Benutzerin:Gabriele Hornsteiner/Finanzmathe
Benutzerin:Gabriele Hornsteiner/aktuelle Mathebaustelle
2. Grundlagen der Finanzmathematik
2.1. Barwert und Endwert eines Kapitals
2.1.1. Endwert eines Kapitals
Beispiel
Die Studentin Berta, ein Waisenkind, erbt anlässlich ihrer Volljährigkeit am Jahresende 10.000 €. Nun hat aber der Vormund dieses Geld gerade in laufenden Geschäften stecken und bittet das Mündel, doch noch drei Jahre mit der Einforderung zu warten. Damit sich das Warten für das Mündel lohnt, soll das Kapital zu 10% jährlich verzinst werden. Die Verzinsung erfolgt immer zum Jahresende.
Wir nennen den aufgelaufenen Betrag Kapital und wollen uns ansehen, wie das Kapital im Lauf der Jahre wächst.
Ende des Jahres t
Kapital Kt
0
1
2
3
Also kann Berta wählen, ob sie gleich 10.000 € sofort oder 13.310 € in drei Jahren haben will.
Allgemein kann man mit dem Zinssatz i und dem Kapital Kt am Jahresende t den Prozess der Verzinsung so darstellen:
Ende des Jahres t
Kapital Kt
0
K0 =
1
K1 =
2
K2 =
3
K3=
Also erhalten wir
Wir nennen 0,1 den Zinssatz und 10% den Zinsfuß. Der Endwert Kn eines Kapitals K0 am Ende des Jahres n beträgt allgemein mit q = 1 + i:
Endwert Barwert Aufzinsungsfaktor.
Gegenwartswert
Das Kapital wird aufgezinst.
2.1.2. Barwert eines Kapitals
Beispiel
Der Student Bert möchte sich heuer zu Silvester sein Erbe von 10.000 €, das er in drei Jahren erhalten soll, vorzeitig auszahlen lassen. Da das Geld investiert wurde, entstünde dem Investor ein Schaden, wenn das Geld vorzeitig abgerufen würde. So bekommt er nur einen Teil des Geldes ausbezahlt, und zwar jährlich zu 8% abgezinst, d.h. wenn er jetzt einen uns noch unbekannten Betrag mit jährlich 8% Zinsen anlegen würde, hätte er mit Zinseszins am Ende des dritten Jahres genau 10.000 €. Der gesuchte Betrag ist der Barwert K0 des Kapitals Kn.
Wie wir oben gesehen haben, gilt
Also erhalten wir
bzw.
Barwert
Kn wird abgezinst oder diskontiert.
Der Barwert K0 eines Kapitals, das bis zum Jahresende von n angelegt wurde, beträgt
Abzinsungsfaktor oder Diskontierungsfaktor
2.1.3. Zahlungsreihen
Beispiel
Zu Silvester des Jahres 2010 verspricht die Gräfin Pinkowitz ihrem Neffen Aramis bei absolutem Wohlverhalten im Jahr t als Belohnung zu Silvester des Jahres t folgende Beträge:
Jahr 2010 2011 2012 2013 2014
Zeitpunkt t 0 1 2 3 4
Zuwendung xt 0 10000 15000 20000 30000
Auf wie viel wächst das Vermögen bei einem Zinsfuß von 5% bis Ende 2014 an, falls der Neffe es sofort anlegt?
Betrachten wir das wieder tabellarisch:
t
Endwert am Ende von t: Kt
0
1
2
3
4
=
Allgemein ergibt sich für den Endwert der Zahlungsreihe
Der Endwert Kn der Zahlungsreihe ist also
t
Xt
qn-1
1
10.000
2
15.000
3
20.000
4
30.000
Aramis wird also schließlich insgesamt 79113,75 € auf der hohen Kante haben.
Es besteht nun die Möglichkeit, dass Aramis vor Zeugen einen heiligen Schwur leistet, dass er sich ganz gewiss wohlverhält. Dann könnte ihm jetzt schon das Geld ausgezahlt werden. Allerdings wäre das nun weniger, weil die Gräfin es früher von der Bank nehmen muss. Dafür hat aber Aramis das Geld sofort. Was wäre diese Zahlungsreihe zum heutigen Zeitpunkt wert?
Hier gilt für den Barwert wieder analog zu oben
also
,
d.h. der Neffe bekäme sofort 65087,08 € ausgezahlt. Negative Beträge, z.B. Ausgaben statt Einnahmen, werden ebenso auf- bzw. abgezinst, das Minuszeichen bleibt erhalten.
2.1.4. Zahlungsreihen in der Investitionsrechnung
Das Diskontieren von Zahlungsreihen findet insbesondere seine Anwendung in der Investitionsrechnung. Hier prüft man, ob eine geplante Investition rentabel ist. Dazu wird zunächst die Laufzeit der Investition festgelegt. Dann schätzt man für jedes Jahr der Laufzeit die erwarteten Einzahlungen und Auszahlungen (bzw. Einnahmen und Ausgaben). Diese Zahlungsreihen werden nun abgezinst, wobei der sog. Kalkulationszinsfuß zur Anwendung kommt. Wie ist dieser aufzufassen?
Es soll beispielsweise ein Fabrik für 30 Mio. € gebaut werden. Die 30 Mio. müssen aufgebracht werden und der Kapitalgeber möchte für den Verzicht auf dieses Gelde eine Belohnung, die sich als Verzinsung des eingesetzten Kapitals errechnet (Dividende, Unternehmerlohn, Darlehenszinsen ...). Grundsätzlich hat der Geldgeber die Wahl zwischen der Anlage des Geldes auf der Bank oder der Investition.
Ist es also sinnvoll, den Bankzinssatz als Kalkulationszinssatz zu nehmen? Natürlich nicht, weil die Investition in ein Unternehmen i.a. riskanter ist als eine Bankanlage. Man wird hier einen höheren Zinssatz wählen, der einen Risikozuschlag enthält.
Beispiel
Die Firma Naturale plant die Anschaffung einer Kunststoffpresse neueren Typs für 15.000 €. Die gesamte Nutzungsdauer wird auf 4 Jahre veranschlagt. Da zuerst die Produktionsabläufe auf die Maschine abgestimmt werden müssen, wird die Kostensituation anfangs ungünstig sein. Nach Ende der Nutzungsdauer kann man die Maschine für 5000 € weiterverkaufen. Die Betriebsleitung schätzt folgende anfallende Zahlungen
t
Einzahlung et
Auszahlung at
Nettoeinzahlung ct
(Cash-Flow)
1
2
3
4
Die Betriebleitung stellt sich als Kalkulationszinsfuß 5% vor.
Wir erhalten als so genannten Kapitalwert (=Barwert) der Investition
Wenn der Kapitalwert K0 = 0 ist, hat sich das eingesetzte Kapital genau zum Kalkulationszinsfuß verzinst. Falls K0 größer ist, um so besser.
2.2. Rentenzahlungen
2.2.1. Nachschüssige Zahlung
Eine Versicherung ist verpflichtet, einem Unfallopfer vier Jahre lang zum Jahresende je 30.000 € zu zahlen. Wie hoch ist der Rentenendwert bei einer Verzinsung von 5%?
Es soll also in jeder Periode die gleiche Zahlung r erfolgen. Die Zahlungsweise ist standardgemäß nachschüssig, d.h. am Ende der Periode erfolgt die Zahlung. Wir erhalten als aufgezinste Zahlungsreihe
Rn =
=
=
= Also ist der Rentenendwert bei nachschüssiger Zahlung, d.h. der Betrag, der sich am Ende der Rentenzahlung auf dem Konto befindet, allgemein
mit i als jährlichem Zinssatz, q = 1 + i und r als jährlicher Rate.
Der Rentenbarwert gibt die Summe an, die das Opfer wahlweise bei sofortiger Auszahlung bekommen könnte. Analog zu oben verringert sich der nominelle Auszahlungsbetrag und wir erhalten den Rentenbarwert durch Diskontieren
R0 =
=
=
= Allgemein errechnet sich der Rentenbarwert bei nachschüssiger Zahlung als
Barwertfaktor
Diskontierungssummenfaktor
Kapitalisierungsfaktor
2.2.2. Vorschüssige Zahlung
Wird der fällige Rentenbetrag schon am Jahresanfang ausbezahlt, nennt man das vorschüssige Zahlungsweise.
Hier ergibt sich der Rentenendwert als
und der Rentenbarwert als
5.2.3. Unendlich lange Zahlungen
Oft ist nicht bekannt, wann die Rentenzahlung endet, beispielsweise bei Einkünften durch Vermietung etc. Man nimmt hier aus Vereinfachungsgründen an, dass n unendlich groß ist. In diesem Fall erhalten wir für den Rentenbarwert bei nachschüssiger Zahlung
R0
also ist dann
Diese Formel ist ab n = 50 schon eine gute Näherung. 5.3. Tilgungen
Tilgungsrechnung wird u.a. beim Abzahlen von Schulden angewendet. Man geht modellhaft davon aus, dass zum Beginn des ersten Jahres (also am Ende von t0) ein Darlehensbetrag an den Schuldner ausgezahlt wird. Diese Schuld wird im Laufe mehrerer Jahre abbezahlt. Am Ende eines jeden Jahres wird die
Annuität = Zinsen + Tilgung
fällig. Den Ablauf der Tilgung kann man im Tilgungsplan leicht berechnen.
Beispiel:
Die Managerin Paula hat für den Kauf eines standesgemäßen PKW einen Kredit von 50.000 € aufgenommen. Vereinbart sind 7% Zins. Es soll in 5 Jahren wie folgt getilgt werden: Im ersten Jahr 5.000 €, im zweiten Jahr 7.000 €, dann 10.000 €, 12.000 € und 16.000 €.
t
Restschuld
zum Jahresanfang
Zinsen
Tilgung
Annuität
1
2
3
4
5
∑
Häufig verwendet wird die Annuitätentilgung. Hier wird in jeder Periode ein gleichbeibender Betrag gezahlt, der sich aus Zins und Tilgung zusammensetzt. Im Laufe der Zeit steigt der Anteil der Tilgung, weil immer weniger Zins bezahlt werden muss.
Beispiel
Der frischgebackene Steuerberater Bert braucht für den Umbau seiner Praxis ein Darlehen über 50.000 €. Ihm wird Annuitätentilgung empfohlen mit jährlichen Raten zu je 12.000 € zu einem Zinsfuß von 7%. Es ergibt sich der Tilgungsplan t
Restschuld
zum Jahresanfang
Zinsen
Tilgung
Annuität
1
2
3
4
5
∑
Wir sehen, dass lediglich 48881,28 € getilgt worden sind. Die restlichen
werden dann noch extra bezahlt.
Besonders elegant ist es natürlich, die Annuität festzulegen, dass mit Ablauf der Zahlungsdauer keine Restschuld mehr bleibt.
Wir wollen uns überlegen, wie man das angehen könnte. Bezeichnen wir die Annuität mit r. Es wird also an jedem Ende eines Jahres ein Betrag r an den Gläubiger gezahlt. Wir sehen sofort, dass das mit einer Rentenzahlung vergleichbar ist. Wir wollen nun die Seite des Gläubigers einnehmen. Er hat in unserem Beispiel eine Investition getätigt: Er hat 50000 € verliehen. Er wird für die Zeit, in der er das Geld nicht zur Verfügung hat, belohnt - mit 7% Zinsen. Er soll am Ende eines jeden Jahres einen gleichbleibenden Betrag r erhalten. Die Investition ist zum heutigen Zeitpunkt der Darlehensgewährung genau 50.000 € wert. Das ist also der Barwert der Zahlungen. Unser Rentenproblem lautet:
Gesucht ist die Rate für einen Barwert von 50.000 € bei nachschüssiger Zahlung über 5 Jahre und einem Zinsfuß von 7%, also was eingesetzt ergibt
und nach r aufgelöst
Die Annuität beträgt also 12194,53. Da die erste Zinszahlung
beträgt, kann im ersten Jahr Tilgung gezahlt werden.
Man könnte nun auch wieder einen Tilgungsplan wie oben aufstellen, der aber dieses Mal aufgehen müsste.
5.4. Unterjährige Verzinsung
Im Standardmodell der Zinseszinsrechnung gilt das Kalenderjahr als Bemessungszeitraum für die Verzinsung eines Kapitals; es wird also am 31.12. eines Jahres der Zins fällig. Wird dagegen z.B. halbjährlich, vierteljährlich oder monatlich eine Zinszahlung fällig, spricht man von unterjähriger Verzinsung.
Beispiel
Die Studentin Polly hat ihrem Freund 500 € geliehen. Diese Schuld soll bei einem Jahreszinsfuß von 6% halbjährlich verzinst werden. Welche Summe hat sich nach drei Jahren angesammelt?
Sind in einem Jahr 6% Zinsen vom aufgelaufenen Kapital fällig, sind es nach einem halben Jahr 3%. Es muss also in 3 Jahren bzw. 6 Halbjahren 6 mal zu einem Zinsfuß von 3% verzinst werden und Polly hat einen Kapitalendwert von
Würde das Kapital vierteljährlich verzinst, erhielten wir
Werden also die Zinsen nach 1/m Jahr gutgeschrieben und mitverzinst, wächst das Kapital K0 nach n Jahren bei einem nominalen Zinssatz i p.a. (= per annum - lat.: pro Jahr) an auf
Da bei unterjähriger Verzinsung die Zinsen des laufenden Jahres bereits mitverzinst werden, ist der Jahresertrag des Kapitals größer als bei einfacher Verzinsung. Um den Ertrag des Kapitals mit einer jährlichen Verzinsung vergleichbar zu machen, berechnet man den so genannten Effektivzins so:
Beispiel
Die Verzinsung in drei Jahren ergab
Bei einer ganzjährigen Verzinsung geht man nun von dem Ansatz
aus. Aufgelöst nach q ergibt das
was einem effektiven Zinssatz von
entspricht. Allgemein dargestellt berechnet sich der effektive Zinssatz als
.
In unserem Beispiel wäre das