Einführung in das Christentum/ Die Bibel
Die Bibel ist die Grundlage des Christentums und als Wort Gottes die Heilige Schrift. Das Alte Testament wurde bis zum 2. Jahrhundert vor Christus von Juden kanonisiert, das Neue Testament dann von Christen in einer katholischen Endfassung von Irenäus von Lyon im 2. Jahrhundert nach Christus zusammengestellt. Diese Zusammenstellung gilt zusammen mit dem Alten Testament in der katholischen Kirche bis heute als die Bibel. Dogmatisiert wurde der Biblische Kanon in der katholischen Kirche im Zuge der Auseinandersetzungen mit Martin Luther, bei denen es auch um die Bibel ging, auf dem Konzil von Trient 1545–1563. Das protestantische Alte Testament und die jüdische Bibel sind identisch. Darum hat die protestantische Bibel 66 Bücher, während die katholische 73 hat. Luther hat 7 Bücher, die aus den zwei Jahrhunderten nach der jüdischen Festlegung der Bibel stammen und die die katholische Tradition in die Bibel aufgenommen hat, wieder aus der Bibel entfernt.
In einigen orthodoxen Traditionen finden wir noch einige zusätzliche Einfügungen, so ein 3. und 4. Makkabäer-Buch und ein 2. Buch Esra.
Die Bücher der hebräischen und griechischen Bibel (Altes und Neues Testament) sind Grundlage des christlichen Glaubens. Sie bezeugen die Geschichte des Gottes Israels mit den Menschen. Gott hat verschiedene Bünde geschlossen: z.B. mit Adam und Eva, mit Noah, Abraham sowie dem Volk Israel am Sinai. In Jesus Christus hat er diesen Bund ausgeweitet auf alle Menschen, die ihr Leben unter seine Herrschaft stellen.
In der Geschichte des Volkes Israel, die im Alten Testament hauptsächlich erzählt wird, gibt es zwei Großereignisse, die bis heute das Selbstverständnis des Volkes Israel prägen. Das eine ist der sogenannte Exodus, also der Auszug des Volkes aus Ägypten unter der Führung von Moses. Heute geht die überwiegende Mehrzahl der Wissenschaftler davon aus, dass der Exodus etwa im Jahre 1250 vor Christus stattgefunden hat. Dann gibt es zweitens das Exil der Jahre 586–538, in denen das Volk von den Babyloniern unter Nebukadnezar von Jerusalem nach Babylon gebracht wurde. Hier setzt durch den Verlust des von Gott an Moses verheißenen Landes ein großes Nachdenken über die eigene Tradition ein, die zu den meisten Schriften des heutigen Alten Testamentes führt.
Das Neue Testament enthält als zentrales Ereignis das Leben Jesu, wobei je nach Tradition ein anderes Element besonders betont wird: in der orthodoxen Tradition die Menschwerdung Gottes, in der protestantischen der Tod Christi am Kreuz und in der katholischen die Auferstehung von den Toten. Basis für alle diese christlichen Traditionen sind die biblischen Geschichen, die uns diese Ereignisse im Neuen Testament erzählen.
Die ältesten Bücher der Bibel wurden nach heutiger theologischer Einschätzung zu Beginn der Königszeit (ca. 1000 v. Chr.) in Israel erstellt. In dieser Phase hatte der Glaube an Gott einen hohen Stellenwert, dem sowohl durch den Bau des salomonischen Tempels als auch durch eine schriftliche Fixierung der Gott zugeschriebenen Handlungen und Weisungen (Bücher des Mose, Buch Josua, Buch der Richter, Bücher Samuels) Rechnung getragen wurde. Von diesem Zeitpunkt an wurde außerdem eine fortlaufende Geschichtsschreibung (Bücher der Könige, Bücher der Chronik) etabliert, welche allerdings mit der babylonischen Gefangenschaft endet. Ergänzend wurden auch Bücher aufgenommen, welche ein Ereignis oder einen Sachverhalt punktuell abhandeln – Propheten, Esra und Nehemia (Neuaufbau Jerusalems nach der babylonischen Gefangenschaft [586–538]) – oder der Unterstützung des religiösen Lebens dienen (Weisheitsliteratur).
Zu den Zeiten, in denen das Alte sowie das Neue Testament verfasst wurden, war es allgemein üblich, schriftliche Lehrwerke nicht unter eigenem Namen, sondern auch unter dem einer historischen Autorität herauszugeben, um ihr mehr Gewicht zu verleihen.
Wir kennen im Alten Testament mindestens drei Autoren, für das Buch Jesaia waren es wahrscheinlich noch viel mehr. Das einzige Buch, das vermutlich weitgehend aus einer Feder stammt, ist das Buch des Propheten Jeremia. Es wird allgemein angenommen, dass es Prophetenschulen gegeben hat, in denen das Denken eines Propheten gepflegt wurde, weshalb es dann auch kein Problem war, in seinem Namen zu schreiben. Ein nicht unerwünschter Effekt war natürlich auch, dass man mit einem bekannten Namen schneller mehr Gehör bekam. Diese Methode nennt sich Pseudepigraphie.
Für die Zeit des Neuen Testaments ist die Pseudepigraphie nicht so stark wie im Alten Testament. Die meisten Autoren des Neuen Testaments gehören zur zweiten Generation, sind also entweder Schüler der Apostel oder stammen aus den Urgemeinden. Von Markus wird angenommen, dass er Schüler des Petrus war. Er war jedenfall in Rom – dort, wo Petrus auch war. Er schreibt sein Evangelium etwa 60 nach Christus. Lukas gilt als Arzt und Schüler des Paulus. Er schreibt etwa 70– 80 n. Chr. Von Johannes gibt es zwei Spekulationen: er war jedenfalls in der heutigen Türkei und entweder der erste, der ein Evangelium verfasst hast; in dieser Richtung gilt er als der Lieblingsjünger Jesu. Verbreiteter ist aber die Annahme, dass er der letzte war, der ein Evangelium geschrieben hat: etwa 80–90 nach Christus.
Die Paulus-Briefe gelten als die ältesten Zeugnisse. Sie sind in den 50 Jahren nach Christus entstanden. Bei den meisten seiner Briefe wird seine Urheberschaft allgemein nicht angezweifelt, Ausnahmen sind die sogenannten Pseudopaulinen, für die eine Pseudoepigraphie angenommen wird.
Bezüglich der Inspiration der Schrift gibt es auch verschiedene Standpunkte. Während in der Orthodoxie die Predigt des Pfarrers den Charakter einer heiligen Schrift haben kann, ist in der katholischen Variante die Schrift abgeschlossen und gilt nach der offiziellen Stellungnahme der Kirche in ihrem Dokument Dei Verbum im zweiten Vatikanischen Konzil (1961–65) als Gottes Wort im Menschenwort: der Autor ist vom Geist Gottes inspiriert, aber er fügt auch eigene Gedanken hinzu. Viele Christen, vor allem innerhalb der fundamentaleren protestantischen Glaubensrichtungen, vertreten die Auffassung, dass die Bibel direkt der Eingabe Gottes entstammt, und die verschiedenen Autoren seien lediglich Gottes Werkzeug. Die oben angegebene Beschreibung der Herkunft der Bibel ist also kein Argument gegen ihre Vollkommenheit.