Examensrepetitorium Jura: Strafprozessrecht: Grundlagen

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Rechtsquellen[Bearbeiten]

  • Wichtigste Rechtsquelle ist die Strafprozessordnung. Aufbau, Zusammensetzung und Zuständigkeit der Gerichte und den Aufbau der Staatsanwaltschaft bestimmen das Gerichtsverfassungsgesetz und dessen Einführungsgesetz
  • Verfassungsrecht, insbesondere Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 92 ff. GG und Art. 101, 103, 104
  • die Europäische Menschenrechtskonvention, insbesondere Art. 6 EMRK ("Fair Trial")
  • das Jugendgerichtsgesetz
  • das Strafgesetzbuch, insbesondere zu Verfolgungsvoraussetzungen und -hindernissen, §§ 77 ff. StGB

Hinzu kommen die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV),[1] die als Verwaltungsvorschrift für die Staatsanwaltschaft gilt.

Ziele des Strafverfahrens[Bearbeiten]

  • Wahrheitsfindung
  • Rechtsstaatlichkeit (prozessuale und materielle Gerechtigkeit)
  • Rechtsfrieden (inbesondere durch Eintritt von Rechtskraft)

Prozessmaximen[Bearbeiten]

Rechtsstaatsprinzip[Bearbeiten]

Hierunter fallen

  • das Recht auf den gesetzlichen Richter, Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG
  • das Recht des Beschuldigten, nicht als Objekt, sondern als Subjekt mit eigenen prozessualen Rechten am Verfahren beteiligt zu werden aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG
  • der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG
  • der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
  • die Verurteilung nur bei bewiesener Schuld

Offizialprinzip[Bearbeiten]

Nach der Offizialmaxime hat der Staat grundsätzlich das Monopol, öffentliche Anklage zu erheben, § 152 Abs. 1 StPO.

Durchbrochen wird dieser Grundsatz von der Privatklagedelikten nach § 374 Abs. 1, bei denen das private Interesse an der Strafverfolgung regelmäßig das öffentliche Interesse übersteigt.[2] Hier kann die Tat ohne Beteiligung der StA vom Verletzten selbst verfolgt werden. Die StA kann aber auch hier die Strafverfolgung an sich ziehen, indem sie das öffentliche Interesse daran bejaht, §§ 376, 377 Abs. 2 StPO.

Auch bei Antragsdelikten wird das Offizialprinzip eingeschränkt, wobei die StA bei den relativen Anklagedelikten ebenfalls durch Bejahrung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung das Verfahren übernehmen kann.

Auch Ermächtigungsdelikte (z.B. die Verunglimpfung des Bundespräsidenten nach § 90 Abs. 4 StGB) schränken das Offizialprinzip ein.

Akkusationsprinzip[Bearbeiten]

Nach § 151 StPO ist notwendige Voraussetzung des gerichtlichen Strafverfahrens die Erhebung der Anklage durch die StA, die dem Grund und dem Umfang nach (§§ 155, 264 StPO) die zu beurteilende Tat umgrenzt. Das Prinzip wird im historischen Kontext verständlich: Bis ins 19. Jahrhundert galt der Inquisitionsprozess bei dem Ankläger- und Richterrolle nicht scharf getrennt waren.[3] Staatsanwaltschaft und Strafgerichte sind heutzutage nach § 150 GVG hingegen voneinander unabhängig.

Legalitätsprinzip[Bearbeiten]

Nach dem Legalitätsprinzip[4] muss die StA bei Vorliegen eines Anfangsverdachts[5] die Ermittlungen aufnehmen (§ 152 Abs. 2) und, bei Bejahen eines hinreichenden Tatverdachts, Anklage erheben, § 170 Abs. 1 StPO.

Die Pflicht zum Tätigwerden gilt nach § 163 Abs. 1 S. 1 auch für die Polizei und im Übrigen auch für die Gerichte.[6]

Prozessual abgesichert wird das Legalitätsprinzip durch die Möglichkeit nach den §§ 172 ff. StPO ein Klageerzwingungsverfahren einzuleiten. Gleichzeitig können Verstöße gegen das Prinzip als Strafvereitelung im Amt nach § 258a StGB verfolgt werden.

Diverse Ausnahmen von diesem Grundsatz ergeben sich aus den Möglichkeiten der StPO, das Verfahren aus Opportunitätsgründen einzustellen, insbesondere nach den §§ 153 ff. StPO.

Ob das Legalitätsprinzip die StA an die höchstrichterliche Rechtsprechung bindet, ist umstritten.

Untersuchungsgrundsatz[Bearbeiten]

Nach dem auch Ermittlungsgrundsatz genannten Prinzip müssen StA, Polizei und Gericht anders als im Zivilprozess, der vom Parteivorbringen abhängt, von Amts wegen die Wahrheit erforschen. Für die StA ergibt sich das im Ermittlungsverfahren aus den §§ 152 Abs. 2 und 160 StPO, für die Polizei aus § 163 StPO und für das Gericht aus § 244 Abs. 2 StPO.[7]

Unmittelbarkeitsgrundsatz[Bearbeiten]

Der Unmittelbarkeitsgrundsatz besagt, dass das Gericht die Tatsachen, die für sein Urteil relevant sind, in der Hauptverhandlung selbst feststellen muss (§ 261 StPO). Folge ist u..a., dass die Verlesung der Protokolle früherer Vernehmungen grundsätzlich nicht die Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung ersetzen kann, §250 StPO.

Mündlichkeitsprinzip[Bearbeiten]

Der Mündlichkeitsgrundsatz besagt, dass nur der in der Hauptverhandlung mündlich vorgetragene und erörterte Prozessstoff dem Urteil zugrunde gelegt werden darf.[8] Er ist in den §§ 261 ("aus dem Inbegriff der Verhandlung") und 264 ("wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt") verankert.

Freie richterliche Beweiswürdigung[Bearbeiten]

in dubio pro reo[Bearbeiten]

Der Grundsatz, dass im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden ist, betrifft Tatsachen, die für die Schuld- und Straffrage relevant sind. Er greift hingegen nicht bei der Interpretation von Gesetzen. Nach der Rechtsprechung muss die Frage, ob der Grundsatz auf Prozessvoraussetzungen anwendbar ist, für jede Voraussetzung gesondert bestimmt werden. Bejaht wurde die Anwendbarkeit auf die Verjährung, die Verhandlungsgfähigkeit und den Strafklageverbrauch.[9]

Öffentlichkeitsgrundsatz[Bearbeiten]

Beschleunigungsgrundsatz[Bearbeiten]

nemo tenetur[Bearbeiten]

fair trial[Bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. abgedruckt z.B. bei Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014
  2. Kindhäuser, StPO, 3. Aufl. 2013 § 4 Rn. 13
  3. Kindhäuser, StPO, 3. Aufl. 2013 § 4 Rn. 16
  4. siehe hierzu Pommer, JURA 2007, 662
  5. Ein Anfangsverdacht liegt vor, wenn konkrete tatsächiche Anhaltspunkte das Vorliegen einer verfolgbaren Straftat nach der kriminalistischen Erfahrung möglich erscheinen lassen
  6. Kindhäuser, StPO, 3. Aufl. 2013 § 4 Rn. 18
  7. Kindhäuser, StPO, 3. Aufl. 2013 § 4 Rn. 22, 23
  8. BGH NStZ 1990, 229
  9. Engländer, Examens-Repetitorium Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2010 Rn. 25