem Folgenraum[Bearbeiten]
Wir haben bereits gesehen, dass die Menge der Folgen über
einen Vektorraum bezüglich der koordinatenweisen Operationen bildet.
Eine Folge
mit Einträgen in
können wir auffassen als Funktion
.
In diesem Sinne ist der Folgenraum ein Spezialfall des Funktionsraums
, indem wir
und
setzen.