Verwaltungsrecht in der Klausur/ Die Fälle / Die Struktur verwaltungsrechtlicher Klausuren

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§ 1 Die Eröffnung der gutachterlichen Prüfung[Bearbeiten]

A. Die Struktur verwaltungsrechtlicher Klausuren[Bearbeiten]

Autor der Ursprungsfassung ist Nikolas Eisentraut[1]

1 In verwaltungsrechtlichen Prüfungsarbeiten muss eine Fallfrage beantwortet werden.

2 Diese Fallfrage wird anhand eines Sachverhalts aufgeworfen. Der Sachverhalt beschreibt ein (meist fiktives) tatsächliches Geschehen. Alles, was der „allwissende Erzähler“ des Sachverhalts im Indikativ äußert, ist als zutreffend zu unterstellen und ist nicht zu hinterfragen. Von Feststellungen des allwissenden Erzählers zu unterscheiden sind alle Aussagen rechtlicher und tatsächlicher Art, die Charaktere und Institutionen im Sachverhalt äußern. Dies geschieht oft im Konjunktiv, aber auch in direkter Rede. Den Beteiligten werden so Aspekte des Sachverhalts oder Argumente in den Mund gelegt. In der Lösung müssen diese Aussagen ausgewertet und die Argumente verwendet und bewertet werden. Sie helfen dabei, die relevanten Probleme zu erkennen und Schwerpunkte bei der Lösung zu setzen.[2]

3 Zu dem Sachverhalt werden sodann eine oder mehrere juristische Fragen gestellt: Die sogenannte Fallfrage (in den folgenden Sachverhalten stets fett gedruckt). Die verbreitetste Fallfrage ist jene nach dem Erfolg eines Rechtsbehelfs (bzw. eines Antrags oder einer Klage) vor Gericht,[3] ausnahmsweise auch nach dem Erfolg eines Widerspruchs.[4] Für die Beantwortung der Frage nach dem Erfolg eines Rechtsbehelfs muss dessen Zulässigkeit und Begründetheit geprüft werden:

4 Bevor ein Verwaltungsgericht über einen Rechtsbehelf in der Sache (d.h. inhaltlich/materiell) entscheiden kann, muss es feststellen, dass die Klage oder der Rechtsschutzantrag zulässig ist. Die Zulässigkeit stellt eine formelle Vorprüfung dar, ob die rechtlichen Voraussetzungen für ein Tätigwerden des Gerichts gegeben sind.

In der Zulässigkeit einer Klage sind die folgenden allgemeinen Voraussetzungen stets anzusprechen:

I. Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO)
II. Statthafte Klage-/Antragsart (§ 88 VwGO)
III. Zuständigkeit (§§ 45, 52 VwGO)
IV. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§§ 61 f. VwGO).

Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen ergeben sich aus der jeweiligen Klage- oder Verfahrensart. So muss bei der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auch geprüft werden, ob ein Vorverfahren nach den §§ 68 ff. VwGO ordnungsgemäß durchgeführt und die Klagefrist eingehalten wurde, § 74 VwGO.

5 In der Begründetheit werden die materiellen (inhaltlichen) Fragen des Falls geprüft. Der Obersatz bestimmt sich nach der statthaften Klage- bzw. Antragsart, der insoweit eine „Scharnierfunktion“ für die gesamte Klausur zukommt (dazu noch Rn. 17).

6 Zwei besondere Rechtsfragen werden üblicherweise weder der Zulässigkeit noch der Begründetheit zugeordnet. Die Klagehäufung und die Beiladung sind als Gliederungspunkt „B.“ zwischen „A. Zulässigkeit“ und „C. Begründetheit“ anzusprechen, aber nur soweit der Sachverhalt hierzu Anlass gibt.[5]

7 Für die einzelnen Klage- und Antragsarten haben sich Prüfungsschemata herausgebildet, die die wesentliche Struktur der Prüfung in Kürze abbilden sollen und als Lern- und Verständnishilfe fungieren.[6] Entsprechend findet sich in diesem Fallrepetitorium zu Beginn jeden Kapitels ein kurzes, die Prüfungsstruktur der jeweiligen Klage-/Antragsart abbildendes Schema, das den Blick für die grobe Struktur der Klage-/Antragsart schulen soll. Rechtsfragen können jedoch nie „nur“ mit Hilfe von Schemata verstanden werden.[7] Natürlich müssen die abstrakten Prüfungspunkte der Prüfungsschemata mit juristischem Wissen „zum Leben erweckt“ werden. Zudem erfordern passgenaue Lösungen mitunter leichte Abweichungen vom klassischen Schema. Dies illustrieren die Falllösungen für die Klausurpraxis. Zudem sind die Prüfungsschemata über Fußnotenverweise eng mit dem Lehrbuch „Verwaltungsrecht in der Klausur“ verknüpft. Mittels dessen Lektüre kann das in Klausuren erforderliche Wissen erworben werden.

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Die Ausführungen in diesem Abschnitt beruhen auf dem Kapitel zur gutachterlichen Prüfung im Verwaltungsrecht von Baade, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 1 Rn. 2 ff., veröffentlicht unter der Lizenz CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de). Für Änderungen ist allein der Autor dieser Überarbeitung verantwortlich.
  2. Näher Baade, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 1 Rn. 27 ff.
  3. Weitere Konstellationen bei Baade, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 1 Rn. 34 ff.
  4. Zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines Widerspruchs Braun, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 2 Rn. 335.
  5. Näher Baade, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 1 Rn. 63 ff.
  6. Baade, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 1 Rn. 72.
  7. Näher zur Arbeit mit Schemata Baade, in: Eisentraut, Verwaltungsrecht in der Klausur, 2020, § 1 Rn. 71 ff.