Gitarre: Der erweiterte Quintenzirkel

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Dem einfachen Quintenzirkel ist bereits ein eigenes Kapitel gewidmet. Der erweiterte Umfang der harmonischen Möglichkeiten durch die Kirchentonleitern macht allerdings auch einen erweiterten Quintenzirkel erforderlich.

Bei der einfachen Form des Quintenzirkels werden nur die Akkordzusammenhänge der beiden Modi Ionisch und Äolisch behandelt. Um auch die Zusammenhänge für die restlichen fünf Modi, nämlich Dorisch, Phrygisch, Lydisch, Mixolydisch, und Lokrisch darstellen zu können, bedarf es eines erweiterten Quintenzirkels.

Da ein echter Quintenzirkel in Kreisform den Zweck der Übersichtlichkeit nicht mehr erfüllen kann, wurde hier die rein tabellarische Form gewählt. Der Lehrinhalt dieser Tabelle ist zwar nicht so einschneidend wie der einfache Quintenzirkel, jedoch erläutert er die wichtigsten Zusammenhänge zwischen den sieben verschiedenen Modi.


Natürlich wäre es auch möglich, alles in einer Kreisform darzustellen, wo man mit dem einfachen Quintenzirkel auskommt.

Jedoch bräuchte man mehrere Scheiben, die man übereinander klebt:

  1. Eine Scheibe für die Töne,
  2. Eine Scheibe für die Intervalle.
  3. Eine Begrenzungsscheibe für die Modi in Abhängigkeit der Intervalle
  4. die Modi-Scheibe enthält die wichtigsten Akkord-Intervalle und
  5. die wichtigsten Zwischendominanten

Doch für das erste Lernen genügt auch eine Tabelle.

Schematische Zusammenstellung[Bearbeiten]

Die nachfolgende Tabelle ist eine Art Spicker, der die wichtigsten häufig gemeinsam auftretenden Zusammenhänge gegenüberstellt. Jedoch dient dieses nur der groben Übersicht. Im Detail gibt es viele Ausnahmen.

Als Bezugspunkt für Vergleiche wird jeweils die Dur-Tonleiter herangezogen. Als Vergleichstonart wird die Tonart C-Dur bevorzugt, da man bei dieser die Vorzeichen nicht beachten muss.

Erklärungen zu den nachfolgenden Tabellen
Intervalle in den Klammern sind optional
1,2,3,4,5,6,j7 = großer Intervall;
b, 7 (!) = kleiner Intervall (3b = Moll ! ) ;
Tritonus = #4 (übermäßige Quarte) bzw. b5 (verminderte Quinte)
Was zu Verwirrung führen kann: Vorzeichen hier bei den Intervallbezeichnungen sagen nichts über die tatsächlichen Vorzeichen aus. Ein "b" besagt lediglich, das der Intervall im Vergleich mit einer Dur-Tonleiter um einen Halbton tiefer ist. Bei einem "#" entsprechend um einen Halbton höher.
ausgehend von einer Dur-Tonleiter   Vergleichstonart = C-Dur
Tonstufen Intervall Funktion Modus bzw. Kirchen-tonart Grund-Akkord Septim-Akkorde Jazzakkorde        Intervalle des Akkordes bzw. des Modus
I = 1 (8) Prime (Oktave) Tonika ionisch C-Dur Cj7 Cj7/9(/11(/13)) 1/2/3/4/5/6/j7
II = 2 (9) Sekunde (None) Subdominanten-Parallele dorisch D-Moll Dm7 Dm7/b9(/11(/13)) 1/2/b3/4/5/6/7
III = 3 (10) Terz (Dezime) Dominanten-Parallele phrygisch E-Moll Em7 Em7/b9(/11(/b13)) 1/b2b/3/4/5/b6/7
IV = 4 (11) Quarte (Undezime) Subdominante lydisch F-Dur Fj7 Fj7/9(/#11(/13)) 1/2/3/#4/5/6/j7
V = 5 (12) Quinte (Duodezime) Dominante mixolydisch G-Dur G7 G7/9(/11(/13)) 1/2/3/4/5/6/7
VI = 6 (13) Sexte (Tredezime ) Tonika-Parallele äolisch A-Moll Am7 Am7/9(/11(/b13)) 1/2/b3/4/5/b6/7
VII = 7 (14) Septime (Quartdezime) (verminderter Septakkord oder verkürzter Dom. Septakkord ) lokrisch Hm/5b bzw. h0 bzw. Hdim Hm7/b5 Hm7/b5/b9(/11(/b13)) 1/b2/b3/4/b5/b6/7

zu verkürzter Dom. Septakkord: ein verminderter m7b5 kann als ein 7/9er ohne Grundton umgedeutet werden. Hm7b5 = G7/9 ohne Grundton bzw. G7/9/H.

Alle Intervalle in einer diatonischen Tonleiter[Bearbeiten]

Für die nachfolgende Tabelle sollte man sich zuerst einmal die Frage stellen, was für Intervalle überhaupt mit den Tönen der C-Dur-Tonleiter möglich sind. Aus den möglichen und unmöglichen Intervallen kann man Rückschlüsse ziehen, die man später für Kirchentonarten, Modi, Improvisationsskalen, und der Funktionsharmonie gebrauchen kann.

Es werden folgende Abkürzungen verwendet:
Prime = 1; kl. Sekunde = 2b; gr. Sekunde = 2; kl. Terz = 3b; gr. Terz = 3
Quarte = 4; überm. Quarte = 4#; verm. Quinte = 5b; Quinte = 5; kl. Sexte 6b
gr. Sexte = 6; kl. Septim = 7b; gr. Septim = j7; Oktave = 8

Diese Tabelle enthält alle Intervalle (jeweils aufwärts) die mit dem Tonvorrat einer C-Dur-Tonleiter möglich sind. Es kann jedoch nur empfohlen werden, sich einmal solch eine Tabelle selbst zu erstellen. Bei einem kurzen Überfliegen der Tabelle bleiben die "Aha"-Effekte aus.

Stufe 1 2b 2 3b 3 4 4#
5b
5 6b 6 7b j7 8 Akkord Modus Funktion
1 C   D   E F   G   A   H C C(j7) ionisch Tonika
2 D   E F   G   A   H C   D Dm(7) dorisch Subdominantenparallele
3 E F   G   A   H C   D   E Em(7) phrygisch Dominantenparallele
4 F   G   A   H C   D   E F F(j7) lydisch Subdominante
5 G   A   H C   D   E F   G G7 mixolydisch Dominante
6 A   H C   D   E F   G   A Am7 äolisch Tonikaparallele
7 H C   D   E F   G   A   H Hm(7)/5b lokrisch verkürzter Dominantseptakkord

Der "Fachmann" bevorzugt eine andere Anordnung der einzelnen Spalten. Eine bessere Interpretation der Intervalle erhält man nämlich, wenn man den Abstand von einer Stufe zur andern in Quinten anordnet. Wenn man einmal jede Spalte der beiden Tabellen vergleicht, sieht man sehr schnell, dass alle Intervalle bei der "Quinten-Tabelle" im Gegensatz zu der Tonleitertabelle besser angeordnet sind. Allein bei den Akkorden fällt auf, dass alle Dur-Akkorde oben, und alle Moll-Akkorde unten sind. Und mit etwas mehr Erfahrung mit dem Quintenzirkel werden einem noch viele andere Augenfälligkeiten auffallen.

Wenn man sich die Tabelle oben einmal selbst erstellt hat, sollte man sich einmal die Mühe machen, die einzelnen Spalten auszuschneiden, und dann so anzuordnen, dass bei den einzelnen Intervallen von einer Spalte zur nächsten Spalte möglichst wenige Unterschiede entstehen.

Stufe 1 2b 2 3b 3 4 4#
5b
5 6b 6 7b j7 8 Akkord Modus Funktion
4 F   G   A   H C   D   E F F(j7) lydisch Subdominante
1 C   D   E F   G   A   H C C(j7) ionisch Tonika
5 G   A   H C   D   E F   G G7 mixolydisch Dominante
2 D   E F   G   A   H C   D Dm(7) dorisch Subdominantenparallele
6 A   H C   D   E F   G   A Am7 äolisch Tonikaparallele
3 E F   G   A   H C   D   E Em(7) prygisch Dominantenparallele
7 H C   D   E F   G   A   H Hm(7)/5b lokrisch Verminderter Septakkord

Zu Verminderter Septakkord: Dies ist eine andere Bezeichnung für den verkürzten Dominantseptakkord. Er wird manchmal auch mit "dim" bzw. dim7 abgekürzt. z.B. Hdim7 anstelle von Hm7b5

bezogen auf einen Akkord bzw. Grundton[Bearbeiten]

Die oberen beiden Tabellen haben immer nur eine bestimmte Tonart betrachtet. Dabei ist jeweils von einer Dur-Tonleiter ausgegangen. Dieses ist insbesondere bei den Funktionen zu beachten. In der klassischen Musiktheorie werden die Begriffe Tonika - Subdominante - Dominante teilweise etwas anders verwendet. So sind bei Molltonleitern z.B. die Mollakkorde die Tonika - Subdominante und Dominante, und die Dur-Akkorde sind dann die Parallelen. Jedoch führt diese Betrachtung gerade für den Lernenden zu mehr Verwirrung, als das es Klärung schaft. Für den allgemeinen Hausgebrauch ist die obere Gegenüberstellung mehr als ausreichend. Nur Musikstudenten müssen im Hinterkopf behalten, dass dieses eine verkürzte und vereinfachte Darstellung ist. Die übrigen können sich mit dem Zusatz begnügen "ausgehend von der zugrundeliegenden Dur-Tonleiter".

Sobald einem die Zusammenhänge einmal klar geworden sind, und man die Fachbegriffe auch mit Inhalt füllen kann, (Hörerfahrung und Spielpraxis) dann kann man einmal versuchen, alle Zusammenhänge auf einen einzigen Grundton zu beziehen. Man betrachtet dann nicht mehr die gesamte Tonleiter, sondern nur einen einzelnen Akkord (oder alle Kirchentonarten jeweils mit dem selben Grundton. Als Beispiel wird hier wieder der Grundton "C" gewählt. Das Besondere bei C-Akkorden ist, dass die Intervallbezeichnungen mit den tatsächlichen Vorzeichen zusammenfallen.

Bei der Tabelle gehen wir noch einen Schritt weiter, und ordnen nicht nur die Stufen, sondern auch die Intervalle in der Reihenfolge des Quintenzirkels an.

Stufe 5b 2b 6b 3b 7b 4 1 5 2 6 3 7 4# Tonge-
schlecht
Septim-
Akkord
Optionstöne Stufe Funktionen Dur-Tonart

Modi bzw. Impro-
visationsskala

Intervalle des Modus
bzw. der Funktion
    9b 13b m 7 11     9 13   j7 11#         (Akkorde)   (Melodie)  
4   C G D A E H F#  Dur Cj7 9 11# 13 IV Subdominante von G-Dur lydisch 1  2 3 4# 5 6 j7
1             F C G D A E H   Dur Cj7 9 11 13 I Tonika von C-Dur ionisch 1  2 3 4 5 6 j7
5         Bb F C G D A E     Dur C7 9 11 13 V Dominante von F-Dur mixolydisch 1  2 3 4 5 6 7
2       Eb Bb F C G D A        Moll Cm7 9 11 13 II Subdominanten-
parallele
von Bb-Dur dorisch 1  2 3b 4 5 6 7
6     Ab Eb Bb F C G         Moll Cm7 9 11 13b VI Tonika-
parallele
von Eb-Dur äolisch 1  2 3b 4 5 6b 7
3   Db Ab Eb Bb F C           Moll Cm7 9b 11 13b III Dominanten-
parallele
von Ab-Dur phrygisch 1  2b 3b 4 5 6b 7
7 Gb Db Ab Eb Bb F C             Vermindert Cm7b5 9b 11 13b VII verm.Dom.-
Septakkord
von Db-Dur locrisch 1  2b 3b 4 5b 6b 7

Die Intervalle oben beziehen sich immer auf den Grundton eines Akkordes, oder einer Kirchentonart in einer Zeile. Die Stufen geben an, auf welcher Stufe der zugrundeliegenden Dur-Tonart, der dargestellte Akkord üblicherweise steht.

Beispiel 1

Ein Cm7b9 ist ein Mollakkord, der üblicherweise auf der dritten Stufe einer Dur-Tonleiter steht. Es ist die Dominantenparallele von Ab-Dur, über die phrygisch improvisiert wird. Achte beim Improvisieren darauf, das es gegenüber einer normalen Molltonleiter eine kleine Sekunde (2b in rot) hat. Der markante Intervall eines Akkordes auf dieser Stufe (in diesem Modus) ist die kleine Sekunde bzw. die kleine None (9b ebenfalls Rot). Die Töne dieses Modus sind C Db Eb F G Ab Bb C. (Die Töne aus dem Quintenzirkel wurden einfach wieder in die richtige Reihenfolge gebracht.)

Beispiel 2

In einem Jazz-Akkord soll C-Dorisch gespielt werden. Dorisch entspricht der zweiten Stufe einer Dur-Tonleiter. Als Akkord erwartet man dort einen Moll-Akkord, bei dessen Optionstönen auch mal eine große Sexte vorkommen kann. Dieses ist typisch für eine Subdominantenparallele. Da C der zweite Ton der Bb-Dur-Tonleiter ist (II) kann man über den Cm7(13) mit den Tönen der Bb-Dur-Tonleiter improvisieren, damit das Ganze dorisch klingt. Die Töne dazu sind C D Eb F G A Bb C. Acht beim Improvisieren, dass du die große Sexte gezielt einsetzt, um den Charakter dieses Modus herauszuheben.

Diese Tabelle dient zur Vertiefung dessen, was man bei der Harmonielehre aufgeschnappt hat. Das heißt, man muss schon etwas mit den einzelnen hier aufgeführten Begriffen anfangen können. Diese Tabelle bringt vieles was einzeln verstreut ist unter einen Hut, und setzt dieses in einen immer wiederkehrenden Zusammenhang. Sobald man die Zusammenhänge kennt, dann braucht man vieles nicht mehr durch Versuch und Irrtum zu ermitteln, sondern kann vom Erfahrungsschatz der Musiker profitieren, die es geschafft haben, ihren Höreindruck in vermittelbare Worte zu fassen.

Exkurs: Intervalle[Bearbeiten]

Die Abstände von den einzelnen Tönen zueinander werden Intervalle genannt. Jedoch muss man beachten, dass die Abstände nicht in Schritten, sondern in Stufen angegeben werden. Der Ton, von dem aus ein Abstand ermittelt werden soll, steht immer auf der ersten Stufe und muss demnach als 1 mitgezählt werden. Gezählt werden praktisch nur die Buchstaben. Die Vorzeichen haben vorerst eine untergeordnete Rolle. z. B. Von C nach G ist eine Quinte (frei übersetzt: Fünftonschritt). Von C nach Gb ist auch eine Quinte und von Cb nach G ist eine Quinte. Es werden immer 5 Buchstaben benötigt: C D E F G. Für die Benennung des Intervalls ist es ganz praktisch, zuerst einmal den Vorzeichen, die auch immer dabei stehen mögen, keine Beachtung zu schenken..

Die Prime bzw. die Oktave taucht (üblicherweise) immer rein auf. Sekunden, Terzen, Sexten und Septimen können entweder als große oder aber als kleine Intervalle auftreten.

Die Quinte und die Quarte werden im allgemeinen auch als reine Intervalle bezeichnet.

Jedoch gibt es auch bei Quarten, Quinten und Oktaven Ausnahmen (hier in der Tabelle sind es nur zwei, aber es gibt noch mehr). Diese "besonderen" Intervalle werden aber im Gegensatz zu den übrigen Intervallen nicht "groß" und "klein", sondern "übermäßig" und "vermindert" bezeichnet.



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