Examensrepetitorium Jura: BGB Schuldrecht: Antidiskriminierungsrecht
Einleitung
[Bearbeiten]Das Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung wurde verkündet im BGBl. I 2006, 1897 ff. vom 17.08.2006 Nr. 39 und trat am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig trat das Beschäftigtenschutzgesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1406, 1412) außer Kraft. Damit ist also das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)[1] nunmehr geltendes Recht. Obwohl sondergesetzlich geregelt, ist es Bestandteil der einheitlichen Privatrechtsordnung und daher in der zivilrechtlichen Fallbearbeitung zu berücksichtigen. Das AGG dient der Umsetzung einiger EU-Richtlinien, insb. der Richtlinie 2000/43/EG des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft[2].
Überblick
[Bearbeiten]Das vorliegende Kapitel behandelt nur die allgemein-zivilrechtlichen Regelungen des AGG[3]. Es kommen Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung und Schadensersatz in Betracht (§ 21 Abs. 1, 2 AGG). Für einen Kontrahierungszwang bleibt es bei der bisherigen Rechtslage, da das AGG dazu keine Regelung enthält und deliktsrechtliche Ansprüche unberührt lässt (§ 21 Abs. 3 AGG).
Sachlicher Anwendungsbereich |
|
Vorliegen einer Ungleichbehandlung |
|
Weitere Voraussetzungen für die einzelnen Ansprüche |
|
Frist |
|
Gegennormen |
|
Konkurrenzen |
|
Sachlicher Anwendungsbereich
[Bearbeiten]Zunächst muss geprüft werden, ob der sachliche Anwendungsbereich des AGG eröffnet ist. Der allgemein-zivilrechtliche Regelungsbereich ergibt sich aus § 19 AGG, der einige Tatbestände und Ausnahmen enthält:
- Massengeschäfte (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG) sind alle zivilrechtlichen Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person in einer Vielzahl von Fällen zu gleichen Bedingungen zustande kommen. Es müssen demnach zwei Merkmale vorliegen (dazu Gesetzesbegründung, S. 41 f.):
- Ob es sich typischerweise um eine Vielzahl von Fällen handelt, ist aus Sicht des Anbieters zu beurteilen. Damit sind nur solche Leistungen erfasst, die von Unternehmern erbracht werden, also natürlichen oder juristischen Personen, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handeln (§ 14 Abs. 1 BGB).
- Es muss sich um ein Schuldverhältnis handeln, das typischerweise ohne Ansehen der Person und zu gleichen Bedingungen durchgeführt wird. Dies bestimmt sich ebenfalls nach einer typisierenden Betrachtungsweise. Es kommt also nicht darauf an, in welcher Weise ein konkreter Unternehmer das Geschäft vornimmt, sondern auf die Verkehrsanschauung. Werden dennoch Unterschiede nach einem der in § 1 AGG genannten Kriterien (allerdings mit Ausnahme von "Weltanschauung") gemacht, ist erst in einem zweiten Schritt die sachliche Rechtfertigung (§ 20 AGG) zu prüfen. Bereits vom Tatbestand ausgenommen sind Ungleichbehandlungen, zu denen der Unternehmer aufgrund anderer Gesetze verpflichtet ist, z. B. braucht die zwingende Beachtung von Jugendschutzvorschriften nicht als mögliche Diskriminierung aufgrund des Alters geprüft zu werden.
- Versicherungsverträge (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG).
- Bei sonstigen Schuldverhältnissen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 AGG fällt die Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder ethnischen Herkunft in den sachlichen Anwendungsbereich (§ 19 Abs. 2 AGG). Das betrifft vor allem den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG). Zu den Voraussetzungen im einzelnen:
- Mit Gütern und Dienstleistungen sind nicht nur Dienst- und Werkverträge gemeint (§§ 611 ff., 631 ff. BGB), sondern auch Geschäftsbesorgungs- und Mietverträge, Verträge über Finanzdienstleistungen etc. Dies entspricht dem Sprachgebrauch zu den europarechtlichen Freiheiten des Waren- und Dienstleistungsverkehrs (Art. 23 ff., 49 ff. EGV).
- Die Güter und Dienstleistungen (einschließlich Wohnraum) müssen der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Das ist der Fall, wenn ein Angebot zum Vertragsschluss durch Anzeigen in Tageszeitungen, Schaufensterauslagen, Veröffentlichung im Internet oder auf vergleichbare Weise bekannt gemacht wird. Es kommt nicht darauf an, wie groß die angesprochene Öffentlichkeit ist, sondern nur darauf, dass die Erklärung über die Privatsphäre des Anbieters hinaus gelangt (Gesetzesbegründung, S. 32). Nach der Gesetzesbegründung wäre also auch z. B. das Verkaufsangebot eines Privaten per Zeitungsinserat vom Anwendungsbereich erfasst. Es ist jedoch zweifelhaft, ob das Gesetz so weit gehen will: In der Literatur zu der umgesetzten Gleichbehandlungs-Richtlinie wird der Begriff "der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen" auf solche Angebote beschränkt, die ein Unternehmer erbringt und die mehrfach zur Verfügung stehen[4].
- Vermietung von Wohnraum (§ 19 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG). Ausnahme: Die Vermietung von Wohnraum zum nicht nur vorübergehenden Gebrauch ist in der Regel kein Geschäft nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG, wenn der Vermieter insgesamt nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet (§ 19 Abs. 5 S. 3 AGG).
- Ausgenommen vom Anwendungsbereich sind grundsätzlich solche Schuldverhältnisse, bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird (§ 19 Abs. 5 S. 1 AGG). Das betrifft insb. Mietverhältnisse, wenn die Parteien oder Angehörige Wohnraum auf demselben Grundstück nutzen (S. 2). Ausgenommen sind auch familien- und erbrechtliche Schuldverhältnisse (§ 19 Abs. 4 AGG); wegen der sachlichen Nähe ebenfalls von der Ausnahme erfasst sind Vereinbarungen, die eine Erbfolge vorweg nehmen (Gesetzesbegründung, S. 42).
Ungleichbehandlung
[Bearbeiten]Eine Diskriminierung liegt vor, wenn wegen eines Grundes nach § 1 AGG eine Benachteiligung oder Belästigung nach § 3 AGG vorgenommen wird.
§ 1 AGG verbietet Ungleichbehandlungen aus Gründen
- der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft,
- des Geschlechts,
- der Religion oder Weltanschauung,
- einer Behinderung,
- des Alters
- oder der sexuellen Identität.
Die verschiedenen Arten der Benachteiligung sind in § 3 AGG geregelt:
- Unmittelbare Benachteiligung (Abs. 1),
- mittelbare Benachteiligung (Abs. 2),
- Belästigung (Abs. 3),
- sexuelle Belästigung (Abs. 4),
- Anweisung zu einer Benachteiligung (Abs. 5).
Diese Begriffe sind jeweils legal definiert (Vorschriften bitte lesen).
Beweislast (§ 22 AGG): Der Kläger muss zunächst den vollen Beweis dafür führen, dass eine ihm ungünstige Behandlung vorliegt. Weiter muss er Vermutungstatsachen (Indizien) vortragen, aus denen sich schließen lässt, dass die Ungleichbehandlung auf einem unzulässigen Grund gem. § 1 AGG beruht. Dabei kommt es auf den konkreten Einzelfall an. Jedenfalls reichen "Behauptungen ins Blaue" nicht aus (Gesetzesbegründung, S. 47). Streitige Vermutungstatsachen muss der Kläger allerdings voll beweisen (vgl. im Einzelnen die Gesetzesbegründung, S. 47). Besteht demnach ein erster Anschein für eine Diskriminierung, kehrt sich die Beweislast um. Nun muss der Beklagte beweisen, dass der Schein trügt (wie übrigens auch in § 611a Abs. 1 S. 3 BGB). Das bedeutet, er muss einen vollen Gegenbeweis führen, um die Diskriminierung zu widerlegen (vgl. Gesetzesbegründung, S. 47: "Wenn er [der Kläger] aber dem ersten Anschein nach diskriminiert ist und auf Grund der spezifischen Situation kein wirksames Mittel hätte, um seine Rechte durchzusetzen, kehrt sich die Beweislast um"). Die Beweislast für Rechtfertigungsgründe trägt der Beklagte übrigens schon nach allgemeinem Grundsatz (s. u.).
Rechtfertigung
[Bearbeiten]Eine Ungleichbehandlung begründet keine Ansprüche, wenn sie im Einzelfall durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist (§ 20 Abs. 1 S. 1 AGG); liegen mehrere Gründe der Ungleichbehandlung vor, müssen alle gerechtfertigt sein (§ 4 AGG). Darüber hinaus können auch positive Maßnahmen zum Ausgleich bestehender Diskriminierungen rechtfertigend wirken (§ 5 AGG).
Für den sachlichen Grund gibt es eine Reihe von Regelbeispielen (Wortlaut "insbesondere"), die vorrangig vor der Generalklausel in § 20 Abs. 1 S. 1 AGG zu prüfen sind:
- Bei der Vermietung von Wohnraum ist eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig (§ 19 Abs. 3 AGG). Die Vorschrift ist in erheblichem Maß auslegungsbedürftig. Jedenfalls soll durch sie eine Unterrepräsentation bestimmter Gruppen nicht zu rechtfertigen sein (Gesetzesbegründung, S. 42).
- Gefahrenabwehr (§ 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AGG).
- Schutz der Intimsphäre oder persönlichen Sicherheit (§ 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AGG).
- Die Ungleichbehandlung gewährt besondere Vorteile und ein Interesse an der Durchsetzung der Gleichbehandlung fehlt (§ 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AGG). Gemeint sind Fälle, in denen Anbieter Rabatte für bestimmte Gruppen gewähren und dadurch Kunden an sich binden wollen. Bei Beseitigung der Ungleichbehandlung würde der Anbieter allerdings nicht mit einer Erstreckung der günstigen Konditionen auf alle reagieren, sondern mit dem Verzicht auf jegliche Vergünstigung. Dieser Effekt ist rechtspolitisch nicht gewollt (vgl. Gesetzesbegründung, S. 44).
- Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften dürfen unter Beachtung ihres jeweiligen Selbstverständnisses Personen ungleich behandeln (§ 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AGG). Der Handelnde muss jedoch im Einzelfall substantiiert darlegen, auf welchen für ihn zwingenden Glaubenssatz er sich beruft. Nur dann liegt ein rechtfertigender Gewissenskonflikt im Sinne von Art. 4 Abs. 1 GG vor (Gesetzesbegründung, S. 45).
- § 20 Abs. 2 AGG enthält eine Sonderregelung für Versicherungsverträge (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG). Eine geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung kann bei der Festlegung von Prämien und Leistungen gerechtfertigt sein, wenn sie versicherungsmathematisch kalkulierbar ist (§ 20 Abs. 2 S. 1 AGG); ausgenommen sind jedoch Kosten der Schwangerschaft und Mutterschaft (S. 2). Aufgrund risikoadäquater Kalkulation können Unterscheidungen wegen Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alters oder sexueller Identität zulässig sein (§ 20 Abs. 2 S. 3 AGG). Keinesfalls zulässig sind jedoch Differenzierungen aufgrund Rasse oder ethnischer Herkunft (Gesetzesbegründung, S. 45).
Regelmäßig keine Rechtfertigungen sind für Fälle der Belästigung oder sexuellen Belästigung denkbar (Gesetzesbegründung, S. 47).
Die Beweislast für das Vorliegen rechtfertigender Umstände trägt der Beklagte. Das ergibt sich schon aus dem allgemeinen Grundsatz der Beweislastverteilung (Rosenbergsche Formel: Jeder hat die tatsächlichen Voraussetzungen derjenigen Rechtsnormen zu beweisen, auf deren Rechtsfolgen er sich beruft.). Bei den Rechtfertigungsgründen handelt es sich um anspruchsvernichtende Gegennormen, deren Rechtsfolgen der Beklagten geltend machen und dementsprechend auch beweisen muss.
Die einzelnen Ansprüche und deren Voraussetzungen
[Bearbeiten]Die Ansprüche wegen verbotener Diskriminierung finden sich in § 21 AGG:
- Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung (§ 21 Abs. 1 S. 1 AGG).
- Drohen weitere Beeinträchtigungen, kann der Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (§ 21 Abs. 1 S. 2 AGG).
- Anspruch auf Schadensersatz (§ 21 Abs. 2 S. 1 AGG). Der Anspruch ist verschuldensabhängig. Das Verschulden des Schädigers wird jeweils vermutet, er muss sich also exkulpieren (§ 21 Abs. 1 S. 2 AGG; entspricht § 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Für immaterielle Schäden kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden (§ 21 Abs. 1 S. 3 AGG); hier gilt dasselbe wie bei § 253 Abs. 2 BGB. Die Stellung des Entschädigungsanspruches in Satz 3 nach der Verschuldensregel in Satz 2 des § 21 Abs. 1 AGG legt nahe, dass dieser verschuldensunabhängig sein könnte. Da dies bei mittelbaren Benachteiligungen unverhältnismäßig wäre, ist jedoch auch hier Verschulden vorauszusetzen.[5]
Problematisch ist die Frage des Kontrahierungszwangs[6].
- In Betracht kommt die Anwendung des § 21 Abs. 1 S. 1 AGG, denn die diskriminierende Weigerung, einen Vertrag zu schließen, kann nur auf diese Weise beseitigt werden (logisch notwendiger actus contrarius)[7]. Für diese Ansicht spricht ein Umkehrschluss aus § 15 Abs. 6 AGG, der nur für den Bereich Arbeitsrechts einen Kontrahierungszwang ausdrücklich ausschließt.
- Gegen diese Auffassung kann die Gesetzgebungsgeschichte sprechen: Der nicht zustande gekommene Vorgänger des AGG (das "Antidiskriminierungsgesetz", abgek. "ADG") sah folgende Regelung vor: "Im Fall einer Vertragsverweigerung kann der Benachteiligte den Abschluss eines Vertrages nur verlangen, wenn dieser ohne Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot erfolgt wäre. Die Leistung muss hinreichend bestimmt sein; die Gegenleistung ist im Zweifel nach § 315 Abs. 3 und § 316 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu ermitteln." (§ 22 Abs. 2 ADG-Entwurf). Auf eine entsprechende Regelung hat der Gesetzgeber im AGG gerade verzichtet.
Bejaht man grundsätzlich einen Anspruch auf Kontrahierung, sind im Einzelfall folgende Merkmale zu prüfen[8]:
- Vertragsverweigerung als Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot (§ 19 Abs. 1, 2 AGG). Es kommt eine vollständige oder partielle Vertragsverweigerung in Betracht. Als minus zum Vertragsschluss ist auch ein Anspruch auf Vertragsanpassung denkbar.
- Das Nichtzustandekommen des Vertrags muss kausal auf die Diskriminierung zurückzuführen sein. Hier ist zu beachten, dass nicht die Beweiserleichterung des § 22 AGG gilt, denn diese ist nur auf den Nachweis der Benachteiligung als solche anwendbar.
- Der angestrebte Vertrag muss hinreichend bestimmt sein (beachte § 145 BGB und prozessual § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
- Keine Unmöglichkeit gem. ► § 275 BGB.
Präklusionsfrist
[Bearbeiten]Ein Anspruch nach § 21 Abs. 1 oder 2 AGG muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend gemacht werden (§ 21 Abs. 5 S. 1 AGG). Der Anspruch muss also individualisierbar bei der Gegenseite angemeldet werden, d. h. eine entsprechende Erklärung innerhalb der Frist zugehen (§ 130 BGB). Schriftform ist nicht erforderlich, auch keine Klageerhebung innerhalb der Frist.
Nach Fristablauf kann der Anspruch nur noch geltend gemacht werden, wenn der Benachteiligte ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war (§ 21 Abs. 5 S. 2 AGG). Dies betrifft den Fall, dass der Benachteiligte erst nach Fristablauf von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat, ohne dass dies von ihm zu vertreten ist (Gesetzesbegründung, S. 47).
Weitere Rechtsfolgen einer Diskriminierung
[Bearbeiten]Auf eine Vereinbarung, die von dem Benachteiligungsverbot abweicht, kann sich der Benachteiligende nicht berufen (§ 21 Abs. 4 AGG). Die Vorschrift hat Vorrang vor § 139 BGB. Gegenseitige Rechtsgeschäfte bleiben im Übrigen also immer wirksam. Denn mit einer Rückabwicklung wäre dem Diskriminierten oftmals nicht geholfen (Gesetzesbegründung, S. 47). Anderes gilt für einseitige Geschäfte (z. B. eine diskriminierende Kündigung): Hier bleibt die allgemeine Regelung des § 134 BGB anwendbar, d. h. das Geschäft ist unwirksam (Gesetzesbegründung, S. 47). Es ist aber darauf hinzuweisen, dass Kündigungen von Arbeitsverträgen nach ganz h.M. nicht dem Anwendungsbereich des AGG unterliegen.
Anmerkungen
[Bearbeiten]- ↑ Schönfelder Nr. 34;Gesetzesentwurf mit Begründung (pdf-Datei).; Gesetzesbeschluss mit letzten Änderungen (pdf-Datei); Übersicht zur Entstehung mit Links zu weiteren Materialien.
- ↑ Die Richtlinie ist abgedruckt und kommentiert im Palandt als Anhang nach § 319 BGB und im BGB-Kommentar von Prütting/Wegen/Weinreich unter § 311.
- ↑ Siehe dazu Maier-Reimer, Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Zivilrechtsverkehr, NJW 2006, 2577; zum arbeitsrechtlichen Teil des ADG siehe Willemsen/Schweibert, Schutz der Beschäftigten im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, NJW 2006, 2583.
- ↑ Prütting/Wegen/Weinreich/Medicus, BGB, 2006, § 311 Rn. 22; Maier-Reimer, NJW 2006, 2577 (2580).
- ↑ Maier-Reimer, Das AGG im Zivilrechtsverkehr, NJW 2006, 2576 (2581 f.)
- ↑ Siehe dazu Thüsing/von Hoff, Vertragsschluss als Folgenbeseitigung: Kontrahierungszwang im zivilrechtlichen Teil des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, NJW 2007, 21 ff.
- ↑ So im Ergebnis Thüsing/von Hoff, NJW 2007, 21 (22, 26).
- ↑ Siehe Thüsing/von Hoff, NJW 2007, 21 (22 ff.).