Trilaterale Kommission

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Trilaterale Kommission
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Rechtsform private Politikberatung
Gründung 1973[1]
Gründer David Rockefeller (2017 verstorben als Ehrenvorsitzender)
Sitz Washington D.C., Paris, Tokio
Personen Axel A. Weber (European chairman)
Meghan L. O’Sullivan (North American chairwoman)
Takeshi Niinami (Pacific Asian chairman)
Mitglieder ca. 400
Website www.trilateral.org

Die Trilaterale Kommission ist eine im Juli 1973 auf Initiative von Zbigniew Brzeziński und David Rockefeller gegründete private, politikberatende Denkfabrik. Die Kommission ist eine Gesellschaft mit ca. 400 höchst einflussreichen Mitgliedern aus den drei großen internationalen Wirtschaftsblöcken Europa, Nordamerika und Asien-Pazifik sowie einigen ausgesuchten Vertretern außerhalb dieser Regionen. Auf diesem Weg verbindet die Trilaterale Kommission erfahrene politische Entscheidungsträger mit dem privaten Sektor. Ziel ist eine verbesserte Zusammenarbeit der drei Regionen.

Sie wird finanziert durch Mittel aus Stiftungen, Unternehmen und privaten Zuwendungen. Vorsitzender (European chairman) der European Group ist seit Januar 2022 der ehemalige Bundesbank-Präsident Axel A. Weber, der auch Mitglied der ebenfalls von David Rockefeller gegründeten Group of Thirty ist. Vorgänger von Weber als European chairman war von 2012 bis 2022 Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank von 2003-2011. Dieser hatte den Vorsitz von Mario Monti übernommen, der im November 2011 italienischer Ministerpräsident wurde.

Gründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Zbigniew Brzeziński hatte nach einem etwa halbjährigen Aufenthalt 1971 in Japan die Idee, eine Kommission zu gründen, die den Dialog zwischen amerikanischen, europäischen und japanischen Eliten fördert. Im Frühjahr 1972 schlug er die Bildung der Kommission David Rockefeller vor. Er argumentierte, die Vereinigten Staaten, Europa und Japan würden in den Bereichen Postindustrielle Gesellschaft, Umwelt- und Sicherheitspolitik vor denselben Herausforderungen stehen, wären die einzigen Akteure, die signifikant zur Lösung beitragen könnten und würden daher auch eine besondere Verantwortung tragen. Rockefeller hatte schon seit einigen Jahren versucht, die Bilderberg-Gruppe davon zu überzeugen, auch japanische Teilnehmer einzuladen. Als dies während der Bilderberg-Konferenz im April 1972 abgelehnt wurde, führte dies zur Gründung der Trilateralen Kommission im Juli 1973. David Rockefeller übernahm die Finanzierung.[2]

Mitgliedschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Trilaterale Kommission generiert ihren Einflussbereich aus den Funktionen und Tätigkeiten ihrer Mitglieder, davon 180 aus Europa, 110 aus Nordamerika, und 120 aus dem Gebiet Asia Pacific.

The German Group[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innerhalb der Europa-Fraktion gibt es wiederum die recht stark vertretene German Group, die von Otto Graf Lambsdorff und Otto Wolff von Amerongen gegründet wurde und seit 1989 als Non-Profit-Organisation „Deutsche Gruppe der Trilateralen Kommission e. V., Berlin“ eingetragen ist.

Folgende Führungspersönlichkeiten sind derzeit Mitglied der German Group der Trilateralen Kommission:

Weitere Mitglieder (lebende und ehemalige, Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Josef Ackermann, Kurt Biedenkopf, Zbigniew Brzeziński, Eckhard Cordes, Horst Ehmke, Jeffrey Epstein,[3] Dianne Feinstein, Richard Holbrooke, Karl Kaiser, Walther Leisler Kiep, Henry Kissinger, Norbert Kloten, Horst Köhler, Erwin Kristoffersen, Otto Graf Lambsdorff, Hanns W. Maull, John McCain, Robert McNamara, Mario Monti, Joseph Nye, Loukas Papadimos, David Rockefeller, John D. Rockefeller III, Edmund Rothschild, Volker Rühe, Theo Sommer, Peter Sutherland, Cyrus Vance, Heinz Oskar Vetter, Norbert Wieczorek, Otto Wolff von Amerongen, Paul Wolfowitz, Joachim Zahn, Robert Zoellick;

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wissenschaftliche Analysen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kritiker Hans-Jürgen Krysmanski

Hans-Jürgen Krysmanski, emeritierter Professor für Soziologie an der Universität Münster, bezweifelt den privaten Charakter von Konferenzen wie Bilderberg oder Davos und Vereinigungen wie der Atlantik-Brücke, des Council on Foreign Relations, des European Council on Foreign Relations oder der Trilateralen Kommission.[4]

Nach Ansicht des Soziologen und Volkswirtes Rudolf Stumberger sind zwischen Wirtschaft und Politik alle Schranken verschwunden, was auch an Personen festzumachen sei. Tendenzen der Refeudalisierung wären zu erkennen, d. h. neben den offiziellen demokratischen Strukturen gewännen die inoffiziellen Strukturen selbsternannter Eliten zunehmend wieder an Gewicht.[4]

Der Politologe Stephen Gill von der York University definiert das Anliegen der Trilateralen Kommission wie folgt: „Trilateralismus kann definiert werden als ein Projekt zur Entwicklung einer organischen (oder relativ dauerhaften) Allianz zwischen den größten kapitalistischen Staaten mit dem Ziel, eine stabile Form der Weltordnung voranzutreiben (oder zu erhalten), die ihren dominanten Interessen entspricht. Dies schließt ein Bekenntnis zu einer mehr oder weniger liberalen internationalen Wirtschaftsordnung ein.“[5]

Die Trilaterale Kommission steht für Gill im Zentrum der Analyse bei der Diskussion um den Niedergang der US-amerikanischen Hegemonie in der internationalen Politik (vgl. z. B. Keohane 1984, Kennedy 1987, Calleo 1987). Viele Forscher diagnostizierten für die 70er und 80er Jahre einen relativen Niedergang der US-Hegemonie wegen des Erstarkens der Wirtschaftsmächte Europäische Gemeinschaft (bzw. EU) und Japan. Gill argumentiert, dass es zwar eine Krise der US-Hegemonie gab, sich die Hegemonie aber gewandelt habe. Er kritisiert die staatszentrierte Sichtweise der Debatte und betont das langfristige Potential von Institutionen wie der Trilateralen Kommission, die dazu dienen, gemeinsame kulturelle und strategische Konzepte zu entwerfen und spezifische Formen der Interaktion und Identifikation der Eliten zu erzeugen.[6]

Verschwörungstheorien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um die Trilaterale Kommission ranken sich seit ihrer Gründung verschiedene Verschwörungstheorien. So wurde ihr in den 1970er Jahren vorgeworfen, sie habe dafür gesorgt, dass gewaltige Anleihen an Staaten der Dritten Welt gegeben würden, und in der Ölkrise dann den Internationalen Währungsfonds eingeschaltet, um die Rückzahlung dieser Anleihen zu sichern. Zudem kursierten Verdächtigungen, die Kommission habe die Kontrolle über die Regierung der USA übernommen und strebe so die Weltherrschaft an: Jimmy Carter und George H. W. Bush waren Mitglieder, ebenso ihre engen Mitarbeiter Brzeziński, Caspar Weinberger und Cyrus Vance.[7] Seit den 1990er Jahren wird der Trilateralen Kommission unterstellt, sie arbeite an der Errichtung einer „Neuen Weltordnung“, wie sie etwa der evangelikale Prediger Pat Robertson, die auf Verschwörungstheorien spezialisierte John Birch Society oder die rechtsextreme Milizbewegung an die Wand malen: Freiheit und Souveränität der Nationalstaaten würde durch eine tyrannische supranationale Weltregierung abgeschafft werden. Die Trilaterale Kommission ist in diesen Verschwörungstheorien oft ein Deckwort für das Weltjudentum, das in Wahrheit hinter der „Neuen Weltordnung“ stecken würde.[8]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • David P. Calleo: Beyond American Hegemony. The Future of Western Alliance. Brighton, 1987
  • Stephen Gill: American Hegemony and the Trilateral Commission. Cambridge, 2. Auflage, 1991
  • Paul Kennedy: Rise and Decline of the Great Powers. Economic Change and Military Conflict from 1500 to 2000. London, 1987; deutsch: „Aufstieg und Fall der großen Mächte“
  • Robert O. Keohane: After Hegemony. Cooperation and Discord in the World Political Economy. Princeton, 1984
  • Dino Knudsen: The Trilateral Commission and Global Governance. Informal Elite Diplomacy, 1972-82. (= Cold War History). London/New York: Routledge 2016. ISBN 978-1-138-93311-8; Rezension
  • Frank Reichherzer: Trilateral Commission. In: Frank Reichherzer, Emmanuel Droit, Jan Hansen (Hrsg.): Den Kalten Krieg vermessen. Über Reichweite und Alternativen einer binären Ordnungsvorstellung. De Gruyter Oldenbourg, Berlin/Boston 2018, ISBN 978-3-11-048180-8, S. 279–296, doi:10.1515/9783110484199-020.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 28. September 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/trilateral.org
  2. Justin Vaïsse: Zbigniew Brzezinski. America’s Grand Strategist. Harvard University Press, Cambridge (MA) 2018, ISBN 978-0-674-97563-7, S. 165–169 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – französisch: Zbigniew Brzezinski. Stratège de l’empire. 2016.).
  3. Jeffrey Epstein: International Moneyman of Mystery. 28. Oktober 2002, abgerufen am 25. August 2019 (englisch).
  4. a b Detlef Grumbach: Re-Feudalisierung und Privatisierung der Macht? Zur Bilderberg-Konferenz 2010. In: Deutschlandfunk. 2. Juni 2010 (deutschlandfunk.de).
  5. Gill ²1991, S. 1.
  6. Gill ²1991, S. 75
  7. R. Volney Riser: Trilateral Commission. In: Peter Knight (Hrsg.): Conspiracy Theories in American History. An Encyclopedia. ABC Clio, Santa Barbara/ Denver/ London 2003, Bd. 2, S. 691 f.
  8. Daniel Pipes: Verschwörung. Faszination und Macht des Geheimen. Gerling Akademie Verlag, München 1998, S. 29 und 223; Marlon Kuzmick: Bilderbergers. In: Peter Knight (Hrsg.): Conspiracy Theories in American History. An Encyclopedia. ABC Clio, Santa Barbara, Denver und London 2003, Bd. 1, S. 124; Charles J. Stewart: The Master Conspiracy of the John Birch Society: From Communism to the New World Order. In: Western Journal of Communication 66, Heft 4 (2002), S. 433 f. und 438.