Grundlagen der Ernährung/ Kohlenhydrate
Überblick
[Bearbeiten]Kohlenhydrate sind die grundlegenden Bestandteile von Pflanzen. Fast alle Teile von Pflanzen bestehen aus Kohlenhydraten, z.B. Blätter, Grashalme und Baumrinde.
Diese Bausteine der Pflanzen werden durch Photosynthese gebildet. Sie entstehen aus der Reaktion von Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasser. Daraus leitet sich auch der Name Kohlenhydrate ab.
Das Produkt der Photosynthese ist Traubenzucker. Er ist der elementare Zucker unter den Kohlenhydraten und kann von Lebewesen sehr einfach in Energie umgewandelt werden. Praktisch jede Körperzelle kann Traubenzucker direkt in Energie umwandeln und damit für ihren eigenen Bedarf verwenden.
Unterteilung
[Bearbeiten]Es gibt viele Arten von Kohlenhydraten, von denen nur ein Teil für die menschliche Ernährung relevant ist. Prinzipiell unterscheidet man drei große Klassen:
- Einfachzucker (Monosaccharide)
- Zweifachzucker (Disaccharide)
- Mehrfachzucker (Polysaccharide)
Während Einfachzucker die elementaren Bestandteile der Kohlenhydrate sind, sind Zweifach- und Mehrfachzucker Kombinationen aus Einfachzuckern. Die Einfach- und Zweifachzucker werden unter dem Begriff Einfache Kohlenhydrate zusammengefasst, die Mehrfachzucker unter dem Begriff Komplexe Kohlenhydrate.
Einfachzucker
[Bearbeiten]Es gibt drei Einfachzucker:
- Glucose (Traubenzucker)
- Fructose (Fruchtzucker)
- Galactose
Im Nachfolgenden werden für die drei Einfachzucker bei Bedarf die Abkürzungen T (Traubenzucker), F (Fruchtzucker) und G (Galactose) verwenden.
Für die Ernährung sind hauptsächlich Traubenzucker und Fruchtzucker von Bedeutung.
Glucose (Traubenzucker): Tritt allein eher seltener auf, ist jedoch eine wichtige Grundlage für Zweifach- und Mehrfachzucker.
Fructose (Fruchtzucker): Tritt in der Natur nur selten auf. Er findet sich bspw. in reifem Obst oder im Bienenhonig. Im Gegensatz zum Traubenzucker hat er einen markant süßen Geschmack.
Galactose (Schleimzucker): Kommt bspw. in der Muttermilch vor und dient hier der Ernährung von Säuglingen.
Die drei Einfachzucker bilden die Grundlage für weitere, komplexere Kohlenhydrate. Das Verdauungssystem des Menschen kann jedoch immer nur Einfachzucker verarbeiten. Komplexere Kohlenhydrate werden daher im Verdauungsprozess zunächst durch Enzyme in Einfachzucker aufgespalten, ehe sie dann aufgenommen und verwertet werden. Dabei werden die drei Zucker unterschiedlich vom Verdauungssystem verarbeitet.
Zweifachzucker
[Bearbeiten]Zweifachzucker sind Kombinationen aus zwei Einfachzuckern. Für die Ernährung spielen vor allem folgende Zweifachzucker eine Rolle:
- Sukrose (Saccharose): Traubenzucker + Fruchtzucker
- Laktose (Milchzucker): Fruchtzucker + Galactose
- Maltose (Malzzucker): Traubenzucker + Traubenzucker
Sukrose ist der uns zum Süßen von Speisen bekannte Haushaltszucker, der auch als Rohrzucker, Rübenzucker oder schlicht "Zucker" bezeichnet wird.
Laktose ist der in der Kuhmilch enthaltene Milchzucker.
Maltose entsteht beim Mälzen (Bierherstellung) und wird bei der Gärung zu Alkohol umgewandelt.
Mehrfachzucker
[Bearbeiten]Kohlenhydrate, die aus wenigstens drei Einfachzuckern zusammengesetzt sind, heißen Mehrfachzucker. Sie können sehr lange, komplexe Ketten mit mehreren hunderttausend Molekülen bilden. Je länger die Ketten werden, umso schwieriger sind sie in der Regel für den Menschen zu verdauen. Anders als bei pflanzenfressenden Säugetieren ist das Verdauungssystem des Menschen nicht auf die Zerlegung solch komplexer chemischer Verbindungen ausgelegt.
Stärke ist ein Mehrfachzucker, der aus längeren Traubenzuckerketten der Form T-T-T-T-...-T besteht und vom Menschen gut verdauut werden kann. Dazu wird die Kette in ihre einzelnen Traubenzuckerbestandteile zerlegt, bis nur noch einzelne Traubenzucker-Moleküle übrig sind, die dann problemlos im Darm aufgenommen werden können.
Was ist Stärke?
Stärke kommt v.a. in Samen, Wurzeln oder Knollen von Pflanzen vor. Die Stärke dient der Pflanze als leicht aufspaltbare Energiequelle. Vereinfacht gesehen kann man es als einen Energievorrat der Pflanze ansehen, den diese bei sich lagert. Während der Mensch die komplexen Kohlenhydrate wie Blätter, Stängel, Rinde, Wurzel etc. nicht verdauuen kann, kann er die leicht aufspaltbare Stärke als Nahrungsquelle nutzen.
Stärke kommt z.B. in folgenden Pflanzenteilen vor:
- In Hülsenfrüchten (z.B. Bohnen, Linsen, Erbsen)
- In Getreide (z.B. Weizen, Reis, Mais)
- In Knollen (z.B. Kartoffel)
Stärke ist oft in Ballaststoffen eingeschlossen. Wie schon im Einleitungsteil beschrieben sind Ballaststoff für den Menschen nicht verwertbare Bestandteile der pflanzlichen Nahrung. Sie haben jedoch eine Reihe von positiven Eigenschaften für die Verdauung, so dass sie trotzdem ein wichtiger Bestandteil der Ernährung sind:
- Sie verlangsamen die Verdauung der Kohlenhydrate, da die Stärke zunächst aus den Ballaststoffen extrahiert werden muss.
- Dies führt dazu, dass der Traubenzucker im Darm langsamer bzw. gleichmäßig ins Blut gelangt.
- Damit steigt der Insulinspiegel nicht so stark an.
In der modernen Ernährung wird Stärke heute teilweise bewusst, teilweise als Nebeneffekt entfernt. So ist in Weißmehl-Produkten, wo nur das Innere des Getreidekorns für den weiteren Prozess verarbeitet wird, weniger Stärke enthalten. Dasselbe gilt bspw. für geschälten Reis oder geschälte Kartoffeln.
Zum Begriff Zucker
[Bearbeiten]Definitionen und Abgrenzung
[Bearbeiten]Der Begriff "Zucker" wird in der Alltagssprache unterschiedlich (und oft ungenau) verwendet. Aus Ernährungssicht hat er zwei Bedeutungen, die klar voneinander abzugrenzen sind.
- In der Alltagssprache meint man den zum Süßen verwendeten Haushaltszucker (Kristallzucker). Hier ist der Begriff einfach die umgangssprachliche Bezeichnung für Sukrose bzw. Saccharose.
- In der Ernährungswissenschaft bezeichnet Zucker die kurzkettigen Kohlenhydrate, d.h., die Einfach- und Zweifachzucker. Er ist damit ein Sammelbegriff für jene Zucker und umfasst deutlich mehr als nur den Haushaltszucker.
Manchmal wird Zucker im ungenauen Sprachgebrauch auch komplett mit dem Begriff Kohlenhydrat gleichgesetzt. In diesem Buch bezieht sich der Begriff stets auf die 2. Definition (d.h. Zucker bezeichnet die Menge der Einfach- und Zweifachzucker).
Süßkraft
[Bearbeiten]Mit Zucker wird oft sein süßer Geschmack assoziiert. Die einzelnen Zucker unterscheiden sich jedoch z.T. deutlich in ihrer sog. Süßkraft. Dies ist ein subjektives Maß zur Definition der Süßheit von Kohlenhydraten. Das Maß ist relativ zum Kristallzucker (Sukrose), dem ein Wert von 1 zugewiesen ist. Darauf aufbauend wurden andere Zuckerarten entsprechend bewertet. Für Traubenzucker ergibt sich ein Wert von etwa 0,5 bis 0,8, für Fruchtzucker ein Wert von 1 bis 1,8 und für Milchzucker ein relativ geringer Wert von 0,3. Nicht jeder Zucker weist damit einen süßen Geschmack auf.
Bedeutung in Inhaltsangaben
[Bearbeiten]Auf Lebensmitteln findet man oft Angaben der Art "100 Gramm enthalten 12,4 g Kohlenhydrate (davon 10,5 g Zucker)." Hier beziehen sich die 10,5 g auf die oben beschriebene Gruppe der Einfach- und Zweifachzucker. Die resultierende Differenz von 1,9 g bezieht sich dann auf langkettige Zucker, bspw. Stärke.
Wie im Einführungsteil bereits beschrieben, zählen die in Lebensmittelangaben aufgezählten Ballaststoffe für gewöhnlich nicht zu den Kohlenhydraten und werden daher, falls vorhanden, extra aufgeführt.
Verdauung und Verwertung
[Bearbeiten]Überblick
[Bearbeiten]Das menschliche Verdauungssystem kann nur Einfachzucker aufnehmen. Dafür befinden sich im Darm Enzyme, die Zweifach- und Mehrfachzucker zunächst in ihre Bestandteile aufspalten. So spaltet z.B. das Enzym Laktase den Zweifachzucker Laktose in seine Bestandteile Galaktose und Glucose auf.
Die Einfachzucker gelangen dann vom Darm in den Blutkreislauf, wo sie entweder direkt an den Zellen verwertet werden (Glucose) oder zur Leber gelangen und dort verwendet oder umgeformt werden (Fructose und Galactose).
Verarbeitung von Traubenzucker
[Bearbeiten]Den größten Teil der Kohlenhydrate nimmt der Mensch für gewöhnlich als Stärke, also als lange Traubenzuckerketten auf. Die Verdauung und Verarbeitung läuft grob wie folgt ab:
- Enzyme spalten im Dünndarm Stärke in Traubenzucker auf.
- Der Traubenzucker gelangen dann über die Darmwand direkt ins Blut.
- Die Anreicherung von Traubenzucker im Blut führt zur Ausschüttung von Insulin.
- Der Insulinspiegel im Blut steigt an. Insulin ist ein Botenstoff, der den Zellen signalisiert, den Traubenzucker aufzunehmen.
- Nachdem die Zellen den Traubenzucker aufgenommen haben sinkt der Insulinspiegel wieder.
Zellen können Traubenzucker an sich nicht speichern. Sie haben jedoch zwei Möglichkeiten für die Verwendung von Traubenzucker:
- Sie können den Traubenzucker direkt zur eigenen Energieverbrennung verwenden (z.B. Muskelzellen).
- Sie können ihn in Glykogen umwandeln und als Energievorrat einlagern.
Das Thema Glykogen wird im Anschluss noch näher thematisiert.
Verarbeitung von Fruchtzucker
[Bearbeiten]Fruchtzucker kann nur in der Leber verwertet werden. Es gibt drei Möglichkeiten, was die Leber mit den Fruchtzucker machen kann:
- Verwendung für den eigenen Energiebedarf.
- Umwandlung des Fruchtzuckers in Traubenzucker und entsprechende Abgabe ans Blut.
- Umwandlung der Energie in Fett falls kein Bedarf an Traubenzucker existiert.
Hoher Verzehr von Fruchtzucker kann damit zur Leberverfettung (sog. Fettleber) führen.
- Wenn zu viele Kohlenhydrate und insbesondere Fruchtzucker aufgenommen wird, ist die Leber mit deren Verarbeitung überlastet.
- Sie muss den Fruchtzucker permanent in Fett umwandeln und einlagern.
- Eine Fettleber ist ein wesentlicher Faktor für eine Insulinresistenz.
Bei einer Insulinresistenz reagieren die Zellen weniger empfindlich auf Insulin. Die Zellen lagern Traubenzucker dann nur noch verzögert oder im Extremfall gar nicht mehr ein und er verbleibt längere Zeit im Blut.
Die Folgen können dann dramatisch sein:
- Die Bauchspeicheldrüse produziert immer mehr Insulin, um die Traubenzuckeraufnahme anzutreiben.
- Der Insulinspiegel im Blut erhöht sich, bis schließlich eine Aufnahme des Traubenzuckers durch die Zellen stattfindet.
- Dieser Prozess belastet die Bauchspeicheldrüse langfristig und kann zu deren Versagen führen.
- Im schlimmsten Fall wird dann kein Insulin mehr produziert.
Verarbeitung von Galaktose
[Bearbeiten]So wie Fructose kann auch Galactose nicht direkt zur Energiegewinnung verwendet werden. Die Leber kann sie jedoch recht leicht mittels dreier Enzyme in Traubenzucker umwandeln. Dieser steht dann wie herkömmlicher Traubenzucker zur Energieversorgung der Zellen bereit.
Glykogen
[Bearbeiten]Zellen können den Traubenzucker im Blut an sich nicht speichern. Sie können ihn lediglich unmittelbar für ihre eigene Energieversorgung nutzen. Ist der Energiebedarf gedeckt, so können sie den Traubenzucker in Glykogen umwandeln und in der Zelle einlagern.
Das Ganze funktioniert wie folgt:
- Der einfache Traubenzucker wird jetzt wieder in ein langkettiges Kohlenhydrat umgewandelt, das sog. Glykogen.
- Dieses wird unter Zuhilfenahme von Wasser in die Glykogenspeicher der Zellen eingelagert.
- Zu einem späteren Zeitpunkt kann die Zelle, bei Energiebedarf, das Glykogen wieder relativ leicht in Traubenzucker aufspalten und verwenden.
Die Glykogenspeicher sind damit eine günstige und effiziente Energiequelle zwischen Mahlzeiten, wenn kein Traubenzucker im Blut ist.
Der menschliche Körper besitzt zwei Glykogenspeicher:
- Rund ein Drittel des Glykogens wird in der Leber gespeichert (Leberglykogen).
- Zwei Drittel werden in den Skelettmuskeln gespeichert (in Muskelzellen).
Das Leberglykogen dient der Versorgung essentieller Teile des Körpers mit Traubenzucker, z.B. des Gehirns. Es dient außerdem zur Regulierung des Blutzuckerhaushalts, da die Leber ggf. Glykogen aus ihrem Speicher in Traubenzucker umwandelt und ans Blut abgibt, falls der Blutzuckerspiegel zu gering sein sollte. Somit sorgt Glykogen auch für einen ausgeglichenen Blutzuckerspiegel zwischen den Mahlzeiten.
Das in den Muskelzellen gespeicherte Glykogen dient hingegen ausschließlich dem Eigenbedarf der Zelle. Liegt zu wenig Traubenzucker im Blut vor, so kann die Muskelzelle über ihre Glykogenspeicher sich selbst weiter versorgen.
Die Glykogenspeicher des Menschen sind jedoch stark begrenzt. Der Glykogenvorrat reicht für rund einen Tag bei normaler körperlicher Aktivität. Im Hochleistungssport reicht er u.U. nur für 1 bis 2 Stunden. Auf Grund des hohen Kohlenhydratanteils in unserer Ernährung sowie dem hohen Grad an Überernährung in unserer Gesellschaft werden die meisten Menschen gut gefüllte (bzw. maximal gefüllte) Glykogenspeicher besitzen. Sind die Glykogenspeicher gefüllt und befindet sich mehr Traubenzucker im Blut als für die gegenwärtige Energieversorgung benötigt wird, wandelt die Leber den überschüssigen Traubenzucker in Fett um und lagert es als Langzeitenergievorrat in den Fettzellen ein.
Das Einlagern des Glykogens geschieht mithilfe größerer Mengen an Wasser. Gut gefüllte Glykogenspeicher benötigen für die Einlagerung rund 1 bis 2 Liter Wasser. Werden die Glykogenspeicher geleert, so kommt es zur Wasserausscheidung. Diese rund 1 bis 2 Liter Wasserverlust spiegeln sich automatisch auch im Gewichtsverlust wider und erklären den oft anfänglichen (jedoch überbewerteten) Erfolge von Low-Carb-Diäten.