Radioonkologie (PORT)/ Diagnosen/ gutartige/ endokrine Orbitopathie

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Übersicht[Bearbeiten]

Bevorzugtes Alter 40 - 60 Jahre, Frauen häufiger als Männer betroffen.

Früher nahm man an, dass ein expophthalmusproduzierender Faktor aus dem Hypophysenvoerdelappen freigesetzt wird.

Heute hat sich die Vorstellung durchgesetzt, dass die Orbitopathie  auf einer autoimmunen Aktivierung von T-Lymphozyten beruht. Hierdurch werden Zytokine freigesetzt, die ihrerseits Fibroblasten zur Produktion von Glycosaminen anregen. Das hydrophile Glycosamin führt zur Ödembildung zusätzlich zu einer Lymphozyteninfiltration. Auf diese Weise entsteht die typische Schwellung der Orbitaweichteile.

Bislang unklar ist, ob es sich bei der Orbitopathie um eine Manifestation eines M. Basedow ist oder ein eigenständiges Kranheitsbild handelt.

Einer endokrinen Orbitopathie geht in 20% eine Immunhyperthyerose voraus, in 40% tritt sie gleichzeitig und in ebenfalls 40% nach ihr auf.

Diagnostik[Bearbeiten]

Klinik:

meist doppelseitig. Schleichender Beginn. Oft langjähriger, schubartiger Verlauf. Vermehrte Lichtempfindlichkeit, Missempfinden (Fremdkörper- oder Druckgefühl), Tränentröpfeln, Sehstörungen (z. B. verschwommenes Sehen) und Lidödeme. Die Beschwerden sind morgens stärker als abends. In den fortgeschrittenen Stadien: Protrusio, Konjunktivitis, Chemosis, Doppelbilder, Sehfeldeinschränkungen, Visusverschlechterung durch Optikuskompression.

apparative Untersuchungen

MRT und CT im Einzelfall, sofern therapeutische Konsequenz. Zumindest bei einseitigem Exophthalmus müssen andere Ursachen wie Raumforderungen ausgeschlossen werden. Vor einer Strahlentherapie sollte ein MRT durchgeführt werden, bei dem die T2-Wichtung eine Beurteilung über die Floridität der Entzündung erlaubt.

Chemosis: eine die Hornhaut wallartig umgebende ödematöse Schwellung der Bindehaut (Roche Lexikon).

Histologie[Bearbeiten]

- entfällt -

Lokalisation[Bearbeiten]

einseitig 10%, beidseitig 90%.

Ausbreitung[Bearbeiten]

(leer)

Stadieneinteilung[Bearbeiten]

Die offizielle Klassifikation der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie basiert auf der

Einteilung von Werner

  • Klasse 0 - keine Symptome
  • Klasse I - Lidretraktion, seltener Lidschlag
  • Klasse II - Lidschwellung, Chemosis, Konjunktivitis
  • Klasse III - Exophthalmus
  • Klasse IV - Augenmuskelveränderungen
  • Klasse V - Hornhautläsionen
  • Klasse VI - Beteiligung des N. opticus


Die Klassen können nebeneinander bestehen und müssen dann auch nebeneinander aufgeführt werden.

Stadieneinteilung nach Grußendorf Sie unterteilt 6 Klassen, die ab Klasse III mit der Werner-Klassifikation deckungsgleich ist.

  • Klasse I - Beschwerden (Fremdkörpergefühl, Tränen, Lichtscheu, Druckgefühl)
  • Klasse II - Lidretraktion und Bindegewebsbeteiligung (Konjunktivitis, Chemosis, periorbitale Schwellung)
  • Klasse III - Protusio bulbi/bulborum
  • Klasse IV - Augenmuskelblockaden (Doppelbilder)
  • Klasse V - Hornhautaffektionen
  • Klasse VI - Sehnervbeteiligung

Therapieprinzipien[Bearbeiten]

Der Ansatzpunkt der Strahlentherapie sowie der Kortekoidtherapie ist die Hemmung von aktivierten T-Lymphozyten und der Fibroblasten. Bei beiden handelt es sich um sehr strahlensensible Zielstrukturen. Ein gutes Ansprechen ist beim Vorliegen einer floriden Entzündung zu erwarten. Dies ist mit der MRT in der T2-Wichtung gut abschätzbar.

Kortekoide und Strahlentherapie sind gleich effektiv. Die Ansprechrate liegt bei ca 50-60%. Möglicherweise hat eine Kombination beider Therapieformen ein besseres Ansprechen. Am schlechtesten sprechen Augenmuskelveränderungen und Exophthalmus an.

Eine Operation sollte erfolgen, wenn durch eine medikamentöse oder strahlentherapeutische Behandlung in den Klassen V (Hornhautläsionen) und VI (Optikusaffektion) keine rasche Besserung eintritt. Wegen des drohenden Visusverlustes ist dann eine akute operative Dekompression der Orbitae erforderlich. Eine weitere OP-Indikation sind persisitierende Augenmuskelverdickungen im chronischen Stadium der  Fibrosierung nach konservativer Therapie. Hierdurch wird die Bulbusstellung korrigiert.

Indikation RT[Bearbeiten]

Wegen der Malignominduktion ist die Indikation um so strenger zu stellen, je jünger der Patient ist. Zunächst sollte daher eine Kortekoidtherapie erfolgen.

Ab Klasse IV / Doppelbilder ist die Indikation unumstritten.

Zielvolumen[Bearbeiten]

Retrobulbärräume meist bds. Die typische Feldgrösse ist 4 x 4,5 cm.

Dosis RT[Bearbeiten]

8 Fraktionen von 0,3 Gy in 16 Tagen bis zu einer GD von 2,4 Gy. Diese Dosierung war gleich effektiv wie 8x2 Gy [1]

Nebenwirkungen[Bearbeiten]

Der Opticus kann bereits ab einer Dosis oberhalb von 35 Gy geschädigt. Bei Dosen > 50 Gy ist die Gefahr einer Schädigung bereits 5%. Es gibt einzelne Berichte über Fällen von Retinopathien nach 10-40 Gy. Nach 20 Gy besteht ein rechnerisches Risiko  für die Induktion einer Leukämie von 0,7%.

Prognose[Bearbeiten]

Augenmuskelbeteiligung in 40% spontan rückläufig, Protrusio bessert sich nur in 10% spontan.

Ansprechen auf Therapie (RT oder Kortekoide) 50 - 60%, subjektive Besserung wird bei 80% der Patienten erreicht. Am schlechtesten sprechen die Augenmuskulaturverdickung und Exophthalmus an. Sie bessern sich in nur etwa 40%.

Nachsorge[Bearbeiten]

(leer)

Literatur[Bearbeiten]

  1. Gerling J, Kommerell G, Henne K, Laubenberger J, Schulte-Mönting J, Fells P.: Retrobulbar irradiation for thyroid-associated orbitopathy: double-blind comparison between 2.4 and 16 Gy. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2003; 55 (1): 182-9. pubmed- Link vom 19.02.2007.