Datenschutz/ Einführung

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Geschichte[Bearbeiten]

Zwei Jahreszahlen werden klassischerweise in jeder Einleitung zu einem Text über Datenschutz genannt. 1860 und 1970.

Am 15. Dezember 1890 veröffentlichten Samuel D. Warren und Louis D. Brandeis den „legendären“[1] „einflussreichsten juristischen Artikel aller Zeiten“[2] “The Right to Privacy” in der Harvard Law Review.[3] Begonnen mit einer stechenden Analyse der – damals – neuesten technologischen und sozialen Errungenschaften der “instantaneous photography”, die Kodak Nr. 1 hatte im Jahr zuvor ihre erfolgreiche Markteinführung erlebt, und der “newspaper enterprises”, also des aufkommenden Boulevardjournalismus leiteten sie ein Recht auf Priatsphäre aus dem Common Law ab: Der Wert der Privatsphäre läge nicht in dem Recht, aus der Veröffentlichung von Privatheiten Gewinne zu erzielen, sondern in der Unbeschwertheit und der Entspannung, eine Veröffentlichung dieser Art zu verhindern.[4]

Als eigentlicher Geburtstag des Datenschutzes gilt jedoch der 30. September 1970. An diesem Tag beschloss der Hessische Landtag[5] das Datenschutzgesetz[6]. Das weltweit Erste seiner Art.

Dies greift jedoch sehr kurz. Zwar ist die Privatheit als rechtliche Kategorie eine Schöpfung der Neuzeit, doch bereits im Tierreich lassen sich Wünsche nach Privatheit nachweisen.[7][8] Oftmals ergaben sich trotz der allgemeinen Vergemeinschaftung[9] dennoch informationelle Asymmetrien[10]: Der Häuptling führt eine Liste der Stammeskrieger, der Sekretär des Statthalters vermerkt den Rationsverbrauch der einzelnen Arbeiterin.

Ansätze welche aus dem 1. Gebot (Ex 20, 4: „Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde“) eine Art biblischen Datenschutz zusprechen wollen[11] bedürfen bestenfalls exegetischer Verrenkungen[12].

Historisch belegt ist der Schutz der Privatheit im hippokratischen Eid („Was ich bei der Behandlung sehe oder höre oder auch außerhalb der Behandlung im Leben der Menschen, werde ich, soweit man es nicht ausplaudern darf, verschweigen und solches als ein Geheimnis betrachten.“).[13]


Belege[Bearbeiten]

  1. Ben Bratman: Brandeis & Warren's 'The Right to Privacy and the Birth of the Right to Privacy'. In: Tennessee Law Review. 69, S. 623 (DOI:10.2307/1321160) (https://ssrn.com/abstract=1334296).
  2. Harry Kalven: Privacy in Tort Law: Were Warren and Brandeis Wrong?. In: Law and Contemporary Problems. 31, Nr. 2, S. 326 (DOI:10.2307/1190675) (https://scholarship.law.duke.edu/lcp/vol31/iss2/7).
  3. Samuel D. Warren, Louis D. Brandeis: The Right to Privacy. In: Harvard Law Review. 4, Nr. 5 (DOI:10.2307/1321160).
  4. “But where the value of the production is found not in the right to take the profits arising from publication, but in the peace of mind or the relief afforded by the ability to prevent any publication at all [...].” ibid. S. 16
  5. Hessischer Landtag: Stenographischr Bericht 6/80. S. 4271f (http://starweb.hessen.de/cache/PLPR/06/0/00080.pdf#page=59).
  6. Datenschutzgesetz [HE 1970]. GVBl. HE 1970 S. 625
  7. Edward Twitchell Hall: Die Sprache des Raumes. Pädagogischer Verlag Schwann, Düsseldorf (Originaltitel: The hidden dimension, übersetzt von Hilde Dixon), ISBN 978-3-590-14228-2.
  8. Robert Ardrey: Adam und sein Revier: Weder Hunger noch Liebe sind die Grundlagen unserer Existenz. Zeichn. von Berdine Ardrey. Molden, Wien/München/Zürich (Originaltitel: The territorial imperative: a personal inquiry into the animal origins of property and nations, übersetzt von Ilse Winger), ISBN 978-3-423-00811-2.
  9. Paul Veyne: Das Römische Reich. In: Geschichte des privaten Lebens. Das Private im Öffentlichen. 1, S. Fischer, Frankfurt am Main, ISBN 978-3-10-033610-1.
  10. Cornelia Vismann: Schreibstunden des Rechts. In: Akten: Medientechnik und Recht. ISBN 978-3-596-14927-8, Kleine Grammatologie für Akten.
  11. Kai von Lewinski: Geschichte des Datenschutzrechts im 20. Jahrhundert. In: Datenschutzrecht: Grundlagen und europarechtliche Neugestaltung. C.H. Beck, München, ISBN 978-3-406-50199-9, Altes Testament.
  12. Christoph Dohmen: Exodus 19 - 40. In: Herders theologischer Kommentar zum Alten Testament. Herder, ISBN 3-451-26805-1, S. 106ff.
  13. Hippokratischer Eid. In: Pschyrembel Klinisches Wörterbuch: Mit klinischen Syndromen und Nomina anatomica. 255., völlig überarb. und stark erw. Aufl Auflage. de Gruyter, Berlin/New York, ISBN 978-3-11-007916-6.