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Astronomische Berechnungen für Amateure/ Distanzen/ Karten

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Karten gibt es heute von fast allen Regionen in ganz verschiedenen Massstäben. Zwischen 1 : 1 000 000 (oder noch kleiner) und 1 : 100 000 sind es Übersichtskarten, Länderkarten oder geografische Karten, die eine grossflächige Orientierung in einem Gebiet ermöglichen. Zwischen 1 : 100 000 und 1 : 50 000 sind es Umgebungskarten, und Karten mit einem Massstab grösser als 1 : 50 000 – insbesondere die bei Berggängern in der Schweiz so beliebten Karten von swisstopo im Massstab 1 : 25 000, die ein recht genaues Bild des Geländes vermitteln – sind Detailkarten, früher oft auch als Messtischblätter bezeichnet. Massstäbliche Darstellungen grösser als etwa 1 : 10 000 oder 1 : 5 000 werden Pläne genannt (z.B. Katasterpläne). Der Massstab gibt an, um wieviel mal eine Strecke, die in der Karte gemessen wird, in der Wirklichkeit grösser ist.


Beispiel:

Hat ein Fluss auf einer Karte im Massstab 1 : 250 000 eine Breite von 3 mm, dann ist er in Wirklichkeit 750 000 mm = 750 m breit.


Trotz des Detailreichtums sollte man auch nicht aus einer 25 000-er Karte geografische Koordinaten für astronomische Zwecke herauslesen. Dies aus drei Gründen:

  • Damit die Karte noch lesbar bleibt, können Signaturen nicht kleiner als 1 mm gross gedruckt werden, unabhängig von ihrer wahren Grösse. Das entspricht in Wirklichkeit einer Ausdehnung von 25 m. Selbst wenn man sehr genau misst, kann man zudem mit den üblichen Instrumenten nicht genauer als 0.2 mm messen, was einem Fehler von mindestens 5 m in der Realität entspricht.
  • Der zweite Grund hat damit zu tun, dass sich das Papier, auf dem die Karte gedruckt wird, verändert: einerseits schrumpft das ganze Blatt (oder dehnt sich aus), was direkt den Gesamtmassstab verändert. Andererseits bricht das Papier durch häufigen Gebrauch entlang den Faltlinien, so dass die Abstände über die Faltlinien hinweg wiederum unkontrolliert verändert werden.
  • Der dritte Grund besteht darin, dass die für astronomische Zwecke benötigten geografischen Koordinaten nur sehr ungenau abgelesen werden können. Projiziert und mit dem Gitternetz dargestellt werden nämlich ganz andere Koordinaten: LV95+ Koordinaten im Falle der Schweiz, Gauss-Krüger-Koordinaten im Falle Deutschlands und Österreichs. Die Umrechnung dieser Kartenkoordinaten in geografische Koordinaten ist zwar möglich, aber keinesfalls trivial.

Für ein mobiles Teleskop zum „Spazierensehen“ am Nachthimmel mag die Genauigkeit, wie sie eine Detailkarte bietet, noch angehen, für ein ortsfestes Teleskop mit der Ambition der Deep-Sky-Fotografie muss es schon genauer sein. Dafür besorgt man sich einen Plan des Quartiers im Massstab 1 : 5 000, 1 : 2 500 oder 1 : 1 000 beim Vermessungsamt oder bei der zuständigen GIS-Fachstelle. Oft findet man solche Karten auch im Internet, wobei die Angebote aber kostenpflichtig sind[1]


Es soll kurz auf die Koordinaten der Landeskarten eingegangen werden. In allen drei Ländern wird der Erdkörper durch das Bessel-Ellipsoid von 1841 angenähert, das für Europa eine besonders gute Anpassung liefert. Es unterscheidet sich aber vom WGS84-Ellipsoid, das die gesamte Erde annähert:

Vergleich Bessel1841- und WGS84-Ellipsoid
Parameter Bessel-Ellipsoid 1841 WGS84-Ellipsoid
grosse Halbachse a 6 377 397.155 m 6 378 137.0 m
kleine Halbachse b 6 356 078.963 m 6 356 752.314 m
Abplattung f 1 / 299.152 812 85 1 / 298.257 223 563


Ebenfalls allen drei Koordinatensystemen gemeinsam ist, dass es sich um Abstände von einem festen Punkt handelt. Doch damit sind die Gemeinsamkeiten erschöpft. Insbesondere wählen die drei Länder unterschiedliche Fundamentalpunkte. Damit bezeichnet man jenen Punkt, in dem die Höhe des Ellipsoids mit dem Erdkörper übereinstimmt, der also letztlich für die Höhenangabe relevant ist. Im Falle der Schweiz ist es der Fundamentalpunkt der Geostation Zimmerwald[2]. Dazu steht in der Verordnung von swisstopo über Geoinformation vom 26.05.2008 im Art. 3:

 c. Der Fundamentalpunkt liegt in der Geostation Zimmerwald (BE). Die ellipsoidischen 
    Koordinaten des Fundamentalpunktes sind derart festgelegt, dass das Zentrum der 
    Kartenprojektion im ideellen Meridianzentrum der alten Sternwarte Bern die 
    ellipsoidische Länge λ = 7°26'22.50" und die ellipsoidische Breite ϕ = 46°57'08.66" 
    erhält. Die ellipsoidische Höhe des Fundamentalpunktes beträgt h = 897.361 m.

Die Position eines Ortes wird vom Ellipsoid auf eine Kugel und von da auf einen schiefachsigen Zylinder projiziert und dann in die Ebene abgewickelt. Im alten System LV03 hatte die alte Sternwarte als Fundamentalpunkt die Koordinaten y = 600 000.00 m (Rechtswert) und x = 200 000.00 m (Hochwert). Dadurch lag der Nullpunkt dieses Systems in der Nähe von Bordeaux. Im neuen System LV95 bleibt die alte Sternwarte das Projektionszentrum und erhält neu die Koordinaten y = 2 600 000.000 m (Rechtswert) und x = 1 200 000.000 m (Hochwert). Der Nullpunkt wird also 2 000 000 m weiter westlich und 1 000 000 m weiter südlich verlegt. Bis ins Jahr 2016 soll die Umstellung von LV03 auf LV95 erfolgt sein.

Swisstopo bietet auf ihrer Homepage einen Online-Rechner an, mit dessen Hilfe man einzelne LV03- und WGS84-Daten ineinander umwandeln kann (NAVREF). Daneben wird ein Onlineprogramm namens REFRAME angeboten, mit dessen Hilfe man ganze Datendateien in die unterschiedlichsten Referenzsysteme transformieren kann.


Beim System der Gauss-Krüger-Koordinaten, die in Deutschland gebräuchlich sind, wird wie folgt vorgegangen: die Erde wird in N-S-orientierte Streifen von 3° Längenunterschied aufgeteilt, wobei jeder Streifen durch den in seiner Mitte verlaufenden Meridian charakterisiert wird: λ1 = 3° ± 1½° entspricht dem Streifen mit der Nummer 1, λ2 = 6° ± 1½° entspricht Streifen 2, λ3 = 9° ± 1½° entspricht Streifen 3, usw. Allgemein entspricht dem Streifen, dessen Mittelmeridian die Länge λk = k ∙ 3° hat (k ∈ ℕ) die Streifennummer k = λM/3°. Üblicherweise überlappen sich die Streifen etwas, so wird z.B. in Deutschland nicht λM ± 1½°, sondern λM ± 1⅔° gewählt. Dadurch überlappen sich zwei benachbarte Streifen auf einer Breite von 20'. Um die Erde wird ein Zylinder umbeschrieben, dessen Durchmesser dem Erddurchmesser entspricht. Auf diesen Zylinder werden die Meridianstreifen projiziert und dann abgewickelt. Als rechtwinklige, kartesische Koordinaten gibt man einerseits die Entfernung eines Punktes vom Mittelmeridian in Meter, wobei man zur Vermeidung negativer Werte noch 500 000 m dazu addiert und zur eindeutigen Identifizierung die Streifennummer voran stellt. Dieser horizontal gemessene Wert heisst der Rechtswert. Die zweite Achse weist entlang des Mittelmeridians nach Norden und hat ihren Ursprung auf dem Äquator: der Hochwert gibt den Abstand eines Punktes vom Äquator in Meter, gemessen auf dem Mittelmeridian.

Beispiel:

Rechtswert 3 494 314, Hochwert 5 554 129 (ein Punkt in Hanau) bedeutet: im dritten Gauss-Krüger-Streifen, dessen Mittelmeridian 9°E entspricht, 5686 m westlich des Mittelmeridians, und 5554 km nördlich des Äquators. Die Umrechnung auf geografische Koordinaten liefert λ = +8° 55' 14" und φ = +50° 07' 28".

Auch für die Gauss-Krüger-Koordinaten werden im Internet Programme und Online-Dienste für die Umrechnung angeboten: das Programm GEOTRANS der National Geospatial-Intelligence Agency, das Online-Umrechnungsprogramm der Uni Karlsruhe und das Programm HAMQTH. Eine Übersicht über Online-und Download-Transformationsrechner findet sich ebenfalls.

In Österreich wird ein modifiziertes Gauss-Krüger-System benützt. Um nicht vier Meridianstreifen benutzen zu müssen, wählt man als Mittelmeridian nicht ganzzahlige Vielfache von 3°, sondern die drei Meridiane 10° 20' (M28), 13° 20' (M31) und 16° 20' (M34)[3]. Der Nullpunkt für den Rechtswert liegt nicht einheitlich für alle Streifen 500 km westlich des Mittelmeridians, sondern für M28 150 km, für M31 450 km und für M34 750 km westlich des Mittelmeridians. Der Nullpunkt für den Hochwert liegt nicht auf dem Äquator, sondern 5000 km nördlich davon.

Alle hier vorgestellten Kartenprojektionen haben ein gemeinsames Problem: das Gitter ist rechtwinklig kartesisch. Der Mittelmeridian wird als vertikale Gerade in Nord-Süd-Richtung abgebildet, fällt also mit der zentralen Gitterlinie zusammen. Alle anderen Meridiane im Streifen sind aber keine parallelen Geraden mehr, denn der Abstand zwischen zwei Meridianen ist umso kleiner, je weiter nördlich gemessen wird. Die anderen Meridiane konvergieren also zum Mittelmeridian, wenn wir im Streifen nach Norden wandern. Wir bezeichnen den Richtungsunterschied zwischen „Gitternord“, also der Nordrichtung, wie sie durch das Koordinatengitter suggeriert wird und für den Mittelmeridian auch richtig ist, und der wirklichen oder geografischen Nordrichtung als Meridiankonvergenz χ (ein Winkel). Ein Näherungswert dafür kann wie folgt berechnet werden:

worin Δλ der Längenunterschied, φ die geografische Breite, y' der Abstand vom Mittelmeridian und der Erdradius bedeuten.



Übungen

  • Bestimmen Sie die Koordinaten (Rechtswert, Hochwert) im (alten) Koordinatensystem LV03 der Schweiz folgender vier Punkte: Höchi Flue oberhalb Egerkingen (im Solothurner Jura); die Gipfel des „Dreigestirns“ im Berner Oberland, Eiger, Mönch und Jungfrau. Benutzen Sie dazu die von map-plus online zur Verfügung gestellte skalierbare Schweizerkarte. Wandeln Sie die LV03-Koordinaten anschliessend mittels NAVREF in WGS84-Koordinaten um.
  • Berechnen Sie die Entfernung Höchi Flue – Jungfrau und Eiger – Mönch mit den voranstehenden Daten auf drei verschiedene Arten: a) mit den LV03-Koordinaten als Problem der ebenen Geometrie; b) mit der Näherung der Kugelform für die Erde und den WGS84-Koordinaten; c) mit der Näherungslösung von Andoyer für das WGS84-Ellipsoid (vgl. Sie auch das voranstehende Kapitel). Welche Feststellungen können Sie treffen?



Nachweise:

  1. Hier als typisches Beispiel ZUGIS, die GIS-Fachstelle des Kantons Zug (Schweiz): http://www.zugis.ch/
  2. Im Vorgängersystem LV03 war es die alte Sternwarte in der Länggasse in der Stadt Bern.
  3. Auf diese Längen kommt man wie folgt: der westlichste Punkt Europas, die Kanareninsel El Hierro, hat die Länge –17° 40' (bezogen auf Greenwich). Da sich Österreich ca. von +9°30' bis +17° 10' (bezogen auf Greenwich) erstreckt, entspricht dies 27° 10' bzw. 34° 50' östlich von El Hierro bzw. in den auf El Hierro bezogenen Meridianstreifen von 28°, 31° und 34°.