Soziologische Klassiker/ Jahoda, Marie

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Biographie in Daten[Bearbeiten]

Marie Jahoda

  • geboren am 26.1.1907
  • gestorben am 28.4.2001

verheiratete Lazarsfeld, später Albu; auch: Marie Jahoda-Lazarsfeld, Marie Lazarsfeld-Jahoda, Marie Jahoda Albu;


  • Eltern:
    • Vater: Carl Jahoda (1867-1926), Kaufmann
    • Mutter: Betty Jahoda, geborene Propst (1881-1967), Hausfrau
  • Geschwister: Eduard Jahoda (später: Edward Jahoda; 1903-1980), Unternehmer; Rosi Jahoda, verheiratete Kuerti (geb. 1905), College-Lehrerin (Biologie); Fritz Jahoda (geb. 1909), Dirigent und Professor of Music
  • 1. Ehe: 1927 mit Paul Felix Lazarsfeld (1901-1976), Soziologe; 1934 geschieden.
  • 2. Ehe: 1958 Austen Harry Albu (1903-1994), Labour-Politiker, Member of Parliament 1948-1974, Minister of State am Department of Economic Affairs (1965-1967)
  • Kinder: Lotte Franziska Lazarsfeld, verheiratete Bailyn (geb. 1930), Sozialpsychologin, Professor of Management
  • Religion: jüdisch; seit 1925 o.B.


Biographie[Bearbeiten]

  • 26.01.1907: Geboren in Wien.
  • 1918-1926: Besuch des Mädchen-Realgymnasiums des Vereines für realgymnasialen Mädchenunterricht in Wien; 1926 Matura.
  • 1924-1926: Beitritt 1924 zur "Vereinigung sozialistischer Mittelschüler"; Obfrau im Schuljahr 1925/26. 1926 Sekretärin des landesweiten "Bundes Sozialistischer Mittelschüler". Beitritt zur "Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs".
  • 1926-1928: Besuch der Pädagogischen Akademie Wien; 1928: Diplom.
  • 1926-1931: Studium der Psychologie an der Universität Wien.
  • 1932: Promotion zum Dr. phil. (Psychologie); Dissertation: Anamnesen im Versorgungshaus (Ein Beitrag zur Lebenspsychologie); Betreuer: Karl Bühler (1879-1963) und Robert Reininger (1869-1955).
  • 1928 - 1929: Ein Jahr Aufenthalt in Paris und vorübergehend in Étretat, Seine-Maritime.
  • 1929-1930: Projektmitarbeiterin bei Gustav Ichheiser (1897 - 1969) am Berufsberatungsamt in der Stadt Wien und der Niederösterreichischen Arbeiterkammer in Wien
  • 1929-1934: Politische Aktivitäten innerhalb der Sozialdemokratie; Stellvertretende Sekretärin des Vereins "Arbeitskreis sozialistischer Pädagogen". Referentin bei sozialdemokratischen Frauenvereinen im Rahmen der "Sozialistischen Bildungszentrale". Bibliothekarin der Arbeiterbücherei im Karl-Marx-Hof
  • 1931-1935: Mitarbeiterin, später wissenschaftliche Leiterin, der von ihrme Mann Paul F. Lazarsfeld initiierten "Österreichischen wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle" in Wien
  • 1931-1932: Führend beteiligt an der Studie "Die Arbeitslosen von Marienthal" im niederösterreichischen Gramatneusiedl.
  • 1932-1933: Vierzehnmonatige Psychoanalyse bei Heinz Hartmann
  • 1933-1934: Aushilfslehrerin an verschiedenen Volks- und Hauptschulen in Wien; 1934 als Sozialdemokratin nicht weiterbeschäftigt
  • 1935-1936: Nach Auflösung des Vereins "Österreichische Wirtschaftspsychologische Forschungsstelle" Neugründung als "Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeiter der Österreichischen Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle" als Gesellschaft nach bürgerlichem Recht und alleinige Leiterin.
  • 1934-1936: illegale Tätigkeiten innerhalb der sozialdemokratischen und sozialistischen Bewegung: Mitglied der "Gruppe Funke", seit 1935 enge Zusammenarbeit mit dem Obmann der illegalen "Revolutionären Sozialisten Österreichs" Joseph Buttinger (1906 - 1992)
  • 1936-1937: 1936 wegen illegaler Tätigkeit verhaftet; Schließung der "Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeiter der Österreichischen Wirtschafspsychologischen Forschungsstelle" (diente den "Revolutionären Sozialisten Österreichs" als Poststelle". Wurde wegen eben dieser Poststelle für eine verbotete Organisation zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, jedoch vorzeitige Entlassung 1937 wegen internationaler Proteste, jedoch unter der Bedingung Österreich zu verlassen.
  • 1937-1945: Exil in Großbritannien
  • 1937-1938: Untersuchung eines Selbsthilfeprojekts der "Subsistence Production Societey" arbeitsloser Bergleute im südwalisischen Eastern Valley. Davor und danach Aufenthalt in London.
  • 1938-1940: Lebte in Bristol
  • 1939-1940: Sutie "Socio-Psychological Problems in a Factory" im Rahmen des ihr für drei Jahre zuerkannten Pinsent-Darwin Studentship of Cambridge University.
  • 1940: Übersiedelung nach Street, Somerset.
  • 1940-1941: Assistant Editor beim "War-time Social Survey"
  • 1941-1943: Redakteurin und Sprecherin beim Geheimsender "Radio Rotes Wien" in Woburn bei London im Rahmen des British Foreign Office.
  • 1943-1944: Mitarbeit beim National Institute of Social and Economic Research in London
  • 1944-1945: Angestellte des Research Co-ordination Department der Firma Marks and Spencer Ltd. in London.
  • 1945-1958:Übersiedelung in die USA. Lebte zuerst in Detroit, Michigan, dann in Manhasset, New York
  • 1945-1948: Research Associate bei Max Horkheimer (1895-1973) am Department of Scientific Research des "American Jewish Committee". Beginn der Zusammenarbeit mit Stuart Cook (1913-1993).
  • 1948-1949: Research Associate bei dem von ihrem geschiedenen Ehemann Paul F. Lazarsfeld gegründeten Bureau of Applied Social Research der Columbia University in New York. Enge Zusammenarbeit mit Robert K. Merton.
  • 1949-1958: Associate, dann Full Professor of Psychology an der New York University. 1957 Sabbatical Year (Karenz-Urlaubsjahr), Aufenthalt in London bei ihrem späteren Ehemann Austen Albu.
  • 1958-2001: Lebte in London, seit den 1960er Jahren in Keymer, Sussex.
  • 1958-1965: Zunächst Senior Lecturer in Psychology, seit 1958 Research Fellow am Brunel College of Advanced Technology in Uxbridge, Hillingdon bei London. Mit der Umwandlung in eine Universität seit 1962 Professor of Psychology. Aufbau des Department of Psychology and Social Science.
  • 1965-1973: Professor of Social Psychology an der University of Sussex in Falmer, Brighton. Aufbau des ersten Department of Social Psychology in Großbritannien. 1973 emeritiert.
  • 1965-1978: Zahlreiche Nebenbeschäftigungen: unter anderem Mitglied des britischen "Social Research Council", des Advisory Committee des "Home Secretary on Race Relations Research", des "Council for Science Policy", des "Council for Science Policy", des "Genetic Manipulation Advisory Committee"
  • 1971-1995: Senior Research Consultant, seit 1985 Visiting Professor der "Science Policy Research Unit", einer interdisziplinären Einrichtung der University of Sussex.
  • 28.04.2001: Gestorben in Keymer, Sussex (UK)


Historischer Kontext[Bearbeiten]

Marie Jahoda ist im intellektuellen Milieu in Wien aufgewachsen. Sie war schon als Schülerin politisch aktiv und damals noch sehr optimistisch, sie war überzeugt davon, dass ihre Generation den demokratischen Sozialismus aufbauen würde. Bei ihrer politischen Tätigkeit kam sie auch in Kontakt mit dem Arbeitermilieu. Nach dem Scheitern der sozialdemokratischen Bewegung, ihrem Gefängnisaufenthalt und ihrer erzwungenen Emigration war ihre Einstellung ziemlich pessimistisch und sie wandte sich mehr der Wissenschaft als der Politik zu. 1938 setzte sie sich für Flüchtlinge ein und konnte auch ihren Familienangehörigen die Einreise nach England ermöglichen. Während dem Krieg arbeitete sie zeitweise für "Radio Rotes Wien". Ansonsten stand die Forschung im Mittelpunkt. In den USA erlebte sie während der McCarthy-Ära die Veränderung des geistigen Klimas, die auch ein Forschungsgegenstand für sie wurde.


Theoriegeschichtlicher Kontext[Bearbeiten]

Marie Jahoda stand in keiner festgelegten Denktradition. Wichtig war ihr der lebensnahe Zugang zu den von ihr erforschten Lebensbereichen. Die Wahl ihrer Themen stand in Zusammenhang mit politischen Zielen, sie beschäftigte sich mit realen Problemen, besonders mit dem Problem sozialer Ungleichheit. Aufgrund ihres Psychologiestudiums und ihres Interesses an Psychoanalyse hatte sie eine Neigung zu einem interdisziplinären Zugang zur Erforschung sozialer Beziehungen.


Werke[Bearbeiten]

(Auswahl)


  • "Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkung langdauernder Arbeitslosigkeit" (mit Paul Lazarsfeld & Jams Zeisel) 1932
  • "Antisemetism and emotional disorder. A psychoanalytic interpretation" 1950
  • "Research methods in social relation. With especial reference to prejudice" (mit M. Deutsch & S.W. Cook) 1951
  • "Studies in the scope and method of 'The anthoritarian personality'. Continuities in social research." (mit N.W. Ackermann, T.W. Adorno, u.a.) 1954
  • "The first industrial period. A pilot study and research reflections." 1959
  • "Attitudes. Selected readings." 1966
  • "Thinking about the future. A critique of the limits to growth." 1973
  • "Progress and problems in social forecasting: disciplinary contributions to an interdisciplinary task." 1976
  • "World futures. The great debate." 1978
  • "Des Menschen hohe Braut. Arbeit, Freizeit, Arbeitslosigkeit." 1983
  • "Arbeitslose bei der Arbeit. Die Nachfolgestudie zu 'Marienthal' aus dem Jahr 1938." 1989
  • "Sozialpsychologie der Politik und Kultur." 1994
  • "Sozialwissenschaft und soziale Realität. Ein persönliches Plädoyer." 1995
  • "Ich habe die Welt nicht verändert. Lebenserinnerungen einer Pionierin der Sozialforschung." 1997


Das Werk in Themen und Thesen[Bearbeiten]

Die Arbeitslosen von Marienthal

Die Studie "Die Arbeitslosen von Marienthal" wurde von Marie Jahoda, Paul Lazarsfeld und Hans Zeisel zum Beginn der 1930er Jahre, in einem kleinen Ort an der Donau in der Nähe von Wien, durchgeführt. Die Besonderheit in diesem Ort war eine Fachspinnerei. Die Menschen arbeiteten dort seit 1830 bis zur ersten Krise 1926, in der die halbe Belegschaft entlassen wurde. Im Jahre 1930 musste die Fabrik endgültig geschlossen werden.

Die sogenannten "Arbeitslosen von Marienthal" werden als "ermüdete Gemeinschaft" bezeichnet. Anhand einiger Beispiele soll dies hier verdeutlicht werden:


Bei Arbeit:

  1. regelmäßige Fahrten (Einkäufe,...) nach Wien
  2. reges Teilnehmen bei Festen, Feiern,...
  3. Kindergarten gut besucht
  4. viele gehören einem Verein an


Bei Arbeitslosigkeit:

  1. keine Fahrten mehr nach Wien, da zu teuer
  2. keine großen Veranstaltungen mehr
  3. Kindergarten nicht mehr finanzierbar
  4. Mitgliederrückgang bei Vereinen


Die durchgeführte Studie will das Leben der Menschen in Not und Arbeitslosigkeit beleuchten und Veränderungen gegenüber früheren, besseren Zeiten herausarbeiten. Sie zeigt, dass Arbeitslosigkeit und Armut keine Radikalisierung der Menschen, sondern Resignation zur Folge hat.


Auswirkungen der Arbeitslosigkeit:

Das Interesse an Freizeitbeschäftigungen lässt nach. Der Mitgliederrückgang in den Vereinen, die keinen materiellen Vorteil bringen, zeigt, dass nicht mehr die Aktivität im Verein, sondern nur noch der Nutzen von Bedeutung ist. Das Interesse an Politik verringert sich. Es werden weniger Zeitungen abonniert und Zeitungen, die mehr auf Unterhaltung als auf Politik eingestellt sind, werden bevorzugt. Die Menschen betätigen sich seltener in politischen Parteien und Vereinen. Es gibt weniger politische Auseinandersetzungen und statt dessen mehr persönliche Anfeindungen. Die gleich bleibenden Wahlergebnisse zeigen, dass sich die politischen Einstellungen nicht ändern. Sie verlieren nur an Bedeutung. Der Bibliotheksbesuch geht zurück, die freie Zeit wird nicht zur Weiterbildung genutzt. Die geordnete Haushaltsführung und die körperliche Pflege der Kinder wird aufrechterhalten. Die Haltung der Betroffenen lässt sich in vier Haltungstypen einteilen:


1. ungebrochen:

  • Aufrechterhaltung der Ordnung im Haushalt
  • gute Betreuung der Kinder
  • Geld wird für die Befriedigung der wichtigsten Bedürfnisse eingeteilt
  • subjektives Wohlbefinden
  • Aktivität
  • Pläne und Hoffnungen für die Zukunft
  • aufrechterhaltene Lebenslust
  • immer wieder Versuche zur Arbeitsbeschaffung


2. resigniert (die größte Gruppe):

  • keine Pläne
  • keine Beziehung zur Zukunft
  • keine Hoffnung
  • maximale Einschränkung aller Bedürfnisse, die über die Haushaltsführung hinausgehen
  • Aufrechterhaltung der Ordnung im Haushalt
  • ordnungsgemäße Versorgung der Kinder
  • Geld wird eingeteilt
  • Gefühl relativen Wohlbefindens


3. verzweifelt:

  • Verzweiflung, Depression, Hoffnungslosigkeit
  • Gefühl der Vergeblichkeit aller Bemühungen
  • keine Arbeitssuche, keine Versuche, die Situation zu verbessern
  • häufig wiederkehrende Vergleiche mit der besseren Vergangenheit
  • Aufrechterhaltung der Ordnung im Haushalt
  • Versorgung der Kinder
  • Geld wird eingeteilt


4. apathisch:

  • energieloses, tatenloses Zusehen
  • kein Versuch, etwas vor dem Verfall zu retten
  • Wohnung und Kinder sind unsauber und ungepflegt
  • es gibt oft Streit in der Familie
  • das Unterstützungsgeld wird schon in den ersten Tagen ausgegeben
  • Betteln und Stehlen sind häufige Begleiterscheinungen
  • keine Hoffnung
  • keine Pläne für die Zukunft oder für die nächsten Tage und Stunden
  • die Stimmung ist nicht verzweifelt, sondern gleichgültig


Die Stimmungslage steht in einem Zusammenhang mit der Höhe der Arbeitslosenunterstützung. Der Haltungstyp hängt davon ab, ob genügend Geld vorhanden ist, um beschädigte Kleidungsstücke, Schuhe und Haushaltsgegenstände zu ersetzen oder zu reparieren und um ausreichendes Essen zu kaufen. Allerdings spielen auch persönliche Faktoren und die frühere Lebenssituation eine Rolle.

Auch Kinder und Jugendliche nehmen bei Arbeitslosigkeit der Eltern eine resignierte Haltung an.


Arbeit gibt eine feste Zeitstruktur vor und die begrenzte Freizeit wird genutzt. Bei Arbeitslosigkeit verliert die Zeiteinteilung ihren Sinn. Die freie Zeit wird mit Nichtstun verschwendet. Die Arbeit im Haushalt dauert wegen der Einschränkung der Mittel wesentlich länger.


Vorurteils- und Antisemitismusforschung

Vorurteilsbehaftete Personen weichen Informationen, die im Widerspruch zu ihren Ansichten stehen, aus. Wenn sie mit solchen Informationen konfrontiert werden, vermeiden sie es, sich damit auseinandersetzen zu müssen, indem sie die betreffende Botschaft einfach nicht verstehen und umdeuten. Dieser psychische Mechanismus ermöglicht es, die Ansichten nicht an der Realität zu überprüfen und sie trotz ihrer irrationalen Basis nicht ändern zu müssen.

Das antisemitische Stereotyp ergibt nicht wie andere Stereotype ein zusammenhängendes Bild, sondern es ist in sich widersprüchlich. Juden wird unterstellt, sie wären zugleich Kapitalisten und Kommunisten, geizig und verschwenderisch, zu ehrgeizig und arbeitsscheu... Personen mit antisemitischen Vorurteilen haben eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur. Sie sind unfähig, Mehrdeutigkeiten zu ertragen. Zu ihren Einstellungen gehören eine zustimmende Haltung zu scharf definierten sozialen Hierarchien, Autoritätsgläubigkeit, Verachtung gegenüber Schwachen, Überbetonung von Strafe als Mittel der sozialen Kontrolle, Ablehnung jeder Art von Abweichung, Antiintellektualismus und eine Abneigung gegen die Introspektion.

Bei dem Ausmaß der Irrationalität und den selbstdestruktiven Aspekten der Persönlichkeit ist ein psychiatrischer Zugang zum Problem des Antisemitismus naheliegend. Antisemitismus ist nicht nur eine oberflächliche Meinung, es ist ein Symptom einer fundamentalen Persönlichkeitsstörung.

Die Untersuchung von Fallgeschichten von Patienten in psychoanalytischer Therapie mit antisemitischen Einstellungen ergab folgende Persönlichkeitsmerkmale:

  • subjektiv nicht eingestandene diffuse Ängste werden durch Aggressionen ersetzt
  • Tendenz zu zwanghafter Unterwerfung
  • Forderung nach Konformität
  • defektes Gewissen
  • Unsicherheit und Verwirrung als Reaktion auf die Unterschiede zwischen den Eltern
  • sprunghaft wechselnde Gruppenloyalitäten
  • Pseudoidentifikation mit mächtigen herrschenden Gruppen

Teile der Persönlichkeit werden nicht akzeptiert und durch Projektion eliminiert. Sie werden durch Introjektionen ersetzt.


Konformismus

Während der McCarthy-Ära entstand in den USA durch Loyalitätsüberprüfungen aus Furcht vor kommunistischer Unterwanderung ein konformistisches geistiges Klima. Zur Untersuchung der Auswirkungen der Überprüfungen wurden höhere Bundesbeamte und Angehörige verschiedener Universitäten befragt.

Wie reagieren Unbeteiligte auf McCarthyismus?

Es gibt folgende Verhaltensänderungen und Vorsichtsmaßnahmen, um nicht verdächtigt zu werden:

  • Zeitungen werden am Kiosk gekauft, um nicht auf der Abonnentenliste zu stehen
  • Bücher, die vielleicht verdächtig erscheinen könnten, werden nicht mehr aufbewahrt
  • in Gesprächen werden politische Themen vermieden
  • Auf Mitgliedschaft in Organisationen mit gemeinnützigen und sozialen Zielen wird verzichtet

Die Auswirkungen sind geringer, wenn die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsbeziehungen gut sind und wenn Unterstützung vom Vorgesetzten erwartet wird. Je klarer jemand die Positionen in dem Weltkonflikt erfasst hat, unso weniger wirken sich die Sicherheitsmaßnahmen auf sein Verhalten aus.

Eine Untersuchung wegen falscher Anschuldigungen fügt dem Beschuldigten erheblichen Schaden zu. Neben den Anwaltskosten und der Verunsicherung wegen den unklaren Kriterien der Schuld, wirkt sich die Untersuchung rufschädigend aus. Auch nach einem Freispruch wird jemandem, der verdächtigt wurde, noch Mißtrauen entgegengebracht.

Rezeption und Wirkung[Bearbeiten]

Kaum andere Untersuchungen können und konnten jemals einen derart fesselnden und intensiven Eindruck vom sowohl materiellen als auch ideellen Elend aufgrund der Arbeitslosigkeit widerspiegeln wie "Die Arbeitslosen von Marienthal".

Seit Erscheinen ist dieses Werk ein Klassiker in der Gemeindeforschung und in der Widerspiegelung der Folgen von Arbeitslosigkeit. Neben ihrem Hauptthema Arbeitslosigkeit hat Jahoda auch in anderen Bereichen einen Beitrag zum Erreichen des heutigen Wissensstandes geleistet. Wichtig ist auch ihr Beitrag zur Entwicklung lebensnaher Forschungsmethoden.

Literatur[Bearbeiten]

  • Marie Jahoda/ Paul F. Lazarsfeld/ Hans Zeisel (1978):
    "Die Arbeitslosen von Marienthal, 2. Aufl."
    Frankfurt am Main
  • Marie Jahoda (1997):
    "Ich habe die Welt nicht verändert, herausgegeben von Steffani Enger und Brigitte Hasenjürgen"
    Frankfurt am Main
  • Marie Jahoda (1994):
    "Sozialpsychologie der Politik und Kultur. Ausgewählte Schriften, hrsg. u. eingel. von Christian Fleck, 1. Auflage"
    Graz-Wien