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Öffentliches Recht im 2. Staatsexamen: Baugenehmigung

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Alle Verweise auf die Landesbauordnung (BauO) sind als solche auf die BauO des Landes Berlin zu verstehen.

Rechtsschutz gegen die Versagung der Baugenehmigung

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Zulässigkeit

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Statthafte Klageart

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Die Baugenehmigung stellt fest, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Bauvorhaben nicht entgegenstehen und das präventive Bauverbot aufgehoben wird. Darin liegt eine Regelung, es handelt sich um einen Verwaltungsakt iSd § 35 S. 1 VwVfG. Statthaft ist daher die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Fall 2 VwGO.

Klagebefugnis

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Das Bauordnungsrecht gewährt einen Anspruch auf Erlass der Baugenehmigung, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind (in Berlin: § 71 Abs. 1 BauO). Der Anspruch ist die einfachgesetzliche Konkretisierung der aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Baufreiheit. In diesem Recht könnte der Kläger verletzt sein.

Rechtsschutzbedürfnis

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Das Rechtsschutzbedürfnis kann entfallen, wenn offensichtlich ausgeschlossen ist, dass das beantragte Bauprojekt durchgeführt werden kann, z.B. weil ein privatrechtliches Nießbrauchrecht der Bebauung entgegensteht. Es handelt sich aber um eine reine Evidenzkontrolle.

Begründetheit

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Die Klage ist begründet, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Vorhaben zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht entgegenstehen, da in diesem Fall ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung aus der BauO besteht. Eine Ermessensentscheidung kommt nur in wenigen Fällen wie bei der Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB infrage. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die letzte mündliche Verhandlung.

Anspruchsgrundlage

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Anspruchsgrundlage ist § 71 Abs. 1 BauO.

Genehmigungspflicht nach der Landesbauordnung

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Anspruch auf eine Baugenehmigung besteht nur, wenn diese überhaupt notwendig ist und das Bauverbot für das spezielle Vorhaben nicht ohnehin schon aufgehoben ist, weil die BauO es für genehmigungsfrei erklärt. Eine Genehmigungspflicht besteht, wenn

  • Antragsgegenstand eine bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 2 BauO ist (Anlage aus Bauprodukten, die mit dem Erdboden verbunden ist und überwiegend ortsfest verwendet wird),
  • die errichtet, geändert oder deren Nutzung geändert werden soll, § 60 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 S. 1 BauO
  • und für die keine Ausnahme von der Genehmigungspflicht besteht, § 60 Abs. 1 S. 1 BauO iVm den dort genannten Ausnahmenormen; Konzentrationswirkung von immissionsrechtlichen Genehmigungen gem. § 4, § 6, § 13 BImSchG

Formelle Genehmigungsvoraussetzungen

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  • Ordnungsgemäßer Bauantrag bei der zuständigen Behörde, § 69 BauO
  • Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange
  • Nachbarbeteiligung

Materielle Genehmigungsvoraussetzungen

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Unter diesem Punkt wird die Vereinbarkeit des Vorhabens mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft

Vereinbarkeit mit Bauplanungsrecht
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Bauliche Anlagen im Sinne der Norm sind mit dem Erdboden künstlich verbundene Anlagen mit bodenrechtlicher Relevanz. Für die künstliche Verbindung genügt das Ruhen auf dem Erdboden durch Gravitation und das Fixieren an einem bestehenden Gebäude.

Bodenrechtliche Relevanz hat die Anlage, wenn sie Belange im Sinne des Vorhaben iSd § 1 Abs. 6 BauGB berühren kann, so dass ein Bedürfnis nach einer verbindlichen Bauleitplanung besteht.

Keine entgegenstehenden bauplanungssichernden Maßnahmen
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  • Vereinbarkeit mit Bauordnungsrecht
  • Vereinbarkeit mit sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften

Nachbarstreit

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Nachbarn können entweder versuchten, eine erteilte Baugenehmigung anzufechten oder eine Behörde zum bauaufsichtlichen Einschreiten gegen ein Vorhaben in der Nachbarschaft zu zwingen.

Drittanfechtung

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Klagebefugnis

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Die Klagebefugnis des Nachbarn besteht, wenn er geltend macht, dass die Baugenehmigung ihn in eigenen Rechten verletzt. Voraussetzung ist, dass die Norm deren Verletzung gerügt wird, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen war, überhaupt Drittschutz entfaltet und dieser gerade auch den Nachbarn umfasst.

Drittschützende Norm
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Den Nachbarn schützen

  • Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans nach § 30 BauGB
  • Festsetzungen über die Maß der baulichen Nutzung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans nur, wenn die Festsetzung nach dem Willen der Planer gerade die Nachbarn schützen soll
  • Das Gebot der Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO, wenn keine planerischen Festsetzungen bestehen, soweit in qualifizierter und inidividualisierender Weise in schützenswerte Interessen Dritter eingegriffen wird
  • Das Merkmal "Einfügen in die nähere Umgebung" des § 34 BauGB
  • Der Außenbereichsschutz des § 35 BauGB, aber nur soweit die Inhaber dort privilegierter Vorhaben betroffen sind
  • Aus dem Bauordnungsrecht v.a. Abstandsflächen
  • Aus sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften v.a. § 22 BImSchG
"Nachbar"
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Nachbar im Sinne des Baurechts ist, wer Eigentum oder eine eigentumsähnliche Position an einem Grundstück hat, das vom Schutzzweck der verletzten Norm erfasst ist. Rein obligatorisch Berechtigte (Mieter, Pächter) sind nicht klagebefugt.

Klagefrist

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Hier stellen sich Bekanntgabeprobleme. Wurde die Genehmigung dem Nachbarn überhaupt nicht bekannt gegeben, beginnt keine Klagefrist zu laufen. Der Nachbar kann aber gegebenenfalls sein Klagerecht verwirkt haben, wenn der Bauherr darauf vertrauen konnte, dass die Genehmigung nicht mehr angegriffen würde. Neben einem Zeitmoment muss der Nachbar dafür eine objektive Vertrauensgrundlage (Umstndsmoment) gesetzt haben.

Rechtsschutzbedürfnis

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Der Nachbar hat kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn er auf sein Klagerecht wirksam verzichtet hat.