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Erläuterungen Briefschutz (§ 77 UrhG)[Bearbeiten]

Erläuterungen: Briefschutz


Querverweise: Brief- und Bildnisschutzschutz


  1. Schutzgegenstand
a) Briefe
b) Tagebücher
c) Ähnliche vertrauliche Aufzeichnungen [1]
Briefe
  • Schriftliche Mitteilung, die an eine konkrete andere Person gerichtet sind, auch wenn sie den Empfänger nicht oder noch nicht erreicht haben oder nur entworfen sind. [2]
  • E-Mails und SMS [2] sowie Fax, [3] sind zwar Errungenschaften der modernen Zeit, werden jedoch analog wie Briefe behandelt.
  • Leserbriefe, die sich auf veröffentlichte Artikel, auf die Schreibweise oder die allgemeine Blattlinie beziehen, fallen nur dann unter den Briefschutz, wenn Vertraulichkeit oder Weglassung des Verfassernamens begehrt wurde. [4]
Ähnliche vertrauliche Aufzeichnungen
  • Nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Aufzeichnungen, wie Entwürfe, Geschäftspapiere, Steuererklärungen [2]
  • Auf Tonbändern usw. gespeicherte Protokolle u. dgl. m. sind keine schriftlichen Aufzeichnungen. Eine analoge Anwendung der Bestimmungen für vertrauliche Aufzeichnungen ist gerechtfertigt. [2]
  1. Schutzumfang
Schutzbestimmung
  • Briefe, Tagebücher und ähnliche vertrauliche Aufzeichnungen dürfen
a) weder öffentlich vorgelesen
b) noch auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden,
c) wenn dadurch berechtigte Interessen der geschützten Personen verletzt werden. [5]
  • Die Benutzung von Briefe, Tagebücher und ähnliche vertrauliche Aufzeichnungen zu Zwecken der öffentlichen Sicherheit oder zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Ablaufs von Verwaltungsverfahren, parlamentarischen Verfahren oder Gerichtsverfahren ist jedoch gestattet. [6] Voraussetzung ist, dass das Schriftstück (zumindest auch) zum Amtgebrauch hergestellt wurde. [7]
Öffentlichkeit
  • Strittig:
  • Gleichbedeutend mit Allgemeinheit oder einem breiten Publikum. [8]
  • "... wohl eher im Sinne der urheberrechtlichen Verwertungsrechte (§§ 14 bis 18a UrhG) zu verstehen." [9]


Verbreiten
  • Untersagt ist nicht nur die Verbreitung von Kopien, Abschriften usw., sondern jede Mitteilung, die unmittelbar an die Öffentlichkeit erfolgt. Dies ergibt sich daraus, dass der Briefschutz im Schutz der Persönlichkeit begründet ist. [10]
Berechtigte Interessen
  • Nicht jegliche Mitteilung an die Öffentlichkeit ist untersagt, nur jene, die die berechtigten Interessen einer geschützten Person verletzen. Ob dem so ist, ist im Einzelfall zu prüfen. Dabei ist vom Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen. Generell kann davon ausgegangen werden, dass der Schutz der Privatsphäre, Gesundheitsdaten, die sexuelle Orientierung und unter Umständen auch die politische Ausrichtung des Verfassers oder des Adressaten als schützenswert gelten.
  • Gegen die berechtigten Interessen des Verfassers verstoßen auch Verfälschungen, wie etwa das Weglassen wesentlicher Teile oder andere Maßnahmen, durch die die ursprüngliche Absicht des Verfassers beeinträchtigt wird.
  • Die verkürzte Wiedergabe von Leserbriefen ist zulässig, sofern sie sich nicht sinnstörend auswirkt. [11]
  • Jeder geschützte Angehöriger kann bei aufrechter Schutzfrist sein eigenes berechtigtes Interesse geltend machen. Verzichtet er darauf, berührt dies nicht die berechtigten Interessen der anderen. [12]
Unerlaubte Veröffentlichung bzw. Verbreitung
  • Das Schutzrecht erlischt nicht, wenn Briefe ganz oder teilweise unerlaubt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. [13]
  1. Geschützte Personen
  • Die Verfasser von Briefen.
  • Die Adressat von Briefen.
  • Die nahen Angehörigen der Verfasser und des Adressaten von Briefen.
  • Die Verfasser von Tagesbuchern und von ähnlichen vertraulichen Aufzeichnungen.
  • Die nahen Angehörigen der Verfasser von Tagesbüchern und von ähnlichen vertraulichen Aufzeichnungen. [14]
  1. Schutzrechte
Schutzrecht des Verfassers eines Briefes
  • Das Schutzrecht des Verfassers ist ein eigenständiges Recht und endet mit seinem Tode.
Bis zu seinem Tode bedarf die Veröffentlichung von Briefen der ausdrücklichen oder stillschweigenden Zustimmung des Verfassers, wenn dessen berechtigten Interessen einer solchen entgegenstehen. Nach dem Tode des Verfassers treten die für seine nahen Angehörigen geltenden Bestimmungen in Kraft.
Hat der Verfasser während seiner Lebenszeit die Veröffentlichung des Briefes gestattet oder angeordnet, sind alle übrigen Berechtigten auch nach dem Tode des Verfassers daran gebunden.
  • Die Veröffentlichung eines Briefes darf vom Verfasser weder gestattet noch angeordnet werden, wenn berechtigte Interessen des Adressaten oder solche eines nahen Angehörigen des vorverstorbenen Adressaten entgegenstehen.
'Schutzrechte des Adressaten eines Briefes
  • Sofern der Verfasser keine gegenteilige Verfügung getroffen hat, kann der Adressat Dritten gegenüber die Veröffentlichung eines Briefes untersagen.
Schutzrechte des Verfassers von Tagesbüchern und ähnlichen vertraulichen Aufzeichnungen
Bis zu seinem Tode bedarf die Veröffentlichung von Tagesbüchern und ähnlichen vertraulichen Aufzeichnungen der ausdrücklichen oder stillschweigenden Zustimmung des Verfassers, wenn dessen berechtigten Interessen einer solchen entgegenstehen. Nach dem Tode des Verfassers treten die für seine nahen Angehörigen geltenden Bestimmungen in Kraft.
Hat der Verfasser während seiner Lebenszeit die Veröffentlichung von Tagesbüchern und ähnlichen vertraulichen Aufzeichnungen gestattet oder angeordnet, sind seine nahen Angehörigen auch nach seinem dem Tode daran gebunden.
Schutzrecht der nahen Angehörigen der Verfasser von Briefen, der Adressaten von Briefen sowie der Verfasser von Tagesbüchern und von ähnlichen vertraulichen Aufzeichnungen
  • Nahe Angehörige der Verfasser von Briefen, der Adressaten von Briefen und der Verfasser von Tagesbüchern und von ähnlichen vertraulichen Aufzeichnungen sind ihre jeweils eigenen Verwandten in auf- und absteigender Linie [15] sowie der jeweilige überlebende Ehegatte (Lebensgefährte).
  • Jeder nahe Angehörige hat das Recht auf Schutz seiner eigenen berechtigten Interessen. Eine Veröffentlichung von Briefen, der berechtigte Interessen einer dieser Personen entgegenstehen, ist somit nicht gestattet, es sei denn, der verstorbene Verfasser beziehungsweise der verstorbene Adressat hat bereits zu seinen Lebzeiten die Veröffentlichung besorgt oder angeordnet.
  • Das Schutzrecht der einzelnen nahen Angehörigen beginnt erst mit dem Tod des Verfassers eines Briefes oder einer ähnlichen vertraulichen Aufzeichnung beziehungsweise mit dem Tod des Adressaten eines Briefes. [16]
  • Das Schutzrecht der Eltern der genannten Personen, ihrer Kinder und ihrer überlebenden Ehegatten besteht lebenslänglich.
  • Das Schutzrecht ihrer Großeltern, Urgroßeltern usw. sowie ihrer Enkelkinder, Urenkelkinder usw. besteht nur für den Zeitraum von zehn Jahren nach dem Tode der genannten Personen.



Fußnoten[Bearbeiten]

  1. § 77 Abs. 1
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Anderl in Kucsko, urheber.recht (2008) [1048]
  3. Walter, Österreichisches Urheberrecht Teil I, 2008, Rdnr. 1685
  4. Briefe, Tagebücher und ähnliche vertrauliche Aufzeichnungen
  5. § 77/1)
  6. § 77/6 iVm. § 41
  7. Anderl in Kucsko, urheber.recht (2008) [1051]
  8. So Anderl in Kucsko, urheber.recht (2008) [1050]
  9. Vgl. Walter, Österreichisches Urheberrecht Teil I, 2008, Rdnr. 1685
  10. Anderl in Kucsko, urheber.recht (2008) [1050f]
  11. Zu Abs. 1 bis 3 Vgl.: Anderl in Kucsko, urheber.recht (2008) [1052f]
  12. Anderl in Kucsko, urheber.recht (2008) [1053]
  13. Anderl in Kucsko, urheber.recht (2008) [1049]
  14. § 77/1 bis §77/3
  15. also Eltern, Großeltern usw. und Kinder, Enkelkinder usw.
  16. also für die nahen Angehörigen des Verfassers eines Briefes oder eines Tagebuches oder einer ähnlichen vertraulichen Aufzeichnung mit dem Tod des Verfassers, für die nahen Verwandten eines Adressaten eines Briefes mit dem Tode des Adressaten.