Meerschweinchen: Abstammung, Unterarten, Sonderformen

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Als die Vorfahren der bitterarmen Hochlandindianer Südamerikas anfingen, das Meerschweinchen als Fleischlieferanten zu züchten, ahnten sie sicher nicht, welche große Popularität das Hausmeerschweinchen einmal als Knuddel- und Heimtier gewinnen würde.

Abstammung[Bearbeiten]

Fest steht, dass die ersten Hausmeerschweinchen aus dem Tschudi-Meerschweinchens (Cavia tschudii) heraus gezüchtet wurden. Der genaue Zeitpunkt der Domestikation ist unbekannt, es scheint aber bereits im altamerikanischen Neolithikum geschehen zu sein. Manche Autoren gehen davon aus, dass Hausmeerschweinchen bereits 5000 v. Chr existierten.

Nutzung[Bearbeiten]

Auch heute noch werden überall in den Andenländern Meerschweinchen als Fleischlieferanten gehalten. Allein in Peru werden jährlich mehrere Millionen der Tiere geschlachtet. Die Indianer halten die sehr genügsamen Tiere häufig in ihren Hütten. Da die Meerschweinchen durch Fütterung an den Menschen gewöhnt werden, kommen sie freiwillig zurück, ohne dass man sie einsperren müsste.

Meerschweinchenfleisch gehört zum traditionellen peruanischen Hochzeitsmahl und hat zudem eine wichtige Bedeutung in den überlieferten Heilungsritualen. Die Menschen in den Anden haben zu ihren Tieren ein durchaus liebevolles Verhältnis; es gleicht in etwa dem Verhältnis das ein europäischer Kaninchenhalter zu seinen Tieren hat.

Dass die mittellosen Indios die Tiere problemlos halten können zeigt, dass übermäßiges Gehabe bei der Meerschweinchenhaltung eigentlich überflüssig ist. Dennoch brauchen die Tiere ein Minimum an Pflege.

Rassen[Bearbeiten]

Das Hausmeerschweinchen ist im Gegensatz zu den grau- bis rotbraunen eher kurzhaarigen Wildrassen in den verschiedensten Farben, Felllängen und -strukturen zu finden. Generell gibt es nahezu beliebige Kombinationen aus Farben, Felllänge und Wirbeln. Dazu kommt noch eine unterschiedliche Haarstruktur (drahtig bis samtweich, sowie lockig).

In den vergangenen Jahren sind durch gezielte Zucht viele Rassen entstanden, die noch in vielen Farbkombinationen auftreten.

Kurzhaarrassen[Bearbeiten]

  • Das Glatthaar-Meerschweinchen hat kurzes, glattes Fell und ist sicher die häufigste Rasse.
  • Das Rosetten-Meerschweinchen zeigt überall am Körper Wirbel, die die kurzen Haare abstehen lassen. Der Rassestandard schreibt mindestens acht symmetrisch angeordnete Wirbel an bestimmten Körperstellen vor.
  • Das American oder English Crested besitzt kurzes, glattes Fell und eine Krone auf dem Kopf, wobei diese bei American Cresteds immer weiß ist.
  • Das Ridgeback ist ein Glatthaar-Meerschweinchen, bei dem die Rückenhaare gegen den Strich wachsen. Sie werden nach Selektion aus Rosetten- und Glatthaar-Meerschweinchen gezüchtet.
  • Der Rex ist eine Meerschweinchenrasse mit drahtigem, rauhem, aufrecht stehendem kurzen Fell. Eine sehr ähnliche Rasse ist das Teddymeerschweinchen.
  • Der US-Teddy ist eine Meerschweinchenrasse mit ähnlicher Fellstruktur wie der Rex, jedoch sind die Haare feiner gewellt. (Am besten unterscheidet man beide Rassen an der Bauchbehaarung.)
  • Der Ch-Teddy ist eine eigene Mutation mit ca. sechs cm langem, vom Körper abstehenden Fell. Eine Krone wird toleriert; Körperwirbel jedoch nicht.

(Der US-Teddy, der Ch-Teddy und der Rex sind genetisch nicht miteinander verwandt. Verpaart man sie untereinander, würde man Glatthaarmeerschweinchen erhalten.)

  • Das Curly ist ein Lunkarya mit kurzem Fell.
  • Das Somali ist ein Rex mit Wirbeln, die an ein Rosettenmeerschweinchen erinnern.

Langhaarrassen[Bearbeiten]

  • Das Angora ist ein langhaariges Rosettenmeerschweinchen. Die Rasse ist noch nicht offiziell anerkannt, jedoch wird eine Anerkennung angestrebt.
  • Ein Peruaner ist ein Meerschweinchen mit langem, glatten Fell, was durch zwei Wirbel auf dem Po wie "nach vorn gekämmt" aussieht. Bei allen langhaarigen Rassen wird empfohlen, das Fell der Tiere auf Bodenlänge zu stutzen, um die Pflege zu erleichtern und ein Verschmutzen des Fells zu verhindern.
  • Das Sheltie ist ein Meerschweinchen mit langem, glatten Fell.
  • Das Coronet ist ein Meerschweinchen mit langem, glatten Fell wie bei einem Sheltie und einer Krone auf dem Kopf.
  • Das Alpaka ist ein Peruaner mit langem, lockigen Fell.
  • Der Texel ist ein Sheltie mit langem, lockigen Fell .
  • Das Merino ist ein Coronet mit langem, lockigen Fell.
  • Das Mohair ist ein Angora mit langem, lockigen Fell.
  • Das Sheba Mini Yak ist eine australische Rasse. Sie entstanden aus australischen Shelties und Rosetten-Meerschweinchen. Die Haare sind eher harsch und nur halblang.
  • Das Lunkarya stammt aus Schweden und hat harsche, abstehende lange Locken, die dominant vererbt werden (im Gegensatz zu den anderen Lockentieren, bei denen die Lockung rezessiv ist)

Sonderform Cuy[Bearbeiten]

Als Cuy wird eine Unterform des Hausmeerschweinchens bezeichnet. In Südamerika werden diese Fleischrassen mit Polydaktylie, also zuviel Zehen, gezüchtet, da das Fleisch solcher Tiere als besonders zart und schmackhaft gilt. In Europa und Nordamerika wird dagegen versucht, die Polydaktylie wieder herauszuzüchten, da sie als Erbfehler angesehen wird.

Im Gegensatz zu einem normalen Meerschweinchen, das mit einem Jahr ausgewachsen ist und dann 1-1,5 kg wiegen kann, erreicht ein Cuy dieses Gewicht bereits im Alter von vier Monaten. Das Endgewicht eines Cuy liegt bei 2-4 kg.

Als Kuscheltiere eignen sich Cuys nicht besonders gut, da sie erstens einen hohen Platzbedarf haben und zweitens sehr scheu sind. Sie werden ca. 2-3 Jahre alt. Da das Cuy als Fleischlieferant gezüchtet wurde, setzt es sehr schnell Fett an. Man muss, wenn man Cuys dennoch als Kuscheltier hält, insbesondere bei der Ernährung darauf achten, dass die Tiere nicht zu schnell dick werden.

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