Buchanfang Partielle Differentialgleichungen by Richard4321/ Die Greensche Funktion – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

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Wo stehen wir[Bearbeiten]

Wir hatten die Transportgleichung betrachtet und danach die Fundamentallösung der Laplacegleichung hergeleitet. Mit dieser konnten wir im Ganzraum die Lösung der Poissongleichung beweisen. Dann hatten wir die Mittelwerteigenschaft harmonischer Funktionen gezeigt und das Maximumprinzip harmonischer Funktionen eingeführt. Wir hatten daraufhin die Harnacksche Ungleichung hergeleitet und bewiesen, dass harmonische Funktionen unendlich oft differenzierbar sind. Wir hatten dann Schranken für die Ableitungen harmonischer Funktionen gezeigt und mit diesen bewiesen, dass harmonische Funktionen analytisch sind, sich also lokal durch ihre Tayorreihe darstellen lassen.

In diesem Kapitel suchen wir eine Lösungsformel für das Dirichletproblem der Poissongleichung, d.h. für

Dafür definieren wir uns die Greensche Funktion aus der Fundamentallösung und den vielen Lösungen des Randwertproblems für alle

Damit erhalten wir eine Darstellungsformel für die Lösung

Wir haben dabei das Problem der Lösung übergewälzt auf und schauen uns in den folgenden Kapiteln zwei spezielle Mengen an: Für den Halbraum und die Kugel können wir dann explizite (!) Lösungsformeln für angeben, die Beweise sind allerdings technisch langwierig. Die Lösungen finden direkt Anwendung z.B. in der Physik in der Elektrostatik.

Gebiete mit -Rand[Bearbeiten]

Definition (Gebiete mit -Rand)

Sei ein beschränktes Gebiet, d.h. ist offen und zusammenhängend. hat einen Rand vom Typ genau dann wenn

a) U ist das Innere des Abschlusses von U, d.h.

b) Für jeden Randpunkt gibt es eine offene Umgebung von und eine -Funktion sodass gilt

i) Die Funktion teilt mit ihrem Funktionswert die Teile von innerhalb und außerhalb von auf durch das Vorzeichen.

ii) für alle .

Es gilt dann

Da f differenzierbar ist, ist der Rand schön rund und hat keine Knicke.

Die Bedingung a) verhindert, dass einzelne Linien oder Punkte aus ausgeschnitten sind (was offen ließe).

Leider steht uns die erforderliche Differentialgeometrie noch nicht zur Verfügung: Mit dem Umkehrsatz zeigt man, dass eine -dimensionale Untermannigfaltigkeit ist. Der (kurze?) Beweis, dass eine kompakte n-dimensionale Mannigfaltigkeit mit Rand ist, wäre noch zu führen.

To-Do:

Der 1. Beweis steht in der Differentialgeometrie, für den 2. Beweis wäre eine Literaturquelle zu finden

Erste Darstellungsformel für die Lösung der Poissongleichung[Bearbeiten]

Satz

Sei offen und beschränkt mit -Rand. Ist eine Lösung der Poissongleichung

mit , so gilt für alle

wobei die Fundamentallösung der Laplacegleichung darstellt. Es gehen also nur die Werte von und seiner Ableitung auf dem Rand ein!

Diese Darstellung ist der erste Schritt auf dem Weg zur Darstellung mit der Greenschen Funktion.

Beweis

Sei beliebig und . Da die Poissongleichung erfüllt, erhalten wir mit der Greenschen Formel und dann über Aufteilung des Integrationsbereiches

Mathe_für_Nicht-Freaks: Buchanfang_Maßtheorie_by_Richard4321/ Der_Satz_von_Stokes

wobei ein Minuszeichen im zweiten Term auftritt, weil der äußere Normalenvektor aus dem Gebiet in die Kugel hinein zeigt. Wir teilen den letzten Term auf in zwei Terme, die wir getrennt untersuchen wollen

Es gilt . Zudem ist der Gradient von differenzierbar und damit stetig und damit beschränkt auf dem kompakten Rand ist. Wie wir im Kapitel Mathe_für_Nicht-Freaks: Buchanfang_Partielle_Differentialgleichungen_by_Richard4321/ Die_Poissongleichung_im_Ganzraum#Die Lösung_der_Poissongleichung_im_Ganzraumfall gezeigt haben folgt

Wir haben im Kapitel der Fundamentallösung Mathe_für_Nicht-Freaks:_Buchanfang_Partielle_Differentialgleichungen_by_Richard4321/ Die_Fundamentallösung_der_Laplacegleichung#Eigenschaften_der_Fundamentallösung den Gradienten von bewiesen, d.h.

Mit der Verschiebung

ergibt sich mit zweimaligem Anwenden der Transformationsformel Mathe_für_Nicht-Freaks: Buchanfang_Maßtheorie_by_Richard4321/ Die_Transformationsformel#Die_Transformationsformel

wobei der letzte Grenzübergang mit der Stetigkeit von schon bewiesen wurde im Kapitel

Mathe_für_Nicht-Freaks:_Buchanfang_Partielle_Differentialgleichungen_by_Richard4321/ Die_Poissongleichung_im_Ganzraum#Die_Lösung_der_Poissongleichung_im_Ganzraumfall

Das ergibt insgesamt

und damit mit für die Behauptung. Da stetig ist, ist es auf dem kompakten beschränkt. Das verbleibende Integral geht gegen Null, wie wir gezeigt haben im Kapitel Mathe_für_Nicht-Freaks:_Buchanfang_Partielle_Differentialgleichungen_by_Richard4321/ Die_Poissongleichung_im_Ganzraum#Die_Lösung_der_Poissongleichung_im_Ganzraumfall

Die Definition der Greenschen Funktion[Bearbeiten]

Definition

Sei offen. Zu jedem betrachte die Anfangswertaufgabe

Das ergibt für jedes ggf. eine Funktion . Ist diese in , so nennt man

die Greensche Funktion. Für diese gilt

Wir geben also als Randwert die Fundamentallösung vor und lösen für jedes die Poissongleichung. Die Greensche Funktion wird auf dem Rande Null.

heißt die Korrektorfunktion. Für beschränktes ist die Korrektorfunktion wegen der Eindeutigkeit der Lösung der Poissongleichung eindeutig, wenn sie existiert. Damit ist auch die Greensche Funktion eindeutig. Wegen

folgt

und

ist harmonisch: es ist von der Klasse .

Auf dem Rand gilt außerdem

Darstellung der Lösung der Poissongleichung mittels der Greenschen Funktion[Bearbeiten]

Satz

Es sei offen und beschränkt mit -Rand und sei eine Lösung der Randwertaufgabe

mit . Zudem existiere die Greensche Funktion auf mit für . Dann gilt

WENN wir eine Lösung vorliegen haben UND die Greensche Funktion existiert, erhalten wir hier eine simple Darstellungsformel: zwei Integrale. Alles entscheidet sich also über die Greensche Funktion, die wir für zwei Spezialfälle in folgenden Kapiteln ermitteln werden.

Beweis

Da die Randwertaufgabe löst erhalten wir mit der Greenschen Formel

Wir verwenden die Darstellung von im ersten Satz dieses Kapitels, setzen die Definition von ein und setzen daraufhin die gerade gezeigte Beziehung ein

Symmetrie der Greenschen Funktion[Bearbeiten]

Satz (Symmetrie der Greensche Funktion)

Sei offen und beschränkt mit -Rand. Existiert die Greensche Funktion auf mit , so ist sie symmetrisch, d.h. für alle mit gilt

Beweis (Symmetrie der Greensche Funktion)

Seien mit . Setze

Da die Greensche Funktion harmonisch ist in der ersten Komponente und Null wird auf dem Rand, gilt

Wähle so klein, dass die -Kugeln um und sich nicht schneiden und ganz in enthalten sind

und setze

Mit der Greenschen Formel

Mathe_für_Nicht-Freaks: Buchanfang_Maßtheorie_by_Richard4321/ Der_Satz_von_Stokes

gilt unter Aufteilung des Integrales, wobei sich das Vorzeichen durch Umkehrung des äußeren Normalenvektors ergibt

Das ergibt

Da harmonisch ist, ist seine stetige Ableitung auf dem kompakten beschränkt

Mit der Definition von

rechnen wir weiter, da stetig ist und somit auf dem kompakten beschränkt

Den Limes für den Fall zeigt man mit der Regel von L'Hospital:

lässt sich stetig in zu fortsetzen:

Das war der zweite Term der linken Seite. Nun zerlegen wir den ersten Term der linken Seite mit zu

Wobei der linke dieser Terme im ersten Beweis dieses Kapitels gezeigt wurde (er hieß )und der rechte Term gegen Null geht, da stetig und damit beschränkt ist.

Insgesamt gilt

Völlig analog beweist man

Das ergibt

und damit die Symmetrie von .