Collage

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Die Collage ist sowohl eine Technik der Bildenden Kunst als auch ein in dieser Technik geschaffenes Kunstwerk. Herkömmlich wird ein neues Ganzes geschaffen, indem verschiedene Elemente auf eine Unterlage aufgeklebt werden, wovon sich auch die Bezeichnung ableitet (zu französisch coller „kleben“). Collage gibt es auch jenseits der Grenzen der bildenden Kunst, nämlich als Musikvideos im Stile von Yes We Can, als literarische Collagen im Stil von Walter Kempowski, als Text- und Klangcollage[1] wie etwa Alfred Anderschs Der Tod des James Dean oder als Text-Bild-Collagen wie die von Herta Müller.

Im frühen 21. Jahrhundert etablierten sich von Benutzern selbst hergestellte Video-Collagen als fester Bestandteil der Netzkultur, insbesondere durch Streaming- und Videoplattformen wie YouTube. Auch Memes werden häufig als Grundlage für Collagen verwendet, wenn ein Meme eine angesprochene Person oder Thematik einbeziehen soll.

Begriff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff Collage ist entlehnt aus dem Französischen. Um 1910 begannen Georges Braque und Pablo Picasso, auf Bilder Teile aus anderen Materialien wie Zeitungen oder Tapeten aufzukleben, und nannten das Ergebnis papier collé („geklebtes Papier, Klebebild“), was später zu collage („[das] Leimen, Aufkleben“) vereinfacht wurde.

Collage und collé sind Ableitungen des Verbs coller („leimen, kleben“), das selbst vom Substantiv colle („Leim“) abstammt. Das Substantiv wiederum kann über (nicht nachgewiesenes) vulgärlateinisches *colla auf altgriechisch κόλλα kόlla zurückgeführt werden, das gleichfalls die Bedeutung „Leim“ besitzt.[2][3]

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Collage mit Fotocollagetechnik
Collage als „familiäre Erinnerung“ mit Fotos, Briefen, Dokumentenauszügen und sonstigen Texten
Kurt Schwitters: Das Undbild, 1919, Staatsgalerie Stuttgart
Collage in Verbindung mit grafischen Elementen

Eine künstlerische Collage kann beispielsweise Zeitungsausschnitte, Bänder, farbige Papierstücke, Fotografien enthalten, die auf einen festen Untergrund oder Leinwand geleimt wurden. Die frühen Collagen des Kubismus nennt man Papier collé. Weitere Anwendungsgebiete sind die Fotocollage und die Diacollage, die ganz oder zum großen Teil aus Fotografien, Teilen von Fotografien oder Diamaterial bestehen. Die Décollage bezeichnet das Abreißen von Oberflächen, beispielsweise bei Plakatabrissen, um die darunter liegenden Schichten sichtbar zu machen. Werden plastische Gegenstände miteinander kombiniert, so verwendet man dafür den Begriff Objet trouvé.

Das Prinzip der Collage wurde auch auf andere Kunstgattungen übertragen, etwa auf die Musik/Akustische Kunst (Klang-, Ton- oder Musikcollagen, siehe dazu unter anderem im Artikel „Sampling (Musik)“), auf die Literatur (siehe Montage (Literatur)) und den Film.

Eine Übertragung der Collagetechnik auf dreidimensionale Objekte findet in der Assemblage statt.

Musikalische Collage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die musikalische Collage ist die Zusammenfügung verschiedener eigenständiger Kompositionen zu einem neuen Musikwerk. Während das Medley oder das Potpourri die einzelnen Werke mit mehr oder weniger durchkomponierter Modulation miteinander verbinden, ist die Collage durch die fehlenden Übergänge und die damit verbundenen Klangreibungen gekennzeichnet. Diese Friktionen sind vom Komponisten der Collage beabsichtigt.

Theatercollage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Collagen gibt es auch in der darstellenden Kunst. Eine Theatercollage setzt sich aus szenischen, poetischen und literarischen Elementen zusammen und dient oftmals der Interpretation zeitgeschichtlicher oder gesellschaftskritischer Werke (so beispielsweise im polnischen Theater vor dem Fall des Eisernen Vorhangs)[4].

Filmcollage und Bildmontage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus dem Wunsch, aus Einzelbildern ein neues Bild zusammensetzen zu können, entwickelte sich mit den technischen Möglichkeiten des Films die Fotomontage als Kunstform, und später die kreative Videomontage.

Während Zelluloidfilmstreifen und Legetricktechnik, wie sie von Terry Gilliam für Sequenzen der Komikergruppe Monty Python eingesetzt wurde, grundsätzlich immer eine Collage ermöglichen, wurde die Filmcollage erst durch digitale Möglichkeiten und die Netzkultur nach den 2010er Jahren unter Internetnutzern beliebt.

Dabei werden Teile von anderen Videos oder Animationen, oft auch nur Bildausschnitte davon, mit anderen Aufnahmen zusammengebracht und gegebenenfalls durch Effekte optisch verfremdet und in einen neuen Kontext gesetzt. Urheberrechtlich ergeben sich hierbei ähnliche Probleme wie bei Coverversionen, Remixes und Sampling in der Musikproduktion, weshalb auf YouTube Selbstreferenzen zwischen aktiven und bekannten Webvideoproduzenten in Collagen häufiger zu finden sind als Bildausschnitte aus Produktionen von Filmstudios, welche zuvor die Memekultur geprägt haben.

Referenzierende Filmcollagen, oft unterlegt durch kurze, fast schnipselartige Remixes, sind ein beliebter Bestandteil von Eigenproduktionen auf Videoplattformen wie YouTube geworden. Die entstehenden Werke prägen mehr einen Stil zum Zweck der Unterhaltung als der Kunst.

Literarische Collage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Collagekünstler und beispielhafte Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kunstrichtungen, bei denen Collagen und Montagen eine große Rolle spielten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Collage von Juan Gris: Mann im Café, 1914, Öl und Klebebild
Collage von Emmanuel Flipo, 1998
  • Kubismus (1907–1921/1940), Kunstrichtung mit höherem Abstraktionsgrad, zeigt häufig die Bildgegenstände zersplittert und von mehreren Seiten.
Erstmals wurden echte Objekte auf die Leinwand geklebt: alte Tapeten, Musiknoten, Glas, Zeitungspapier; die Collage wurde zur Kunsttechnik erhoben (siehe auch: Papier collé).
Höch gilt als die Erfinderin der Fotomontage, eine Technik, die sie mit Raoul Hausmann entwickelte und die rasch von Johannes Baader, John Heartfield und George Grosz aufgegriffen wurden.
Typisch für den Surrealismus war der spielerische Cadavre Exquis, der auch als Inspirationsquelle für „große“ Kunstwerke diente.

Urheberrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Urheberrechtlich ist die Collage umstritten. Man kann in ihr eine unfreie Bearbeitung, bei der die Genehmigung der Werke fremder Urheber eingeholt werden muss, oder eine freie Bearbeitung sehen. Eine freie Bearbeitung liegt vor, wenn der Eindruck des Originals gegenüber demjenigen der neuen Werke „verblasst“.[6]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hanne Bergius: Das Lachen Dadas. Die Berliner Dadaisten und ihre Aktionen, Anabas-Verlag, Gießen 1989, ISBN 978-3-8703-8141-7.
  • Hanne Bergius: Montage und Metamechanik. Dada Berlin - Ästhetik von Polaritäten (mit Rekonstruktion der Ersten Internationalen Dada-Messe und Dada-Chronologie), Gebr. Mann Verlag, Berlin 2000, ISBN 978-3786115250.
  • Hanne Bergius: Dada Triumphs! Dada Berlin, 1917–1923. Artistry of Polarities. Montages - Metamechanics - Manifestations. Übersetzt v. Brigitte Pichon. Vol. V. of the ten editions of Crisis and the Arts. The History of Dada, hrsg. v. Stephen Foster, Thomson/ Gale, New Haven, Conn. u. a. 2003, ISBN 978-0-816173-55-6.
  • Jula Dech, Ellen Maurer (Hrsg.): Da-da zwischen Reden zu Hannah Höch. Orlanda Frauenverlag, Berlin 1991.
  • John und Joan Digby: The Collage Handbook. Thames and Hudson, New York, 1985
  • Hans Emons: Montage - Collage - Musik. Frank & Timme, Berlin 2009.(Kunst-, Musik- und Theaterwissenschaft, Bd. 6). ISBN 978-3-86596-207-2.
  • Marta Herford (Hrsg.): Ruhe-Störung. Streifzüge durch die Welten der Collage. Verlag Kettler, Bönen 2013. ISBN 978-3-86206-300-0.
  • Karoline Hille, Raoul Hausmann und Hannah Höch: Eine Berliner Dada-Geschichte. Rowohlt, Berlin 2000.
  • Institut für moderne Kunst Nürnberg, Ausstellungskatalog "Von der Collage zur Assemblage", mit Beiträgen von Jürgen Claus, Franz Mon, Wolf Vostell u. a., Nürnberg 1968
  • Miriam Seifert-Waibel: Collage – eine Begriffsdifferenzierung. In: Dies.: Ein Bild, aus tausend widersprüchlichen Fitzeln. Die Rolle der Collage in Hubert Fichtes ‚Explosion‘ und das ‚Haus der Mina in Sao Luiz de Maranhao‘. Aisthesis, Bielefeld 2005, ISBN 3-89528-519-6, S. 24–46.
  • Collage und Realität. Historische Aspekte zum Thema Collage. In: Aspekte der Collage in Deutschland von Schwitters bis zur Gegenwart. Hans Thoma-Gesellschaft/Kunstverein, Reutlingen 1996, S. 7–24.
  • Herta Wescher: Die Collage / Geschichte eines künstlerischen Ausdrucksmittels. Verlag DuMont Schauberg, Köln 1968.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Collagen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Collage – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. So Christoph Hilgert: Die unerhörte Generation. Jugend im westdeutschen und britischen Hörfunk, 1945–1963. Wallstein, Göttingen 2015, ISBN 978-3-8353-2821-1, S. 269 (als Vorschau online bei Google Books).
  2. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage von Elmar Seebold. Verlag de Gruyter, Berlin, 2002, S. 174.
  3. Stichwort Collage. In: Wolfgang Pfeifer und andere: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993). Digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, abgerufen am 9. April 2022.
  4. Lech Raczak: Theater ohne Drama. In: Wojciech Dudzik (Hrsg.): Theater-Bewusstsein: polnisches Theater in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Ideen - Konzepte - Manifeste. Lit Verlag, Münster 2011, ISBN 978-3-643-11170-8.
  5. Markus Böhm: YouTube-Phänomen: Wie Hungriger Hugo Webstars zum Gespött macht – und damit viel Geld verdient. In: Der Spiegel. 2. Oktober 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 9. Januar 2024]).
  6. Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 24 Rndr. 2