Himmelsgesetze der Bewegung/ Bezugssysteme

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Bezugssysteme und Weltbilder[Bearbeiten]

Das erste Weltbild der Menschen war anscheinend die Erde als Scheibe. Später ist die Idee der Erde als Kugel im Zentrum des Universums vorgekommen. Danach wurde das heliozentrisches System entwickelt. Alle diese Vorstellungen über die Welt haben etwas gemeinsames: einen absoluten Raum. Wenn die Erde eine Scheibe ist, kann ich denken, dass, wenn ich laufe, ich im Bezug auf die Erde laufe. Die Erde ist bewegungslos und ich bewege mich. Die Erde (der Boden) ist ein absolutes Bezugssystem. Es ist immer bewegungslos. Gleiches gilt, wenn ich an die Erde als Kugel im Zentrum des Universums denke. Die Erde ist still und alles bewegt sich um sie. Der Boden ist immer noch bewegungslos. Aber auch beim heliozentrischem System ist die Sonne (und nicht mehr die Erde und der Boden) ein absolutes Bezugspunkt. Sie gilt als fest montiert und alles kreist um sie.

In allen diesen Systemen denkt man, dass es ein festes Bezugssystem gibt. Es kann aber auch anders sein. Um das zu verstehen, sollte erst der Begriff der relativen Bewegung erklärt werden.

Wenn eine Person, nennen wir sie Person A, in einem bewegenden Zug sitzt, kommt ihr alles im Zug (fast) unbeweglich aus. Die Gegenstände, die sie aus dem Fenster sieht, sind irgendwie in Bewegung. Jetzt hier könnte man sagen, dass die Gegenstände außerhalb des Zugs sich nicht in Bewegung befinden und dass alles so aussieht, nur weil die Person im Zug sich bewegt.

Stellen wir uns vor, dass eine 2. Person, Person B, am Gang im Zug geht. Person B bewegt sich sowohl im Bezug auf Person A als auch auf die Gegenstände außerhalb des Zugs. Nehmen wir an, dass Person A mit einer Geschwindigkeit von 5km/h auf die Person A geht und dass der Zug in die gleiche Richtung mit 60km/h fährt. Für Person A bewegt sich Person B mit 5 km/h zu ihr. Für einen Beobachter außerhalb des Zuges bewegt sich aber Person B mit 65 km/h Geschwindigkeit. Man sagt, dass die relative Geschwindigkeit der Person B in Bezug auf Person A 5km/h ist und in Bezug auf den äußeren Beobachter 65km/h.

Man könnte wohl sagen, dass der Boden doch fest ist, dass der Zug sich bewegt und dass beide Personen im Zug das spüren. Die Personen im Zug denken tatsächlich, dass sie selber sich bewegen. Das ist wahr nur, weil die Masse der Personen im Vergleich zur Masse der Erde weit zu klein ist. Wie ist es mit vergleichbaren Massen, z.B. mit dem Mond und der Erde? Hier gibt es doch die Sonne, die doch als Bezugspunkt benutzt werden kann (im heliozentrischen Weltbild). Beobachtet man das System Erde-Mond von der Sonne aus, stellt man fest, das sowohl der Mond um die Erde kreist, als auch die Erde um den Mond.

Die Geschichte der Weltbilder zeigt uns auch, dass man den Bezugspunkt wählen kann. Am Anfang war die Erde der Bezugspunkt und alle haben gedacht, dass die Sonne und die Planeten und die Sterne die Erde umkreisen. Dann hat man gedacht, dass die Sonne der Bezugspunkt ist, und dass die Erde, die Planeten und die Sterne die Sonne umkreisen. Später wieder hat man das Zentrum der Milchstraße als Bezugspunkt wahrgenommen. Irgendwann war aber man der Sache müde, immer wieder einen neuen Bezugspunkt zu findet, und hat gedacht, dass es vielleicht doch besser ist ins Leere zu baumeln. Das ist was Einstein in seiner allgemeinere Relativitätstheorie gemacht hat. Diese Theorie hat als Basis das Gedanken, dass es kein absolutes Bezugssystem gibt und dass die Naturgesetze immer gelten sollen, egal was man als Bezugspunkt festlegt.

Bezugssysteme und relative Bewegung[Bearbeiten]

Stellen wir uns vor, dass zwei Fahrradfahrer gegeneinander fahren, Fahrer F1 von links nach rechts mit 10 km/h und Fahrer F2 von rechts nach links mit 25 km/h. In der Mitte steht ein Beobachter B. Hier wird offenbar der Boden als Bezugssystem angenommen. In Bezug auf F1 aber bewegt sich B nach links mit 10 km/h und F2 ebenfalls nach links mir 35 km/h. Anderseits für den Fahrer F2 bewegt sich F1 nach rechts mit 35 km/h und B ebenfalls nach rechts mit 25 km/h. In diesem Beispiel wird es klar, dass, wenn man die relative Geschwindigkeit berechnen will, man die Geschwindigkeiten vektoriell addieren muss. Vektoriell ist das Schlüsselwort hier. Wenn z.B. die Geschwindigkeitsvektoren normal aufeinander stehen (also einen rechten Winkel bilden), dann kann man den Satz von Pythagoras benutzen.

Relative Bewegung und die spezielle Relativitätstheorie[Bearbeiten]

Die vektorielle Addition der Geschwindigkeiten ist in der speziellen Relativitätstheorie nicht mehr ausreichend, um die relative Geschwindigkeit zu berechnen. Der Grund liegt darin, dass die Lichtgeschwindigkeit eine Obergrenze für die Bewegung im Universum darstellt. Diese Annahme hat Einstein festgelegt und wurde bis heute nicht widerlegt. Wie beeinflusst diese Annahme die Berechnung der relativen Geschwindigkeit?

Nehmen wir an, dass zwei Gegenstände sich gegeneinander bewegen wie im Beispiel mit den Fahrrädern, nun sind jetzt die Geschwindigkeiten ziemlich hoch, nämlich fast so viel wie die Lichtgeschwindigkeit. Laut den bisherigen Annahmen hätte wir diese Geschwindigkeiten einfach addieren sollen, um die relative Geschwindigkeit zu berechnen. Dann hätten wir aber eine relative Geschwindigkeit, die fast das doppelte der Lichtgeschwindigkeit wäre. Die Lichtgeschwindigkeit aber stellt eine Obergrenze dar, auch für relative Geschwindigkeiten. Man soll einen anderen Vorgang entwickeln, um die relative Geschwindigkeit zu berechnen, sodass die Geschwindigkeit am Ende nie mehr als die Lichtgeschwindigkeit sein kann. Diesen Vorgang nennt man Lorenztransformation.

Durch die Annahme, dass die Lichtgeschwindigkeit eine Obergrenze darstellt, ist Einstein gelungen, seine berühmte Formel E=mc² zu entdecken. Diese Formel allein hätte schon ausreichen können, damit er den Nobelpreis bekäme (er hat aber ihn doch wegen seine Arbeit über das photoelektrische Effekt bekommen). Die Formel besagt etwas, dass bis heute erschütternd ist: Masse hat nicht einfach mit Energie etwas zu tun, Masse IST Energie!

Unterschiedliche Bezugssysteme und Relativitätstheorie[Bearbeiten]

In der Physik werden oft unterschiedliche Bezugssysteme benutzt.

Das Ruhesystem eines starren Körpers ist ein Bezugssystem, in dem er ruht, d.h. in welchem seine sämtlichen Koordinaten konstant bleiben. Ruhesysteme von Punkten werden in der speziellen Relativitätstheorie Beobachter genannt. Die Zeit, wie sie für den Beobachter vergeht, wird Eigenzeit genannt.

Das Schwerpunktsystem ist ein Koordinatensystem, in dem der Schwerpunkt des betrachteten physikalischen Systems im Koordinatenursprung ruht. Oft ist es leichter ein Körpersystem durch das Schwerpunktsystem zu beschreiben, beispielsweise bei Doppelsterne oder beim System Erde-Mond.

Das Inertialsystem ist ein Bezugssystem, in dem sich kräftefreie Körper geradlinig und gleichförmig bewegen. In einem Inertialsystem gilt also das newtonsche Trägheitsgesetz in seiner einfachsten Form, nach der kräftefreie Körper ihre Geschwindigkeit in Betrag und Richtung beibehalten und anliegende Kräfte zu proportionalen Beschleunigungen führen (also F=m·a). In so einem System gilt in der klassischen Physik bei der Berechnung von relativen Bewegungen die Galilei-Transformation, in der spezielle Relativitätstheorie hingegen die Lorentz-Transformation.

Ein Beschleunigtes Bezugssystem ist ein Bezugssystem, das kein Inertialsystem ist, beispielsweise ein linear beschleunigtes oder ein rotierendes Bezugssystem. In der allgemeinen Relativitätstheorie gilt das Relativitätsprinzip, das besagt, das alle Naturgesetze für alle Beobachter und daher für alle Bezugssysteme in der gleichen Weise gelten sollen. Dieses Prinzip, und die Tatsache, dass es bisher nicht widerlegt wurde, hat der Idee eines absoluten Bezugssystems vielleicht endgültig den Wind aus den Segeln genommen.

Das Universum ist doch krumm[Bearbeiten]

Auf einer Kugel ist die Winkelsumme eines Dreiecks im Allgemeinen nicht 180°. Die Oberfläche einer Kugel ist nicht euklidisch, aber lokal sind die Gesetze der euklidischen Geometrie eine gute Näherung. Zum Beispiel ist in einem kleinen Dreieck auf der Oberfläche der Erde die Winkelsumme eines Dreiecks ziemlich genau 180°.

Das gerade erwähnte Relativitätsprinzip hat dazu geführt, die Idee der euklidischen Geometrie als Repräsentation fürs Universum zu verlassen. Was soll das bedeuten? Die euklidische Geometrie ist ein Weg die Formen um uns (auf einer Ebene oder im Raum) zu beschreiben. In dieser Geometrie gibt es die uns bekannten Formen wie ein Quadrat, ein Kreis, ein Dreieck, ein Würfel, eine Kugel usw. In der allgemeinen Relativitätstheorie gibt es diese Formen, wie sie uns bekannt sind, nicht mehr. Der Raum ist gekrümmt. Ein Bild, das uns hilft diese Krümmung vorzustellen, ist das von der Oberfläche einer Kugel. Die Oberfläche selber hat zwei Dimensionen (Länge und Breite). Wenn man ein Dreieck auf der Kugel zeichnet, sind seine Seiten nicht mehr so "gerade". Die Summe seiner Winkeln ist nicht mehr 180°, wie man immer lernt, sondern mehr.

Der Raum für uns hat drei Dimensionen, Länge Breite und Höhe. Genau so, wie ein Dreieck gekrümmt auf der Oberfläche einer Kugel ist, kann eine dreidimensionale Figur (z.B. ein Würfel) gekrümmt in einem vierdimensionalen Raum sein. Die allgemeine Relativitätstheorie spricht von einem vierdimensionalem Raumzeit der tatsächlich gekrümmt sein kann. Experimente haben schon gezeigt, dass der Raum in der Nähe von großen Massen (wie die Sonne) tatsächlich gekrümmt ist. Damit kann man sagen, dass das Universum doch krumm ist!