Radioonkologie (PORT)/ Diagnosen/ gutartige/ Gynäkomastie

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Übersicht[Bearbeiten]

Gynäkomastien entstehen auf dem Boden eines Ungleichgewicht zwischen Testosteron und Östrogen. Zu etwa 50% handelt es sich um eine ideopathische Gynäkomastie, bei der eine Ursache nicht gesichert werden kann. [1] Sie sind sind in etwa 10 - 20% medikamenteninduziert, wobei das Manifestationsrisiko zwischen den einzelnen Medikamenten unterschiedlich ausfällt [2],[3]:

Substanz
Gynäkomastiehäufigkeit
Östrogene, Flutamid 90%
LHRH 3% - 15%
LHRH/Flutamid-Kombination 19%
Orchiektomie 8%
Bicalutamid (150 mg) 66% (Mammalgien: 73%)

Diagnostik[Bearbeiten]

Die Diagnose wird klinisch gestellt[4]. Allerdings wird der Ausschluss eine Hypogonadismus, eines Hodentumors und eines virilen Mammakarzinom gefordert[1].

Histologie[Bearbeiten]

Eine Gynäkomastie (Verweiblichung der Brust) beruht auf einer gutartigen Proliferation des männlichen Brustdrüsengewebes, und zwar der duktalen Zellen und Fibroblasten.

Lokalisation[Bearbeiten]

Beide Mammae. Allerdings kann die Hypertrophie asymmetrisch ausfallen.

Ausbreitung[Bearbeiten]

Stadieneinteilung[Bearbeiten]

Nach der CTC-Klassifikationen (version 2.0) werden 3 Schweregrade unterschieden[5].

  • CTC I°: mild.
  • CTC II°: fortgeschritten oder schmerzhaft.
  • CTC III°: fortgeschritten oder schmerzhaft. Operation erforderlich.

Therapieprinzipien[Bearbeiten]

Einer Gynäkomastieentwicklung kann mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer antiproliferativen Radiatio verhindert werden, wenn diese vor der endokrinen Therapie durchgeführt wird. Als Intervall zwischen Strahlentherapie und Beginn der Hormontherapie werden 2 - 3 Tage als ausreichend angesehen[2]. Die Sicherheit, dass eine Gynäkomastie ausbleibt, beträgt 50 - 90% angegeben [6]. Die schlechtesten Ergebnisse waren in einer Studie publiziert worden, die einzeitig 10 Gy verabreicht hatten[7]. Möglicherweise ist eine Gesamtdosis von 10 Gy unzureichend.

Mit Tamoxifen kann ebenfalls eine Gynäkomastie mit einer Sicherheit um 90% verhindert werden. Als Tagesdosis sind 20 mg erforderlich[8] [9]. Eine Zulassung von Tamoxifen für diese Indikation besteht allerdings nicht[1]. Die Vorteile einer Strahlentherapie bestehen in der schnelleren Behandlungszeit und nur marginalen Beeinträchtigung des Patienten durch eine vorübergehende geringe Hautrötung. Anders als unter Tamoxifen sind Hitzewallungen, Osteoporose, Antriebsminderung und depressiven Verstimmungen ausgeschlossen[6].

Wenn eine Gynäkomastie oder Mammalgien bereits eingetreten sind, kann eine Bestrahlung zumindest die Beschwerden bessern und eine weitere Hypertrophie verhindern. Eine Schmerzbesserung wird nach durchschnittlich 3,6 Monaten (Bereich 2 Wochen bis 14 Monate) beobachtet[2].

Chirurgisch stehen als Optionen subkutane Mastektomien und Fettabsaugungen zur Verfügung [1].


Indikation RT[Bearbeiten]

  • Zur Vermeidung einer kosmetisch ungünstigen oder symptomatischen Gynäkomastie durch eine endokrine Therapie mit einem deutlich erhöhten Risiko für eine Gynäkomastie (z. B. Bicalutamid zumindest mit 150 mg Tagesdosis) ist die prophylaktische Radiatio gerechtfertigt.
  • Zur Besserung bereits bestehender Beschwerden ist die Radiatio indiziert. Diese sollte nicht zu spät eingesetzt werden. Nach 2- 3 Jahren sind die Erfolgsaussichten für eine Radiatio und medikamentöse Therapie (z. B. mit Tamoxifen) wenig erfolgversprechend. In diesem Fall bliebe nur die chirurgische Therapieoption.

Zielvolumen[Bearbeiten]

Brustdrüsenkörper beidseits retromamillär.

Dosis RT[Bearbeiten]

Fraktionierung und Gesamtdosis sind wenig standardisiert. Üblich sind in Deutschland Einzeldosen von 2 - 5 Gy, bis zur Gesamtdosis von 20 - 30 Gy[10]. Mögliche Dosierungen wären z. B.

  • prophylaktische Bestrahlung: 3 x 5 Gy, oder 4 x 4 Gy.
  • therapeutische Bestrahlung: 5 x 4 Gy, oder 10 x 2 Gy, oder 15 x 2 Gy.

Nebenwirkungen[Bearbeiten]

  • akut:
    • Radiodermatitis
    • Überwärmung
    • vorübergehende Schmerzverstärkung
  • subakut:
  • chronisch:
    • Hyperpigmentierung der Haut
    • Teleangiektasien
    • Tumorinduktion

Von den nicht-akuten Nebenwirkungen ist lediglich die Hyperpigentierung der Haut nicht extrem selten.

Prognose[Bearbeiten]

Nachsorge[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Jacobeit JW, Kliesch S. Diagnostik und Therapie der Gynäkomastie. Nicht jede Brustdrüsenvergrößerung des Mannes ist eine Gynäkomastie, aber jede Gynäkomastie ist abklärungsbedürftig. J. Reproduktionsmed. Endokrinol 2009; 6 (2), 63-67. Available at: http://www.kup.at/kup/pdf/7873.pdf.
  2. 2,0 2,1 2,2 Serber W, Brady LW, Zhang M, Hoppe RT: Radiation Treatment of Benign Disease. In: Perez C, Brady LW, Halperein EC, Schmidt-Ullrich RK (eds): Principles and Practice of Radiation Oncology. 4th ed.. Lippincott Williams& Wilkins (Philadelphia) 2004. ISBN 0781735254.
  3. Tyrrell CJ, Payne H, Tammela TLJ, u. a. Prophylactic breast irradiation with a single dose of electron beam radiotherapy (10 Gy) significantly reduces the incidence of bicalutamide-induced gynecomastia. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2004;60(2):476-83. Available at: pubmed [Zugegriffen November 12, 2008].
  4. Micke O, Koehler A, Seegenschmiedt MH: Where There Is No Evidence: Registry for Rare Beningn Diseasees. In Brady L, Seegenschmiedt M, Makoski H, Trott K. Radiotherapy for Non-Malignant Disorders (Medical Radiology / Radiation Oncology). 1. Aufl. Springer; 2007:743. ISBN 354062550X
  5. Trotti A, Byhardt R, Stetz J, u. a. Common toxicity criteria: version 2.0. an improved reference for grading the acute effects of cancer treatment: impact on radiotherapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2000;47(1):13-47. Available at: pubmed [Zugegriffen November 12, 2008].
  6. 6,0 6,1 Thönnessen D, Wenz F. Radiotherapeutic prophylaxis of gynecomastia. J Clin Oncol. 2005;23(24):5845; author reply 5846-7. Available at: pubmed [Zugegriffen November 12, 2008].
  7. Tyrrell CJ, Payne H, Tammela TLJ, u. a. Prophylactic breast irradiation with a single dose of electron beam radiotherapy (10 Gy) significantly reduces the incidence of bicalutamide-induced gynecomastia. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2004;60(2):476-83. Available at: pubmed [Zugegriffen November 12, 2008].
  8. Boccardo F, Rubagotti A, Battaglia M, u. a. Evaluation of tamoxifen and anastrozole in the prevention of gynecomastia and breast pain induced by bicalutamide monotherapy of prostate cancer. J Clin Oncol. 2005;23(4):808-15. Available at: pubmed [Zugegriffen November 12, 2008].
  9. Fradet Y, Egerdie B, Andersen M, u. a. Tamoxifen as prophylaxis for prevention of gynaecomastia and breast pain associated with bicalutamide 150 mg monotherapy in patients with prostate cancer: a randomised, placebo-controlled, dose-response study. Eur Urol. 2007;52(1):106-14. Available at: pubmed [Zugegriffen November 12, 2008].
  10. Seegenschmiedt MH, Micke O, Willich N. Radiation therapy for nonmalignant diseases in Germany. Current concepts and future perspectives. Strahlenther Onkol. 2004;180(11):718-30. Available at: pubmed [Zugegriffen November 12, 2008].