Bogenbau/ Bogenbau/ Schnellanleitung für Ungeduldige
Diese Anleitung beschreibt den Bau eines Bogens direkt aus einem Stämmchen von A bis Z und beschreibt alle beim Bogenbau wichtigen Schritte. Falls dir die Anleitung zu kurz ist, beinhalten die weiteren Kapitel detailliertere Informationen zum Bogenbau – für den Anfang reicht diese Anleitung allerdings. Viel Spass!
Bogenrohling vorbereiten und trocknen
[Bearbeiten]Den Bogen bauen wir aus einem Haselstämmchen von 4–8 cm Durchmesser. Weiter sollte das Stämmchen möglichst gerade sein und möglichst wenige Seitenäste aufweisen und etwa 20 cm länger als der Schütze sein. Es kann das ganze Jahr hindurch geerntet werden, mit Ausnahme der Monate April–Juni, da hier der äussere Jahresring noch nicht weit genug ausgebildet ist (er bildet später den Bogenrücken und sollte daher stabil genug sein).
Direkt nach dem Fällen wird das Stämmchen entrindet, dickere Seitenästchen bis auf den Astansatz abgeschnitten. Zu nah absägen schwächt wiederum den Rücken. Das Entrinden geht am einfachsten mit einem nicht ganz scharfen Messer oder einem verkehrt gehaltenen Ziehmesser (Spiegel zeigt nach oben).
Eigentlich müsste das Stämmchen nun gespaltet (falls dick genug; Immer von oben nach unten entgegen der Wachstumsrichtung und genau durchs Mark) und einige Monate getrocknet werden. Denn nasses Holz darf nicht gebogen werden – sonst behält es die Biegung, und der Bogen verliert an Kraft.
Es gibt aber eine Abkürzung, die besonders mit Hasel gut funktioniert: Die grobe Bogenform wird bereits herausgearbeitet – so trocknet das Holz schneller, und die Gefahr von Trocknungsrissen wird weiter gesenkt. Das geschieht nun folgendermassen:
In der Mitte des Stämmchens werden 18 cm für den Griff reserviert – dieser Teil bleibt noch unberührt. Oben und unten werden die Wurfarme vorbereitet. Die Position des Rückens wird so gewählt, dass dort möglichst wenige Astlöcher liegen und er keine seitliche Kurven fährt (das heisst, von hinten gesehen sollten keine Kurven sichtbar sein) – Hügel sind weniger tragisch.
Dann werden die Wurfarme abgeflacht auf 2 cm Dicke in Griffnähe bis 1.5 cm an den Spitzen, und für den Griffbereich bleiben für später mittig 20 cm auf 4 cm Dicke. Dazu eignet sich jedes Werkzeug, das genügend Holz abtragen kann und mit dem der Bogenbauer präzise genug arbeiten kann – Bandsäge, Beil, Ziehmesser etc.
Auf dem letzten Drittel werden die Wurfarme ausserdem verschmälert von der Originalbreite auf etwa 2 cm an der Spitze; Dadurch wird auch das Abflachen einfacher.
Der Griff wird seitlich verschmälert und kann später noch an die Hand angepasst werden. Der Übergang von Griff zu Wurfarm ist allerdings noch beachtenswert; er muss fliessend und nicht abrupt gestaltet werden.
Nun ist der Bogenrohling also fertig: Der Rücken entrindet, die Wurfarme überall etwas dicker als später benötigt und an den Wurfarmenden hin gleichmässig flacher und auf dem letzten Drittel schmaler werdend, der Griff grob herausgearbeitet. Unausweichlich ist nun das Trocknen. Der Bogenrohling wird dazu irgendwo im Haus (Raumtemperatur, nicht auf dem Heizkörper wegen Übertrocknungsgefahr) eine Woche trocknen gelassen.
Die Trocknungszeit nutzen wir dazu, einen Tillerstock herzustellen sowie eine Rolle Sehnengarn und fehlendes Werkzeug einzukaufen. Für die nächsten Schritte benötigen wir eine starke Tillersehne aus dem Sehnengarn, und ein Ziehmesser und einen Schweifhobel als Grundausrüstung. Damit die Tage während des Trocknens nicht langweilig werden, schärfen wir die verwendeten Werkzeuge ausserdem ordentlich, so sind sie nachher auch ringer in der Handhabung.
Ausserdem suchen wir – falls nicht bereits geschehen – etwas, woran der Bogen befestigt werden kann – Eine Hobelbank, eine Schnitzbank, oder die platzsparende und günstige Variante, das breite Mittelstück einer Transportpalette (vom Autor für dutzende Bögen verwendet). Dazu zwei Schraubzwingen, um den Bogen zu befestigen (bei der Schnitzbank nicht nötig), und Lederstücke, die als Polster dienen und Quetschungen durch die Schraubzwingen am Holz verhindern.
Nach dem Trocknen: Abschliessendes Tillern
[Bearbeiten]Unterdessen hatte der Bogenrohling Zeit zum Trocknen. Und jetzt wirds ernst, denn es geht ans Tillern: Der eigentliche Entstehungsprozess des Bogens. Tillern bedeutet, die Wurfarme durch Entfernen von Holz so zu verändern, dass sich der Bogen gleichmässig biegt. Es ist ein iterativer Vorgang, der Tiller wird schrittweise verbessert, bis er stimmt. Dies braucht etwas Geduld, diese lohnt sich aber und ermöglicht überhaupt erst die Leistung und Lebensdauer von Bögen.
Tillern funktioniert nun wie folgt: Der Bogen wird mit der Tillersehne gespannt und auf dem Tillerstock etwas ausgezogen. Hier werden auf dem Wurfarmbauch die steifen Stellen markiert. Dann wird der Bogen abgespannt, an den steifen Stellen etwas Holz abgetragen, und wieder von vorn begonnen.
Bevor der Bogen aufgespannt werden kann, müssen noch Nocken angebracht werden. Für den Anfang tun es einfache Kerben seitlich am Wurfarm. Im Rohzustand ist der Bogen nun wahrscheinlich noch zu stark zum Aufspannen, deshalb wird (allgemein bei den ersten paar Tillervorgängen) die Sehne einfach an beiden Enden befestigt, so dass sie höchstens ein wenig hängt.
Auf dem Tillerstock wird der Bogen immer nur so weit gespannt, bis erste Unregelmässigkeiten sichtbar werden. Das sieht dann wohl ähnlich wie auf der Grafik nebenan aus: Der linke Wurfarm biegt sich nur ganz innen, der rechte ist ab der zweiten Hälfte komplett steif. Dort und nach dem Knick am linken Wurfarm muss Holz abgetragen werden. Bei solch extremen Ungleichheiten kann es anfangs durchaus nötig sein, direkt einen oder zwei Millimeter am Bauch abzutragen, später werden es halbe Millimeter oder weniger sein.
Es hilft, zur Tillerbeurteilung ein paar Schritte zurück zu stehen und sich dann die Wurfarme abschnittsweise zu betrachten: Ist dieser Abschnitt steifer als die anderen? Wenn ja, wird er markiert. Praktisch sind hierfür übrigens die rot-blau geteilten Farbstifte: Steife Stellen werden blau markiert, Schwachstellen rot, damit dort sicher kein Holz mehr abgetragen wird.
Zum Üben hier nun ein paar Tillerbeispiele. Wo sind die steifen Stellen?
Sobald keine allzu starken Knicke mehr vorhanden sind im Bogen, kann die Tillersehne nach und nach kürzer geknotet werden, bis schliesslich die gewünschte Standhöhe erreicht ist (meist so, dass zwischen Griff und Sehne die Faust mit ausgestrecktem Daumen Platz hat). Der Tiller verändert sich dabei geringfügig.
Noch ein wichtiger Hinweis zum Ausziehen auf dem Tillerstock: Der Bogen sollte nie weiter ausgezogen werden, als er auch später ausgezogen werden soll – anfangs höchstens die Hälfte davon. Das Selbe gilt auch fürs Zuggewicht! Er darf nie mit mehr Kraft ausgezogen werden, als man ihn später ziehen will, besonders am Anfang, wenn noch viele Stellen steif sind.
Wenn der Tiller sauber aussieht, stellen wir fest, dass die Jahresringe ein gleichmässiges Bild zeichnen: Die «Flammen» zeigen immer zur Spitze hin und es sind keine «Seen», also Stellen, wo der Wurfarm wieder dicker wird, vorhanden. Wer übt, die Jahresringe zu lesen, kann also schneller tillern.
Zum Schluss wird noch der Griff angepasst, so dass er gut in der Hand liegt (natürlich kann dies bereits früher geschehen), eine passende Sehne gedreht, und –
Der Bogen ist einsatzbereit! Gratulation!