UN-Kaufrecht: Wesentliche Vertragsverletzung

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Art. 25 CISG erklärt eine Vertragsverletzung für wesentlich, wenn sie für die andere Partei solchen Nachteil zur Folge hat, daß ihr im wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen.

Funktion[Bearbeiten]

Die wesentliche Vertragsverletzung erfüllt im UN-Kaufrecht folgende Funktionen:

  • Sie ist Voraussetzung für die Vertragsaufhebung nach Art. 49 und 64 CISG
  • Sie ist Voraussetzung für den Anspruch auf Nachlieferung nach Art. 46 Abs. 2 CISG
  • Bei ihrem Vorliegen ändert der Eintritt des Gefahrübergangs nichts an den Rechtsbehelfen des Käufers, Art. 70 CISG

Wegen der einschneidenden Folgen der Annahme einer wesentlichen Vertragsverletzung ist Art. 25 CISG im Zweifel eng auszulegen.[1]

Tatbestandsmerkmale[Bearbeiten]

Aus Art. 25 CISG ergeben sich die folgenden Voraussetzungen:

Vertragsverletzung[Bearbeiten]

Das UN-Kaufrecht differenziert nicht zwischen verschiedenen Vertragsverletzungen. Jeder Verstoß gegen den Vertrag, das CISG selbst oder Gebräuche zwischen den Parteien im Sinne des Art. 9 CISG kann daher grundsätzlich auch eine wesentliche Vertragsverletzung darstellen. Insbesondere werden Haupt- und Nebenpflichten nicht unterschieden. Unerheblich ist auch der Grund für die Pflichtverletzung.[2]

Nachteil[Bearbeiten]

Der Begriff des Nachteils ist weit zu verstehen und umfasst jede aktuelle oder drohende Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen.[3]

Wesentlichkeit[Bearbeiten]

Eine allgemeingültige abstrakte Definition für eine wesentliche Vertragsverletzung existiert nicht. Abzustellen ist vielmehr immer auf das konkrete Pflichtenprogramm des Vertrags.[4]

Vorhersehbarkeit[Bearbeiten]

Auch eine schwere Vertragsverletzung ist nicht wesentlich im Sinne des Art. 25 CISG, wenn "die vertragsbrüchige Partei diese Folge nicht vorausgesehen hat und eine vernünftige Person der gleichen Art diese Folge unter den gleichen Umständen auch nicht vorausgesehen hätte." Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses.[5]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 25 CISG Rn. 4
  2. Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 25 Rn. 13
  3. Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 25 CISG Rn. 8
  4. Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 25 Rn. 21
  5. so die hL, vgl. Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, Art. 25 CISG Rn. 42 f. mwN und Argumenten