Atommodelle: Geschichte
Die Ansichten darüber, woraus die Welt besteht, die uns Menschen im täglichen Alltag umgibt, waren seit alters her recht breit gestreut. Eine Änderung hat sich erst mit den modernen Naturwissenschaften ergeben. Insbesondere in der Physik gibt es das durchgehende Prinzip, daß eine Theorie oder ein Modell gegebenenfalls durch ein Experiment falsifiziert werden kann. Bevor diese Idee aufgekommen ist oder bevor Experimente gemacht werden konnten, die den Aufbau unserer Alltagswelt erhellen konnten, waren die Menschen also mehr oder wenige auf unbelegte Spekulationen angewiesen. Daher kann heute erst im Rückblick festgestellt werden, wer wohl damals mit seinen Spekulationen ungefähr richtig gelegen hat. Das Zutreffen einer solchen Spekulation spricht also nicht unbedingt für die Brillanz der Idee, eher ist davon auszugehen, daß es über die Jahrhunderte viele verschiedene Ideen und Überlegungen gab, von denen eben diese oder jene mehr oder weniger zufällig zu dem paßt, was heute experimentell beobachtbar ist.
Erste, heute noch bekannte Ideen zum Konzept des Atoms kommen aus Indien (sechstes Jahrhundert vor Christus). Die Nyaya- und Vaisheshika-Schulen entwickelten dazu Theorien, auch wie sich aus Atomen komplexere Gebilde ergeben.
Frühe Ideen aus dem griechischen Raum, daß die Welt aus kleinsten, nicht weiter teilbaren Teilchen bestehen könnte, gehen auf Leukipp und Demokrit zurück (viertes beziehungsweise fünftes Jahrhundert vor Christus).
Zenon (um 490 bis 430 vor Christus) beschäftigte sich etwa mit dem Problem des Kontinuums von Raum und Zeit und Bewegung und hat dazu einige interessante Paradoxien aufgestellt, die deutlich machen, welche Schwierigkeiten in der griechischen Vorstellungswelt kontinuierliche Änderungen machten. So erstaunt es nicht weiter, daß bei Leukipp und Demokrit die Idee aufkam, man könne Materie nicht unendlich oft teilen, weswegen ein unteilbarer Rest übrigbleiben müsse, was dann Atom genannt wurde. Allerdings beruht dies auf keiner Beobachtung, denn mit damaligen Werkzeugen stieß man beim Teilen viel eher auf praktische Probleme der Genauigkeit als auf etwas wie Atome. Insofern gehören diese Ansichten eher zur spekulativen Philosophie ohne ernsthaften Versuch, das Modell zu bestätigen oder zu widerlegen.
Die experimentellen Probleme liegen vor allem daran, daß - wie man heute weiß - Atome relativ klein sind gegenüber dem, was der Mensch mit bloßem Auge sehen kann. Letzteres liegt etwa bei 0.1 mm, während die Größe von Atomen im Bereich von 0.1 nm liegen. Um sichtbar zu werden, ist also bereits eine Anordnung von etwa einer Million Atome nebeneinander notwendig, als wahrnehmbares Volumen entsprechend die dritte Potenz davon. Ein anderes Problem liegt in der Wellenlänge des sichtbaren Lichtes. Blaues Licht hat die kürzeste, noch sichtbare Wellenlänge mit etwa 400 nm. Offenbar ist das immer noch einen Faktor 4000 größer als ein typisches Atom. Mit klassischen optischen Instrumenten wie Mikroskopen läßt sich aber nicht mehr als die halbe Wellenlänge auflösen. Kleine Objekte sind so also nicht beobachtbar.
So gab es in den darauf folgenden Jahrhunderten mangels möglicher Beobachtungsmethoden diverse Ideen (Die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft; Alchemie, etc.), woraus die Welt bestehen könnte. Entsprechend waren die Fortschritte insbesondere in dem Bereich, der heute Chemie genannt wird, eher marginal. Erst mit der Einkehr von naturwissenschaftlich relevanten Experimenten gelangen etwa seit Robert Boyle (1627-1692) Fortschritte - dieser untersuchte unter anderem das Verhalten von Gasen (Gesetz von Boyle und Mariotte, etc.).
Sich seinerseits mit Gasen beschäftigend gelangen John Dalton (1766-1844) weitere Einsichten durch geschickte und wohlüberlegte Experimente, woraus sich letztlich die Einordnung von Atomen in das Periodensystem der Elemente ergab und damit eine realistischere, auf Experimente gestützte Anschauung, woraus die Welt besteht.
Die Brownsche Bewegung bot erstmals 1827 Gelegenheit, Effekte von einzelnen Teilchen wie Atomen beziehungsweise Molekülen direkt zu beobachten. Unter dem Mikroskop hat Brown beobachtet, daß sich Pollen und Staubkörner in Wasser ungeordnet hin- und herbewegen. Erst 1905 gelang Einstein die korrekte Interpretation der Beobachtung als Stöße einzelner Wassermoleküle mit den viel größeren Staubkörnern. Der Impulsübertrag führt zur Änderung der Bewegung des Staubkorns. Das Experiment konnte daraufhin verwendet werden, um Masse und Größe der Wassermoleküle zu bestimmen und so Daltons Beobachtungen und Überlegungen unabhängig zu bestätigen.