Soziologische Klassiker/ Das soziologische Dorf/ Ahnengalerie - Locke

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John Locke (1632-1704)[Bearbeiten]

John Locke gilt als Hauptvertreter des Empirismus (Erfahrung, Beschreibung, Wahrnehmung. Erkenntnistheoretische Richtung in der Philosophie und Psychologie, die alle Erkenntnis aus Sinneserfahrungen ableitet)

Erkenntnistheorie

In seinem Werk „Concerning Human Understanding“, 1689, untersucht er Ursprung, Gewissheit und Umfang menschlicher Erkenntnis.
Er versucht, einen Weg zu finden, wie es von der reinen Wahrnehmung zum Tätigwerden des Verstandes und der Tätigkeit des freien Willen kommt (von der Sensation zur Reflexion).
Locke war der Ansicht, dass nichts im Verstand ist, was nicht zuvor in der Sinneswahrnehmung gewesen wäre.

Tabula rasa: Der Mensch hat kein Bewusstsein von Geburt an und auch keine Ideen. Es gibt keine in der menschlichen Seele vorab eingravierte Wahrheit. Der kindliche Verstand ist ein unbeschriebenes Blatt, jedoch ist die Art und Weise der Aufnahme vorbestimmt. Bewusstsein erlangen wir durch Erfahrung. Diese ist bei allen Menschen verschieden, daher gibt es auch unterschiedliche Entwicklungsprozesse der verschiedenen Völker und Epochen.
Allerdings gibt es Primäre Dispositionen wie Größe, Gestalt, Zahl, Länge, Bewegung/Ruhe. Diese sind untrennbar mit den Dingen verbunden, man kann sie durch bloßes Wahrnehmen erkennen. Im Gegensatz dazu gibt es weiters sekundäre Disposition, z.B. Farbe oder Geschmack sind Kombinationen, die erst durch Erfahrung ins Bewusstsein kommen. Kategorien, beispielsweise Schönheit, sind nur durch Abstraktion und Vergleich zu erkennen, nicht nur allein durch Wahrnehmung oder Erfahrung. [1] Die Willensfreiheit gesteht der den Individuen zu, jedoch meint er damit nicht eine absolute Freiheit des Wollens, sondern mehr eine Freiheit, zwischen Wahlmöglichkeiten frei entscheiden zu können. Die Freiheit wird damit um so größer, je mehr Wahlmöglichkeiten bestehen zwischen denen man frei wählen kann und diese zu vermehren muss das Ziel sein. [2]

Naturzustand

Das Individuum ist niemals alleine, sondern immer mit anderen Interessen konfrontiert. Im Naturzustand gibt es vorerst harmonische Koexistenz von vernunftbegabten Lebewesen, die als freie und gleiche Wesen nach den Naturgesetzen der Vernunft ihre Konflikte regeln.
Es gibt also ein „Naturrecht“, das auf Vernunft gründet. Im Naturzustand hat jeder gleich viel, niemand strebt danach mehr als Andere zu haben, da er dadurch keinen Vorteil hätte. Mit der Einführung des Geldes wurde dieses Gleichgewicht schließlich gebrochen.
Hinzu kommt aber eine Eigenschaft die aus der Bedürfnisnatur des Menschen stammt - das Streben nach Glück und Wohlstand und die Vermeidung von Mangelgefühlen, die eine beständige Triebkraft in der menschlichen Entwicklung sind. Die Bedürfnisbefriedigung betrifft zuerst nur aktuelle Mangelsituationen, der Mensch kann aber planend vorausschauen und auch auf entfernte Ziele und Wünsche Rücksicht nehmen. [3]

Werttheorie

Die Dinge gewinnen ihren Wert auch durch die menschliche Arbeit, ein persönliches Eigentum der Menschen. Durch die menschliche Arbeit wandeln sich die Dinge in ihrem Wert. Locke nimmt damit Marx’ Mehrwerttheorie voraus. Die Arbeit ist moralisch wertvoll; sie schafft Eigentum, das deshalb ebenfalls moralisch wertvoll wird und als vernünftig gilt. Wer nicht besitzanhäufend handelt, handelt unvernünftig. Weil Besitzlose also unvernünftig sind, haben sie auch ein geringeres Recht auf politisches Mitbestimmen. [4] Soziale Ungleichheit ist damit für Locke kein strukturelles Problem, sondern, zumindest im freien Spiel der Besitzverhältnisse, begründet sich in Arbeit und Fleiß. [5]

politische Teilnahme

Locke wurde bekannt durch seine grundsätzlichen Gedanken zur Toleranz (Brief zu Toleranz) Zu Mündigkeit und zur Emanzipation sind Menschen nur fähig, wenn sie über Besitz verfügen. Der Mensch hat das Recht auf Eigentum, das er sich durch selbständige Arbeit erwirbt. Dieses Eigentum kann er durch Kapital-Akkumulation vermehren. Das gibt ihm die Möglichkeit, sich von der Feudal-Aristokratie und von der lohnabhängigen Klasse frei zu halten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine politische Nichtteilnahme immer selbst verschuldet ist. [6]

Gesellschaftsvertrag

Freie und gleiche Menschen übertragen Teile ihrer Rechte dem Staat, der die Institutionen schützen muss, die für eine Gesellschaft wichtig sind. Jedem steht das Recht auf Leben, Freiheit und Besitz zu. Die Bürger autorisieren den Staat, für ihre Freiheit und Sicherheit und für freien Güteraustausch zu sorgen. Das zentrale Recht scheint dabei der Besitz zu sein - man hat das Recht Besitz zu erwerben und zu vermehren. Der Besitz bildet neben der Kooperation mit anderen die Grundlage des Tausches. Locke gilt als der Philosoph der „bürgerlichen Herrschaft“. [7] Die negative Seite des Naturzustandes, wo ein jeder sein eigener Richter ist, wie auch jene des Absolutismus wo der Herrscher sein eigener Richter ist, wird so überwunden. [8]


Literatur[Bearbeiten]

  • Gabriel, Manfred (1977):
    "Geschichte der Soziologie. Vorlesung WS 2005/06. Paris Lodron Universität"
    Salzburg
  • Kiss, Gabor (1977):
    "Einführung in die soziologischen Theorien"
    Opladen

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Gabriel 2006
  2. Kiss 1977, 61
  3. Kiss 1977, 62
  4. Gabriel 2006
  5. Kiss 1977, 66-67
  6. Gabriel 2006
  7. Gabriel 2006
  8. Kiss 1977, 65