Abstellraum/Intuition hinter Isomorphiesatz und Dimensionsformel – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“
In diesem und in den nächsten Kapitel werden wir uns mit der Struktur linearer Abbildungen weiter beschäftigen. Du wirst lernen, dass das Bild einer linearen Abbildung ein Untervektorraum ist. Außerdem ist das Urbild des Nullvektors auch ein Untervektorraum des Bildbereichs. Zudem werden wir die Urbilder von Vektoren des Bildbereichs als einzelne Objekte betrachten. Diese bilden einen Vektorraum, der strukturell ähnlich zum Bild der linearen Abbildung ist.
Intuitive Eigenschaft linearer Abbildungen
[Bearbeiten]Wir wollen nun ein noch besseres Gefühl für die Struktur von linearen Abbildungen bekommen. Hierzu betrachten wir allgemein eine lineare Abbildung mit dem -Vektorraum als Startbereich und dem -Vektorraum als Zielbereich. Angenommen, der Vektor wird durch unsere Abbildung auf den Vektor abgebildet. Es ist also . Dann können wir uns fragen, ob auch andere Vektoren auf abgebildet werden. Gibt es also andere Vektoren mit ? Und wenn ja, wie finden wir diese?
Wir illustrieren unsere folgenden Überlegungen am Beispiel einer linearen Abbildung , das heißt . Dieses Beispiel zieht sich durch das ganze Kapitel hindurch. Wir werden uns immer wieder darauf beziehen.
Seien nun zwei unterschiedliche Vektoren, d.h. und :
Im folgenden Bild wird dargestellt, wie die beiden Vektoren unter der Abbildung auf einen Vektor abgebildet werden können.
Zunächst können wir feststellen, dass nicht injektiv ist. Bei injektiven Abbildungen werden ja verschiedene Argumente auf verschiedene Funktionswerte abgebildet, was bei nicht der Fall ist.
Der Kern einer linearen Abbildung
[Bearbeiten]Als weitere einfache Überlegung bestimmen wir die Menge aller Vektoren aus dem Vektorraum , die auf das Nullelement des Vektorraums abgebildet werden. Diese Menge nennt man den Kern einer Abbildung. Sie ist für den Isomorphiesatz und die Dimensionsformel besonders wichtig.
Die Menge aller Vektoren des Startvektorraums, die auf Null im Zielvektorraum abgebildet werden
[Bearbeiten]Seien wie oben. Wir setzen . Im Weiteren wird es klar werden, warum wir den Vektor so gewählt haben. Damit können wir schreiben als .
und werden mit Hilfe von augrund der Eigenschaft von beide auf abgebildet. Damit ist . Das bedeutet aber, dass sein muss. Damit haben wir so bestimmt, dass dieser Vektor unter der linearen Abbildung immer auf abgebildet wird.
Wir verallgemeinern dieses Prinzip nun für beliebige Vektoren .
Ist für einen Vektor ein Vektor gegeben mit , so ist . Da linear ist, gilt
Wir haben also für zwei beliebige Vektoren und aus gezeigt:
Wir können uns nun fragen, ob auch die umgekehrte Richtung gilt. Also, ob zu jedem Vektor mit gilt .
Sei dazu und ein beliebiger Vektor aus , mit . Dann gilt:
Damit haben wir gezeigt, dass ein Vektor genau dann von auf abgebildet wird, wenn für einen beliebigen Vektor auf den gleichen Vektor in abgebildet wird wie . Anders gesagt: Es gilt genau dann , wenn ist.
Zusammenfassung
[Bearbeiten]In diesem Abschnitt haben wir für Vektoren folgende Aussage gezeigt:
Die Menge aller Vektoren des Startvektorraums, die mit Hilfe einer linearen Abbildung auf einen einzigen Vektor im Zielvektorraum abgebildet werden
[Bearbeiten]Wir werden nun die Menge aller Vektoren aus bestimmen, die mit der Abbildung auf den Vektor abgebildet werden. Wegen obiger Äquivalenz
reicht es, alle Vektoren aus zu finden, die von auf abgebildet werden. Die gesuchten Vektoren sind dann , denn .
Diese Vektoren bilden die Menge .
Dies gilt, weil wir jeden Vektor mit schreiben können als falls wir den Vektor wählen. Wir suchen die Menge aller Vektoren in , die von auf abgebildet werden, also die Menge . Schreiben wir nun statt , so ist das die Menge . Aus dem vorherigen Abschnitt wissen wir, dass ein Vektor von genau dann auf abgebildet wird, wenn für einen Vektor gilt, dass . Folglich ist
Der Kern einer linearen Abbildung
[Bearbeiten]Es ist also nützlich, die Menge der zu kennen, für die gilt. Da diese Menge sehr wichtig ist, bekommt sie einen eigenen Namen. Sie heißt Kern von und wird abgekürzt geschrieben als . Formal können wir definieren:
Definition (Kern einer linearen Abbildung)
Seien und zwei -Vektorräume und linear. Dann nennen wir den Kern von .
Warum ist es wichtig, sich mit dem Kern zu beschäftigen?
[Bearbeiten]Die linearen Abbildungen werden auch "strukturerhaltende Abbildungen" zwischen Vektorräumen genannt. Durch sie kann man Vektorräume miteinander in Beziehung setzen und ihre strukturellen Eigenschaften vergleichen. Dabei interessieren uns zum Beispiel die Unterstrukturen, die durch eine lineare Abbildung sichtbar werden. Beispiele dafür sind der Kern und das Bild der linearen Abbildung, welche Untervektorräume des Start- bzw. Zielvektorraums sind. Später werden wir den Kern und das Bild noch mit den Dimensionen des Start- und Zielvektorraums in Beziehung setzen und durch lineare Abbildungen neue Informationen über diese Dimensionen gewinnen.
Analog zum Kern eines Vektorraumhomomorphismus wird auch bei anderen algebraischen Strukturen der Kern von strukturerhaltenden Abbildungen untersucht. Der Begriff "Kern" wird dir daher später noch an anderen Stellen in der Mathematik mit einer sehr ähnlichen Bedeutung wieder begegnen.
Daneben macht der Kern eine Aussage über die lineare Abbildung selbst. An ihm kann man zum Beispiel erkennen, ob eine Abbildung injektiv, also ein Monomorphismus, ist.
Welche Elemente des Startvektorraums liegen im Kern einer linearen Abbildung ?
[Bearbeiten]Wir kennen bereits aus dem Beispiel ein Element aus dem Kern von , denn (vgl. auch untenstehende Abbildung). Außerdem wissen wir, dass bei linearen Abbildungen immer zugeordnet wird. Also ist im Kern von jeder linearen Abbildung. Doch wie finden wir nun weitere Elemente?
Der Kern einer linearen Abbildung ist ein Untervektorraum
[Bearbeiten]Angenommen und sind im Kern von . Dann können wir berechnen. Wegen der Linearität von ist:
.
Damit haben wir gezeigt, dass .
Demnach ist auch im Kern von . Also ist auch . Daraus folgt wiederum, dass im Kern von ist. Wir können dieses Verfahren so fortführen und erhalten, dass für alle natürlichen Zahlen und einen Vektor auch im Kern von ist.
Damit können wir vermuten, dass für alle und alle gilt:
Wegen der Linearität von gilt tatsächlich
Also ist auch .
Wir haben festgestellt, dass für alle gilt: . Außerdem ist für alle und alle auch . Folglich ist ein Untervektorraum von .
Dies wollen wir nun in einem Satz festhalten und allgemein beweisen:
Satz
Es sei eine lineare Abbildung zwischen den -Vektorräumen und . Dann ist ein Untervektorraum von .
Beweis
Um die Behauptung zu überprüfen, müssen wir vier Dinge zeigen:
- Für alle gilt .
- Für alle und für alle gilt .
Beweisschritt:
Die erste Behauptung folgt direkt aus der Definition.
Beweisschritt:
Da linear ist, wissen wir, dass für alle und alle gilt: . Insbesondere gilt dann auch
Also ist und damit ist der Kern von nicht leer.
Beweisschritt: gilt .
Nun zeigen wir den dritten Punkt. Es gilt für alle , dass
Damit ist auch im Kern von .
Beweisschritt: und gilt .
Der vierte Schritt funktioniert analog zum dritten Schritt. Für alle und alle gilt
Das heißt, dass .
Bestimmung des Kerns in unserem obigen Beispiel
[Bearbeiten]Wir wissen bereits, dass die Vektoren und im Kern von enthalten sind. Außerdem ist der Kern ein Untervektorraum. Also sind unter anderem auch die Vektoren , und im Kern von . Allgemein sind alle Vielfachen von im Kern von . Es ergibt sich eine Gerade durch und . Alle Punkte auf dieser Geraden sind im Kern von , das heißt, sie werden von auf abgebildet. Dass diese Punkte eine Gerade bilden, stimmt mit unserer Feststellung überein, dass der Kern ein Untervektorraum ist, denn eine Gerade durch den Nullpunkt von bildet einen eindimensionalen Unterraum von .
Der Zusammenhang zwischen der Injektivität und dem Kern einer linearen Abbildung
[Bearbeiten]Betrachten wir nun eine lineare Abbildung , wobei und zwei -Vektorräume sind. Angenommen, wir wissen, dass der Kern von mehr als ein Element besitzt.
Frage: Können wir eine Aussage darüber treffen, ob die Abbildung injektiv ist?
Ja. Wenn der Kern von mehr als ein Element besitzt, dann gibt es zwei verschiedene Elemente und von , so dass sind. Per Definition des Kerns ist dann und folglich ist nicht injektiv, da zwei verschiedene Argumente auf denselben Funktionswert abgebildet werden.
Nun wissen wir bereits, dass der Kern von mindestens das neutrale Element des Startvektorraums besitzen muss. Der Kern muss also mindestens ein Element (nämlich ) besitzen. Gerade haben wir gezeigt, dass jede lineare Abbildung mit mehr als einem Element im Kern nicht injektiv ist. Gleich werden wir auch die Umkehrung zeigen, also: Wenn der Kern nur ein Element besitzt, muss die Abbildung injektiv sein. Das fassen wir zusammen im folgenden Satz:
Satz (Zusammenhang zwischen Kern und Injektivität)
Seien und zwei -Vektorräume und sei linear. Dann gilt:
ist genau dann injektiv, wenn ist.
Insbesondere ist genau dann injektiv, wenn .
Zusammenfassung des Beweises (Zusammenhang zwischen Kern und Injektivität)
Für den Satz müssen wir zwei Richtungen zeigen:
- Wenn injektiv ist, dann ist .
- Aus folgt, dass injektiv ist.
Die erste Richtung kann mit einem direkten Beweis gezeigt werden. Für die andere Richtung müssen wir zeigen, dass für beliebige und mit folgt , wenn . Wenn wir nun wissen, dass für schon gilt, was gilt dann für ? Und was bedeutet das für ?
Für den Zusatz müssen wir uns überlegen, wann ein Vektorraum die Dimension Null hat.
Beweis (Zusammenhang zwischen Kern und Injektivität)
Beweisschritt: Wenn injektiv ist, dann ist .
Nehmen wir zunächst an, dass injektiv ist. Wir wissen bereits, dass ist. Da injektiv ist, kann kein anderer Vektor auf abgebildet werden (bei injektiven Funktionen wird maximal ein Argument auf einen Funktionswert abgebildet). Damit ist , denn der Kern ist ja definiert als die Menge aller Vektoren, die auf den Nullvektor abgebildet werden.
Beweisschritt: Aus folgt, dass injektiv ist.
Sei . Um zu zeigen, dass injektiv ist, betrachten wir zwei beliebige Vektoren mit . Dann ist
Also ist . Da wir angenommen haben, dass , ist und damit . Folglich gilt für alle . Dies ist genau die Definition dafür, dass injektiv ist.
Beweisschritt: ist genau dann injektiv, wenn ist.
Wir haben schon gezeigt, dass genau dann injektiv ist, wenn ist. Es bleibt zu zeigen, dass dies äquivalent dazu ist, dass . Der Kern von ist ein Untervektorraum von . Ein Untervektorraum von ist genau dann gleich , wenn seine Dimension Null beträgt. Also ist genau dann injektiv, wenn .
Alternativer Beweis (Zusammenhang zwischen Kern und Injektivität)
Man kann diesen Satz auch mit nur einer Kette von äquivalenten Aussagen zeigen:
Das Urbild eines Vektors
[Bearbeiten]Wir können nun sehr leicht die Vektoren bestimmen, die auf abgebildet werden. Wir wissen, dass dies die Menge ist.
Da zum Beispiel und im Kern von sind, werden auch die Vektoren und auf abgebildet.
Die Vektoren aus , die auf abgebildet werden, bilden also wie eine Gerade. Diese besteht aus den Punkten aus , die man als mit dem Vektor aus schreiben kann. Also die Menge .
Frage: Gibt es für jeden Vektor aus eine Gerade, die durch geht und alle Vektoren auf dieser Gerade werden von auf abgebildet?
Ja, es gibt zu jedem Vektor eine solche Gerade. Denn für alle mit , also , ist . Die liegen auf einer Geraden. Das ist die Gerade, die aus der Gerade aller durch Verschiebung um hervorgeht.
Für ein beliebiges ist die Menge aller Vektoren von , die auf abgebildet werden. Das ist in unserem Fall eine Gerade, die aus einer Verschiebung der Geraden um hervorgeht. Diese Menge ist eine Nebenklasse von und wir schreiben dafür
Wir wissen bereits, dass der Kern von ein Untervektorraum ist.
Frage: Ist für jeden Vektor die Menge auch ein Untervektorraum von ?
Das hängt davon ab, ob es einen Vektor gibt, der nicht im Kern von ist.
Fall 1: Es gibt ein mit .
Damit eine Teilmenge von ein Untervektorraum sein kann, muss in dieser enthalten sein. Wir behaupten, dass nicht in enthalten ist. Das zeigen wir durch Kontraposition.
Angenommen, es gilt . Dann gibt es ein mit . Daraus folgt, dass . Da der Kern von ein Untervektorraum von ist, muss dann auch im Kern von enthalten sein, was ein Widerspruch ist.
Damit haben wir gezeigt, dass kein Untervektorraum ist.
Fall 2: Für alle Vektoren gilt , also .
Für alle ist dann . Der Kern von ist ein Untervektorraum von . Somit ist für alle in diesem Fall ein Untervektorraum.
Welche Vektoren werden auf abgebildet? Da wir nun schon einige Vektoren kennen, die auf abgebildet werden, und wissen, dass linear ist, können wir das leicht herausfinden. Für alle mit ist . Zum Beispiel werden die Vektoren und auf abgebildet. Das Urbild des Vektors ist hier die Nebenklasse , eine Gerade, die aus durch Verschiebung um hervorgeht.
Hinweis
Für affine Unterräume verweisen wir auf das spätere Kapitel Affine Räume im Buch Lineare Algebra 1
Das Bild einer linearen Abbildung
[Bearbeiten]Wir haben gesehen, die Vektoren aus , die jeweils auf einen bestimmten Vektor in abgebildet werden, liegen alle auf einer Geraden. Jedoch sind auch und Teil einer Geraden. Da diese Gerade durch geht, können wir vermuten, dass auch das Bild von eine Vektorraumstruktur aufweist.
Frage: Ist das Bild von ein Untervektorraum von ?
Ja. Für alle linearen Abbildungen ist im Bild von , denn wird von der linearen Abbildung auf abgebildet.
Sind und im Bild von , so gibt es Vektoren und aus mit und . Aufgrund der Linearität von gilt dann . Also wird auf abgebildet und somit ist auch im Bild von .
Außerdem ist für alle und alle mit auch im Bild von . Denn es gilt .
Damit haben wir überprüft, dass das Bild von ein Vektorraum ist.
In unserem Beispiel gilt für alle Vielfachen mit , dass . Somit gibt es auch für alle skalaren Vielfachen von ein Element in mit . Das Bild von ist daher die Gerade, die durch und geht.
Wie wir gesehen haben, ist auch das Bild einer linearen Abbildung eine wichtige Struktur, bei der es sich lohnt, diese genauer zu untersuchen. Deshalb führen wir auch für das Bild der linearen Abbildung eine neue Schreibweise ein: . Die Notation kommt vom englischen Wort "image".
Die formale Definition des Bildes einer linearen Abbildung lautet:
Definition (Bild einer linearen Abbildung)
Es seien und zwei -Vektorräume und linear. Dann nennen wir das Bild von .
Wir zeigen nun den formalen Satz, dass das Bild ein Unterraum von ist.
Satz
Es sei eine lineare Abbildung zwischen den -Vektorräumen und . Dann ist ein Untervektorraum von .
Beweis
Um die Behauptung zu überprüfen, müssen wir vier Dinge zeigen:
- Für alle gilt .
- Für alle und für alle gilt .
Beweisschritt:
Die erste Behauptung folgt direkt aus der Definition.
Beweisschritt:
Da L eine lineare Abbildung ist, gilt . Somit ist folglich ist .
Beweisschritt: Für alle gilt .
Hierzu seien gegeben. Dann gibt es Vektoren und aus mit und . Um zu zeigen, dass gilt, müssen wir einen Vektor aus finden, der von auf abgebildet wird. Es gilt:
Wegen und ist im Bild von .
Beweisschritt: Für alle und für alle gilt .
Sei und . Dann gibt es einen Vektor mit . Wir müssen zeigen, dass es einen Vektor in gibt, der auf abgebildet wird. Es gilt:
Weil ist, gilt .
Intuition hinter dem Isomorphiesatz
[Bearbeiten]Bisher haben wir immer die Vektoren als einzelne Objekte betrachtet, aber was passiert, wenn wir nun nur zwischen verschiedenen Geraden unterscheiden?
Wir betrachten nun nur verschiedene Geraden und nicht mehr ihre einzelnen Elemente. Zwei Geraden sind gleich, wenn ihre Elemente auf den gleichen Vektor abgebildet werden. Bzw. zwei Geraden sind verschieden, wenn ihre Vektoren unterschiedliche Bilder haben.
Wir sehen die Geraden nun als Mengen ihrer Punkte oder Vektoren an.
Wenn wir jetzt mit den Geraden rechnen möchten, müssen wir einige Regeln festhalten:
- Seien und Geraden aus und für alle bzw. gilt bzw. . Haben wir nun , so muss für alle die Gleichung gelten.
- Sei eine Gerade und für alle gilt . Wenn wir jetzt betrachten, muss für alle die Gleichung gelten.
Wenn wir Geraden addieren oder ein Skalar mit einer Geraden multiplizieren möchten, müssen wir wieder auf deren Bilder achten.
Die Geraden als Nebenklassen
[Bearbeiten]Im allgemeinen Fall sind diese "Geraden" die Nebenklassen der Form mit dem Vektor aus . Die oben genannten Rechenregeln zum Rechnen mit Geraden entsprechen den bekannten Rechenregeln für Nebenklassen:
- Seien und zwei Vektoren aus . Dann gilt:
- Sei und . Dann ist .
Wenn wir ein aus gegeben haben, so folgt für aus . Weil ein Element aus ist, gibt es ein , so dass . Dann gilt für . Außerdem ist ein Element im Kern von , da der Kern ein Untervektorraum ist. Also lässt sich auch als eine Summe von und einem Element des Kerns darstellen und dadurch gilt .
Für die Nebenklasse gilt:
Daraus folgt direkt: Wenn ein Element von ist, dann gilt . Denn es gilt und damit auch
Die Menge der Nebenklassen für alle Vektoren aus schreiben wir als . Wir können jedem Vektor leicht eine Nebenklasse auf zuordnen.
Die natürliche Abbildung in die Nebenklasse
[Bearbeiten]Wir verwenden die folgende natürliche Abbildung , um einem Vektor seine Nebenklasse zuzuordnen:
Diese Abbildung ist wohldefiniert, das heißt der Funktionswert zu jedem Vektor ist eindeutig bestimmt und liegt in . Denn . Für alle Vektoren mit gilt zudem und folglich ist .
Die Menge der Nebenklassen ist definiert durch . Ist also eine Nebenklasse für einen Vektor gegeben, so wird von der natürlichen Abbildung auf abgebildet. Demnach ist die Abbildung surjektiv.
Die natürliche Abbildung ist aber im Allgemeinen nicht injektiv,
wie unser Beispiel zeigt. Es gilt , aber .
Es gilt . Also können wir einer Nebenklasse eindeutig den Vektor im Bild von zuornden. Umgekehrt können wir dem Vektor die Nebenklasse eindeutig zuordnen.
Da es für jede Nebenklasse genau ein Element aus gibt, können wir somit die Abbildung mit der Vorschrift angeben. Diese ist wohldefiniert, da erstens nur in den Vektorraum abbildet und zweitens gibt es für jedes aus genau ein . Haben wir nun zwei Vektoren und mit , aber es gilt . Dann muss trotzdem . Sonst bildet nämlich ein Argument auf mehrere Vektoren ab. Aber es gilt . Denn wie wir schon vorher gesehen haben, ist , wenn die Nebenklassen und gleich sind.
Außerdem ist injektiv. Seien und zwei Elemente aus mit gleichen Bildern unter , also . Dann gilt auch, dass die Bilder der Vektoren und unter der Abbildung gleich sind. Wir haben aber vorher schon gezeigt, dass wenn , dann . Damit ist injektiv.
Zu jedem Element im Bild gibt es also genau eine Nebenklasse. Also gibt es eine bijektive Abbildung mit der Vorschrift . Wegen der Linearität von ist diese auch linear. Diese zwei Vektorräume und nennt man jetzt isomorph, da es eine bijektive, lineare Abbildung gibt. Das bedeutet dann, dass und zueinander ähnlich sind.
- Kommutierendes Diagramm vom Homomorphiesatz mit Bildchen von und
- Wohin mit dem Satz "Das bedeutet alle Elemente aus werden Null gesetzt. Das macht Sinn, da es für einen Vektor in einer Nebenklasse nichts ausmacht einen Vektor vom Kern dazu zu addieren. "?
Dimensionssatz
[Bearbeiten]Im vorigen Abschnitt haben wir uns überlegt, dass die Geraden in unserem Beispiel Elemente aus sind. Außerdem ist die Menge aller Geraden ein Vektorraum. Dieser ist isomorph zum Bild von und daher ist .
In unserem Beispiel können wir alle Geraden schreiben als , wobei eine reelle Zahl ist. Das bedeutet: Jede dieser Geraden in ist die Gerade des Kerns, die um ein bestimmtes Vielfaches von verschoben wurde. Daher ist der Vektorraum aller Geraden in hier eindimensional. Für diesen Fall ist also .
Wir können also vermuten, dass auch in anderen Fällen gilt. Um das zu überprüfen, betrachten wir zunächst weitere Beispiele.
Beispiele zur Überprüfung der Vermutung
[Bearbeiten]Beispiel
Die Identität ist eine injektive Abbildung. Statt Geraden erhält man hier nur Punkte als Elemente von . Da die Identität bijektiv ist, findet man zu jedem Element genau ein Element, das darauf abgebildet wird und das ist . Also ist und damit . Aus der Surjektivität der Identität folgt . Damit gilt auch hier .
Beispiel
Ein weiteres Beispiel ist die Abbildung . Der Kern dieser Abbildung ist . Denn ein Vektor wird von genau dann auf abgebildet, wenn und ist. Somit ist . Das Bild von ist die -Ebene, also und somit zwei-dimensional. Also ist . Daher gilt auch in diesem Beispiel .
Beweis der Vermutung
[Bearbeiten]Die Geraden füllen den gesamten Vektorraum aus. Der Kern ist ein Untervektorraum von und somit können wir erst eine Basis betrachten und diese dann zu einer Basis ergänzen. Wir können also jeden Vektor darstellen als eine Linearkombination , wobei die Elemente aus dem Körper sind.
Frage: Was entscheidet nun darüber, auf welcher Gerade sich befindet?
Eine Veränderung in den Koeffizienten der ersten Basiselemente macht keinen Unterschied, da diese von auf abgebildet werden: , wobei die aus sind.
Verändern wir jedoch eines oder mehrere Basiselemente von , so verändert sich die Gerade, auf der sich befindet. ist eine Basis vom Kern von ist, und ist linear unabhängig. Folglich gilt für eine Linearkombination mit genau dann , wenn alle Null sind.
Also gilt für genau dann , wenn .
Demnach ist es sinnvoll zu behaupten, dass eine Basis von ist. Denn wir wissen, dass linear unabhängig sind. Andererseits bestimmen die Koeffizienten in einer Linearkombination eines Vektors von diesen Vektoren, auf welcher Geraden sich dieser Vektor befindet. Also ist auch ein Erzeugendensystem von .
Dass wirklich eine Basis von ist, beweisen wir später ausführlich.
Der Dimensionssatz
[Bearbeiten]hat Elemente und somit ist .
Im vorherigen Abschnitt haben wir festgestellt, dass isomorph ist zum Bild . Das bedeutet, dass diese Vektorräume zueinander ähnlich (isomorph) sind. Also ist ihre Dimension gleich: . Nach der Formel, die wir bewiesen haben, ist . Anders formuliert:
Diese Formel nennt man den Dimensionssatz.
Text aufblähen