BDSM - Einführung und Überblick:Einleitung

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Einführung: Was ist BDSM?[Bearbeiten]

Auch wenn BDSM seit 50 Shades of Grey mehr Akzeptanz entgegen gebracht wird, wissen viele nicht so genau was dieses "BDSM" jetzt eigentlich ist oder haben einseitige oder gar falsche Vorstellungen davon. Das Akronym "BDSM" steht für "Bondage and Discipline, Dominance and Submission, Sadism and Masochism" - Also schon für eine ganze Liste an weiteren Überbegriffen. Und das ist BDSM auch: Ein Überbegriff über viele verschiedene große Bereiche sexueller und auch asexueller Spiel- und Lebensarten, welche fast beliebig kombinierbar sind - auch mit Sexpraktiken und Lebenseinstellungen außerhalb von BDSM. Dabei wird meist unterschieden zwischen den Rollen eines "Top" (der Fesselnde/Führende/Schlagende/etc.) und denen eines "Sub", auch oft "bottom" genannt, (wird gefesselt/geführt/geschlagen/etc.) - wobei es für bestimmte Ausprägungen wieder weitere Bezeichnungen gibt. Manche Menschen nehmen auch Rollen beider Seiten gerne ein, sie werden als "Switcher" bezeichnet. Sie wechseln je nach Vorliebe die Rollen je nach Partner, zwischen den Spielen oder auch im Spiel. Prinzipiell sind Bezeichnungen jedoch nur wichtig beim Austausch und Informieren, und oftmals nicht klar definierbar und abgrenzbar. Wenn Menschen BDSM in zeitlich begrenztem Rahmen ausleben, wird das oft als "Spiel" oder "Session" bezeichnet. Beschränkt sich das Ausleben nicht nur auf Zeitlich abgegrenzte Spiele, sondern ziehen sich manche Aspekte davon auch durch den Alltag zwischen den Beteiligten, so spricht man meist von 24/7. In diesem Buch wird der Einfachheit halber meist nur von "Spiel" geredet wenn es irrelevant ist ob es sich um eine abgegrenzte Session oder ein zeitweise deutlich intensiveres Ausleben bei 24/7 handelt. Sofern BDSM in gesundem Rahmen ausgelebt wird ist es weder missbräuchlich noch schädlich, sondern für Menschen mit entsprechenden Vorlieben ein Gewinn an Lebensqualität.


Was ist jetzt alles unter diesem Überbegriff "BDSM" zusammengefasst?[Bearbeiten]

Zum einen gehören zu BDSM Vorlieben bzw Praktiken, welche die Bewegungs- und Aktionsfreiheit eines Partners einschränken (der Bereich "Bondage"): Fesseln, Einsperren, Anketten, Knebeln, die Augen Verbinden und vieles mehr. Das kann einfach aufgrund einer Vorliebe fürs Tragen von Fesseln sein, es kann rein funktional sein, zur Dynamik bzw. Spielart passend, zur Verdeutlichung des Machtgefälles bzw. der Abhängigkeit Subs von Top interessant sein. Ebenso können Fesselungen zum Entspannen oder Meditieren genutzt werden, auch kann Bewegungseinschränkung oder im Fall von Fetischisten das Material oder die Fesseln an sich erregend sein. Auch die Ästhetik von Fesselungen kann für BDSMler ansprechend sein, und wahrscheinlich existieren noch viele weitere Gründe, weshalb Bewegungseinschränkungen interessant sein können. Dabei können verschiedenste Materialien und Gegenstände zum Fesseln genutzt werden. Die zum Fesseln am häufigsten verwendeten Materialien sind Seile, Manschetten, Schellen und Ketten. Verschiedenste Seilarten können für Fesselungen verwendet werden, von einfachen funktionalen Fesselungen bis zu komplexen beispielsweise bei Shibari mit dem Ziel einer ästhetischen Fesselung und einem meditativen Charakter für Fesselnden, häufig "Rigger" genannt, und Gefesselten, häufig "Bunny" genannt. Detailliertere Informationen zu Shibari sind in dem Wikibook Shibari zu finden. Dabei eignen sich für jeden Anwendungszweck bestimmte Seilarten und bestimmte weitere nicht. Mit Manschetten und Verbindern wie Karabinern, Vorhängeschlössern, Riemen oder Seilen kann ebenfalls gefesselt werden, dabei stellen gepolsterte Manschetten eine relativ sicher und einfach handhabbare Möglichkeit zum Fesseln dar, welche modular nutzbar ist. Manschetten können auch abschließbar ausgeführt sein, um einen gewissen Bewegungsfreiraum zu lassen und dennoch eine ausbruchsichere Fesselung zu realisieren. Schellen aus Metall können je nach Ausführung wie Manschetten genutzt werden, können aber auch wie zum Beispiel Handschellen mit Gelenkverbindung noch weniger Bewegungsfreiheit bieten. Zusätzlich sind Schellen durch ihr Material hart und unnachgiebig und können dadurch schneller unangenehm drücken, einschneiden oder reiben. Ketten können im Kombination mit Karabinern, Schäkeln oder Vorhängeschlössern ähnlich genutzt werden wie Seile, abgeschlossen können sie jedoch auch mehr Bewegungsfreiraum und dabei dennoch eine ausbruchsichere Fesselung bieten. Alltagsgegenstände können ebenfalls als Hilfsmittel in Fesselungen eingebaut werden, so können Bettpfosten benutzt werden, um Hände und Füße daran festzubinden, auch Stangen oder Stühle können in eine Fesselung einbezogen werden und Frischhaltefolie kann zum Einwickeln des Partners genutzt werden. Hierbei muss jedoch immer auf die Eigenschaften des Alltagsgegenstands geachtet werden, beispielsweise dass Folie keine Körperteile abschnürt, die Atmung bei Mund und Nase nicht blockiert und Stangen auf keine Nerven oder Blutbahnen drücken. Zusätzlich existieren verschiedenste Möbel- und Kleidungsstücke, welche für eine Fesselung genutzt werden können. Darunter fallen zum Beispiel Käfige und Pranger, Zwangsjacken, spezielle Schlafsäcke, Vakuumbetten, Armbinder, Fingerlose und dick gepolsterte Handschuhe und Isolationsmasken, welche Sicht, Gehör und teils Sprache einschränken. Durch Anketten oder Anleinen an einen Befestigungspunkt im Raum, oder durch Einsperren in z.B. einen Käfig oder eine Zelle kann ebenfalls die Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden.


Auch sind Dinge wie Erziehung oder Drill wie z.B. beim Militär Aspekte des BDSM (der Bereich "Discipline"), und auch hier gibt es wieder unterschiedlichste Vorlieben und Arten, sich auszuleben. So kann eine Art Ausbildung zu einem im Vorhinein gesteckten Ziel geplant und durchgeführt werden, beispielsweise um ein bestimmtes Verhalten oder eine Haltung bei Sub auf Kommando oder dauerhaft im BDSM-Kontext zu erzielen. Dies kann beispielsweise im Kontext einer Sklavenerziehung oder im Kontext von militärischer Ausbildung vollzogen werden. Dabei kann unter Anderem das penible Falten von Kleidung, das Schrubben des Bodens, das korrekte Einnehmen einer Haltung auf Befehl oder richtiges Grüßen von Herrscher oder Vorgesetzten geübt werden. [Beispiele und Mitarbeit insbesondere hier sehr willkommen!]


Dominanz und Unterwerfung (der Bereich "Dominance and Submission", kurz "Ds") werden in "BDSM" nicht umsonst separat aufgezählt, da sie nicht unbedingt mit den anderen Praktiken zusammen auftreten müssen. Dominanz kann auf verschiedene Arten erzeugt werden, sowohl durch die Ausstrahlung durch Verhalten, Stimme, Mimik, Gestik, Wortwahl und/oder Aktionen des Tops (dann meist "Dom" genannt, abgeleitet von "Dominant"), als auch durch die Erwartungshaltung des Subs (seltener auch als "Dev", teils Rollenspezifisch als Sklave oder Sklavin bezeichnet). Durch das äußere Erscheinungsbild wie beispielsweise einen Anzug, eine Uniform oder ein entsprechend streng, einschüchternd und/oder autoritär wirkendes Outfit kann das dominante Auftreten zusätzlich unterstrichen werden. Ebenso kann wenig und einfache oder der Rolle des Subs entsprechende Kleidung die Unterwürfigkeit oder Unterlegenheit unterstreichen. Auch kann Sub sich von sich aus unterwerfen, durch die Wirkung des Partners dazu gebracht werden oder trotz Gegenwehr unterworfen werden wollen. Beispiele für freiwillige Unterwerfung sind beispielsweise wenn ein Partner sich gerne als Sklave/Sklavin, Hund oder kleines Kind sieht. Manche BDSMler möchten die Überlegenheit des Partners auf psychische und/oder körperliche Art spüren um dann z.B. in der Rolle als Sklave/Sklavin, Untergebener oder ähnlichem aufzugehen. Dies kann beispielsweise durch die Demonstration von mentaler oder körperlicher Überlegenheit erzielt werden oder auch durch entsprechendes Auftreten. Dabei kann Top auch Sub "um den Finger wickeln" und plötzlich ist Sub beispielsweise gefesselt oder in einer unterwürfigen Haltung, ohne es kommen zu sehen.


Genauso zählen Vorlieben und Praktiken, welche einen Partner quälen, zu BDSM (der Bereich "Sadismus und Masochismus", kurz "SM"): Unterschiedlichste Schmerzen durch Schläge mit unterschiedlichsten Utensilien, durch Klammern und Kneifen, durch Hitze von flüssigem Wachs oder gar mittels dafür geeigneten Elektroschock-Spielzeugen. Auch Qualen auf psychischer Ebene durch Aufmerksamkeitsentzug, Demütigung, Beleidigungen und andere individuell wirksame Aktionen gehören dazu. Dabei gibt es wiederum unterschiedliche Arten, Qualen zu nutzen: Rein zum Spaß für den Quälenden während Sub damit z.B. das erwünschte Ausgeliefertsein demonstriert wird oder von Sub Hingabe demonstriert wird, zum Erregen eines oder beider Partner, als tatsächliche Strafe oder einer Mischung daraus, wie z.B. bei "Funishment" (ein Kunstwort aus "fun" und "punishment"). Wie bestimmte Aktionen wirken ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und unterschiedliche Schmerzarten oder -intensitäten können bei einem Menschen unterschiedliche Wirkungen haben. So können schwache Schmerzen entspannend sein wie eine Massage, und möglicherweise auch erregend wirken, während stärkere Schmerzen als Strafe zum Spiel passen und zu mehr Unterwürfigkeit führen können. Zu starke oder zu unangenehme Schmerzen reißen dafür meist aus dem Kontext und können damit zu Unterbrechungen oder zum Abbruch des Spiels führen. Die Schmerzarten werden häufig in "spitz", "dumpf", "oberflächlich" und "tief" eingeordnet, teils auch in "brennend" oder weitere Arten. Dabei ist die Art des Schmerzes von dem verwendeten Schlagwerkzeug, der Schlagtechnik und teils auch der Stärke des Schlags abhängig. Schmerzen durch z.B. Kerzenwachs können dagegen durch die Schmelztemperatur der Wachsart, die Tropfhöhe und die Menge an Wachs pro Tropfen oder kleinerem Schwall unterschiedlich ausgeprägt werden. Auch können Inhaltsstoffe von Pflanzen wie Ingwer oder Chilli und bestimmte Salben oder Brennesseln zur Schmerzerzeugung genutzt werden. Masochisten nehmen oftmals je nach Situation Schmerzen unterschiedlich wahr, in Extremfällen können sogar leichte Verletzungen nicht direkt als solche wahrgenommen werden, wodurch diese Menschen eine besondere Herausforderung an die Fähigkeiten eines Tops sind, welcher die Intensität der genutzten Praktiken in einem nicht schädlichen Rahmen halten muss.


Oftmals ist auch nicht direkt erkennbar oder einzuordnen, zu welchen Bereichen eine Spielart gehört, daher sind die Kategorien des BDSM nur als grobe Richtungen oder grobe Bezeichnungen im Rahmen von Unterhaltungen und Texten zu betrachten. Konkretes Einordnen in einzelne Kategorien ist oft nicht möglich und auch nicht nötig, so kann zum Beispiel eine Dynamik zwischen Herrin und Sklave sowohl Dominanz und schmerzhafte Strafen als auch Fesselungen beinhalten. Auch können diese Vorlieben unabhängig voneinander in unterschiedlichster Intensität von "nur spielerisch im Bett" bis im Alltag (aus)gelebt werden, ebenso können in jede Dynamik unterschiedlichste Komponenten einfließen.

Abgrenzung von BDSM[Bearbeiten]

Wo BDSM nun genau anfängt und wo es aufhört lässt sich schwer sagen. Den Partner im Bett mit Plüschhandschellen fesseln, Knutschflecke und Rollenspiele wie Polizistin und Ladendieb oder Einbrecher und überraschter Bewohner gehören prinzipiell zu BDSM. Ersteres ist rechtlich Freiheitsberaubung, das zweite rechtlich Körperverletzung und das dritte beinhaltet ein (gespieltes) Machtgefälle. Sofern das alles einvernehmlich ist, gehört es prinzipiell zu BDSM, auch wenn diese Aussage sehr kontrovers diskutiert wird. Ähnlich verhält es sich mit der Frage, ab welchem Punkt BDSM endet und krankhaftes Verhalten beginnt. Prinzipiell gilt: Es sollten alle Beteiligten aus dem Ausleben Vorteile ziehen und niemand einen Schaden davon haben. Um das zu gewährleisten gibt es unter anderem verschiedene Prinzipien, nach denen man sich beim Ausleben von BDSM richten kann, sie werden später im Kapitel Grundlagen und Prinzipien erklärt. Letztendlich ist es jedoch irrelevant für die positive Wirkung des Auslebens ob es von den Beteiligten als BDSM bezeichnet wird oder nicht.