Grenzwert von Funktionen – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

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Neuer Versuch mit grobem Plan[Bearbeiten]

Intuition[Bearbeiten]

Wir haben eine beliebige Funktion . Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Frage, wie sich in der Nähe eines Punktes , oder im Unendlichen verhält. Strebt gegen einen bestimmten Wert, wenn wir uns auf der x-Achse nähern, beziehungsweise immer weiter ins Unendliche wandern?

Wir betrachten drei Beispielfunktionen im Nullpunkt:

Erstes Beispiel[Bearbeiten]

Egal wie wir uns auf der x-Achse nähern, strebt gegen .

Zweites Beispiel[Bearbeiten]

Funktion f
Funktion f

Zwar ist in nicht definiert, jedoch strebt in gegen den Wert .

Drittes Beispiel[Bearbeiten]

Die Vorzeichenfunktion \sgn
Die Vorzeichenfunktion \sgn

Hier ist es nicht so einfach. von links strebt gegen , von rechts gegen . Binden wir gar selbst mit ein, so kann zwischen und bzw zwischen und hin und her springen.

Anwendungsbeispiele[Bearbeiten]

To-Do:

Unterabschnitte hervorheben (Wie?)

Grenzwerte im Unendllichen: Um das Blitzlicht von Kameras zu zünden, werden Kondensatoren innerhalb von Sekundenbruchteilen entladen.

Physikalisch lässt sich die Entladung des Kondensator beschreiben über .

Entladungskurve des Kondensators
Entladungskurve des Kondensators

Für positive Startspannung ist dabei egal, wie groß wir unsere Zeit wählen: Es gilt , insbesondere . Wie können wir mathematisch ausdrücken, dass sich Spannung und damit auch Ladung des Kondensators tatsächlich der annähern? Dafür müssen wir , den Grenzwert von im Unendlichen, untersuchen.

als reelle Zahl:

In der Schule wird oft die Fläche unter einem Funktionsgraphen auf dem Intervall über den Flächeninhalt von gleich breiten Rechtecken angenähert.

Je feiner die Rechtecke, desto genauer ist der angenäherte Flächeninhalt. Schreiben wir für die Breite eines Rechtecks und betrachten eine Funktion , so ergibt sich die Fläche eines Rechtecks als Breite mal Höhe. Dabei ist die Höhe nichts anderes als der Funktionswert von an dem Rand eines Rechtecks. Wir erhalten für eine Rechteckbreite den ungefähren Flächeninhalt von auf dem Intervall als: , sofern wir die Summationsgrenzen für den Laufindex passend formulieren. Die Funktion können wir allerdings nur für Argumente sinnvoll berechnen und angeben, da wir keine Rechtecke mit Breite kennen. Wir haben also die Berechnung des Integrals als ein Problem formuliert, bei dem wir den Grenzwert von in suchen.

Übergang zur Mathematik[Bearbeiten]

Wie betrachten wir als Menschen, was die Funktion in der Nähe eines Punktes macht? Zur Schulzeit hat es oft ausgereicht, einfach ein paar Werte in der Nähe von einzusetzen, um ein Muster zu erkennen. Wir werden dies nun formal umsetzen:

Wir betrachten Folgen und setzen die Folgenglieder in ein. Da sie sich nähern sollen, betrachten wir nur solche Folgen, für die gilt. Es wäre z.B. unsinnig, das Streben von im Punkt zu betrachten, aber als Testwerte einzusetzen.

Bei jedem Einsetzen eines jeden 's betrachten wir den Funktionswert . Wir erhalten die Folge . Ob nun in gegen einen Wert strebt, können wir also als Frage nach der Existenz von formulieren.

Nun haben wir noch nicht darüber gesprochen, wie viele solche Folgen wir in f einsetzen müssen. Reicht es, wenn wir nur eine Folge untersuchen?

To-Do:

Gif ohne anklicken lesbar machen und erstes Gif als dauer schleife laufen lassen

Dazu betrachten wir folgendes Beispiel:

Die Vorzeichenfunktion

Nehmen wir die Folge mit und setzen sie in ein, so erhalten wir immer . Betrachten wir nur diese eine Folge, so würden wir vermuten, dass in gegen den Wert 1 strebt. Nehmen wir die Folge mit , so gilt allerdings immer und wir sehen nun auch mathematisch, dass in keinen eindeutigen Grenzwert hat. Es reicht also nicht, eine Folge zu betrachten. Stattdessen muss sich die Funktion für alle Folgen gleich verhalten, damit wir von einem Grenzwert sprechen können.

Definition: über Folgen[Bearbeiten]

Definition (Grenzwert von Funktionen)

Sei eine Funktion mit , und . hat in den Grenzwert , wenn für jede Folge mit und gilt: . Ist dies der Fall, so schreiben wir

Sei eine Funktion mit und . hat im Unendichen den Grenzwert , wenn für jede Folge mit und gilt: . Ist dies der Fall, so schreiben wir

Kurzer Nachtrag zur Definition über Folgen[Bearbeiten]

Als letzten Feinschliff mussten wir noch beachten, dass der Ausdruck nur sinnvoll ist, falls im Definitionsbereich von liegt. Deshalb fordern wir . Auch sollten wir nur in Punkten untersuchen, an die wir uns tatsächlich annähern können. Ist z.B. nur auf definiert, so ist es uns nicht möglich zu erfahren, was in der Umgebung von macht. Was allerdings möglich ist, ist nach einem Streben von im Punkt zu fragen. Unsere müssen also in , dem Abschluss von liegen.

Definition: über Epsilon Delta (Andere Person)[Bearbeiten]

Spielraum bei der Definition[Bearbeiten]

Dieser Abschnitt existiert, weil verschiedene Autoren und verschiedene Lehrbücher unterschiedliche Definitionen benutzen. Es kann gut sein, dass du in der Vorlesung nicht die Definition aus diesem Artikel gelernt hast, sondern eine der folgenden Variationen.

Es gibt die Möglichkeit, statt nur zu erlauben.

Unabhängig von der ersten Entscheidung hat man die Möglichkeit, die betrachteten Folgen noch weiter einzuschränken. Wollen wir das Verhalten von in der Nähe von betrachten, so können wir darüber diskutieren, ob es erlaubt ist, selbst als Wert "nahe an " in einzusetzen. Manche Autoren legen deshalb fest:

Für die betrachteten Folgen gilt (statt )

Anmerkung: Stetigkeit und Grenzwerte von Funktionen[Bearbeiten]

Vergleichen wir unsere Intuition mit dem Folgenkriterium der Stetigkeit, so stellen wir fest, dass es auch bei der Stetigkeit um das Streben von in einem Punkt geht. Vergleichen wir zusätzlich beide Definitionen über Folgen , so finden wir auch hier sehr große Ähnlichkeiten. Bei der Stetigkeit von im Punkt wird nur zusätzlich gefordert, dass gilt, weil der Ausdruck existieren muss. (Da , gilt insbesondere .) In der Tat gibt es Autoren, die Stetigkeit mithilfe von Grenzwerten von Funktionen definieren. Stetigkeit von in bedeutet nämlich nichts anderes, als dass gilt. Dies ist sogar unabhängig davon, welche Variante wir bei der Definition über Folgen wählen. Dies liegt bei der ersten Variationsmöglichkeit daran, dass wir die Einschränkung für die Frage nach Stetigkeit sowieso treffen müssen. Es ist zudem egal, ob wir oder fordern: Wenn für alle erlaubten Folgen in gegen strebt, so gilt dies auch für alle erlaubten Folgen in . Umgekehrt: Wenn für alle erlaubten Folgen in gegen strebt, so gilt dies auch für alle Folgen in .

Auch sei gesagt, dass die Definition von Stetigkeit über Grenzwerte von Funktionen ebenfalls mit der Epsilon-Delta-Definition dieses Kapitels funktioniert.

Bsp: Die Indikator-Funktion von [Bearbeiten]

Links und Rechtsseitige Grenzwerte[Bearbeiten]

Verwendung von einseitigen Grenzwerten[Bearbeiten]

"Später für Integrale: Raum der Regelfunktionen. Regelfunktion ist relativ abstrakt. Klassifizierbar als: f Regelfunktion gdw für alle rechts und linksseitiger Grenzwert existieren.

Evtl hilfreich[Bearbeiten]

Motivation und Herleitung[Bearbeiten]

Intuitive Erklärung[Bearbeiten]

Wir werden nun den Grenzwerte einer Funktion in einem Punkt betrachten. Dabei geht es darum, zu untersuchen wie sich die Funktion in der Nähe dieses Punktes verhält. Wir gehen mit den -Werten beliebig nahe an heran, und sehen uns dabei die Funktionswerte an.

Dabei ergeben sich Fragen, wie: Streben diese Funktionswerte irgendwo hin, d.h. haben sie ein Ziel? Gibt es je nach Annäherungsart (von links, von rechts, ...) verschiedene Ziele?

Der stetige Fall[Bearbeiten]

Betrachten wir zunächst den Fall, dass in stetig ist. Als Beispiel wählen wir und . Wie verhält sich , falls wir gegen gehen lassen? Nun ist es klar, dass sich dem Wert annähert. Dabei ist es vollkommen egal, ob wir uns von links oder rechts annähern.

Ebenso hätte es keinen Unterschied gemacht, wenn wir uns abwechselnd von links und rechts dem Wert genähert hätten. nähert sich dann genauso dem Wert . Mathematisch „sauber“ formuliert bedeutet dies: Für jede Folge mit gilt . Der Grund dafür ist, dass die Exponentialfunktion folgenstetig im Ursprung ist. Zur Erinnerung:

Definition (Folgenkriterium der Stetigkeit an einer Stelle)

Eine Funktion mit ist stetig an der Stelle , wenn für alle Folgen mit und gilt:

Es liegt nun auf der Hand den „Grenzwert von für gegen “ als zu definieren. Es folgt: Eine stetige Funktion besitzt daher in immer den Grenzwert .

Verständnisaufgabe: Bestimme die folgenden Grenzwerte:

Lösungen:

  1. Da stetig in ist, gilt für jeder Folge mit Gliedern aus und : . Also ist
  2. Da die Funktionen und stetig im Nullpunkt sind, ist auch die zusammengesetzte Funktion dort stetig. Für jeder reelle Nullfolge gilt daher: . Damit ist .

Nun stellen sich allerdings noch weitere Fragen, wie: Lässt sich der Grenzwert auch in einem Punkt berechnen, in dem die Funktion nicht stetig ist? Lässt sich der Grenzwert auch in Punkten bestimmen, die nicht im Definitionsbereich der Funktion liegen?

Der unstetige Fall[Bearbeiten]

In der Praxis bedeutet die Unstetigkeit einer Funktion in einem Punkt , in den meisten Fällen, dass die Funktion dort einen Sprung hat. Betrachten wir dazu das Beispiel Diese Funktion „springt“ im Ursprung auf den Funktionswert , ist aber sonst überall konstant gleich null. Nähern wir uns nun dem Ursprung von rechts bzw. links an, so ist klar, dass immer konstant gleich null bleibt:

Nun kommen wir zu einem entscheidenden Punkt: Soll den Wert null annehmen dürfen, oder nicht. In unserer Charakterisierung mit Folgen, die wir im stetigen Fall benutzt hatten, bedeutet dies: Betrachten wir nur solche Nullfolgen mit für alle , oder ist auch für beliebig viele erlaubt?

  • Im ersten Fall würde für jede Nullfolge (mit ) gelten: . Definieren wir , so existiert dieser Grenzwert.
  • Im zweiten Fall hingegen gilt beispielsweise für die konstante Nullfolge : . Hingegen für die Nullfolge : . Der Grenzwert von für würde nicht existieren, da er nicht eindeutig wäre.

Dieser Punkt ist in der Analysis-Literatur nicht eindeutig festgelegt. In der moderneren Literatur wird meistens wie im zweiten Fall vorgegangen. Daher wollen auch in unserer Definition des Grenzwertes solche Folgen mit zulassen. Unsere (vorläufige) Definition des Grenzwerts einer Funktion in einem Punkt des Definitionsbereichs lautet somit:

Eine Funktion mit besitzt in den Grenzwert , in Zeichen , falls für alle Folgen mit und gilt:

Verständnisaufgabe: Bestimme die folgenden Grenzwerte, falls vorhanden:

  1. mit
  2. mit

Lösungen:

  1. Bei handelt es sich um die im Nullpunkt stetige Betragsfunktion . Daher gilt für jeder Nullfolge : . Damit ist .
  2. Dieser Grenzwert existiert nicht. Für die Nullfolge gilt . Für die Nullfolge hingegen ist .

Motivation[Bearbeiten]

Man könnte nun fragen, wofür wir Grenzwerte von Funktionen überhaupt brauchen. Im ersten Semester begegnen sie einem überwiegend bei Stetigkeit bzw. stetiger Fortsetzbarkeit, allerdings kann man mit ihnen z.B. auch uneigentliche Integrale berechnen. Das praktische an Grenzwerten von Funktionen ist, dass man am Ende ein sehr einfache Schreibweise dafür hat, dass man beliebig nahe am Punkt betrachtet. Man kann mit ihnen also das Verhalten einer Funktion beim Streben nach einem Punkt charakterisieren.

Vorbereitung auf das Folgenkriterium[Bearbeiten]

Nun geht es darum, Grenzwerte von Funktionen mathematisch zu beschreiben.

Wir gehen bei der Betrachtung von mit unseren -Werten sehr nahe an heran. Es bietet sich an, dies mithilfe von Folgen zu beschreiben, die den Grenzwert haben. Da man die -Werte in einsetzen möchte, sollte die Folge innerhalb des Definitionsbereiches laufen. Die -Werte sollten ein Ziel haben. Dies bedeutet, dass die Folge auch einen Grenzwert haben muss. Weiterhin war für uns wichtig, wie sehr die Funktion entschlossen ist, die -Werte zu lenken. Wir wollen etwas nur einen Grenzwert nennen, wenn die Funktionswerte immer gegen den gleichen Wert streben, egal auf welche Art wir uns nähern. Es ist also noch nicht ausreichend, wenn für jede Folge mit Grenzwert gilt, dass die Folge einen Grenzwert hat. Zusätzlich dazu müssen alle diese Funktionswertfolgen den gleichen Grenzwert haben.

Definition über das Folgenkriterium[Bearbeiten]

Definition (Grenzwert von Funktionen)

Sei eine Funktion, und . hat in den Grenzwert , wenn für jede Folge mit und gilt: .