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Soziologische Klassiker/ Migrationssoziologie/ Marginalisierung von Migranten

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Marginalisierung der Migranten im Aufnahmeland

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Eines jener Themen, das im Zusammenhang mit Migration häufig Erwähnung findet, ist die Marginalisierung von Migranten im Aufnahmeland. Die Betrachtung der soziokulturellen und wirtschaftlichen Probleme im Bezug auf den soziokulturellen und strukturellen Kontext des Aufnahmelandes erscheint insofern von Bedeutung, da einerseits Probleme, welcher der Migrant auf Gruppenebene besitzt, aufgezeigt werden können. Andererseits erfolgt auf theoretischer Ebene eine Analyse von kausalen Zusammenhängen, um die Eigendynamik und sozialen Auswirkungen der Gruppenprobleme der Migranten auf die Reaktion der Aufnahmegesellschaft hin zu untersuchen. Erst durch diese Wechselseitigkeit kann eine sozioökonomische Marginalisierung entstehen.


Residentiale Konzentration und Segregation der Migranten

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Eine residentiale Konzentration und die damit einhergehende ethnische Homogenisierung von Einwanderern ist keineswegs ein Phänomen der Gegenwart. Bereits in der Vergangenheit war die Sozialstruktur durch die wirtschaftliche und ideologisch bedingte räumlichen Verteilung der Bevölkerung bestimmt. So existierten im Mittelalter eine durch Stände begründete Sozialordnung bzw. in der Zeit der Industrialisierung große Stadtbereiche, die an die Fabriken angeschlossen waren und nur als Arbeiterquartiere dienten, um damit eine räumliche Segregation zu schaffen. Trotz der heute stärker vorhandenen Vermischung von Berufsgruppen in Wohngebieten ist eine räumliche Konzentration nach Einkommen und Privilegien der Gruppen festzustellen, d.h. sozial-ökonomisch benachteiligte Gruppen leben eher in Gebieten mit schlechterer Wohnqualität als Personen mit besserem Einkommen. Da die Mehrheit der Migranten mit einer schlechten ökonomischen Ausgangslage das Aufnahmeland betreten, sind diese von einer sozialen Selektion und Segregation verstärkt betroffen. Was diesen Segregationsprozess zusätzlich verstärkt, ist das zumeist vorhandene Bestreben der Migranten die kulturelle Eigenwertigkeit zu bewahren und zu pflegen.


Gründe für die Entstehung residentialer Konzentration von Migranten

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a.) Kettenmigration

Kettenmigration bezeichnet jene Art von Migration, die durch Familienangehörige, Verwandte oder Bekannte, welche bereits im neuen Aufnahmeland leben, begründet und verursacht wird. Durch eine residentiale Konzentration erhoffen sich die Migranten familiale Unterstützung bei der Eingliederung in die Aufnahmegesellschaft. Die angesprochene Kettenmigration ist mit kulturellen Wertvorstellungen in Bezug auf den gesellschaftlichen Stellenwert der Familie und des Verwandtschaftssystems verknüpft. Damit neigen vor allem Immigranten aus südeuropäischen Ländern dazu, sich aufgrund der Wichtigkeit von Großfamilienstrukturen, in koethnisch konzentrierten Stadtgebieten niederzulassen.

b.) Wirtschaftswachstum im Aufnahmeland

Dort wo in einem Land die Nachfrage an Arbeitskräfte nicht durch die lokale Bevölkerung gedeckt werden kann, wird der Arbeitsmarkt geöffnet und es kommt zur Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften. Da diese zumeist aus zweckrational-finanziellen Gründen ohne die Familie und mit Rückkehrintention eine Emigration vollziehen bzw. vertraglich an einen bestimmten Betrieb gebunden sind, leben diese zumeist in den zur Verfügung gestellten Werkswohnungen. Aufgrund der Diskriminierung am Wohnungsmarkt sowie der staatlichen Siedlungspolitik kommt es wiederum zur Entstehung von ethnisch konzentrierten Wohngebieten.

c.) Diskriminierung am Wohnungsmarkt und staatliche Siedlungspolitik

Vor allem dieser Faktor ist im Zusammenhang mit der residentialen Konzentration von Migranten von Interesse. In den USA wurden Studien durchgeführt, nach welchen zwischen der geographischen Konzentration von Armut und Segregation der Bevölkerung eine Korrelation bestand. Es wurde festgestellt, dass zwischen 1970 bis Mitte der 80er Jahre eine Steigerung der Armen in den „high-poverty-areas“ erfolgt ist und es daher zu einer vermehrten räumlichen Konzentration von Kriminalität und Gewalt gekommen ist. Da, wie in einer Studie zwischen Ende 1980 und Anfang der 1990 Jahre erhoben wurde, die Rassensegregation und –diskriminierung in den USA am Wohnungsmarkt nach wie vor hoch ist, kann eine räumliche Assimilation kaum vollzogen werden. Auch die staatliche Siedlungspolitik, die eng mit der lokalen Flüchtlingspolitik zusammenarbeitet, ist Auslöser für die Entstehung einer territorialen Konzentration, da beispielsweise eine bestimmte Bevölkerungsgruppe in öffentlich finanzierten Gebäuden untergebracht wird. In Deutschland wurde anhand von „filtering up“ und „filtering down“- Modellen versucht, den Austausch der ansässigen mit der eindringenden Bevölkerung zu untersuchen. „Filtering up“ meint in diesem Sinne, dass die Bevölkerung eines bestimmten Gebietes, durch eine statushöhere Gesellschaft ausgetauscht wird, wohingegen „filtering down“ den gegenteiligen Prozess beschreibt. In einer von Jürgen H. P. Hoffmeyer-Zlotnik 1976 durchgeführten Studie über die türkischen Arbeitsmigranten in Berlin-Kreuzberg wurde ersichtlich, dass 1.) durch die Kettenmigration die Anzahl der türkischen Arbeitsmigranten stark gestiegen war und 2.) aufgrund der Tatsache, dass diese überwiegend in Altbauwohnungen ohne sanitäre Anlagen lebten, eindeutig von einer Diskriminierung am Arbeitsmarkt gekennzeichnet waren. Vor allem aufgrund möglicher Zwischennutzungsverträge, welche den Vermietern eine raschere Kündigung ermöglichte und höheren Renditen wurde die Vermietung von Wohnungen an Arbeitsmigranten in Berlin-Kreuzberg angestrebt.

Wie anhand der USA oder dem gerade genannten Beispiel Berlin-Kreuzberg ersichtlich ist, liegt der Grund der räumliche Segregation in der sozialen Ungleichheit. Damit ist eine räumliche Konzentration nicht nur auf eine freiwillige Entscheidung zurückzuführen. Eine wohnliche Segregation führt unter anderem zu einer sozialen Segregation d.h. aufgrund der ethnischen „visibility“, Vorurteilen und Angst, dem Gefühl der Bedrohung meiden Einheimische ethnisch konzentrierte Wohngebiete. Damit verbunden sind kulturelle Stereotpyen, welche durch die Sozialisation dem Individuum vermittelt werden. Diese beruhen auf Übertreibungen, Irrtümer bzw. Halbwahrheiten und werden aufgrund ihrer Vereinfachungsfunktion oftmals schnell und unkritisch übernommen. Eines der im Zusammenhang mit residentialer Konzentration am häufigsten formulierten Vorurteile ist die fehlende Integrationsbereitschaft. Als eine Folge von Vorurteilen ist unter anderem die soziale Distanz zu sehen, die bei Einheimischen und Migranten von ethnisch konzentrierten Wohngebieten vor allem durch die Bestrebungen ersichtlich werden, den eigenen sozialen Status gegenüber statusniedrigeren Personen abzugrenzen. Grund für die soziale Distanz könnte einerseits die Abgrenzungsfunktion im Sinne der Demonstration der Zugehörigkeit sein, andererseits aber auch die Ablehnung von nachbarschaftlichen, kommunalen Integrationshilfen.

Je höher damit die soziale Distanz, desto größer die räumliche Distanz und je intensiver die residentiale Konzentration vorzufinden ist, desto wahrscheinlicher ist die Entwicklung der residentialen Segregation. Segregation meint die soziale und territoriale Ausgrenzung der Minderheit von Seiten der Mehrheit, um die eigenen Interessen formell oder informell auszubauen. Als Folge der Segregation bzw. residentialen Konzentration ist, neben der räumlichen Benachteiligung, die Intensivierung der sozialen Benachteiligung zu sehen – womit die Folge der residentialen Segregation zugleich die Ursache sozialer Ungleichheit ist.

Beispiel aus der Soziologie

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Der marginalisierte Migrant ist Teil von Robert E. Parks Konzept des Randseiters. Der Randseiter nach Park ist ein kultureller Hybrid, der sowohl in der Heimat als auch in der neuen Lebenswelt verankert ist. Er ist einerseits nicht bereit, seine Vergangenheit und Traditionen aufzugeben, andererseits wird er aufgrund rassischer Vorurteile in der neuen Residenzgesellschaft nicht akzeptiert. Er lebt sozusagen „zwischen“ zwei Kulturen, welche sich gegenseitig nie vollständig durchdrungen haben und verschmolzen sind. Das Verhältnis des Randseiters zur neuen Residenzgesellschaft lässt sich sehr gut mit dem von Park eingeführten "Abseits" fassen. So stellt sich jedoch die Frage wie dieser überhaupt neue, kulturelle Gegebenheiten begrifflich fassen kann? Dieselbe Frage stellt sich auch beim sozialen Typus des „Gastarbeiters“ der im Unterschied zu Parks Randseiter in einem selbsterwählten Ghetto lebt und das Extrem des „nicht integriert werden Wollens“ vertritt. Der Gastarbeiter neigt dazu, isoliert in der neuen Residenzgesellschaft zu leben. Im Unterschied dazu ist der von Schütz beschriebene Fremde Willens, sich die neuen Kultur- und Zivilisationsmuster anzueignen, wohingegen der Gastarbeiter zumeist keine Integration anstrebt, da dessen Aufenthalt nur beruflich bedingt und nicht auf Dauer angelegt ist. Er verweilt in der Rolle des Außenseiters. Der Gastarbeiter fixiert sich stark auf die in-group, wonach häufig kulturell homogene Kolonien, wie etwa in den USA „Little Tokyo“ oder „Chinatown“, entstehen. Es wird so lange ein Sozialleben innerhalb der ethnischen Gruppe bzw. Heimatkultur gelebt so lange dies funktioniert. Es herrscht die Tendenz zur Bildung einer eigenen ethnischen in-group vor, so dass eine Assimilation an die Residenzgesellschaft nicht zwingend angestrebt wird. In diesem Sinne ist gegenüber der neuen Residenzgesellschaft nur von einem „Wir-Bewusstsein“ in Bezug auf einen gemeinsam geteilten geographischen und wirtschaftlichen, vielleicht auch beruflichen und sprachlichen, Raum die Rede. Das „Wir-Bewusstsein“ im Bezug auf ethnische, religiöse, kulturelle Werte usw. ist nur, wie ersichtlich wurde, innerhalb der eigenen ethnischen Gruppe vorhanden.

Das „Wir“ als Ausgangspunkt für Typisierungen, Stereotypen und Vorurteile

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Das Schemata „Wir“ und „Ihr“ bzw. die Abgrenzung der Eigengruppe stellt den Bezugsrahmen zur Existenz und Wirkung von Typisierungen bzw. in weiterer Folge von sozialen Vorurteilen dar. Alfred Schütz spricht in diesem Sinne von einer nicht unmittelbaren Wir-Beziehung, genauer gesagt einer Ihr-Einstellung die durch eine Anonymität und Abstraktionen geleitet ist. (vgl. Gabriel:7) Elke M. Geenen verweist in ihrer Abhandlung auf die Definition von Lofland, nach welcher eine Person dann als fremd definiert wird, wenn sie […] aus der Perspektive des Akteurs ihm persönlich unbekannt ist. Aufgrund der Tatsache, dass dem Einzelnen die meisten Menschen unbekannt sind, wird auf kategoriales Wissen bzw. nach Schütz Typisierungen, zurückgegriffen.(vgl. Geenen 2002:22) Während dem Handelnden der in-group von Mit-Handelnden eine leistende, typische Funktion zugeschrieben wird, sieht der Fremde diese vielmehr als Individuen und neigt weiter dazu, Eigenschaften von Individuen der neuen Gruppe auf die gesamte neue Residenzgesellschaft zu übertragen. Kurz gesagt konstruiert der Fremde nach Schütz: […]eine soziale Welt der Pseudoanonymität, Pseudointimität und Pseudotypizität […] (vlg. Merz-Benz/Wagner 2002:89) Die angesprochene Pseudotypizität kann sich, wie anhand eines Verweises von Elke M.Geenen auf Max Frisch deutlich wird, sowohl auf Objekte sowie auf individuelle, Merkmale oder Eigenheiten die einer sozialen Gruppe als typisch zugeschrieben werden, beziehen. Pseudotypizitäten im Bezug auf eine out-group werden vor allem dann gestärkt, wenn sie von einer Gruppe geteilt werden, wobei dieser Begriff nicht zwangsläufig mit einer negativen Assoziation oder negativen Zuschreibung von Eigenschaften in Richtung der out-group zu sehen ist. Pseudotypsierungen können auch eine Idealisierungsfunktion von Individuen oder sozialen Gruppen inne haben.

Alfred Schütz spricht den Aspekt der verallgemeinerten Denkmuster auch in seinem Text zum Heimkehrer an und erläutert die Typenbildung anhand der ehemaligen Heimatgruppe des Fremden, die gegenüber dessen neuen Bezugs-, und Kulturgruppe Typenvorstellungen besitzt. Schütz’ Betonung liegt aber vor allem auf dem Konzept des Verstehens, das sich aufgrund getrennter Lebenswelten in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Der Fremde besitzt damit, so lange er in seiner gewohnten Lebenswelt verharrt, eine Reihe an Beziehungen zu Personen bzw. Gruppen. Durch den Ortswechsel werden diese einzigartigen Konstellationen in die Erinnerung transferiert und erhalten den Charakter einer Type. Der Fremde oder auch die Zurückgelassenen der ehemaligen in-group gehen davon aus, dass [...] das in der Vergangenheit als typisch Erwiesene auch in der Zukunft eine gute Chance haben wird, typisch zu sein; oder mit anderen Worten, dass das Leben weiterhin das sein wird, was es bisher gewesen ist [...]“ (Merz-Benz/Wagner 2002:101) Es wird sozusagen von einer Kontinuität der sozialen Beziehung und der Intimität ausgegangen, was sich aber letztendlich wie auch Schütz in seinen Erläuterungen zum Heimkehrer beschreibt, als Trugschluss erweist. Schütz führt als Beispiel den Frontsoldaten an, welcher von den in der Heimat Verbliebenen, Briefe erhält, die kein Verständnis für dessen Situation ersichtlich werden lassen. Grund für das fehlende Verständnis ist der Wechsel des Relevanzsystems und der Intimität, wobei Intimität auf den Grad des verlässlichen Wissens bezogen ist. Diese beiden Faktoren werden von der Heimatgruppe und dem Abwesenden unterschiedlich wahrgenommen. Die zu Hause Gebliebenen erfahren die Veränderung von Relevanzsystemen in der gleichen Zeitspanne und passen sich und ihre Auslegungssysteme simultan an die veränderte soziale Lebenswelt an. Daher ist nicht von einem Zusammenbruch des gewohnten Systems sondern von einer Modifizierung des Systems zu sprechen. Problematisch ist die Tatsache, dass der Soldat zwar die allgemeinen Muster seiner Heimat kennt und daher immer ein gewisses Verständnis für die heimatliche Lebenswelt bestehen wird. (vgl. ebd. 2002:100-103) „Die zu Hause Gebliebenen aber haben keine unmittelbare Erfahrung, wie der Soldat an der Front lebt. „Es gibt Berichte in den Zeitungen, im Rundfunk und im Fernsehen, Berichte der Heimkehrer, Farbfilme, offizielle und inoffizielle Propaganda aber all das bildet nur das Stereotyp vom Soldatenleben […]“(ebd. 2002: 103) Anhand dieser von Schütz getätigten Überlegungen wird die Notwendigkeit deutlich, die ungeheure Vielfalt an Erscheinungen in Kategorien und Begriffe einzuordnen und zu verallgemeinern, um in Folge die Welt zu strukturieren. Keineswegs darf aber der Prozess der Typisierung mit jenem der Stereotypisierung bzw. der Bildung von Vorurteilen gleichgesetzt werden, da diese als spezifische Form der Verallgemeinerung zu sehen sind. (vgl. Ostermann/Nicklas 1976:4) „Der Begriff Stereotyp [griech. stereos: starr, unbeweglich/ griech. typos, latein. typus: Muster] stammt ursprünglich aus dem Bereich der Buchdruckpresse und bezeichnet dort Metallformen, die dazu benutzt wurden, eine Vielzahl von exakten Kopien für den Druck zu erstellen.“ Stereotypen meinen dahingehend […] stark vereinfachte, generalisierte, klischeehafte Vorstellungen.“ (ebd. 1976:3) Ostermann und Nicklas verweisen in ihrem Buch zu Vorurteilen und Fremdbildern auf Klineberg, der Stereotype als „Bilder in unseren Köpfen“ beschreibt. Diese Bilder und Vorstellungen beruhen nicht auf empirischen Daten, sondern sind aus dem Alltag übernommene, verfestigte und nicht neutrale Vorstellungskomplexe. Stereotypen haben für das Individuum eine Orientierungsfunktion inne. „Sie sind die geistigen Schubladen, die das Einordnen von Menschen erleichtern. Man muß [sic!] sich nicht jedes Mal [sic!] fragen, was für ein Mensch ist das, sondern kann mit einem vorgefertigten Satz von Vorstellungen ihm gegenübertreten.“ (Ostermann/Nicklas 1976:4)


Ethnische Vorurteile und Diskriminierungen

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Im Unterschied zur Generalisierung dient die Zuschreibung von Vorurteilen der Abwehr von Unsicherheit oder Angst und ist aufgrund dieser Funktion anhand von Erfahrungen sehr viel schwerer veränderbar. Einerseits dienen Vorurteile damit der Aggressionsabfuhr, da anhand des hohen Maßes des Triebverzichts in unserer Gesellschaft das Aggressionspotential charakteristisch für alle entwickelten Gesellschaften ist. Andererseits verspricht das Vorurteil gegenüber einer Fremdgruppe die Stärkung der gruppeninternen Strukturen und den Erhalt des Gruppengleichgewichts, aufgrund des gruppenkonformen Verhaltens. (vgl. ebd. 1976:7) Das bedeutet die Bildung von Identität wird durch die gemeinsame Abwehr gegen den Fremden erleichtert, es findet eine gemeinsame Identifikation durch die abwehrende Haltung statt und Widersprüche bzw. Konflikte gruppeninterner Natur werden vernachlässigt. (vgl. Geenen 2002:201) Vorurteile sind daher keineswegs mit dem kritischen und rationalen interpretieren von gesellschaftlichen Zusammenhängen gleichzusetzen. Die Funktion von Vorurteilen besteht in der Wahrung der psychischen Sicherheit und kann nur im gesellschaftlichen Zusammenhang verstanden werden. (vgl.Ostermann/Nicklas 1976:11-19)

Da Migranten zumeist einen objektiv wahrnehmbaren, niedrigeren sozialen Status als die Residenzgesellschaft besitzen, sind diese Vorurteilen und Diskriminierungen in sozialen und institutionellen Bereichen der Residenzgesellschaft ausgesetzt. Ein benachteiligter Rechtsstatus und die Benachteiligung im öffentlichen Bereich führen oftmals zu einer legalen, institutionellen Diskriminierung, was wiederum die Vorurteilsbildung verstärkt. Als einer der ersten Forscher der die Thematik der ethnischen Vorurteile untersuchte ist Emory S. Bogardus zu nennen, der in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts im Rahmen der Migrations- und Stadtsoziologie das Phänomen der sozialen Distanz bei Städtern, die mit großer physischer Nähe konfrontiert waren, untersuchte. Die befragten Personen sollten sieben Aussagesätze, von freundschaftlichen Gefühlen bis hin zur Diskriminierung und sozialen Distanz gegenüber Einwanderern in eine spontane Reihenfolge bringen. Ergebnis dieser Untersuchung war die Erkenntnis, dass Einheimische gegenüber Einwanderungsgruppen immer dann ablehnend wirken, wenn sie ihren sozialen Status als gefährdet sehen. Auch die Tiefen- und Sozialpsychologie der 50er Jahre mit Theodor W. Adorno, schenkte augehend vom Antisemitismus sein Interesse der Vorurteilsforschung. Es wurde deutlich, dass antidemokratische bzw. faschistische Personen besonders empfänglich für faschistische Ideologien waren und daher eher zur unkritischen Aufnahme von Vorurteilen tendierten. Nach Allport kennzeichnet sich das Vorurteil durch zwei Charakteristiken: 1.) Es kann durch neue Informationen bei jenem der das Vorurteil hat, nicht widerlegt werden 2.) Ein Vorurteil ist eine Antipathie, eine fehlerhafte und starre Verallgemeinerung, welches sich an einem Individuum oder einer ganzen Gruppe ausdrückt oder aber auch nur als solches gefühlt wird.

Quellenverzeichnis

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  • HAN, Petrus (2005):
    "Soziologie der Migration,2. Auflage"
    Stuttgart: Lucius&Lucius.
  • GEENEN, Elke M. (2002):
    "Soziologie des Fremden, Ein gesellschaftstheoretischer Entwurf"
    Opladen: Leske und Budrich.
  • MERZ-BENZ, Peter-Ulrich, WAGNER, Gerhard (Hrsg.) (2002):
    "Der Fremde als sozialer Typus,Klassische soziologische Texte zu einem aktuellen Phänomen"
    Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft mbH.
  • OSTERMANN, Änne/NICKLAS, Hans (1976):
    "Vorurteile und Feindbilder"
    München; Wien u.a: Urban & Schwarzenberg.