Ing: Grundlagen der Elektrotechnik/ Druckversion/ Die elektrische Ladung und das elektrische Feld
Positive und negative elektrische Ladungen
[Bearbeiten]Bereits im antiken Griechenland beobachteten Philosophen Ereignisse in der Natur und versuchten, diese zu erklären. So beobachteten sie unter anderem, dass zwei Stücke Bernstein, die man an einem Fell reibt, sich gegenseitig abstoßen.
Bernstein heißt auf Griechisch Elektron. Als später die Zusammenhänge dieses Phänomens erforscht wurden, wurde der Begriff „Elektron“ zum Namensgeber für einen großen Teilbereich der Physik, der Elektrotechnik, und auch für einen der Grundbausteine jeden Atoms (Atom ist ebenfalls Griechisch und bedeutet so viel wie „das Unteilbare“), dem Elektron.
Diese Beobachtung können wir auch heute sehr einfach nachstellen. Alles, was wir dazu benötigen, sind zwei Plastikstäbe, wovon einer an einem Faden aufgehängt wird, und ein Tuch, mit dem wir beide Stäbe abreiben.
- Versuch 1
Bringt man nun den losen Stab in die Nähe des aufgehängten Stabes, so bewegt sich dieser von dem anderen weg.
- Versuch 2
Was passiert aber nun, wenn wir einen Glasstab mit dem gleichen Tuch abreiben und dann in die Nähe des aufgehängten Plastikstabs bringen?
Wir können nun beobachten, dass der Plastikstab von dem Glasstab angezogen wird.
Die Ursache für diese Kraftwirkung liegt in einer elektrischen Aufladung der Stäbe, die durch das Reiben mit dem Tuch entstand. Die beiden unterschiedlichen Auswirkungen lassen bereits vermuten, dass es zwei unterschiedliche Ladungen gibt.
Da die beiden Plastikstäbe aus dem gleichen Material bestehen, können wir davon ausgehen, dass sie durch das Reiben mit dem Tuch auch beide eine gleichartige Ladung erhalten haben. Somit stellen wir fest: Gleichartige Ladungen stoßen sich ab.
Bei dem zweiten Experiment mit dem Glasstab beobachteten wir eine gegenteilige Wirkung. Daher können wir daraus schließen, dass der Plastikstab und der Glasstab durch das Reiben mit dem Tuch nicht die gleiche Art von Ladung erhalten haben. Also halten wir fest, dass ungleichartige Ladungen sich anziehen.
- Versuch 3
Reibe eine ausgediente CD mit einem Lappen aus Wolle. Die aufgeladene CD zieht Papierschnipsel an.
- Ursache für die Aufladung
Die Atome unterschiedlicher Stoffe halten ihre Außenelektronen unterschiedlich stark fest. Durch den intensiven Kontakt beim Reiben verliert diejenige Substanz, welche die Elektronen weniger gut festhält, ihre Elektronen an die andere Substanz.
- Ladung
Atome bestehen aus den Elementarteilchen Protonen, Neutronen und Elektronen. Elektronen besitzen die kleinstmögliche negative elektrische Ladung. Diese Ladung wird als Elementarladung bezeichnet. Protonen besitzen die gleich große positive Elementarladung.
Atome bestehen normalerweise aus genau so vielen Elektronen, wie Protonen. Sie erscheinen nach außen hin neutral, da sich die negativen Ladungen der Elektronen und die positiven Ladungen der Protonen gegenseitig aufheben.
Atome, die mehr Elektronen als Protonen besitzen wirken nach außen negativ geladen und heißen negative Ionen.
Atome, die mehr Protonen als Elektronen besitzen wirken nach außen positiv geladen und heißen positive Ionen.
Körper in denen es insgesamt eine größere oder kleinere Anzahl von Elektronen als Protonen gibt sind geladene Körper.
Die Ladung eines Raumes ist die Differenz der in ihm enthaltenen positiven Ladungen und der in ihm enthaltenen negativen Ladungen. Die Ladung ist also immer ein Vielfaches der Elementarladung.
Elementarladung
[Bearbeiten]Die Elementarladung ist die kleinste natürlich vorkommende elektrische Ladung. Positive wie negative Ladungen treten stets als ganzzahlige Vielfache der Elementarladung auf. Ein Elektron hat die Ladung -e. Ein Proton hat die Ladung +e.
Der Wert dieser physikalische Konstanten beträgt .
bezeichnet die Einheit Coulomb. Coulomb lässt sich in SI-Einheiten ausdrücken durch .
Die Größe der Elementarladung wurde zuerst von dem Physiker und Nobelpreisträger Robert Andrews Millikan im Millikan-Versuch bestimmt.
Kraftwirkung von Ladungen
[Bearbeiten]Coulombsche Gesetz
[Bearbeiten]Wie wir bereits erkannt haben, üben Ladungen Kräfte aufeinander aus. Ladungen gleichen Vorzeichens stoßen sich ab, Ladungen ungleichen Vorzeichens ziehen sich an. Die Kraftwirkung zwischen zwei ruhenden Punktladungen, wird durch das Coulombsche Gesetz beschrieben. Die folgende Gleichung beschreibt das Gesetz in einer allgemeinen Form:
Die Kraft ist proportional zum Produkt der Ladungen , und umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes der beiden Punktladungen.
Die Einheitengleichung lautet:
Die Einheit des Proportionalitätsfaktors ergibt sich zu .
Es ist nützlich und üblich, den Faktor in der Form zu schreiben. Die Gleichung des Coulombschen Gesetzes wird damit zu:
| |||||||||||||||
Coulombsches Gesetz
|
hat die Einheit .
Es ist leicht zu erkennen, dass der Oberfläche einer gedachten Kugel entspricht, welche die Bezugsladung umgibt (Ladung, die sich an diesem Ort befindet, an der r = 0 ist). ist die so genannte elektrische Feldkonstante. Sie hat folgenden Wert:
hat folgende SI-Basiseinheiten: Üblicherweise wird angegeben in: |
ist die relative Dielektrizitätskonstante welche Materialabhängig ist.
Sie gibt die Durchlässigkeit von Materie für elektrische Felder an.
Medium | εr | Medium | εr |
---|---|---|---|
Vakuum | 1,0 | Luft | 1,00059 |
Ammoniak (0 °C) | 1,007 | Glas | 6 - 8 |
Gummi | 2,5 - 3 | Kaliumchlorid | 4,94 |
spezielle Keramik | bis 10000 | Polyethylen (PE) (90 °C) | 2,4 |
Propanol | 18,3 | Paraffin | 2,2 |
Wasser | 80,1 | Eis (-20 °C, f > 100 kHz) | 3,2 |
Elektrische Felder
[Bearbeiten]Wir haben bereits im Kapitel Kraftwirkung von Ladungen gesehen, dass elektrische Ladungen Kräfte aufeinander ausüben. Die Idee bei der Definition des elektrischen Feldes ist es, den Effekt, dass auf eine Testladung Kraft ausgeübt wird, als Wirkung einer Eigenschaft des Raumes aufzufassen. Aus dem Coulombschen Gesetz folgt, dass die Kraft , die auf eine Ladung wirkt, proportional zu der Größe der Ladung ist. Der Proportionalitätsfaktor wird als elektrische Feldstärke bezeichnet. Bei der Kraft handelt es sich um eine gerichtete Größe, daher werden und als Vektoren geschrieben.
Das Coulombsche Gesetz beschreibt die Kraft zwischen zwei Ladungen abhängig vom Abstand:
- mit
ist der Abstand zwischen den Ladungen ( und ). Wenn und die Orte der Ladungen bezeichnen, dann gilt und damit:
Wenn wir nun die Ladung am Ort festhalten, dann ist die Größe nur noch von abhängig, dem Ort der Probeladung . kann man daher als eine Eigenschaft des Raums auffassen. Diese Eigenschaft heißt elektrisches Feld.
Die Kraft wirkt auf die Testladung (Ladung , Ort ) in Richtung des Ortes der anderen Ladung (, ), wenn und verschiedene Vorzeichen haben. Bei gleichen Vorzeichen von und ist entgegengesetzt gerichtet. ist ein Einheitsvektor, der von in Richtung zeigt. Damit kann die Kraft als Vektor geschrieben werden:
In der Gleichung ist die elektrische Feldstärke also:
| ||||||||||||||||||
Elektrisches Feld um eine Punktladung
|
Die obige Formel gibt das elektrische Feld an, das durch eine Punktladung der Ladung am Ort entsteht. Für Ladungen, die keine Punktladungen sind, ist die Formel nicht richtig. Jedoch lassen sich elektrische Felder mehrerer Punktladungen superpositionieren.
Die oben schon angegebene Beziehung
heißt für beliebige elektrische Felder auch Lorentzsches Kraftgesetz, wobei hier aber nur der elektrostatische Teil aufgeschrieben wurde. Der magnetische Teil wird in einem späteren Kapitel eingeführt. Man kann sich das praktisch so vorstellen, als würde man die Kraft zwischen einer zu untersuchenden Ladung und einer Probeladung an einem Punkt messen und dann die Kraft durch die Ladung der Probeladung teilen um den Wert des elektrischen Feldes an dieser Stelle zu bestimmen.
Merke Die elektrische Feldstärke ist ein Vektorfeld. Sie beschreibt die Wirkung des elektrischen Feldes auf eine Ladung. |
Elektrische Flussdichte und Influenz
[Bearbeiten]Die elektrische Feldstärke ist als eine Größe definiert worden, die die Wirkung des elektrischen Feldes (die Kraft) beschreibt. Hier soll eine zweite Größe eingeführt werden, die ein Maß für die Ursache des elektrischen Feldes (die Ladungen) ist. Hierzu wird folgendes Experiment betrachtet (Maxwellsche Doppelplatte): In ein homogenes elektrisches Feld der Feldstärke werden zwei sich leitend berührende (d. h. über die Berührungsflächen können Elektronen transportiert werden), leitende Platten, so genannte Elektroden, der Querschnittsfläche A gebracht.
Die Lage der Platten im Feld wird durch die Angabe eines Flächennormaleneinheitsvektors senkrecht auf der Außenoberfläche der Elektroden gekennzeichnet. Dieser Flächennormalenvektor kann, je nach betrachtetem Teil der Oberfläche, in verschiedene Richtungen weisen. In den leitenden Platten wird auf die dort vorhandenen freien Ladungsträger vom elektrischen Feld eine Kraft ausgeübt, es kommt zu einer Ladungstrennung bis die leitenden Platten in ihrem Inneren feldfrei sind.
Werden die beiden Platten im Feld voneinander getrennt, so werden auch die Ladungen getrennt, die eine Platte ist positiv, die andere negativ geladen, zwischen den Platten wird aufgrund der Ladungen auf den Platten ein Sekundärfeld aufgebaut, so dass das resultierende Feld zwischen den Platten verschwindet. Werden die getrennten Platten schließlich aus dem Feld genommen, so bleibt die Ladung auf ihnen getrennt erhalten, zwischen den Platten kann ein elektrisches Feld, auch Sekundärfeld genannt, gemessen werden.
Der beobachtete Vorgang wird als Ladungstrennung oder Influenz bezeichnet. Das Experiment zeigt folgende Ergebnisse: Die auf den Platten entsprechend dem beschriebenen Versuch influenzierte Ladung ist direkt proportional der Plattenfläche A und dem Absolutbetrag E der elektrische Feldstärke .
Definiert wird ein Vektor , die elektrische Flussdichte, dessen Betrag gleich der in einem Feld auf zwei leitenden Platten influenzierten Ladung in Abhängigkeit von der Richtung der Flächennormalen maximal ist (d. h. ist parallel oder antiparallel zu und der Flächeninhalt der Platten klein ist (diese Forderung ist notwendig, um das Feld punktweise definieren zu können). Die Richtung der elektrischen Flussdichte ist gleich der Richtung des Flächennormalenvektors, der Richtungsinn des Feldvektors wird von der positiven zur negativen Elektrode definiert.
Die elektrische Flussdichte ist ein Vektorfeld. Sein Betrag ist gleich der in einem elektrischem Feld auf zwei senkrecht zum Feld stehenden, gut leitenden Platten influenzierten Flächenladungsdichte. Seine Richtung ist senkrecht zu den Platten, von den negativen Ladungsträgern. Das heißt, es gilt:
Die elektrische Flussdichte beschreibt die Ursache der Felder im Raum.
Nach ihrer Definition beschreibt die elektrische Flussdichte die in jedem Punkt der leitenden Plattenoberfläche influzierte Ladung pro Flächeneinheit. Wenn die Gesamtfläche A der Platten in kleine Flächenelemente aufgeteilt wird.
Umgekehrt erhält man die Ladung auf einen Körper, wenn man ein geschlossenes Integral über die Flächenelemente und der darauf senkrecht stehenden elektrischen Flussdichte zieht:
Die elektrische Flussdichte ist gemäß ihrer Definition direkt proportional zur elektrischen Feldstärke und sie hat im Vakuum dieselbe Richtung wie die den felderzeugenden Ladungen zugeordnete elektrische Feldstärke. So gilt also:
ist dabei die relative Dielektrizitätskonstante des Materials,welche für Vakuum und näherungsweise für Luft gleich eins ist. Diese begegnete uns auch schon beim Coulombschen Kraftgesetz.
Influenz
[Bearbeiten]Influenz ist die Verschiebung der beweglichen Ladungen in einem Leiter, der in ein elektrisches Feld eingebracht wird. Die Ladungen verschieben sich in der Weise, dass die elektrische Feldstärke in dem elektrisch leitenden Material Null bleibt. Diesen Vorgang bezeichnet man mitunter auch als elektrische Induktion.
Maxwellsche Doppelplatte
[Bearbeiten]Mit der Maxwellschen Doppelplatte kann die elektrische Feldstärke experimentell nachgewiesen werden. Eine elektrisch leitende Doppelplatte wird in ein elektrisches Feld gebracht. Die beweglichen Ladungen in dem leitenden Material verschieben sich an die Oberfläche. Die negativen Ladungen entgegen des elektrischen Feldes, die positiven Ladungen in Richtung des elektrischen Feldes. Der Raum zwischen den beiden Platten ist aufgrund dieser Ladungswanderung feldfrei. Entfernt man die Doppelplatte aus dem elektrischen Feld, bildet sich zwischen den beiden Platten ein neues Feld.