Dynamik

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Einleitung[Bearbeiten]

Der Gegenstand der Dynamik ist das Verhalten von Körpern unter der Einwirkung einer Kraft. Oft ist es einfacher, anstatt eines ausgedehnten Körpers einen »Massenpunkt« zu betrachten. Dieser ist eine Idealisierung, ähnlich wie die Gerade in der Geometrie. Man versteht darunter einen punktförmigen (oder doch verschwindend kleinen) Körper, der dennoch eine Masse besitzt. Dabei ist »Masse« zunächst nur ein anderes Wort für materielle Substanzmenge. Ein Körper, der Masse hat, besteht im Allgemeinen aus einer sehr großen Anzahl von Atomen. Die Masse des Körpers ist dann die Summe der Massen der Atome, aus denen er besteht.

Physikalisch betrachtet hat jede Masse zwei wesentliche (das heißt hier: ihr Wesen mit begründende) Eigenschaften: Sie ist schwer und sie ist träge. »Schwer sein« bedeutet, dass die Masse von anderen Massen angezogen wird (und ihrerseits andere Massen anzieht). »Träge sein« bedeutet, dass die Masse jedem Versuch, ihren Bewegungszustand zu ändern, einen Widerstand - eine Kraft - entgegensetzt. Diese Kraft heißt Trägheitskraft. Man kann sie spüren, wenn man mit dem Kopf an eine nur angelehnte und in ihren Angeln leicht bewegliche Tür stößt.

Bei der Beobachtung und Messung von Trägheitskräften muss man sorgfältig darauf achten, dass man andere Kräfte ausschaltet, die sich der Trägheitskraft überlagern. Diese sind vor allem Reibungskräfte und die Gewichtskraft des Körpers (kurz: sein Gewicht). Legt man einen Körper zur Kompensierung seines Gewichts auf eine Unterlage, bekommt man es sofort mit der Reibungskraft zu tun, es sei denn, man benutzt eine Luftkissenfahrbahn oder eine Magnetschwebebahn – aber selbst dann ist da immer noch der Luftwiderstand. Hängt man den Körper dagegen frei an einem Seil auf, so ist seine Gewichtskraft nur so lange ganz aufgehoben, wie er genau senkrecht hängt.

Aus diesen Beispielen erkennt man, dass es gar nicht so einfach ist, die Störungen auszuschalten. Daher ist es kein Wunder, dass die Naturphilosophen des Altertums und die des Mittelalters – die von Reibungskräften nichts wussten - glaubten, ein sich selbst überlassener Körper komme stets nach einiger Zeit zur Ruhe. Erst Kepler und Galilei haben diesen Irrtum durch das Studium der Bewegung von Himmelskörpern (Planeten, Monden) überwunden. Die grundlegenden Gesetze der Dynamik wurden dann von Newton formuliert.

 

Die Newtonschen Grundgesetze der Mechanik[Bearbeiten]

Das Trägheitsgesetz[Bearbeiten]

Ein jeder äußeren Einwirkung entzogener Körper verharrt in seinem Zustand der Ruhe oder der gleichförmig geradlinigen Bewegung. (1. Newtonsches Axiom)

In dieser Formulierung wird der Begriff »Kraft« absichtlich vermieden, da er ja noch nicht definiert ist.

(Im Original: »Erklärung 3. Die Materie besitzt das Vermögen zu widerstehen; deshalb verharrt jeder Körper, soweit es an ihm ist, in einem Zustande der Ruhe oder der gleichförmigen geradlinigen Bewegung. - Sir Isaac Newtons Mathematische Principien der Naturlehre, Berlin, 1872)

 

Kraft, Masse und Beschleunigung[Bearbeiten]

Definition: Die Ursache der Änderung des Bewegungszustandes eines Körpers nennen wir »Kraft«.

(Im Original: Erklärung 4. Eine angebrachte Kraft ist das gegen einen Körper ausgeübte Bestreben, seinen Zustand zu ändern, entweder den der Ruhe oder den der gleichförmigen geradlinigen Bewegung. – A. a. O.)

Es hat sich gezeigt, dass das Phänomen, das Kraft genannt wird, auch noch andere Wirkungen haben kann: Eine Kraft kann einen Körper verformen (plastisch oder elastisch), sie kann Reibungswiderstand überwinden und sie kann einen Körper gegen die Wirkung seines Gewichts in der Schwebe halten oder mit konstanter Geschwindigkeit nach oben bewegen. Diese Wirkungen sind Gegenstand späterer Betrachtungen, sie sollten bis dahin jedoch nicht ganz aus dem Auge verloren werden.

Experimenteller Befund: Eine konstante Kraft (erkennbar etwa durch eine immer gleich stark gedehnte Schraubenfeder) erzeugt an ein und demselben Körper eine konstante Beschleunigung.

Experimenteller Befund: Die von einer konstanten Kraft erzeugte Beschleunigung hängt von einer Eigenschaft des Körpers ab, die wir seine »Masse« nennen. Die Masseneinheit 1 Kilogramm wird dargestellt durch den Internationalen Kilogrammprototyp. (Dies ist die Definition der Maßeinheit für die Masse. Neben dieser Definition der Einheit ist bei jeder physikalischen Größenart noch die Definition des Vielfachen nötig. Sie lautet in diesem Fall: Ein Körper, der durch die Vereinigung von zwei Massen mit je 1 kg entsteht, hat die Masse 2 kg usw. Damit sind wir im Prinzip in der Lage, Körper von beliebiger definierter Masse herzustellen, so genannte Massensätze.)

Mit Hilfe eines solchen Massensatzes kann man zeigen: Die Beschleunigung, die von derselben Kraft an Körpern unterschiedlicher Masse hervorgebracht wird, ist deren Masse umgekehrt proportional.

Die Masse eines Körpers erweist sich also als ein Maß für dessen Trägheit: Ein Körper doppelter Masse ist doppelt so träge und erfährt daher bei gleicher Krafteinwirkung nur die halbe Beschleunigung.


Damit können wir nun definieren: Die auf einen Körper wirkende Kraft ist gleich dem Produkt aus Masse und Beschleunigung:

F = m a

Diese Gleichung heißt noch immer 2. Newtonsches Axiom, obwohl sie inzwischen als Messvorschrift für Kräfte dient und obwohl Newton sie nie so formuliert hat.

Diese Definition ist natürlich nicht willkürlich, sie beruht vielmehr auf einem Naturgesetz, nämlich auf der umgekehrten Proportionalität von Masse und Beschleunigung bei konstanter Kraft, und dieses Gesetz findet sich auch in obiger Definition wieder.

Die Gleichung F = m a besagt auch, dass die Kraft ein Vektor von der Richtung der Beschleunigung ist. Logischer ist es allerdings zu sagen: »Die Beschleunigung hat die Richtung der Kraft«, denn die Kraft ist ja die Ursache der Beschleunigung.

Aus der Definitionsgleichung der Kraft (»Kraftgleichung«) ergibt sich auch ihre Maßeinheit kg m/s2. 1 kg m/s2 wird als 1 Newton (N) bezeichnet. 1 Newton ist jene Kraft, die erforderlich ist, einem Körper von der Masse 1 kg die Beschleunigung von 1 m/s2 zu erteilen.

Die »Kraftgleichung« kann in verschiedenen Formen geschrieben werden.

1. In Vektorform:



2. In Komponenten und kartesischen Koordinaten:



Dabei sind die zweiten Ableitungen der Ortskoordinaten nach der Zeit die Bahnbeschleunigungen in Richtung der Koordinatenachsen.


3. In ebenen Polarkoordinaten:




Die in eckigen Klammern stehenden Terme sind die Radialbeschleunigung bzw. die Transversalbeschleunigung. (Siehe dazu: Wikibook »Kinematik« unter »Beschleunigung«.)


4. In »natürlichen Koordinaten« (Begleitendes Dreikant) – (Hier ohne Beweis angeführt):




ρ ist der Krümmungsradius der Bahnkurve im betrachteten Punkt.

Bei bekannter Kraft und bekannter Masse können daraus durch Integration die entsprechenden Bewegungsgleichungen gewonnen werden.


Beispiel: Eine Rakete erfahre durch den Ausstoß von Materie nach hinten eine konstante Antriebskraft vom Betrag F. Die Masse der Rakete ohne Brennstoff sei mR, die Masse des Brennstoffs zur Zeit t = 0 sei mB. Die Geschwindigkeit des Massenverlustes durch Ausstoß der Verbrennungsgase sei k. Man berechne unter Vernachlässigung der Reibung die Bahngeschwindigkeit der Rakete als Funktion von t.

Aus a = F/m folgt mit m = mR + mB - k t:



und



Für t = 0 ergibt sich C = v(0), also:



Der Brennstoff ist verbraucht, wenn k t = mB. Dann hat die Rakete ihre Endgeschwindigkeit vE erreicht:



Benutzen wir (vorgreifend unter Hinweis auf den Impulssatz) noch, dass F = k vG ist, wobei vG die Ausströmgeschwindigkeit der Verbrennungsgase ist, dann erhalten wir:



Die Veränderung der Masse im Laufe der Zeit hat die Berechnung zwar etwas komplizierter, aber nicht prinzipiell unmöglich gemacht. Dies rührt daher, dass das »Kraftgesetz« eine Differentialgleichung ist, in der nur Momentanwerte auftreten: der Momentanwert der Kraft, der Momentanwert der Masse, der Momentanwert der Beschleunigung. Es ist daher keine grundsätzlich unüberwindliche Schwierigkeit, eine der drei Größen zu berechnen, wenn die beiden anderen zwar veränderlich, aber als Funktion der Zeit gegeben sind.


 

Das Gesetz von Wirkung und Gegenwirkung (actio = reactio)[Bearbeiten]

Dies ist das 3. Newtonsche Axiom:

Übt ein Körper A auf einen Körper B die Kraft F aus, so übt B auf A die entgegengesetzte Kraft – F aus.

Wie man sich leicht überzeugen kann, ist es schlicht unmöglich, eine Kraft auszuüben, wenn keine Gegenkraft vorhanden ist, die »dagegenhält«. (Man nennt das auch offene Türen einrennen.) Dennoch gibt es da Probleme:

1. Tauziehen: Wenn beide Mannschaften nach Newton stets gleich stark am Tau ziehen, wieso kann es dann einen Sieger geben?

2. Newtons Esel: Newtons Esel hatte vom 3. Axiom seines Herrn erfahren und weigerte sich fortan, seinen Karren zu ziehen: »Was soll ich mich anstrengen und an dem Karren ziehen? Er zieht stets gleich stark dagegen – wie sollte ich ihn dann in Bewegung bringen können?« Newton soll – ganz unwissenschaftlich – den Esel mit einem Stock dazu gebracht haben, es dennoch zu versuchen. Wie wäre hier zu argumentieren?


 

 

Bewegungsgröße, Impuls und Kraftstoß[Bearbeiten]

Aus F = m dv/dt folgt F dt = m dv und für m = konst.: F dt = d(m v).

Die Größe m v wurde von Newton »Bewegung« genannt.

(Im Original: Erklärung 2. Die Größe der Bewegung wird durch die Geschwindigkeit und die Größe der Materie vereint gemessen.

Die Bewegung des Ganzen ist die Summe der Bewegungen der einzelnen Teile. Daher ist sie eine doppelte in einem doppelt so großen Körper bei gleicher Geschwindigkeit und eine vierfache in einem doppelt so großen Körper bei doppelter Geschwindigkeit. – A. a. O.)

Später wurde m v – und das ist angemessener – als »Bewegungsgröße« bezeichnet. Noch später hat sich die Bezeichnung »Impuls« (Formelzeichen p) durchgesetzt, obwohl diese zunächst einer anderen Größe vorbehalten war, die nun namenlos wurde. Ich komme gleich darauf zurück.

Damit kann man nun – immer noch die Konstanz der Masse vorausgesetzt – schreiben:

F dt = dp

Stellen wir uns nun vor, dass auf den Körper (oder Massenpunkt) im Zeitintervall t1 bis t2 eine veränderliche Kraft F = F(t) einwirkt, so gilt:



Das Zeitintegral der Kraft, das früher Impuls genannt wurde, nenne ich Kraftstoß. Dann gilt: Die Impulsänderung des Körpers ist gleich dem auf ihn ausgeübten Kraftstoß.

Dieser Satz ist nicht zuletzt für die Berechnung von Stoßvorgängen interessant. Stoßen zwei Körper zusammen, so üben sie wegen »actio = reactio« jederzeit entgegengesetzt gleiche Kräfte und damit auch entgegengesetzt gleiche Kraftstöße auf einander aus. Folglich sind die Impulsänderungen, welche die beiden Körper dadurch erfahren, entgegengesetzt gleich. Die Summe ihrer Impulsänderungen ist null, und ihr Gesamtimpuls bleibt bei dem Stoß unverändert (»Impulserhaltungssatz«).

(Vorschau: Der Impulserhaltungssatz gehört zu den wichtigen Erhaltungssätzen der Physik. Seine besondere Bedeutung beruht darauf, dass er auch dann noch gilt, wenn der mechanische Energieerhaltungssatz nicht gilt, weil ein Teil der mechanischen Energie in Wärme umgesetzt wird. So können mit dem Impulserhaltungssatz z. B. auch nicht-elastische Stoßvorgänge berechnet werden.)

Ich möchte nun noch näher auf den Fall eingehen, dass sich die Masse des Körpers während der Einwirkung einer Kraft verändert. Hierzu wird meist etwas leichtfertig behauptet, es sei dann das Kraftgesetz F = m dv/dt zu ersetzen durch das Gesetz F = d(m v)/dt= dm/dt v + m dv/dt. – Wir wollen uns das etwas genauer ansehen.

Nehmen wir an, der Impuls eines Körper verändere sich unter der Einwirkung einer Kraft von p1 = m1 v1 nach p2 = m2 v2 = (m1 + Δm)(v1 + Δv) = m1 v1 + m1 Δv + Δm v1 + Δm Δv


Bei Vernachlässigung des letzten Summanden ergibt sich

Δp = p2 - p1 = m1 Δv + Δm v1

Das erste Glied der rechten Seite ist die Impulserhöhung durch die Zunahme der Geschwindigkeit, das zweite die Impulserhöhung durch die Massenzunahme, wobei deren Impulserhöhung so in die Bilanz eingeht, als sei die Masse Δm von 0 auf v1 beschleunigt worden. Das heißt aber: Die Gleichung gilt nur, wenn die Masse Δm entweder zuvor gar nicht vorhanden war (und z. B. durch relativistische Massenzunahme entstanden ist), oder aber – wenn die Masse von außen dem Körper hinzugefügt wurde – sie vorher die Geschwindigkeit 0 hatte. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ein Lastwagen oder ein Förderband mit Materie beladen wird, die senkrecht von oben herabfällt, während sich der Lkw bzw. das Förderband vorbeibewegt. Die Gleichung gilt dagegen nicht, wenn z. B. ein Raumfahrzeug im Weltraum Materieteilchen »aufsammelt«, die ihm mit einer Eigengeschwindigkeit entweder entgegenfliegen oder das Fahrzeug von hinten einholen.

Entsprechendes gilt, wenn der Körper Masse verliert, also Δm negativ ist.

Es ist also eine gewisse Vorsicht im Umgang mit dieser Gleichung geboten, selbst in der Relativitätstheorie, wo die hinzukommende Masse nicht nur auf die Geschwindigkeit der vorher schon vorhandenen beschleunigt werden muss, sondern wo darüber hinaus auch die der Masse entsprechende Energie E = Δm c2 aufgebracht werden muss. (Die Nichtbeachtung dieser Tatsache führte einst zu der absurden Vorstellung, ein schnell bewegter Körper habe in Bewegungsrichtung eine größere Masse [»longitudinale Masse«] als quer dazu [»transversale Masse«]).

 

Arbeit, Energie und Leistung[Bearbeiten]

Arbeit[Bearbeiten]

Wir müssen zunächst eine Anleihe bei der Experimentalphysik machen: Eine Kraft F wirke an einem bestimmten Punkt (»Angriffspunkt«) auf einen Körper ein. Wie wir oben gesehen haben, ist dies überhaupt nur möglich, wenn dort auf irgendeine Weise eine gleich große Gegenkraft – F entstehen kann. Wir haben es daher immer, wenn eine Kraft im Spiel ist, mit zwei Kräften zu tun.

Wird nun der Angriffspunkt der beiden Kräfte verschoben, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder die Verschiebung erfolgt in Richtung der Kraft F (oder in einem spitzen Winkel dazu), oder in entgegengesetzter Richtung (oder in einem stumpfen Winkel zur Kraft F). Den Fall, dass die Verschiebung senkrecht zu den beiden Kräften erfolgt, stellen wir zunächst zurück. Im ersten Fall (spitzer Winkel) können wir annehmen, dass die Kraft F die Ursache der Verschiebung ist; im zweiten Fall wird es die Kraft – F sein. Nehmen wir zunächst den ersten Fall. Bei genauer Betrachtung werden wir feststellen, dass da etwas Besonderes geschieht:

  • Entweder wird der Körper, an dem die Kraft angreift, beschleunigt,
  • oder er wird elastisch (d. h. reversibel) verformt,
  • oder er wird plastisch (d. h. irreversibel) verformt,
  • oder er wird (nach kurzer Beschleunigung) mit konstanter Geschwindigkeit bewegt,
  • oder er wird senkrecht (oder schräg) nach oben bewegt.


Frage: Was ist in den fünf verschiedenen Fällen die Gegenkraft, und wer oder was kommt für sie auf?


Allen diesen Fällen gemeinsam ist, dass sie nicht »von selbst« und gleichsam kostenlos ablaufen. In jedem Fall muss ein Etwas wirken, das Leibniz (1646-1716) eine »lebendige Kraft« genannt hat, die Körperkraft eines Lebewesens, die Kraft einer »Kraftmaschine« (besser: Arbeitsmaschine), oder die Kraft einer bewegten Substanz, z. B. Wasser oder Wind oder auch eines bewegten Festkörpers. Und in jedem Fall wird, wie wir heute sagen, im physikalischen Sinn eine »Arbeit verrichtet«, für die gleichsam als Gegenleistung irgendeine offensichtliche Veränderung eintritt, die nützlich oder unnütz oder auch schädlich sein kann, die aber in keinem Fall anders zu erreichen ist als eben durch Arbeitsaufwand.

Nach zahlreichen Versuchen und manchem Irrweg sind die Physiker schließlich übereingekommen, als Maß für die Größe der Arbeit das Produkt aus Kraft und Verschiebung anzusehen – solange Kraft und Verschiebung dieselbe Richtung haben und die Kraft konstant ist. Dann gilt also:


Arbeit W = Kraft F mal Verschiebung (oder Weg) s


Die SI-Einheit der Arbeit ist das Joule (J). 1 Joule = 1 Newtonmeter (Nm).


Hat die Kraft nicht dieselbe Richtung wie die Verschiebung, dann wirkt nur die Komponente der Kraft an der Arbeit mit, die in Richtung der Verschiebung liegt. Die senkrecht zur Verschiebung wirkende Kraftkomponente dagegen bringt keine der oben beschriebenen Veränderungen hervor, und daher wirkt sie ohne Arbeitsaufwand.


Es ist daher



Der Term auf der rechten Seite ist das Skalarprodukt der Vektoren F und s und somit ist



Wir betrachten nun den Fall, dass die Verschiebung längs einer gekrümmten Raumkurve erfolgt und sich zudem der Winkel α und der Betrag F der Kraft während der Verschiebung von A nach B ändern.



Wir zerlegen dann das Kurvenstück (den Bogen) in n gleiche Teile und ersetzen jedes Bogenstück Δsi (mit i = 1, 2, ... n) durch den Sekantenvektor Δri.



Dann gilt für die auf dem i-ten Bogenstück verrichtete Arbeit



wobei Fi der Kraftvektor ist, der in einem beliebigen Punkt des Bogenstücks Δsi wirkt. Für die gesamte Arbeit gilt dann



Die Näherung wird beliebig genau, wenn man die Anzahl n der Teilstücke entsprechend vergrößert, das heißt, es ist



wofür man abkürzend schreibt



Die Berechnung des Integrals setzt voraus, dass F als (integrierbare) Funktion von r gegeben ist: F = F(r). Ist F durch seine kartesischen Komponenten beschrieben, die wiederum Funktionen kartesischer Koordinaten sind, also in der Form



so schreibt man dr in der Form



und erhält für das Skalarprodukt F dr den Ausdruck



Das »Arbeitsintegral« lässt sich dann in drei skalare Integrale zerlegen:



Ist schließlich F als Funktion der Bogenlänge s der Kurve gegeben (wobei die Bogenlänge von einem beliebigen Punkt O aus gemessen wird), so erhält man mit dr = ds



Irritierend an diesem Integral ist, dass ds das Differential eines – abgesehen von Geraden - nicht existierenden Vektors s ist. Dennoch ist es in mancher Hinsicht nützlich.

 

Beschleunigungsarbeit[Bearbeiten]

Auf einen Körper der Masse m wirke längs einer beliebigen (geradlinigen oder gekrümmten) Wegstrecke eine Kraft F ein, deren Betrag und Richtung sich beliebig verändern kann. Diese Kraft erzeugt am Körper eine Beschleunigung a, für deren momentanen Wert stets gilt:



Folglich ist die am Körper verrichtete Arbeit



und mit  








und speziell für v1 = 0 und v2 = v



Das bedeutet: Unabhängig vom zeitlichen Verlauf der Beschleunigung (und dem der Kraft) ist das Produkt



gleich der bei der Beschleunigung aufgewendeten Arbeit W.

Exkurs: Verformungsarbeit[Bearbeiten]

Um die Voraussetzungen für einen wichtigen Gedankenversuch zu schaffen, soll hier die Verformungsarbeit untersucht werden.


Ein Körper werde unter der Wirkung einer Kraft (plastisch oder elastisch) verformt. Er reagiert darauf mit einer Gegenkraft. Im Fall der plastischen Verformung eines (amorphen) Körpers ist die Reaktionskraft der innere Reibungswiderstand. Die aufgewendete Arbeit wird dabei in Wärme umgesetzt. Der Vorgang kann nicht rückgängig gemacht werden; er ist irreversibel.

Bei der elastischen Verformung eines (kristallinen) Körpers reagiert die Kristallstruktur des Körpers auf die Verformung mit einer elastischen Gegenkraft. Beim Verschwinden der äußeren, verformenden Kraft machen die inneren Kräfte die Verformung rückgängig.

In beiden Fällen verrichtet die äußere Kraft die Arbeit


weil die Verformung in Richtung der Kraft erfolgt.

Bei der elastischen Verformung gilt unterhalb der »Elastizitätsgrenze« das HOOK-Gesetz: Der Betrag s der Verformung ist dem Betrag F der Kraft proportional:



Die Proportionalitätskonstante k heißt Richtgröße, bei Federn auch Federkonstante.

Im stationären Fall (d. h. wenn die Verformung zum Stillstand gekommen ist) sind äußere Kraft und elastische Gegenkraft gleich. Um die Verformung zu vergrößern, muss die angreifende Kraft ein wenig (beliebig wenig) größer sein als die elastische Gegenkraft. Der Überschuss dient dann zunächst der Beschleunigung der sich verformenden Teile des Körpers (z. B. der Schraubenfeder), bis sich ein neuer Gleichgewichtszustand einstellt. Verringert man die angreifende Kraft ein wenig, so wird ein kleiner Teil der Verformung rückgängig gemacht, bis wieder Gleichgewicht herrscht. Der Vorgang kann also (im Gegensatz zur plastischen Verformung) in beiden Richtungen ablaufen, er ist reversibel.

Für die verrichtete Verformungsarbeit gilt dann:



wobei se der Verformungsweg im Endzustand ist.



Energie[Bearbeiten]

Wir machen nun folgenden Gedankenversuch Eine elastische Schraubenfeder mit der Federkonstanten k1 werde am linken Ende fixiert und dann von Hand um die Strecke 0 – x1 zusammengedrückt und in dieser Stellung arretiert. Dazu ist die Arbeit



aufzuwenden. Dann werde ein Körper der Masse m, der reibungsfrei auf der horizontalen Unterlage gelagert ist, vor die rechte Stirnfläche der Feder gebracht. Dann werde die Arretierung der Feder gelöst. (Die Masse der Feder wird im Folgenden vernachlässigt.)



Die Feder entspannt sich bis zum Punkt 0 und beschleunigt dabei den Körper. Dabei übt die Feder in jeder Phase auf den Körper eine Kraft von gleichem Betrag aus, wie sie selbst beim Zusammendrücken im gleichen Zustand erfahren hatte. Folglich verrichtet die Feder beim Entspannen an dem Körper eine Arbeit von gleichem Betrag wie die, welche beim Zusammendrücken von außen aufgewendet wurde. Die aufgewendete Arbeit wurde also gleichsam in der Feder gespeichert und kann beim Entspannen von der Feder wieder abgegeben werden.

Dies wird auch durch folgende Rechnung bestätigt. Für die Geschwindigkeitszunahme dv des Körpers in der Zeit dt in irgendeinem Punkt P(x) gilt:


wobei v = - dx/dt die Geschwindigkeit des Körpers in der jeweiligen Phase ist. (Das Minuszeichen berücksichtigt, dass v entgegengesetzt zur +X-Achse gerichtet ist.)

Aus obiger Gleichung folgt:


und



Das bedeutet: Der Körper wird auf eine Geschwindigkeit beschleunigt, die gerade so groß ist, dass die dazu benötigte Arbeit gleich der ursprünglich zum Spannen der Feder gebrauchte Arbeit ist. Die Feder hat also die in ihr gespeicherte Arbeit vollständig auf den Körper übertragen.

Im zweiten Teil des Versuchs trifft der Körper auf eine (entspannte) Feder mit der Federkonstanten k2. Er wird dann auf die Geschwindigkeit null gebremst, während seine Trägheitskraft die Feder um die Strecke 0 - x2 spannt.



Es gilt nun analog




und schließlich



Die Feder wird also gerade so weit gespannt, dass die dazu benötigte Arbeit gleich der Arbeit ist, die zum Beschleunigen des Körpers erforderlich war. Diese wiederum ist – wie oben gezeigt wurde – gleich der zum Spannen der Feder investierte Arbeit.

Zusammenfassung: Die ursprünglich zum Spannen der Feder aufgewendete Arbeit wird zunächst vollständig zum Beschleunigen des Körpers verwendet. Danach wird die Arbeit – wiederum unverändert – zum Spannen der zweiten Feder benutzt. Der Betrag der ursprünglich aufgewendeten Arbeit bleibt bei den beiden Umwandlungen unverändert. Der gesamte Vorgang kann umgekehrt und beliebig oft wiederholt werden. Die gespannte Feder und der bewegte Körper sind also fähig, ihrerseits Arbeit zu verrichten, und zwar in gleichem Ausmaß wie die zuvor an ihnen verrichtete Arbeit.

Die Fähigkeit der gespannten Feder und des bewegten Körpers, die an ihnen verrichtete Arbeit auf einen anderen Körper zu übertragen, heißt Arbeitsfähigkeit oder Energie. Insbesondere wird die Energie eines elastisch verformten Körpers als potentielle Energie bezeichnet, die Energie eines bewegten Körpers als kinetische Energie oder Bewegungsenergie. Die zu Beginn des Gedankenversuchs aufgewendete Arbeit wurde also erst in Arbeitsfähigkeit (potentielle Energie) der Feder, dann in kinetische Energie des Körpers umgesetzt. Durch eine genauere Untersuchung des Vorgangs lässt sich zeigen, dass während der Energieübertragung (wenn also die Feder erste teilweise entspannt und der Körper erst teilweise beschleunigt wurde) die Summe aus der momentanen potentiellen Energie der Feder und der momentanen kinetischen Energie des Körpers konstant ist. Für die Arbeit oder Energie gilt also eine Art von Erhaltungsgesetz, das zu den wichtigsten Gesetzen der Physik gehört.

Die Energie wird in den gleichen Einheiten gemessen wie die Arbeit.

 

Leistung[Bearbeiten]

Definition: Wird in der Zeit Δt die Arbeit ΔW verrichtet, so ist die mittlere Leistung in dieser Zeitspanne:



Für Δt gegen null erhält man daraus die (momentane) Leistung P zu dem betrachteten Zeitpunkt:



 

Potentielle Energie, Potentialfelder[Bearbeiten]

Bestimmte Kraftfelder (z. B. Gravitationsfelder und elektrostatische Felder) haben eine besondere Eigenschaft, die hier am Beispiel des Gravitationsfeldes dargestellt werden soll: In einem Gravitationsfeld erfährt eine Masse vom Gravitationszentrum eine anziehende Kraft. Um die Masse vom Zentrum weg zu bewegen (sie zu »heben«), muss Arbeit von außen aufgewendet werden (»Hubarbeit«). Dafür gewinnt die Masse »potentielle Energie« (Energie der Lage). Bewegt sich dagegen die Masse auf das Zentrum zu, so nimmt ihre potentielle Energie ab; dafür wird die Masse beschleunigt und gewinnt im »freien Fall« (d. h. ohne Luftwiderstand) in gleichem Maße kinetische Energie. Also:

In einem Potentialfeld ohne Reibungskräfte ist die Summe aus kinetischer und potentieller Energie eines Körpers konstant.

Bewegt man die Masse im Feld auf einer geschlossenen Kurve herum, so ist dazu insgesamt keine Arbeit aufzuwenden.

Bewegt man die Masse von einem Punkt P1 zu einem Punkt P2, so ist die aufzuwendende Arbeit W vom Weg unabhängig. Bewegt man dann den Körper auf irgendeinem Weg zum Ausgangspunkt zurück, so ist die auf dem Rückweg verrichtete Arbeit gleich –W und daher die gesamte Arbeit gleich null. Den beiden soeben beschriebenen Effekten liegt also dieselbe Eigenschaft des Feldes zugrunde.

Bewegt sich eine Masse aus dem Unendlichen zu einem bestimmten Punkt P im Feld, so wird dabei Energie frei; die von außen »aufzuwendende« Arbeit ist negativ. Die dabei frei werdende Energie ist ebenfalls vom Weg unabhängig, sie hängt jedoch von der Masse des Körpers ab, und zwar ist sie seiner Masse proportional. Dividiert man die (hier negative) Arbeit W durch die Masse m des Körpers, so ist das Ergebnis Φ eine Größe, die nur noch von der Lage des Punktes P abhängt. Diese Größe – die massebezogene Arbeit – heißt das Potential des Punktes P.

ΦP = W/m

Das Potential der Punkte eines Gravitationsfeldes ist negativ.

Aus der Definition des Potentials folgt: Ein Körper der Masse m hat in einem Punkt P mit dem Potential Φ gegenüber dem Unendlichen die potentielle Energie Epot = m Φ.

Die (Gravitations-)Feldstärke g ist die massebezogene Kraft, die das Feld auf eine Masse ausübt:

g = F/m

Wird die Masse durch eine von außen ausgeübte Kraft um die Strecke dr verschoben, so ist die dabei verrichtete Arbeit dW = - F dr = - m g dr und dΦ = dW/m = - g dr.

Der Zusammenhang zwischen Feldstärke und Potential wird im Rahmen des Wikibooks »Vektoranalysis« ausführlich behandelt. [1].  

 

Zentralkräfte und Flächensatz[Bearbeiten]

Eine Zentralkraft ist eine Kraft, die stets auf denselben Punkt hin gerichtet ist. Macht man diesen Punkt zum Koordinatenursprung, dann ist die Zentralkraft F = f(x, y, z) r, wobei f stets einen negativen Wert hat.

Für Zentralkräfte kann man einen wichtigen Satz ableiten, der neben dem Energiesatz ein weiteres Integral des dynamischen Grundgesetzes darstellt (also eine Differentialgleichung erster statt zweiter Ordnung). Wir multiplizieren dazu das dynamische Grundgesetz vektoriell mit r:




Da r und F entgegengesetzt gerichtet (antiparallel) sind, ist ihr Vektorprodukt null. Folglich muss auch die rechte Seite der Gleichung null sein:



Das besagt lediglich, dass die Beschleunigung zum Radiusvektor parallel oder antiparallel ist. – Das Integral dieser Gleichung ist



wobei C irgendein konstanter Vektor ist.

Bestätigung durch Differenzieren:



wobei das erste Vektorprodukt null ist.


Das Vektorprodukt



hat eine anschauliche Bedeutung:

Der Betrag von r x dr ist die doppelte Fläche des Dreiecks, das vom Radiusvektor r in der Zeit dt überstrichen wird. Dividiert man diese Fläche durch dt, erhält man die auf die Zeit bezogene Fläche, das ist aber die so genannte Flächengeschwindigkeit. Die obige Gleichung besagt also, dass bei der Bewegung eines Körpers im Feld einer beliebigen Zentralkraft die Flächengeschwindigkeit konstant ist. Dies ist eine Verallgemeinerung des 2. Keplerschen Gesetzes.

Ferner: Das Vektorprodukt r x dr/dt ist ein Vektor, der auf r und dr und damit auf der Bahnkurve des Körpers senkrecht steht. Da dieser Vektor ein konstanter Vektor C ist, hat die Flächennormale von r und dr eine feste Richtung. Dies wiederum bedeutet, dass die Bahn eben ist.

Übrigens ist der Vektor m r x dr/dt nichts anderes als der hier offensichtlich konstante Drehimpuls des bewegten Körpers.


 

 

Gravitationsgesetz und Planetenbewegung[Bearbeiten]

Natürlich ist der Weg auch umgekehrt gangbar: Man geht von einem – vermuteten oder experimentell begründeten - Gravitationsgesetz aus und leitet daraus das Verhalten von Himmelskörpern im Gravitationsfeld ab. Das Gravitationsgesetz lautet: Zwei schwere Massen m1 und m2 im Abstand r üben auf einander die anziehende Kraft


aus. Dabei ist f die Gravitationskonstante:

f = 6,672 59 N m2/kg2

Vektoriell geschrieben:



Wenn man von der Anziehung der Planeten untereinander absieht, sich ferner auf jeweils einen Planeten beschränkt und statt des gemeinsamen Schwerpunkts von Sonne und Planet den Mittelpunkt der Sonne als Drehzentrum und als Ursprung der Ortsvektoren r betrachtet, so gelten folgende Betrachtungen.

Zur Vereinfachung bezeichne ich die Sonnenmasse mit M und die Planetenmasse mit m. Die anziehende Kraft ist eine Zentralkraft, nämlich stets auf die Sonne gerichtet, und es gilt:



Die Feldstärke dieses Feldes ist:



Das Gravitationsfeld ist ein Potentialfeld mit der Potentialfunktion



(Zwischen Potentialfunktion und Feldstärkefunktion gilt die Beziehung grad Φ = - G, die zur Bestätigung der letzten Gleichung benutzt werden kann.)

Die Kraft F des Feldes erzeugt eine Beschleunigung a der Masse m, worauf diese mit der Trägheitskraft



reagiert. Diese Kraft wiederum ist der angreifenden Kraft F entgegengesetzt gerichtet.

In der soeben benutzten Bewegungsgleichung stellt m die träge Masse des Planeten dar, im Gravitationsgesetz dagegen ist m seine schwere Masse. Es ist keineswegs selbstverständlich, dass diese beiden Massen gleich (oder einander proportional) sind. Nachdem alle Versuche gescheitert waren, experimentell einen Unterschied zwischen träger und schwerer Masse nachzuweisen, hat man sich in der Physik daran gewöhnt, beide Massen als gleich zu betrachten, obwohl es keinen erkennbaren Grund dafür gab. Albert EINSTEIN hat die Gleichheit von schwerer und träger Masse zur Grundlage seiner Allgemeinen Relativitätstheorie gemacht. Die vielfältige experimentelle Bestätigung dieser Theorie bestätigt auch die Richtigkeit ihrer Voraussetzungen und auch damit die Gleichheit von schwerer und träger Masse.

Aus


folgt dann


oder


Die Lösung dieser vektoriellen Differentialgleichung 2. Ordnung wird einfacher, wenn wir auf die beiden uns bereits bekannten »Integrale« der Bewegungsgleichung zurückgreifen, auf den Energiesatz und den Flächensatz. Diese beiden Sätze sind nämlich Differentialgleichungen von lediglich 1. Ordnung. Der Energiesatz lautet:


Das bedeutet: Die Summe aus kinetischer und (negativer) potentieller Energie des Körpers ist konstant.

Der Flächensatz in Polarkoordinaten lautet (mit C = 2 A):



Um den zeitlichen Ablauf der Bewegung zu berechnen, muss man durch nochmalige Integration aus diesen beiden Gleichungen r und φ als Funktionen der Zeit bestimmen. Wenn wir uns aber darauf beschränken, die Gleichung der Bahnkurve herzuleiten, dann genügt es, aus den beiden Gleichungen die Zeit zu eliminieren.

Im Wikibook »Kinematik» (»Geschwindigkeit in ebenen Polarkoordinaten«) habe ich gezeigt, dass



woraus folgt:


Ferner ist


Damit ergibt sich aus dem Energiesatz:



Durch Trennung der Variablen r und φ erhält man:



Wir substituieren 1/r= u (dann wird – dr/r2 = du) und integrieren auf beiden Seiten:



Mit dem Integral nehmen wir nun folgende Umformungen vor:



woraus mit geeigneten Abkürzungen wird:




Damit ergibt sich



Beziehen wir π/2 in die Konstante bei φ mit ein, so erhalten wir




und schließlich



Dies ist die Gleichung eines Kegelschnitts in der Polarform, wobei der Pol des Koordinatensystems in einem der Brennpunkte liegt. Damit haben wir das 1. Keplersche Gesetz abgeleitet: Die Bahnen der Planeten (und die der Kometen) des Sonnensystems sind Kegelschnitte, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. Legt man die Polarachse so, dass sie zum nächstgelegenen Scheitel (also zum Perihel) zeigt, wird K = 0 und die Gleichung vereinfacht sich weiter zu:



Dabei ist

und



Der Kegelschnitt mit dieser Gleichung ist

eine Ellipse für ε < 1,

eine Parabel für ε = 1,

eine Hyperbel für ε > 1

Aus ε < 1 folgt:


oder


Die Bahnkurve ist also dann eine Ellipse, wenn die (konstante) Summe aus der kinetischen Energie des Körpers und seiner (negativen) potentiellen Energie negativ ist (siehe dazu den Energiesatz oben).

Die Bahnkurve ist eine Parabel, wenn diese Summe null ist und eine Hyperbel, wenn die Summe positiv ist.

Anders gesagt: Im Fall der Ellipse ist die Gesamtenergie des Körpers negativ, im Fall der Parabel null, im Fall der Hyperbel positiv.


 

Relativ zueinander bewegte Bezugssysteme[Bearbeiten]

Inertialsysteme[Bearbeiten]

Die ersten beiden Grundgesetze der Dynamik – das so genannte erste und zweite Newtonsche Axiom - gelten nur in einer besonderen Kategorie von Bezugssystemen, den so genannten Inertialsystemen.

Ein Inertialsystem ist ein Bezugssystem, das nicht beschleunigt ist und nicht rotiert. Für Newton war das Referenzsystem für Beschleunigungen und Rotationen der "absolute Raum". Nachdem sich herausgestellt hat, dass es diesen absoluten Raum so wenig gibt wie die absolute Zeit, benutzen wir als Referenzsystem die Gesamtheit der Massen des Weltalls. (Gäbe es diese nicht, wäre weder die Beschleunigung noch die Rotation eines Bezugssystems nachweisbar.)

Ein Inertialsystem ist daran erkennbar, dass drei freie Massenpunkte, die in drei nicht komplanare Richtungen geworfen werden, sich relativ zu ihm auf Geraden bewegen. (Zur Erinnerung: Freie Massenpunkte sind solche, auf die keine äußeren Kräfte einwirken. Nicht komplanare Vektoren liegen nicht in einer Ebene.)

Wegen der Allgegenwart der Schwerkraft auf der Erde ist es schwierig, freie Massenpunkte herzustellen. An der Gestalt der Bahnen, auf denen sich die drei Massenpunkte im Schwerefeld bewegen, kann man jedoch erkennen, ob sie sich ohne Schwerkraft geradlinig bewegen würden.

Alle anderen Bezugsysteme, die relativ zu einem Inertialsystem nicht beschleunigt sind und nicht rotieren, sind ebenfalls Inertialsysteme. Eine gleichförmige geradlinige Bewegung der anderen Bezugssysteme relativ zum ersten Inertialsystem ändert daran nichts.


 

Die GALILEI-Transformationen[Bearbeiten]

Wir betrachten zwei relativ zueinander mit der Geschwindigkeit v bewegte Inertialsysteme, die aus zwei rechtwinkligen Koordinatensystemen und einer hinreichend großen Zahl von synchron gehenden Uhren bestehen. (Der gleichmäßige Ablauf der Zeit in den beiden Bezugssystemen ist eine Annahme, die bis 1905 als selbstverständlich galt, durch die Spezielle Relativitätstheorie Albert Einsteins jedoch als falsch entlarvt wurde. Für Relativgeschwindigkeiten v , die klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit c sind, kann man sie jedoch näherungsweise noch immer gelten lassen.)

Zur Vereinfachung nehmen wir (ohne Beschränkung der Allgemeingültigkeit) an, die Ursprünge der beiden Koordinatensystemen mögen zur Zeit t = 0 zusammenfallen. Dann lauten die so genannten GALILEI-Transformationen in Vektorform




Durch Differenzieren nach der Zeit ergibt sich daraus:



Wie man sieht, differieren die Geschwindigkeiten des Punktes P in den beiden Systemen um den konstanten Geschwindigkeitsvektor v (die so genannte Führungsgeschwindigkeit), während seine Beschleunigung in beiden Systemen dieselbe ist.

 

Gleichförmig linear beschleunigte Bezugssysteme[Bearbeiten]

Wir betrachten nun ein Inertialsystem S und ein relativ dazu gleichförmig linear beschleunigtes System S'. Zur Vereinfachung treffen wir die üblichen Verabredungen: Die Beschleunigung des Systems S' beginne zur Zeit t = 0, wenn die Ursprünge der beiden Systeme zusammenfallen. Bei Bedarf kann man außerdem verabreden, dass die Achsen der beiden Systeme paarweise parallel sein sollen.



Dann lautet die Transformationsgleichung:



Durch zweimaliges Differenzieren nach der Zeit ergibt sich daraus nacheinander




Wie zu erwarten, ist nun auch die Beschleunigung des Punktes P in S' eine andere als in S, nämlich um die Beschleunigung des Systems S' kleiner.

Wenn der Punkt P ein Massenpunkt mit der Masse m ist, dann erfordert seine Beschleunigung im Inertialsystem S die Kraft



Für einen Beobachter im System S' aber verhält sich der Massenpunkt so, als ob die Kraft



auf ihn einwirkte, also eine um m a kleinere Kraft, obwohl auf den Massenpunkt nach wie vor nur die äußere (»eingeprägte«) Kraft F einwirkt.

Es lohnt sich, dieses Problem genau zu untersuchen. Bei irdischen Inertialsystemen ist die von außen wirkende (eingeprägte) Kraft praktisch immer die Gewichtskraft G, kurz: das Gewicht des Massenpunktes. Stellen wir uns nun vor, das System S' sei ein Abteil in einem Eisenbahnzug, das System S ein relativ zum Bahndamm ruhendes Inertialsystem. (Dabei werden – wie üblich – die Rotation der Erde um ihre Achse, ihre Rotation um die Sonne usw. vernachlässigt und angenommen, S sei unbeschleunigt.) Wir müssen nun zwei Fälle unterscheiden:

1. Der Massenpunkt sei im System S' frei – bis auf sein Gewicht, also ein frei fallender Massenpunkt. Wenn der Zug mit konstanter Geschwindigkeit (also unbeschleunigt) fährt, fällt der Massenpunkt in S' senkrecht nach unten. Wenn der Zug beschleunigt, bewegt sich der Massenpunkt auf einer nach hinten geneigten Geraden. Ein Beobachter in S' kann dies auf zweifache Weise interpretieren: Er kann annehmen, auf den Massenpunkt wirke eine zusätzliche, nach hinten gerichtete Kraft vom Betrag m a, die nur von einem horizontal nach hinten gerichteten Gravitationsfeld herrühren kann. Ein Beobachter in S weiß, dass diese Interpretation falsch ist und dass diese vermeintliche Kraft nicht existiert. (Darum spricht man hier oft von einer »Scheinkraft«.)

Der Beobachter in S' kann aber auch schließen, dass der beobachtete Effekt nicht von einer zusätzlichen Kraft herrührt, sondern von einer Beschleunigung seines Bezugssystems. Damit hätte er Recht. Es gibt jedoch für ihn im Inneren seines Bezugssystems (d. h. ohne einen Blick nach draußen) keine Möglichkeit, zwischen den beiden Alternativen zu unterscheiden. Für ihn ist ein beschleunigtes Bezugssystem gleichwertig mit einem nicht beschleunigten Bezugssystem in einem (zusätzlichen) Gravitationsfeld.

2. Der Massenpunkt sei auf irgend eine Weise mit dem System S' verbunden: er hänge z. B. an einem Faden von der Decke herab oder er liege in der rückseitigen Gepäckablage. Wenn der Zug nun beschleunigt, wird sich der Massenpunkt nach hinten bewegen (das »Pendel« hängt schief) bzw. sich nach hinten bewegen wollen (der Massenpunkt in der Gepäckablage drückt auf die Rückwand). In beiden Fällen übt das Bezugssystem auf den Massenpunkt eine beschleunigende Kraft aus, und der Massenpunkt reagiert mit einer Trägheitskraft dagegen. In diesem Fall sind beide Kräfte real und dem Betrag nach gleich m a.

Für den Beobachter in S' gibt es immer noch die beiden Möglichkeiten der Interpretation, und noch immer hat er keine Möglichkeit, im Inneren des Systems zwischen beiden zu unterscheiden.

Als nächstes nehmen wir an, beide Bezugssysteme befänden sich in einem senkrecht nach unten gerichteten Gravitationsfeld, dessen Feldstärke den Betrag g = G / ms habe, wobei G der Betrag der Gewichtskraft und ms die schwere Masse eines Massenpunktes ist. Das System S ruhe gegenüber der Erdoberfläche, ist also wieder ein Inertialsystem. Ein freier Massenpunkt erfährt dann in S eine nach abwärts gerichtete Beschleunigung vom Betrag a = G / mt, wobei mt die träge Masse des Massenpunktes ist. Da erfahrungsgemäß stets a = g ist, muss mt = ms sein, und wir können künftig einfach von der Masse m sprechen.

Wir betrachten nun drei Massenpunkte mi (i = 1, 2, 3), die zur Zeit t = 0 mit den Geschwindigkeiten vi vom Ursprung des Systems aus in drei nicht komplanare Richtungen geworfen werden. Ihre Bewegungsgleichungen im Systems S lauten dann:



Die Bahnkurven sind Wurfparabeln.

Das Bezugssystem S' dagegen falle frei nach unten, wobei es die Beschleunigung - g k erfährt. Die Transformationsgleichungen der drei Massenpunkte sind dann:



Im System S' bewegen sich die drei Massenpunkte also auf Geraden. Mit Hilfe einer Federwaage kann man zudem nachweisen, dass die Massenpunkte im System S' kräftefrei sind. Das frei fallende Bezugssystem S' erfüllt also die Kriterien eines Inertialsystems und ist für einen Beobachter im Inneren des Systems nicht von einem solchen zu unterscheiden. Also gilt:

Ein in einem Gravitationsfeld frei fallendes Bezugssystem ist einem im feldfreien Raum befindlichen Inertialsystem gleichwertig.

Auf ähnliche Weise kann man zeigen:

Ein im feldfreien Raum mit der Beschleunigung a beschleunigtes Bezugssystem ist gleichwertig mit einem Inertialsystem, das sich in einem Gravitationsfeld mit der Feldstärke - a befindet.

Diese Aussagen (und die dahinter stehende Annahme, dass die träge Masse eines Körpers gleich seiner schweren Masse ist) bilden die Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Gleichförmig rotierende Bezugssysteme[Bearbeiten]

Wir betrachten nun ein Bezugssystem S' (i', j', k' ), das relativ zum Inertialsystem S(i, j, k) mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit ω rotiert, wobei die Drehachse durch den gemeinsamen Ursprung der beiden Systeme gehen soll. Ihre Richtung ist durch den Vektor ω gegeben. Der Ortsvektor r eines Punktes P ist dann in beiden Systemen derselbe. Er habe in S die Komponenten x, y, z, in S' die Komponenten x', y', z' . Also ist



Die Geschwindigkeit des Punktes P im System S ist dann



Wenn wir die Geschwindigkeit des Punktes relativ zum Inertialsystem S aus seinen Koordinaten im Systems S' berechnen wollen, müssen wir berücksichtigen, dass sich auch die Einheitsvektoren des Systems S' relativ zu S bewegen, also Funktionen der Zeit sind. Folglich ist



Die ersten drei Summanden sind die Geschwindigkeit des Punktes P relativ zu S', die letzten drei Summanden sind die Geschwindigkeit eines in S' festen Punktes relativ zu S infolge der Bewegung des Systems S', also die so genannte Führungsgeschwindigkeit.

Für die Geschwindigkeit der Einheitsvektoren von S' gilt:



Beweis

Ein Ortsvektor r von konstanter Länge rotiere mit der Winkelgeschwindigkeit ω um eine Drehachse durch O.



Dann ist



wobei v die Bahngeschwindigkeit von P und t der Tangenteneinheitsvektor in P ist. Für v gilt


Der Tangenteneinheitsvektor t steht auf r und ω senkrecht. Daher ist



Damit ergibt sich schließlich



Somit gilt für die Führungsgeschwindigkeit



Mit




ergibt sich



Bezeichnen wir die Differentiation, bei der nur die Koordinaten des Vektors r nach der Zeit differenziert werden (also die Operation, welche die ersten drei Summanden hervorgebracht hat) mit



so kann man schreiben



Hier tritt in allen drei Termen derselbe Vektor r auf, der selbst völlig beliebig ist. Also gilt obige Gleichung auch für jeden beliebigen Vektor u, so dass wir hier eine allgemein gültige Rechenregel gewonnen haben:



Diese Rechenregel kann natürlich auch auf den Vektor dr/dt angewendet werden, wobei sie dann lautet



was wir gleich bei der Berechnung der 2. Ableitung benutzen werden. Dann erhalten wir mit



oder



schließlich



Der erste Term auf der rechten Seite ist die Relativbeschleunigung arel des Punktes P bezüglich des Inertialsystems S'. Der dritte Term ist die Führungsbeschleunigung a, d. h. die Beschleunigung, die ein im System S' fester Punkt relativ zu S hat. Dazu kommt nun ein dritter Term, der nur dann auftritt, wenn die Relativgeschwindigkeit des Punktes bezüglich S' nicht null und nicht parallel zur Drehachse ist. Dieser Term, das doppelte Vektorprodukt aus der Winkelgeschwindigkeit und der Relativgeschwindigkeit, heißt CORIOLIS-Beschleunigung aCor. Demnach ist die Gesamtbeschleunigung



Ist der Punkt P ein Massenpunkt mit der Masse m, dann lautet das Grundgesetz der Dynamik für ihn



und für einen Beobachter in S':



Zu der eingeprägten Kraft F (auf der Erde fast immer die Gewichtskraft) kommen noch zwei Kräfte hinzu. Für sie gilt das Gleiche wie das unter »Gleichförmig linear beschleunigte Bezugssysteme« über die zusätzliche Kraft Gesagte: Je nach den Bedingungen handelt es sich dabei um nicht real existierende Kräfte (»Scheinkräfte«) oder um Trägheitskräfte, die als Reaktion auf beschleunigende Kräfte auftreten. Der letzte Term ist die bekannte Zentrifugalkraft, der vorletzte Term die CORIOLIS-Kraft.