Eigentumsgarantie des Grundgesetzes/ Schlussfolgerungen
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- Vorhaben von Privaten, die nicht unmittelbar dem Wohl der Allgemeinheit dienen und auf fremdes Eigentum einwirken, können nur über Rechtsnormen nach Art.14 Abs. 1 S.2 GG verwirklicht werden (§ 8 Abs. 3 WHG, § 14 letzter Satz BImSchG, Entschädigungsregelung des BBergG). Für sie gilt Art.14 Abs.3 S. 3 GG nicht, vielmehr ist volle Schadloshaltung erforderlich (Schadloshaltung ist nicht Schadensersatz, also ohne entgangenen Gewinn). Soweit öffentliche Aufgaben von Privaten erfüllt werden (Energieversorgung), ist auch zu ihren Gunsten eine Enteignung nach Art 14 Abs.3 GG möglich (BVerfG v. 20.03,1984 1 BvL 28/82).
- Verordnungen zum Schutz von Heilquellenschutzgebieten für privatrechtliche Mineralwasserfirmen sind ausschließlich an Art.14 Abs. 1 S. 2 GG messbar. Eine Enteignung ist in diesem Zusammenhang unmöglich. Ausgleichszahlungen für Eingriffe umfassen vollen Wertersatz. Allerdings ist für Einschränkungen, die sich bereits aus § 34 WHG ergeben, kein Ersatz zu leisten.
- "Entschädigungen" zwischen Privaten nach Art.14 Abs. 1 S.2 GG (richtiger "Ausgleichszahlungen") haben vollen Schadensausgleich zu gewähren, da sonst Art. 14 GG verletzt ist. Sie dürfen darüber nicht hinausgehen; denn die Belastung des Schuldners mit nicht gesetzlich legitimierten Forderungen verstößt gegen Art. 2 Abs. 1 GG (42,21, 27). Das die Entschädigung regelnde Gesetz muss in solchen Fällen genau den Punkt treffen. Eine Billigkeitsentschädigung ist nicht möglich.
- § 19 Abs. 3 WHG ist ein Auftrag an den Landesgesetzgeber, die Enteignung aufgrund einer Wasserschutzgebietsverordnung zu regeln (Rahmengesetz). Unterlässt dieser die Regelung, ist das Landesrecht nichtig, soweit Enteignungen darauf gestützt werden können.
- Da § 34 WHG mit dem "Besorgnisgrundsatz" alle Gefahr für das Grundwasser ausgeschlossen hat, sind Verordnungen, die in Anlagen eingreifen, die dem § 34 WHG entsprechen, wegen Verstoß gegen das Übermaßverbot nichtig.
- Die Ausweisung des Fassungsbereiches (Betretungsverbot) ist eine Enteignung durch VO (Legalenteignung), die den Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht entspricht.
- Soweit Entschädigungsregeln fehlen, weil in der Regel beim Vollzug eines Gesetzes fremdes Eigentum nicht schwer und unerträglich beeinträchtigt wird, so muß die beeinträchtigende Maßnahme unterbleiben. Enthält das Gesetz zur Durchsetzung des Vorhabens eine Möglichkeit zur Enteignung für Vorhaben im Gemeinwohl, so ist über diese Norm das beeinträchtigte Grundstück mit einer "Zwangsdienstbarkeit" zur Duldung der Immissionen zu belasten.
- Bauen-dürfen ist nicht Inhalt des Grundeigentums. Bauendürfen im Bebauungsplan ist zwar Inhalt des Eigentums, aber ein Recht aufgrund staatlicher Gewährung, das gegenüber dem Staat keinen Anspruch auf Erhaltung der Baulandqualität eines unbebauten Grundstücks gewährt. Der Entzug der Baulandqualität vor dem Gebrauchmachen der Baumöglichkeit durch Rechtsänderung greift in das Eigentum nicht ein. Die Enteignung rechtfertigt keine Verkehrswertentschädigung.
- Enteignungsgesetze ohne Entschädigungsregelung dürfen nicht vollzogen werden. Lässt sich der Eigentümer die Entziehung gefallen, erhält er keine Entschädigung. Ist die Entschädigung zwar vorgesehen aber zu niedrig angesetzt, hat der Eigentümer die Wahl, ob er die Enteignungsnorm angreift weil die Regelung insgesamt dem Art. 14 Abs. 3 GG widerspricht, oder ob er nur die Entschädigungsregelung angreift und nach deren Beseitigung die Nachbesserung durch den Gesetzgeber abwartet.
- Wird das Eigentum zulässigerweise so geregelt, dass eine Nutzung nicht zum Eigentum gehört, so ist die Rechtsverletzung bei der Ablehnung einer Ausnahmegenehmigung keine Enteignung. Gehört die Nutzung aber gleichwohl zum Eigentum und das Verbot mit Genehmigungsvorbeha1t dient lediglich rechtstechnisch zur besseren Vorbeugung gegen gefährliche Entwicklungen, so gehört der Anspruch auf Genehmigung zum Eigentum. Die rechtswidrige Versagung ist Eingriff ins Eigentum. Die nachträgliche Verringerung der Genehmigungsmöglichkeiten ist ein weiterer Eingriff, ebenso andere � Erschwerungen der Genehmigungsvoraussetzungen. Sie müssen von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG her legitimiert sein. Der Gesetzgeber kann sich nicht dadurch Vorteile verschaffen, dass er statt einzelner Verbotstatbestände das generelle Verbot mit Genehmigungsvorbeha1t wählt. Die Genehmigungstatbestände dürfen keine Ermessensausübung gestatten, sondern müssen gebundene Entscheidung sein, weil sonst die Behörde den Inhalt des Eigentums bestimmen würde (25, 112, 120).
- Ist eine Enteignung aufgrund einer wirksamen Norm aber unter Verletzung einfachen Rechts rechtswidrig durchgeführt, so ist gleichwohl Entschädigung zu gewähren, weil die Zivilgerichte die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nicht zu prüfen haben (andernfalls müssten viele Klagen nur sicherheitshalber vor dem Verwaltungsgericht durch alle Instanzen durchgefochten werden). Enteignung und enteignungsgleiche Eingriffe verschmelzen dann im Entschädigungsverfahren.
- Da nur der Streit um die Entschädigung nach Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG den Zivilgerichten zugewiesen ist, sind alle anderen ö.r. Geldforderungen (abgesehen von § 839 BGB) wegen Eigentumseingriffe vor dem Verwaltungsgericht einzuklagen. Also:
- Die"Entschädigung" im Rahmen des § 14 Abs. 1 Satz 2 GG für zu weitgehende Inhaltsbeschränkungen durch öffentlich-rechtliche Vorschriften.
- Folgenbeseitigungsansprüche (Rückgängigmachung) vollzogener Verwaltungsakte.
- Es gibt keine Anspruchsgrundlage "Enteignender Eingriff", weil nur der Gesetzgeber selbst Anspruchsgrundlagen schaffen kann.
- Die Anspruchsgrundlage "Enteignungsgleicher Eingriff" ist nur der Folgenbeseitigungsanspruch.
- Entschädigungsregelungen, die ihre Interessen der Allgemeinheit entgegen Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG nicht berücksichtigen, sind zwar verfassungswidrig. Aber der Verpflichtete kann das Verfassungsgericht nicht anrufen.
- Entschädigungsansprüche nach Art.14 Abs. 1 S. 2 GG (Ausgleichsansprüche), wie sie z.B. in zahlreichen Vorschriften über Planfeststellungen enthalten sind, sind rein öffentlich-rechtlicher Natur und daher auf dem Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen (So neuerdings bereits BVerwG Beschl. v. 12.08.83 4 B 16.83 für den Anspruch aus § 17 Abs. 4 S. 2 FStrG; früher ähnlich BayVGH Wüsthoff, Handbuch des Wasserrechts, R 1129 und VGH Bad-Württ DÖV 1983, 512)