Verwaltungsrecht in der Klausur/ § 9 Einstweiliger Rechtsschutz 2: Der Antrag nach §§ 80, 80a VwGO/ B. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen des Antrags nach §§ 80, 80a VwGO

Aus Wikibooks

§ 8 Einstweiliger Rechtsschutz 2: Der Antrag nach §§ 80, 80a VwGO

B. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen des Antrags nach §§ 80, 80a VwGO

Dieser Abschnitt ist unter der Creative-Commons-Lizenz BY-SA 4.0 offen lizenziert.


33 Nach der Prüfung der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs und der Prüfung der statthaften Antragsart sind im Falle des Antrags nach §§ 80, 80a VwGO regelmäßig die folgenden weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen anzusprechen, wobei es auch hierbei auf problembewusstes Arbeiten ankommt (dazu § 1 Rn. 52, 123).

I. Antragsbefugnis[Bearbeiten]

Hendrik Burbach

34 Im Rahmen des Antrags nach §§ 80, 80a VwGO hat der den Rechtsbehelf einlegende Dritte ebenfalls seine Antragsbefugnis analog § 42 II VwGO darzulegen. Hierbei gelten die zu den Fällen der Drittanfechtung (§ 2 Rn. 296 f.) gemachten Ausführungen entsprechend.

35 Formulierungsvorschlag[1]: „Da § 80a III VwGO der Sicherung der im Hauptsacheverfahren durch Anfechtungsklage durchzusetzenden Rechte dient, gilt § 42 II VwGO analog auch für diesen Antrag. Der Kläger müsste also geltend machen, durch den angegriffenen Verwaltungsakt in einem ihn schützenden Recht verletzt worden zu sein.“

II. (Keine) Antragsfrist[Bearbeiten]

Patrick Stockebrandt

36 Grundsätzlich ist beim Antrag nach §§ 80, 80a VwGO keine Frist zu beachten.[2] Jedoch können spezialgesetzliche Regelungen eine Frist ausnahmsweise anordnen.[3] Im Hinblick auf die Fristberechnung (s. § 2 Rn. 361 ff.) kann auf die Ausführungen im Rahmen der Anfechtungsklage verwiesen werden.

Weiterführende Literaturhinweise finden sich in § 2 Rn. 402.

III. Beteiligte[Bearbeiten]

Carola Creemers

37 Die Ausführungen zur Beteiligungs- und Prozessfähigkeit im Rahmen der Anfechtungsklage gelten entsprechend für den Antrag nach §§ 80, 80a VwGO (s. ausführlich § 2 Rn. 403 ff.).

38 Der richtige Antragsgegner im Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO bestimmt sich nach dem richtigen Klagegegner in der Hauptsache. In der Hauptsache müsste eine Anfechtungsklage statthaft sein, sodass auch hier § 78 VwGO analog Anwendung findet (vgl. im Allgemeinen § 2 Rn. 409 ff.).

39 Grundsätzlich sind auch die Vorschriften der Beiladung nach § 65 VwGO in Anträgen nach § 80, 80a VwGO anwendbar (zur Beiladung s. näher § 2 Rn. 445 ff.).[4] Hier besteht allerdings die Besonderheit, dass der andere Beteiligte stets beizuladen ist, sodass es sich um einen Fall der notwendigen Beiladung gem. § 65 II VwGO handelt.[5] Ansonsten hätte der Adressat des Verwaltungsakts keine Möglichkeit als Beteiligter des Verfahrens seine Rechte zu wahren und der Beschluss nach § 80a VwGO entfaltete für ihn keine Rechtswirkungen.

40 Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach §§ 80, 80a VwGO richtet sich die subjektive Antragshäufung ebenfalls nach § 64 VwGO,[6]sodass auch hier auf die Ausführungen zur Anfechtungsklage verwiesen werden kann (vgl. ausführlich § 2 Rn. 455 ff.).

IV. Zuständiges Gericht[Bearbeiten]

Katharina Goldberg

41 Das zuständige Gericht im einstweiligen Rechtsschutz nach §§ 80, 80a VwGO ist das Gericht der Hauptsache (§ 80 V 1 VwGO) (s. näher zur Zuständigkeit bei Anfechtungsklagen § 2 Rn. 462 ff.).

42 Formulierungsvorschlag: „Das Gericht der Hauptsache ist gem. § 80 V 1 VwGO für den einstweiligen Rechtsschutz zuständig. Dessen Zuständigkeit ergibt sich sachlich aus § 45 VwGO und örtlich aus § 52 VwGO.“

V. Rechtsschutzbedürfnis[Bearbeiten]

Dana-Sophia Valentiner/Stefanie Weinberg

43 Auch ein Antrag nach §§ 80, 80a VwGO setzt voraus, dass die Antragstellerin rechtsschutzbedürftig ist (s. einleitend zum Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses bereits § 2 Rn. 477 ff.).

44 Mit Hinblick auf das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses ergeben sich für einen Antrag nach § 80a III VwGO die bereits unter § 80 V VwGO dargestellten Besonderheiten (s. § 8 Rn. 41 ff.). Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 80a III 2 i.V.m. § 80 V 1 VwGO entfällt daher ebenfalls, wenn eine Behörde verbindlich geäußert hat, einen Verwaltungsakt vor der Entscheidung über einen eingelegten Rechtsbehelf nicht vollziehen zu wollen (s. dazu § 8 Rn. 48).

45 Darüber hinaus stellt sich im Rahmen der Verweisung des § 80a III 2 VwGO noch eine weitere Problematik: Strittig ist, ob es in den Fällen mit Drittwirkung grundsätzlich eines Antrages bei der Behörde nach § 80 VI VwGO bedarf oder sich dessen Notwendigkeit auf Verwaltungsakte zur Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten (so im Rahmen des § 80 V VwGO) beschränkt. Bei dem einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 V VwGO bedarf es mit Ausnahme der Anträge nach § 80 V 1, II Nr. 1 VwGO keines vorherigen Antrags (“e contrario-Argument") (s. § 8 Rn. 46). Für die Anträge nach § 80a VwGO stellt sich die Frage, ob § 80a III 2 VwGO eine Rechtsfolgenverweisung[7] und mithin auch § 80 VI VwGO für alle Fälle umfasst oder eine Rechtsgrundverweisung[8] darstellt, wonach sich § 80 VI VwGO auch in Drittwirkungsfällen auf Verwaltungsakte zur Anforderung öffentlicher Abgaben und Kosten beschränken würde. Der Wortlaut des § 80a III 2 VwGO schränkt die Verweisung auf § 80 VI VwGO zunächst nicht ein. Dennoch spricht die sonst sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung der Fälle mit und ohne Drittwirkung für die Annahme einer Rechtsgrundverweisung.[9] Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber andernfalls einen expliziten Hinweis oder eine andere Normfassung hätte wählen können, um eine beabsichtigte Ungleichbehandlung zu verdeutlichen.[10] Die Gesetzesmaterialien sprechen schließlich gegen die Erweiterung des Antragserfordernisses.[11]


Fußnoten

  1. Nach Gersdorf, Verwaltungsprozessrecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 189.
  2. Kues/Schildheuer, Verwaltungsprozessrecht, 4. Aufl. 2018, 282.
  3. S. hierzu insoweit Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 60 Rn. 3.
  4. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 65 Rn. 3, § 80 Rn. 140.
  5. Gersdorf, in: Posser/Wolff, VwGO, 50. Ed., Stand: 1.7.2019, § 80a Rn. 66.
  6. Kintz, in: Posser/Wolff, VwGO, 49. Ed., Stand: 1.4.2019, § 64 Rn. 2.
  7. So u.a. OVG Koblenz, Beschl. v. 14.6.1993, Az.: 8 B 11088/93, juris Rn. 3 ff.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 21.5.1992, Az.: 6 M 1995/92, juris Rn. 3 f.
  8. VGH Mannheim, Beschl. v. 29.6.1994, Az.: 10 S 2510/93 = NVwZ 1995, 292; VGH Mannheim, Beschl. v. 17.3.1997, Az.: 10 S 3305/96 = NVwZ 1998, 766.
  9. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 16. Aufl. 2019, Rn. 998.
  10. OVG Hamburg, Beschl. v. 14.3.2017, Az.: 1 Bs. 266/16; VGH Mannheim, Beschl. v. 17.3.1997, Az.: 10 S 3305/96 = NVwZ 1998, 766.
  11. BT-Drucks. 11/7030, S. 25; Gersdorf, in: Posser/Wolff, VwGO, 49. Ed., Stand: 1.7.2018, § 80a Rn. 64.; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 36. EL Februar 2019, § 80a Rn. 75.