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Astronomische Berechnungen für Amateure/ Kalender/ Julianisches Datum

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In astronomischen und kalendarischen Berechnungen benötigt man regelmässig die Anzahl Tage zwischen zwei bestimmten Daten. Solche Berechnungen werden erleichtert, wenn die Tage fortlaufend und ohne Rücksicht auf Wochen, Monate oder Jahre durchgezählt werden. Genau dies ist die Idee des Julianischen Datums: die Tage werden seit dem 1. Januar −4712 (entspricht dem 1. Januar 4713 v. Chr.) gezählt. Damit bei astronomischen Beobachtungen während der Nacht kein „Datumwechsel“ vollzogen werden muss, beginnt ein neuer Tag jeweils um 12 h UT, also um Mittag.


Beispiel:

Dem 1. Januar 2008 0 h UT (Mitternacht in London) entspricht das Julianische Datum JD 2 454 466.5. Da der Julianische Tag um 12 h mittags des 31. Dezember 2007 begonnen hat, ist um Mitternacht ein halber Tag verflossen, daher der Bruchteil 0.5 in der Zahl. Dem 1. Januar 2008 12 h UT entspricht JD 2 454 467.0 und dem 1. Januar 2008 14 h MEZ (früher Nachmittag in Mitteleuropa) entspricht JD 2 454 467.04167, denn 14 h MEZ entspricht 13 h UT, also 1 Std oder 1/24 Tag nach Mittag, dem Beginn eines neuen Julianischen Datums.


Dem 1. Januar 2009 entspricht JD 2 454 832.5, zwischen dem 1. Januar 2008 und dem 1. Januar 2009 liegen demzufolge 2 454 832.5 − 2 454 466.5 = 366 Tage, denn 2008 ist ein Schaltjahr mit 366 Tagen.


Im Kapitel „Kalenderrechnungen“ werden Sie ein Verfahren kennen lernen, wie Sie aus dem Kalenderdatum das Julianische Datum und aus dem Julianischen Datum das Kalenderdatum berechnen können. Es empfiehlt sich, diesen Teil schon jetzt zu lesen.


Da die Zahlen des Julianischen Datums recht gross sind, wird an seiner Stelle gelegentlich das Modifizierte Julianische Datum verwendet. Hier werden die Tage ab dem 17. November 1858 0 h UT gezählt. Dies entspricht dem Julianischen Datum JD 2 400 000.5. Das Modifizierte Julianische Datum erhält man aus dem Julianischen durch Subtraktion von 2 400 000.5.


Beispiel:

Dem 1. Januar 2008 0 h UT entspricht das Modifizierte Julianische Datum MJD 54 466.0, dem 1. Januar 2008 14 h MEZ entspricht MJD 54 466.54167.


In der Raumfahrt wird gelegentlich das Truncated Julian Date verwendet. Hier werden die Tage ab dem 24. Mai 1968 0 h UT entsprechend JD 2 440 000.5 gezählt.


Beispiel:

Dem 1. Januar 2008 0 h UT entspricht das Truncated Julian Date TJD 14 466.0.


Um Rechnungen mit dem Kalender und dem Julianischen Datum zu vereinfachen, ist es praktisch, wenn man als 0. (Tag) eines Monats den letzten Tag des Vormonats definiert. Wenn das Julianische Datum für den 0. eines Monats bekannt ist, kann man das Julianische Datum für jeden Tag des Monats berechnen, indem man einfach die Tageszahl dazu zählt.

Astronomische Jahrbücher wie z. B. der Sternenhimmel [1] geben das Julianische Datum für den 0. eines jeden Monats, damit die übrigen Daten für das ganze Jahr berechnet werden können.


Beispiel:

0. Januar 2008 = 31. Dezember 2007; 0. Mai 1928 = 30. April 1928; 0. März 1996 = 29. Februar 1996; 0. März 1997 = 28. Februar 1997.

Für den 29. Februar 2008 = 0. März 2008 ist JD 2 454 525.5, folglich ist JD 2 454 548.5 das Julianische Datum für den 23. März 2008, den Ostersonntag. Wenn nichts Anderes vermerkt ist, bezieht sich die Angabe des Julianischen Datums immer auf den Zeitpunkt 0 h UT.


Das Neujahr des Jahres –4712 ist zwar ein willkürlich gewählter Zeitpunkt, hat aber in der Kalenderrechnung durchaus seine Bedeutung: für die Oster- und Kalenderrechnung, auf die wir noch eingehen werden, spielen drei grosse Zyklen eine Rolle. Es sind dies

  • 28 Jahre, denn nach dieser Zeit fallen die Wochentage wieder auf das gleiche Datum
  • 19 Jahre (Meton-Zyklus), denn nach dieser Zeit fallen die Mondphasen (ungefähr) wieder auf das gleiche Datum
  • 15 Jahre (Indiktion), der Zyklus für die Steuer bei den Römern; sie wurde noch im Mittelalter für die Jahrzählung verwendet

Die Jahrzahlen werden je nach Zyklus von 1 bis 28 bzw. 19 bzw. 15 durchnummeriert, dann beginnt die Zählung von vorn. Am 1. Januar −4712 begannen alle 3 Zyklen gleichzeitig mit der Zählung bei 1. Das nächste Mal wird dies nach 28·19·15 = 7980 Jahren der Fall sein, also im Jahr 3268 n. Chr. Die Dauer von 7980 Jahren wird als Julianische Periode bezeichnet.


Das Julianische Datum ist nicht mit einem Datum im julianischen Kalender zu verwechseln. Es wurde 1582 vom Franzosen Joseph Justus Scaliger (1540 – 1609) eingeführt. Es kann davon ausgegangen werden, dass er die Bezeichnung „julianisch“ gewählt hat, weil zum Zeitpunkt der Einführung der julianische Kalender galt. Nach einer anderen Version wählte er die Bezeichnung, um damit seinen Vater Julius Scaliger zu ehren.


In der Informatik wird ebenfalls mit einer Art Julianischem Datum gerechnet: Programme wie MS Excel, OOo Calc oder Delphi beginnen ihre Tageszählung mit dem 30. (31.) Dezember 1899 als Nullpunkt. Unixsysteme zählen die Sekunden seit dem 1. Januar 1970 0 h UT.



Übungen

  • Erstellen Sie für die Jahre 2008 und 2009 eine Tabelle mit den Julianischen Daten für den 0. eines jeden Monats, damit Sie für diese beiden Jahre schnell das JD zu einem beliebigen Kalenderdatum berechnen können.
  • Für die Unixzeit wird in der Regel eine 32-Bit-Zahl verwendet. Die grösste Zahl, die damit dargestellt werden kann, beträgt +2 147 483 647 = 231 − 1, danach ergibt sich beim weiteren Hochzählen ein Überlauf. Zu diesem Zeitpunkt droht den Unixsystemen die gleiche Katastrophe, wie sie mit dem „Millenium-Bug“ am 31.12.1999 für viele andere Computersysteme erwartet wurde. An welchem Kalenderdatum ist das der Fall?




Nachweis:

  1. Der Sternenhimmel 2008: Astronomisches Jahrbuch für Sternfreunde; Hans Roth, Justina Engelmann (Herausgeber); 2007, Verlag Franckh-Kosmos; ISBN 978-3440110355