Organisationales Lernen im Digitalen Zeitalter/ Roadmap Corporate Learning 2017-2025
Lernkultur als Treiber für neues Lernen
Die Lernkultur als ein Teil der Unternehmenskultur umfasst, wie Lernen und Lehren im Unternehmen stattfindet. Sie spiegelt sich in Geschichten, Metaphern und Artefakten des Unternehmens wieder.
Die Entwicklung einer neuen Kultur braucht die Veränderung des Verständnisrahmens und des konkreten Umfelds in einem Unternehmens.
Um die Lernkultur im Unternehmen zu verändern, muss im ersten Schritt ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, was alles unter den Begriff des Lernens fällt (formell, informell, zum Beispiel die 70:20:10 Formel). Verbunden mit dem Hinweis, dass Lernen meist selbstorganisiert abläuft, soll so Mut entstehen, den formalen Lernpfaden weniger Bedeutung zu geben. Die Kommunikation und das Bewusstsein dafür müssen sowohl auf Geschäftsleitungsebene als auch auf der Mitarbeiterebene vorhanden sein. Die Führungskräfte können dabei als Multiplikatoren genutzt werden. Lernen und welche Art von Lernen gewünscht ist, muss in der Unternehmensstrategie verankert werden.
L&D, Mitarbeiter, Führungskräfte, Netzwerke und Technologie bilden wichtige Einflussfaktoren auf die Lernkultur. Auf dem Weg zur Umsetzung der Vision 2025 bedarf es zuallererst Wissen über das neue Verständnis von Corporate Learning. Es gilt ein Bewusstsein im Unternehmen zu schaffen, um Methoden und Tools auszuprobieren, einzuführen und sie schließlich in der zukünftigen Lernwelt zu etablieren.
L&D als Enabler hat es als Aufgabe, zusammen mit den Führungskräften für das Lernen ein anderes Image (Wertschätzung, Fehlerkultur, Lernen als Kompetenz um die Zukunft des Unternehmens zu gestalten) zu etablieren. Ebenso ist es ein Aufruf an das Recruiting bei Einstellungen neuer Mitarbeiter, auf das richtige Mindset und die unternehmerisch wichtigsten Kompetenzen zu achten. L&D kann die Führungskräfte durch Beratung und Lerninterventionen unterstützen, ein neues Selbstverständnis zu entwickeln.
Eine digitalisierte Wissenswelt mit Corporate Learning bedarf zahlreicher neuartiger Kompetenzen (digitales Know How, die Fähigkeit, Wissen zu teilen und sich zu vernetzen, Selbstmanagement u.v.m.). Andere Akteuere wie das Schulsystem und der Gesetzgeber prägen maßgeblich das Verständnis von Lernen, auch hier sind Veränderungen notwendig.
L&D als Enabler
Um eine lernende Organisation bis 2025 etablieren zu können, besteht eine der großen Aufgaben darin, sich von den starren Strukturen einer zentralen Weiterbildungsabteilung bzw. Akademie schrittweise zu entfernen und sich in Richtung eines interdisziplinären und vernetzten Netzwerks zu entwicklen, um den Anforderungen der digitalisierten, globalisierten, vernetzten, komplexer werdenden Welt gerecht zu werden. Dabei wird es immer wichtiger, dem Lerner Orientierung zu geben, um sich selbstgesteuert entwickeln zu können. Der MOOCathon hat dazu folgende Schritte aufgezeigt:
Selbstverständnis
L&D soll sich selbst als Innovator verstehen, neue Tools, Ideen, Methoden und Konzepte austesten und diese im Unternehmen etablieren. Dabei agiert L&D als Vorbild und lebt selbstorganisiertes Lernen vor. Dazu gehört, mutig neue Methoden und Tools auszuprobieren, Scheitern einzukalkulieren und aus Fehler zu lernen (im Sinne von Fail fast and early). Als Voraussetzung für die Etablierung einer lernenden Organisation muss sich L&D neuen Trends und Möglichkeiten öffnen und selbst ausprobieren. Dieser Schritt erfordert die Bereitschaft eines Umdenkens des eigenen Rollenverständnisses (s. Rollenkapitel). Corporate Learning Professionals stärken soziale Intranets, Wikis und soziale Medien in der Organisation. Dies ist nötig, um in der Organisation sichtbarer zu werden, als positives Beispiel zu dienen und als kompetenter Ansprechpartner wahrgenommen zu werden. Damit einhergehend können auch die Medienkompetenz der Mitarbeiter durch ein entsprechendes Angebot systematisch gestärkt und erweitert werden. Eine wichtige Aufgabe dabei besteht darin, Mitarbeitern die Relevanz und das Handling von Enterprise Social Networks nahe zu bringen. Ziel von Corporate Learning sollte auch sein, formale Trainingsangebote mit informellen Lernmöglichkeiten zu ergänzen (z.B. Blended Learning, Social Learning Elemente). Das sollte als kontinuierlicher iterativer Prozess gestaltet werden, der Führungskräfte und Mitarbeiter schrittweise in die neue Lernwelt führt. Dadurch können die Lerner ihren Lernprozess mitgestalten und sich dabei mit anderen Lernenden austauschen und Netzwerke bilden.
Rahmen schaffen
Für eine erfolgreiche Umsetzung der Vision müssen folgende Rahmenbedingungen erfüllt sein. Eine der ersten Herausforderung besteht in der Definition und Integration der Lernstrategie als Teil der Unternehmensstrategie. Beides sollte Hand in Hand gehen und sich gegenseitig beeinflussen. Durch verstärkte Digitalisierung / neuen Technologien muss eine entsprechende IT-Umgebung zur Verfügung gestellt werden. Die Einführung eines ESN kann an der Stelle genannt werden (s. Netzwerk). Eine wichtige Voraussetzung ist die Schaffung bzw. Überarbeitung bestehender bertrieblichen Vereinbarungen beispielweise hinsichtlich der Arbeitszeit oder des Datenschutzes. Besonders die Rahmenbedingungen sind wichtig, um Mitarbeitern ein selbstgesteuertes Lernen am Arbeitsplatz zu ermöglichen. Dies beginnt bei geschützen Lernräumen, geht über flexible Arbeitszeiten (z.B. Vertrauenslernzeit), bis hin zu einer Führungskultur, die Lernen am Arbeitsplatz fördert.
Vorbild
Der wichtigste Punkt ist, sich selbst permanent weiterzuentwickeln, sich mit den neuen und kommenden Herausforderungen vertraut zu machen und damit als Rollenmodelle für das neue Lernen und eine neue Arbeits- und Lernkultur zu fungieren. Sie gehören zu den Power-Usern in sozialen Netzwerken – und lernen dabei ganz viel. Die L&D Abteilung sollte es als Verantwortung sehen, die Lernkultur des Unternehmens zu analysieren und Maßnahmen zur Beeinflussung der Lernkultur einzuleiten oder weiterzuentwickeln. Kollegen mit eigenem, mutigen Tun davon zu überzeugen, dass sie sich nicht überflüssig machen, wenn sie ihr Wissen teilen, ist ein ebenfalls wichtiger Schritt.
Kommunikation
Corporate Learning Professionals lenken die Aufmerksamkeit auf die vielen informellen Lernvorgänge in der Organisation, um die Mächtigkeit von selbstorganisiertem Lernen bewusst zu machen – selbst wenn es das klassische Geschäft der L&D untergräbt. Die Unterstützung der Vernetzung von Mitarbeitern führt automatisch zu mehr Kommunikation auf neuen Wegen.
Führungskräfte als Lernförderer
Führungskräften kommt eine immer bedeutendere Rolle in der lernenden Organisation zu. Sie sind Multiplikatoren des selbstgesteuertes Lernens in der Organisation und leben es als Role Model selbst vor. Führungskräfte bilden die Brücke zwischen Unternehmensstrategie und Lernstrategie, um mit dem Blick in die Zukunft eine zielgerichtete Entwicklung aller Mitarbeiter zu ermöglichen. Führungskräfte nehmen neue Formen des Lernens (z.B. Social Learning, Peer Learning) in ihren eigenen Lernprozesse und in die Arbeitsprozesse der Mitarbeiter auf. Für ihre Mitarbeiter schaffen sie Anreiz bzw. geben Impulse und Freiräume, um sich selbst zu entwickeln. Hierfür geben sie kontinuierliches Feedback und agieren als Lerncoach und Personalentwicklung ihrer Mitarbeiter. Wichtig ist hierbei, dass das Top Management die Bedeutung von Lernen erkennt und selbstorganisiertes Lernen fördert und fordert. Schon bei der Besetzung von Führungspositionen sollte auf die erforderlichen Kompetenzen (u.a. instrinsiche Lernmotivation Selbstreflexion, Vernetzung, Kommunikationsstärke, digitale Medienkompetenz) ein Fokus gelegt werden. Ebenso sollten diese Kompetenzen in Führungsmodellen, Leitbildern und Kompetenzmodellen verankert sein.
Mitarbeiter als eigenverantwortliche Lerner
Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter die neue Lernkultur mittragen und mitgestalten, es findet ein Wandel aus der Konsumentenhaltung hin zur Eigenverantwortung für den indivuellen Lernprozess statt. Ein erster Schritt ist es, den Mitarbeitern bewusst zu machen, dass Lernen nicht nur in klassischen Präsenztrainings und E-Learnings stattfindet, sondern vorallem im Arbeitsprozess und im sozialen Austausch. Die Mitarbeiter sollten kontinuierlich in die Weiterentwicklung von Corporate Learning einbezogen werden. Wichtig ist es auch zu erkennen, dass das Wissen im Unternehmen nicht nur in der L&D Abteilung vorhanden ist, sondern Experten überall im Unternehmen sind. Dieses Wissen sollte explizit genutzt werden. So können Lerner als Wissensgeber eingesetzt werden (z.B. als Community Manager im ESN, als Trainer, als Ersteller von Learning Nuggets). Damit wird dem Mitarbeiter eine aktive Rolle im Lernprozess zuteil. Langfrisitig soll erreicht werden, dass Mitarbeiter ganz selbstverständlich und freiwillig ihr Wissen teilen und am Wissenserwerb anderer Mitarbeiter partizipieren.
Netzwerke
Bei der Veränderung der Lernkultur und der Auflösung von Wissensmonopolen und –silos spielen Netzwerke eine große Rolle. Die Unterstützung der Vernetzung von Mitarbeitern führt zu mehr Austausch und Lernen auf neuen Wegen. Dies fördert sowohl die persönliche Entwicklung als auch die Arbeitseffektivität. Zusätzlich stärken Netzwerke die Identifikation der Mitarbeiter mit den Entwicklungen im Unternehmen.
Netzwerke können im face-to-face oder virtuell bestehen. Oft bilden sich diese Netzwerke selbstgesteuert. Dieser Prozess kann aber durch Führungskräfte, L&D oder Community Manager initiiert werden. Working Out Loud ist eine Methode, um den zielgerichteten Aufbau von virtuellen Netzwerken zu erlernen und zu pflegen. Im Idealfall entsteht bei den Mitarbeitern eine Haltung zu mehr Offenheit und Transparenz, die Effektivität und Kreativität ermöglicht. Formate wie Communities of Practice, Podcasts und user generated Videos helfen, Informationen und Wissen weiterzugeben und Netzwerke aufzubauen. Barcamps dienen dem Austausch von Ideen und bieten die Möglichkeit zum persönlichen Netzwerken.
In vielen Unternehmen unterstützen technologische Plattformen, wie z.B. ein Enterprise Social Networks (ESN) das soziale und virtuelle Netzwerken. Dort können Wissen und Anleitungen, die im Arbeitskontext benötigt werden, schnell und einfach auffindbar sein (Performance Support). Somit entscheiden die Lernder, welche Inhalte sie wann konsumieren.