Cyanobakterien: Bedeutung der Cyanobakterien für die Entwicklung des irdischen Lebens

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Bedeutung der Cyanobakterien für die Entwicklung des irdischen Lebens

Die Cyanobakterien spielten in zweierlei Hinsicht eine sehr wichtige Rolle für die Evolution des Lebens auf der Erde. Denn zum Einen waren sie als Pionierorganismen auf der Erde unerlässlich, um die Atmosphäre mit Sauerstoff anzureichern und damit die Erde für höheres Leben bewohnbar zu machen. Zum Zweiten spielten sie eine wichtige Rolle in der Endosymbiontentheorie und damit der Entwicklung der Pflanzen, was für höheres tierisches Leben unerlässlich ist.

Pionierorganismen auf der Erde[Bearbeiten]

Das Archaikum beschreibt die Zeit vor circa 4 bis 2,5 Milliarden Jahren auf der Erde und damit auch die Zeit in der sich das erste Leben auf der Erde entwickelt hat[1]. Nach aktuellen Funden zu urteilen, gehören die Cyanobakterien zu den ältesten auf der Erde vorkommenden autotrophen Organismen, da schon 3,5 Milliarden alte Vertreter ihrer Klasse gefunden wurden[2]. In den warmen Gewässern des Archaikums begannen sich vor ca. 3,8 Milliarden Jahren organische Stoffe zu bilden, einige Zeit später entwickelten sich schließlich auch die ersten Organismen, die frühen Prokaryoten. Die ersten Lebewesen waren heterotroph und zersetzten die energiereichen Stoffe, die in den Ozeanen enthalten waren, durch Gärung, also anaeroben Stoffwechsel, da die Atmosphäre bis vor circa 2,5 Milliarden Jahren sauerstofffrei war[3]. Als nächster wichtiger Schritt der biologischen Evolution gilt das Auftreten von autotrophen Prokaryoten. Zunächst entstanden chemoautotrophe Bakterien, später auch fotoautotrophe, wie zum Beispiel die Cyanobakterien. Im Gegensatz zu anderen fototrophen Bakterien produzieren die Cyanobakterien bei der Photosynthese Sauerstoff, was das irdische Leben entscheidend beeinflusste. Zunächst gelangte der produzierte Sauerstoff nicht in die Atmosphäre, weil sich im Wasser viele gelöste, reduzierte Metall-Ionen und Mineralien befanden, die durch den entstandenen Sauerstoff zu Metalloxiden oxidiert wurden[4]. Erst nach diesem Vorgang gelangte der produzierte Sauerstoff erstmals in die Atmosphäre. Dadurch konnten sich Organismen entwickeln, die heterotroph waren, aber anstatt der Gärung aeroben Soffwechsel betreiben und Sauerstoff als Oxidationsmittel benutzen. Da Atmung viel effektiver als Gärung ist, hatten die neu entstandenen Organismen einen großen Vorteil gegenüber den Gärenden und breiteten sich weiter aus. Auch höheres Leben wurde durch die sauerstoffreiche Atmosphäre erst ermöglicht, denn ein effektiver Stoffwechsel ist dafür Voraussetzung. Das Landleben hätte sich ohne Sauerstoff auch nicht in der heutigen Form entwickeln können, denn der Sauerstoff schuf erst die Grundlage für die Entstehung der Ozonschicht, ohne der die schädliche UV-Strahlung ungehindert auf die Erde getroffen wäre. Deshalb ist das irdische Leben entscheidend durch den Stoffwechsel der Cyanobakterien geprägt worden und auch unsere Existenz ist nur durch eine sauerstoffreiche Atmosphäre möglich worden.

Cyanobakterien im Zusammenhang mit der Endosymbiontentheorie[Bearbeiten]

Endosymbiontentheorie[Bearbeiten]

Die Entwicklung der Eukaryoten, die sich von den Prokaryoten durch vielfach kompliziertere, größere Zellen und durch das Vorhandensein von Zellkern und Zellorganellen unterscheiden, wird durch verschiedene Lehrgebäude versucht zu erklären. Eine gängige Theorie zu der Entstehung dieser Lebewesen ist die Endosymbiontentheorie (gr. endo = innen; gr. symbiosis = Zusammenleben[5]).

Die Endosymbiontentheorie stützt sich auf die Tatsache, dass relativ große prokaryotische Einzeller manchmal kleinere Prokaryoten in sich aufnehmen, ohne diese zu verstoffwechseln[6]. Die aufgenommenen Lebewesen sind sowohl von ihrer eigenen Zellmembran, als auch von einer Membran der äußeren Zelle umgeben. Die einverleibten Zellen verfügen in der Regel über besondere Stoffwechselvorgänge z.B. die Atmung der Mitochondrien. Zusammen leben die Zellen in einer Symbiose, genauer der Endosymbiose. Im Laufe der Zeit haben sich die so entwickelt, dass sie nur zusammen überlebensfähig sind, da unter Anderem die Endosymbionten manche ihrer autarken Merkmale verloren haben[7]. Zum Beispiel wurden ehemals wichtige Erbgutsequenzen ins Erbgut der umgebenden Zelle eingebaut[8] und mit der Evolution verkümmerten auch weitere Eigenschaften, die in der neuen Umgebung der Endosymbionten keine Vorteile brachten. Im Gegenzug entwickelte sich aber auch Neues, dass für die Symbiose vorteilhaft war. Es entstand z.B. ein sehr gutes Stoffaustauschsystem, um den Austausch zwischen Endosymbionten und der restlichen Zelle zu perfektionieren[9]. Im Zuge der Evolution schritt dieser Vorgang soweit voran, dass die Endosymbionten heutzutage als Zellorganelle bezeichnet werden, obwohl diese noch über eigenes Erbgut verfügen, durch Membrane separiert sind und bei der Zellteilung einzeln geteilt werden. Die Endosymbiose ist nicht auf das Zusammenleben zweier Zellen beschränkt, sondern kann mit vielen weiteren Symbionten auftreten[10], wie es in modernen eukaryotischen Zellen auch der Fall ist. Z.B. gibt es in höheren pflanzlichen Zellen neben Mitochondrien weitere Zellorganelle, beispielsweise die Chloroplasten.

Verwandtschaft von Cyanobakterien und Chloroplasten[Bearbeiten]

Photoautotrophe Eukaryoten verfügen stets über spezielle Zellorganelle, die für die Photosynthese zuständig sind. An ihnen kann man gut erkennen, wie sich die Endosymbionten, laut Endosymbiontentheorie, an die umgebende Zelle angepasst haben. Bei unterschiedlichen Organismen ist die Veränderung der Endosymbionten verschieden stark fortgeschritten. Man kann z.B. die photosynthese-aktiven Zellorganellen von einzelligen Algen, über Rotalgen mit Grünalgen und Grünpflanzen vergleichen, wobei man feststellt, dass Erstere noch stark prokaryotisch wirken und bei den Pflanzen schließlich schon einige Unterschiede aufweisen[11]. Wenn man die Photosynthesezellen von Pflanzen betrachtet, fällt auf, dass sich in ihren Zellen grüne Zellorganellen befinden, die für die Photosynthese eine entscheidende Rolle spielen. Diese Organellen werden Chloroplasten genannt und enthalten u.A. die Photosynthesepigmente Chlorophyll a und b[12]. Durch das Modell der Endosymbiose geht man davon aus, dass große Zellen photo-autotrophe Einzeller geschluckt haben und mit ihnen eine Symbiose eingegangen sind. Zunächst dachte man, dass es sich bei den Endosymbionten ursprünglich um echte Cyanobakterien handelte, aber durch diesen Erklärungsversuch blieb es fraglich, wie in den Chloroplasten Chlorophyll b entwickelt wurde, während in den Cyanobakterien dieses fehlt und stattdessen Phycocyanin und Phycocrythin verwendet werden[13].

Durch einen relativ neuen Fund gelingt es die Frage nach der wahren Herkunft der Chloroplasten befriedigender zu beantworten. In marinen Symbiosen wurden nämlich neben den Cyanobakterien weitere Prokaryoten gefunden, die zur oxygenen Photosynthese fähig sind. Sie werden Prochlorophyten genannt und verwenden wie Pflanzen Chlorophyll a und Chlorophyll b, verfügen nicht über die Farbstoffe Phycocyanin und Phycocrythin, sind aber Prokaryoten. Damit stehen sie neben bzw. zwischen Chloroplasten und Cyanobakterien, da sie Merkmale beider aufweisen.

Durch die Verwendung von Chlorophyll a und Chlorophyll b, könnte man sie für die direkten Vorfahren der Chloroplasten halten, da sie im Gegensatz zu den Cyanobakterien die richtigen Pigmente aufweisen, um von dem oben genannten Hauptkritikpunkt der Cyanobakterien als Vorfahren der Chloroplasten nicht betroffen zu sein. Untersuchungen des Erbgutes der Prochlorophyten ergaben, jedoch, dass auch diese keine unmittelbaren Vorfahren der Chloroplasten sind. Man geht daher mittlerweile davon aus, dass sowohl Cyanobakterien, Prochlorophyten und Chloroplasten gemeinsame Vorfahren haben, die ursprünglich über alle genannten Pigmente verfügten, jedoch bestimmte Farbstoffe verloren haben, um sich an ihre unterschiedliche Umgebung bestmöglich anzupassen[14].


  1. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Archaikum
  2. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Archaikum
  3. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Proterozoikum
  4. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Proterozoikum
  5. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Endosymbiontentheorie
  6. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Endosymbiontentheorie
  7. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Endosymbiontentheorie
  8. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Endosymbiontentheorie
  9. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Endosymbiontentheorie
  10. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Endosymbiontentheorie
  11. vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Endosymbiontentheorie
  12. vgl. S. 424/425 „Brock Biology Of Microorganisms, 10th Edition“
  13. vgl. S. 424/425 „Brock Biology Of Microorganisms, 10th Edition“
  14. vgl. S. 424/425 „Brock Biology Of Microorganisms, 10th Edition“