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Kleiner Führer zu Burgen, Schlössern und Rittersitzen: Zwischen Kleve und Hünxe: Schloss Moyland

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Schloss Moyland, Süd-Ost-Seite der Kernburg
Auf einen Blick
Adresse: Am Schloss 4, 47551 Bedburg-Hau
Verwendung: Museum
Bauherr(en): Roland von Hagedorn
Alexander von Spaen
Nikolaus Johann von Steengracht
Bauzeit: 1345 bis 1355, 2. Häfte des 17. Jh.,
1854 bis 1862
Architekturstil: Neugotik
Geokoordinate: 51° 45′ 19" N, 6° 14′ 12.50" O
Website: moyland.de
Bildergalerie: Wikimedia Commons

Überblick

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Schloss Moyland ist ein Wasserschloss bei Bedburg-Hau im Kreis Kleve, das zu den wichtigsten neugotischen Bauten in Nordrhein-Westfalen zählt. Sein Name leitet sich von dem niederländischen Wort Moiland ab, das „Schönes Land“ bedeutet. Geprägt wurde der Name vermutlich von holländischen Arbeitern, die der damalige Besitzer Jakob van den Eger an den Niederrhein kommen ließ, um die Feuchtgebiete um seinen Besitz herum trockenlegen zu lassen.

Heutzutage beherbergt Schloss Moyland als Museum die umfangreiche Sammlung moderner Kunst der Gebrüder van der Grinten.

Beschreibung

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Schlossanlage

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Die Schlossanlage besteht aus einem geschlossenen, vierflügeligen Hauptschloss, dem südöstlich Wirtschaftsgebäude vorgelagert sind. Letztere beheimaten heute ein Museumscafé, die Museumsverwaltung sowie -bibliothek und Räume für Wechselausstellungen. Das zweigeschossige Hauptgebäude aus Backstein präsentiert sich im historisierenden Tudor-Stil mit einem Zinnenkranz auf Kragsteinen. Die vier Geschosse des einstige Bergfrieds an der Südost-Ecke des Hauptschlosses werden seit 2008 durch einen polygonalen Helm mit Laterne bekrönt. An den drei übrigen Ecken des Schlosses stehen hufeisenförmige Türme mit drei Geschossen.

Die südöstlichen Seite des Schlosses wird durch einen Torbau gebildet, der von außen durch zwei polygonale Türmchen mit Spitzhelmen und hofseitig durch zwei schlanke Rundtürmchen flankiert wird. Im Obergeschoss des Flügels befindet sich der sogenannte Zwirnersaal, der unter anderem für Konzerte genutzt wird.

Die Figuren des Treppenaufgangs

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Die Treppengeländer am Aufgang zum Portal des Hauptschlosses werden von vier verschiedenen Tierfiguren geschmückt. Bis 1996/1997 befanden sich am Aufgang noch zwei ältere Originalfiguren von Löwen. An den unteren Enden der Geländer wurden die ursprünglichen Löwenfiguren durch einen Wolf auf der rechten und einen Mops auf der linken Seite ersetzt. Der Wolf wurde zur Erinnerung an einen Besuch Voltaires angebracht. Die Figur wurde gewählt, um die „Bissigkeit“ des französischen Philosophen im Diskurs mit Friedrich II. für die Nachwelt festzuhalten. Der Mops erinnert hingegen an Sir Winston Churchill. Er besuchte Schloss Moyland im Zweiten Weltkrieg, um den Rheinübergang der britischen Armee zu beobachten. Als wohl einer der Letzten besichtigte er die Räume, in denen der preußische König und Voltaire ihre Diskussionen abgehalten hatten und deren 200 Jahre alte Einrichtung vom Krieg bis dahin unversehrt geblieben war. Kurz nach Churchills Besuch wurde das Schloss geplündert und verwüstet.

Schlosspark

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In der Zeit von Juli 1995 bis Mai 1997 wurde unter der Leitung von Gustav und Rose Wörner der Schlosspark samt seinem alten Baumbestand und seinen Eichen- und Lindenalleen restauriert, sodass er heute sein Aussehen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts wiedergibt. Der Urheber der ursprünglichen Entwürfe ist nicht bekannt, doch wurden sie in den 1830er/1840er Jahren unter den Familie Steengracht angefertigt. Heute finden sich im Park Skulpturen zeitgenössischer Künstler, darunter Hans Karl Burghoff, Holger Runge und Anna-Maria Kubach-Wilemsen sowie Wolfgang Kubach.

Geschichte

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Bewohner und Besitzer

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1307 wird erstmals ein mit Gräben und Wällen befestigter Hof namens Moyland urkundlich erwähnt. In jenem Jahr nahm der Geistliche und spätere Archidiakon von Lüttich, Jakob van den Eger, die Anlage von Graf Otto von Kleve in Erbpacht. Der Lehrer der gräflichen Kinder nannte sich in der Folgezeit daraufhin mehrmals auch „von Moyland“.

15 Jahre später wechselte der Hof durch Verkauf in den Besitz von Roland von Hagedorn, dem gegenüber Dietrich VIII. von Kleve das Lehen 1339 erneuerte. In der entsprechenden Urkunde ist erstmals von einer Burg Moyland die Rede (siehe [WeWro2001], S. 110). Bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts folgten durch Erbschaften häufige Besitzerwechsel, die erst 1662 ein Ende nahmen, als der brandenburgische Generalfeldmarschall Alexander Freiherr von Spaen die mittelalterliche Anlage kaufte.

Sein Nachfahr Wilhelm von Spaen veräußerte diese (mittlerweile zu einem Schloss umgebaut) 1695 an den damaligen brandenburgischen Kurfürsten und späteren preußischen König Friedrich I. Dieser nutzte Moyland vornehmlich als Jagdschloss, aber auch als „Liebesnest“. Seine Affäre mit der 17-jährigen Emmericher Bürgerstochter Katharina Ryckers machte am preußischen Hof von sich Reden.

Während einer seiner zahlreichen Aufenthalte im Schloss traf der Preußenkönig Friedrich II. dort 1740 mit dem Philosophen Voltaire zusammen und entwickelte mit ihm gemeinsam die Idee der „Wahrheitsmanufaktur“, einer Philosophenakademie, die auf Schloss Moyland eingerichtet werden sollte. Auf der Rückfahrt soll Friedrich II. dann im Kamper Terrassengarten den Plan für Schloss Sanssouci entworfen und aufgezeichnet haben.

1766 kam die Anlage in den Besitz der niederländischen Familie von Steengracht. Adrian von Steengracht hatte das Schloss als naturale Entschädigung für Kredite im Siebenjährigen Krieg vom preußischen Königshaus erhalten.

Moyland verblieb im Besitz der Steengrachts, ehe sie es der am 11. Juli 1990 gegründeten Stiftung Museum Schloss Moyland schenkten, deren Ziele der Wiederaufbau der Anlage und ihre Nutzung als Museum waren. Zuvor hatten die Besitzer lange Zeit nach geeigneten Finanzierungsmöglichkeiten für einen Wiederaufbau gesucht. Der entscheidende Anstoß zur Gründung der Stiftung kam 1987 schlussendlich von den Brüdern Franz Joseph und Hans van der Grinten, die einen Standort für ihre private Sammlung moderner Kunst suchten. Am 24. Mai 1997 konnte das bis dahin vollständig renovierte Gebäude samt Gartenanlagen wiedereröffnet werden.

Baugeschichte

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Den einstigen befestigten Hof ließ Roland von Hagedorn 1345 bis 1355 zu einem klassischen gotischen Kastell mit quadratischem Grundriss umgestalten. Neben drei runden Schalenecktürmen besaß es an der Nordecke einen mächtigeren, vierten Rundturm, der als Bergfried diente. Vom Innenhof aus über einen Hocheingang im dritten Geschoss zugänglich, bot dieser in seinem Inneren allerlei Komfort; so zum Beispiel einen Brunnen, Abort- und Lichtnischen sowie einen Kamin. Die westliche Seite der Anlage bildete zu jener Zeit ein Palas, die übrigen Fronten bestanden aus Mauern mit Wehrgang. Südlich der Hauptburg befand sich eine Vorburg, über die man das Burgtor der Kernburg erreichten konnte.

Im 15. Jahrhundert wurden im Burghof der Kernburg neue Gebäudeflügel erbaut und eine Kapelle im Ostturm eingerichtet.

Freiherr Alexander von Spaen ließ die mittelalterliche Wehranlage ab 1662 nach Vorbildern von Gebäuden aus der Residenzstadt Kleve von Pieter Post zu einem barocken Schloss umbauen und erweitern. Da er nur ein Jahr zuvor die Umbauarbeiten an seinem Schloss Ringenberg hatte abschließen können, zeigen die beiden Anlagen noch heute architektonische Parallelen. Die Kellerräume erhielten neue Einwölbungen, und die Geschosshöhen wurden verändert. Einhergehend wurden die Fensterachsen der Kernburg symmetrisch angeordnet und die Zufahrt derart verlegt, dass sie fortan axial auf das Haupthaus zuführte.

Unter Nikolaus Johann von Steengracht erfolgte in den Jahren 1854 bis 1862 eine Umgestaltung des Schlossäußeren im Stil der Neugotik. Die barocke Innenausstattung blieb während der Arbeiten unter dem Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner weitgehend unangetastet. So wurde die Kernburg mit roten Ziegeln ummauert und die drei Ecktürme mit Zinnen und Spitzbogenfenster ausgestattet. Dem Bergfried wurde ein historisierender spitzer Helm aufgesetzt. Der Torbau erfuhr ebenfalls eine Neugestaltung und wurde über eine neu errichtete Steinbrücke erreichbar gemacht. Im Zuge dieser Arbeiten wurde auch die Vorburg auf den Grundmauern ihrer Vorgängerbauten neu errichtet. Außerdem ließ der Bauherr in jener Zeit die Parkanlagen im „gemischten Styl“ neu anlegen. In ihnen finden sich Partien im Stil eines englischen Landschaftsgartens sowie barocktypische Strukturen des so genannten „Architektonischen Gartens“. Letztere spiegeln sich noch in den Nutzpflanzbeeten des heutigen Schlossparks wieder. Wegen ihrer besonderen Bedeutung wurde die Parkanlage 2004 in die Straße der Gartenkunst an Rhein und Maas aufgenommen.

Bei den letzten Kämpfen des Zweiten Weltkrieges wurde das Schloss bis zum Einmarsch der Alliierten am 25. Februar 1945 schwer beschädigt. Fast die gesamte kostbare Innenausstattung ging durch Raub und Vandalismus kanadischer Soldaten verloren. Eine provisorische Reparatur 1954 wurde dann von einem Brand des westlichen Dachstuhls im Jahr 1956 wieder zunichte gemacht, sodass die Gebäude trotz Notdach allmählich verfielen.

1987 begann man mit Entschuttungs- und Sicherungsarbeiten zur Wiederherstellung der Anlage. 1990 bis 1997 zeichnete dann die neu gegründete Stiftung Museum Schloss Moyland für eine Restaurierung und den Ausbau des Schlosses verantwortlich, wobei die historische Bausubstanz des Inneren einer modernen Neugestaltung der Räume für den musealen Zweck weichen musste.

Das Museum

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Das Schlossgebäude beherbergt heute die Kunstsammlung der Brüder Hans van der Grinten und Franz Joseph van der Grinten, die sie in über 50 Jahren zusammengetragen und in die Stiftung Museum Schloss Moyland eingebracht haben. Die umfassende Sammlung enthält Exponate aus dem 19. und 20. Jahrhundert, unter anderem Werke von Erwin Heerich, Willem den Ouden, Rudolf Schoofs und Hermann Teuber. Einen wesentlichen Schwerpunkt der Sammlung bildet der nahezu 5000 Arbeiten umfassende und damit weltweit größte Bestand an Werken von Joseph Beuys.

Im eigens geführten Joseph Beuys Archiv, das An-Institut der Kunstakademie Düsseldorf ist, werden außerdem weit über 200.000 Archivalien und Dokumente zu Leben, Werk und Wirken des Künstlers aufbewahrt. Forschern steht darüber hinaus auch die mehr als 60.000 Medien umfassende Museumsbibliothek der Stiftung zur Verfügung.


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