Öffentliches Recht im 2. Staatsexamen: Der Tenor
Der Tenor des Verwaltungsurteils besteht aus Hauptsacheentscheidung, Kostengrundentscheidung mit Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Entscheidung über die Zulassung der Berufung. Er wird eingerückt und in Berlin und Hessen nicht nummeriert.
Entscheidung in der Hauptsache
[Bearbeiten]Ist vor der Entscheidung in der Hauptsache bereits ein Beschluss erlassen worden, z.B. zur Einstellung des Verfahrens, wird dieser zunächst aufgehoben.
- "Der Beschluss des Gerichts vom (...) wird aufgehoben."
Klageabweisung
[Bearbeiten]Ist die Klage in der Hauptsache erfolglos lautet der Tenor: "Die Klage wird abgewiesen.", unabhängig von der Klageart.
Stattgebende Urteile
[Bearbeiten]Anfechtungsklage
[Bearbeiten]Bei der erfolgreichen Anfechtungsklage gegen den Ausgangsbescheid tenoriert man
- "Der Bescheid des (Behörde) vom (Datum), Az: (...) wird aufgehoben.
Wird ein den Ausgangsbescheid modifizierender Widerspruchsbescheid aufgehoben, lautet der Tenor
- "Der Bescheid des (Behörde) vom (Datum), Az: (...) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom (Datum), Az: (...) wird aufgehoben".
Wiederholt der Widerspruchsbescheid den Ausgangsbescheid nur, lautet der Tenor
- "Der Bescheid des (Behörde) vom (Datum), Az: (...) und der Widerspruchsbescheid des (Behörde) vom (Datum) werden aufgehoben".
Wurde isoliert nur der Widerspruchsbescheid angefochten, lautet der Tenor
- "Der Widerspruchsbescheid des (Behörde) vom (Datum) wird aufgehoben".
Bei nur teilweisem Erfolg der Klage wird sie im Übrigen abgewiesen. Der Tenor lautet
- "Der Bescheid des (Behörde) vom (Datum), Az: (...) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom (Datum), Az: (...) wird insoweit aufgehoeben, als (...). Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."
Wurde mit der Anfechtungsklage ein Annexantrag auf Folgenbeseitigung nach § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO gestellt, wird die Entscheidung hierüber nach dem Ausspruch zur Hauptsache tenoriert, z.B. mit :"Der beklagte wird verpflichtet, (Vollzugshandlungen) rückgängig zu machen."
Ist die Rückzahlung von Geld gefordert, ist auch der Zinsanspruch analog § 291 BGB ab Rechtshängigkeit gem. § 90 VwGO auszusprechen.
Ist der Anfechtungsantrag erfolgreich, der Annexantrag hingegen erfolglos, wird die Klage insoweit "im Übrigen abgewiesen".
Bei teilweiser Klagerücknahme wird das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 VwGO eingestellt mit der Formulierung
- "Soweit die Klage zurückgenommmen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen (restlicher Hauptsachetenor) ..."
Ähnlich wird bei teilweise übereinstimmender Erledigungserklärung durch die Beteiligten tenoriert
- "Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen (restlicher Hauptsachetenor) ..."
Verpflichtungsklage
[Bearbeiten]Die voll stattgebende Verpflichtungsklage tenoriert man mit
- "Der Bescheid des Bezirksamts Mitte von Berlin vom 4. August 2013 und der Widerspruchsbescheid der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vom 1. Februar 2014 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die vom Kläger am 20. Februar 2014 beantragte Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück Potsdamer Platz 4, 10785 Berlin, zu erteilen."
Kostenentscheidung
[Bearbeiten]Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens (nicht des Rechtsstreits!) ergeht nach den §§ 154 ff. VwGO und ist gem. § 161 Abs. 1 VwGO von Amts wegen zu treffen.
Grundsätze
[Bearbeiten]Wie im Zivilprozess werden dabei die Kosten grundsätzlich nach dem Unterliegensgrad verteilt oder aufgehoben. Die Aufhebung ist im Verwaltungsverfahren aber häufig unbillig, weil die Behörde regelmäßig keine außergerichtlichen Kosten hat. Nur wenn die Behörde einen Rechtsanwalt beauftragt hat, sollte daher an Kostenaufhebung gedacht werden.[1]
Sonderkonstellationen
[Bearbeiten]Klagen mehrere Kläger gegen denselben Bescheid oder begehren sie dasselbe, tragen sie die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner, § 159 S. 2 VwGO iVm § 100 Abs. 4 ZPO, ansonsten regelmäßig "nach Kopfteilen" (bei zwei unterliegenden Klägern z.B. also hälftig), es sei denn die Unterschiede zwischen den Streitgenossen sind so erheblich, dass eine einzelne Quote anzusetzen ist, § 100 Abs. 2 ZPO.
Dem Beigeladenen dürfen nur dann Kosten auferlegt werden, wenn er selbst einen Antrag gestellt hat, § 154 Abs. 3 VwGO, oder schuldhaft Kosten verursacht hat, § 155 Abs. 4 VwGO. Beigeladene bekommen ihre außergerichtlichen Kosten (Gerichtskosten entstehen dem Beigeladenen nicht) aber nach § 162 Abs. 3 VwGO auch nur dann ersetzt, wenn dies der Billigkeit entspricht. Das ist insbesondere regelmäßig dann der Fall, wenn er einen eigenen Antrag gestellt und mit diesem durchgedrungen ist.[2]
Wenn der Kläger die Verpflichtung der Behörde beantragt, das Gericht aber nur ein Bescheidungsurteil nach § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO erlässt, trägt der Kläger einen Teil der Kosten.[3]
Zuziehung eines Bevollmächtigten
[Bearbeiten]Nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO muss auch über die Tragung der Kosten des Vorverfahrens (= Widerspruchsverfahren) entschieden werden, wenn die Klage nicht ohne Erfolg geblieben ist. Nach h.M. erfolgt dieser Ausspruch nur auf Antrag.[4] Er entfällt, wenn die Erstattung abgelehnt wird. Die Ablehnung ist dann nur in den Entscheidungsgründen zu begründen. Der Ausspruch lautet
- "Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt."
Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit
[Bearbeiten]Die Vollstrecksbarkeitsentscheidung ergeht nach §§ 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO und ist von Amts wegen zu treffen.
Öffentlich-rechtliche Besonderheit ist, dass nicht alle stattgebenden Hauptsachetenorierungen für vollstreckbar erklärt werden müssen.
- Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen nach § 42 Abs. 1 VwGO sind nach § 167 Abs. 2 VwGO nur wegen der Kosten für vollstreckbar zu erklären.
- Dasselbe gilt für Annexanträge und Fortsetzungsfeststellungsklagen.
- Bei der Feststellungsklage nach § 43 VwGO gibt es schon keinen vollstreckbaren Tenor.
- Nur bei der Leistungsklage entspricht die Vollstreckbarkeitserklärung der im Zivilprozess, es sei denn die eingeklagte Leistung ist schlicht-hoheitliches Handeln.
Regelmäßig ist das Urteil daher nur wegen der Kosten vollstreckbar. Der Tenor lautet dann
- "Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger/Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte/Kläger Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet."
Zulassung der Berufung
[Bearbeiten]Nach § 124a Abs. 1 VwGO iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO ist Aufgabe des Verwaltungsgerichts, über die Zulassung der Berufung zu tenorieren. Im Regelfall liegen die Voraussetzungen für die Zulassung nicht vor. In diesem Fall wird die Nichtzulassung nicht in den Tenor aufgenommen, da das Verwaltungsgericht hierzu nicht befugt ist, § 124a Abs. 1 S. 3 VwGO. Liegen die Voraussetzungen ausnahmsweise vor, wird tenoriert
- "Die Berufung wird zugelassen."