Innere Medizin kk: Delir
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Das Wichtigste
[Bearbeiten]- Das Delir ist ein wichtiges Krankheitsbild in der Medizin.
- Das hyperaktive Delir ist gekennzeichnet durch Verhaltensauffälligkeit, Unruhe, Verwirrtheit, gesteigerten Sympathikus, teilweise Aggressivität
- Das Delir ist eines der Leitsymptome 1. Ranges organischer (körperlich begründbarer) Psychosen.
- Die wichtigste Therapiemaßnahmen sind
- Beseitigung der Delirursache
- Vermeidung einer Eigen- und Fremdgefährdung
- Der hyperaktive Delirpatient muss oft sediert, manchmal auch fixiert werden.
- Problematisch ist dabei, dass beide Therapiemaßnahmen das Delir verstärken können.
- Delirpatienten gehören in der Regel stationär eingewiesen und auf eine Intensivstation.
- Die Behandlung des Delirpatienten ist personalaufwendig und zeitintensiv.
Krankheitsnummer ICD Klassifikation
[Bearbeiten]ICD10-Ziffern: F00 bis F09
Definition, englische Bezeichnung und Abkürzungen
[Bearbeiten]Definition
[Bearbeiten]Ein Delir ist eine vorübergehende, meist plötzlich beginnende psychische Störung, die durch
- Veränderung des Bewusstseins,
- der Orientierung und der Wahrnehmung
sowie körperliche Symptome wie
- Schwitzen, Zittern
- Bluthochdruck und
- beschleunigten Puls
gekennzeichnet ist. Eine körperliche oder hirnorganische Veränderung ist Ursache der Erkrankung.
Definition 2
[Bearbeiten]ICD-10-GM F05 Ein ätiologisch unspezifisches hirnorganisches Syndrom, das charakterisiert ist durch gleichzeitig bestehende Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Dauer ist sehr unterschiedlich und der Schweregrad reicht von leicht bis zu sehr schwer. Quelle Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information - DIMDI 2016
Englisch
[Bearbeiten]- acute brain syndrome
- organic brain syndrome
Synonyme
[Bearbeiten]Die Vielzahl der Synonyme zeigt schon die Schwierigkeiten, die es mit dieser Diagnose gab und gibt.
- Delir,
- delirantes Syndrom,
- organisches Psychosyndrom,
- akuter exogener Reaktionstypus (Karl Bonhoeffer 1914),
- Durchgangssyndrom (Wieck ehemaliger Neurologe/Psychiater an der Uni Erlangen 1961)
- exogener Reaktionstyp
- hirnorganisches Syndrom
- psychoorganisches Syndrom
- Psychose bei Infektionskrankheit
- allgemeiner Verwirrtheitszustand
Einteilungen
[Bearbeiten]Aktivität
[Bearbeiten]- hyperaktiv ( ruhelos, agitiert oder aggressiv)
- hypoaktiv ( schläfrig, lethargisch, verlangsamt)
- Mischformen ( Wechsel zwischen der hyperaktiven und hypoaktiven Form)
Dauer
[Bearbeiten]- lang anhaltend - kurz anhaltend
Bedrohlichkeit
[Bearbeiten]- lebensbedrohlich - nicht lebensbedrohlich
Aggressivität
[Bearbeiten]- führbar, kooperativ - aggressiv, unkooperativ, selbst- und fremdgefährdend
Ätiologie Ursachen
[Bearbeiten]Die Unterscheidung zwischen Risikofaktoren, auslösenden Faktoren und Ursachen ist nicht scharf.
Risikofaktoren
[Bearbeiten]- Alter
- Zu viele Tabletten
- Infektionen
- neue oder abgesetzte Medikamente
- schwere Begleiterkrankung
- Alkoholmissbrauch
- Dehydratation
- Trauma
- Demenz
- Niereninsuffizienz
- Leberinsuffizienz
- Sehstörungen, Hörstörungen
- Gebrechlichkeit
- stattgehabte Narkose und chirurgische oder andere invasive Eingriffe
- akuter starker Schmerz
Auslösende Faktoren
[Bearbeiten]- Immobilität
- komplizierte medizinische Behandlungsverfahren
- gestörter Tag-/Nachtrhythmus
- fehlende Sehhilfen
- fehlende Hörgeräte
- Fixierung
- Dehydratation
- Mangelernährung
- Infektionen
- Schmerzen
- Medikamente
- zusätzliche neue Erkrankung
- Nüchternheit >6h
- Blasenkatheter
- mangelnde Orientierungsmöglichkeiten
- mangelnde Ansprache
- wechselnde Umgebung
- Sedierung
- Fieber
- Sepsis
- Beatmung
Medikamente, die ein Delir auslösen können
[Bearbeiten]- Alle Sedativa
- Benzodiazepine
- Sedierende Antipsychotika
- Opiate und Opioide
- angeblich am meisten Pethidin(Dolantin©)
- Musklerelaxantien (Baclofen),
- Antihistaminika
- H2-Blocker,
- Fluorquinolone
- Ciprofloxacin
- Ofloxacin etc
- Cephalosporine
- Makrolide,
- NSAR
- Dopaminagonisten
- Barbiturate
- Antidepressiva
- SSRI
- Betablocker ( selten )
- Diuretika
- Digoxin
- Psychopharmaka
Ursachen
[Bearbeiten]- Alkoholentzug
- Drogeneinnahme
- Drogenentzug
- Exsikkose
- Elektrolytstörungen: Na, K, Ca, Mg, HCO3, PO4
- Fieber
- Infektionserkrankung
- Medikamentennebenwirkung
- Intoxikation
- Entzug
- Zn OP
- Narkosemittel
- ZNS Erkrankungen
- cerebrale Durchblutungsstörungen
- Apoplex
- Hirnblut,
- Hirntumor
- Schädel-Hirn-Trauma
- im Rahmen eines epileptischen Anfalles
- Meningitis, Enzephalitis
- Schlafentzug
- Stoffwechselstörungen
- Unterzucker
- zu hoher Zucker
- Nierenversagen
- Leberversagen
- Blutarmut Anämie
- Azidose
- Alkalose
- Vitaminmangel
- Endokrinologische Entgleisungen (Nebennierenrinde, Hypophyse, Schilddrüse)
- Unterernährung
- Kardiovaskulär:
- schwere Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen, kardiogener Schock , Lungenembolie
- Hypoxie
- Hyperkapnie
- Obstruktive Schlafapnoe
Epidemiologie Statistik Kosten
[Bearbeiten]Pathologie Pathophysiologie
[Bearbeiten]Symptome und Klinik
[Bearbeiten]Ein deliranter Patient kann nicht mehr klar denken, ist verwirrt, mehr oder minder desorientiert und kann seine Umgebung nicht mehr klar erfassen und verstehen. Das hyperaktive Delir ist relativ leicht, das hypoaktive Delir schwer erkennbar.
Zeitlicher Verlauf
[Bearbeiten]- akuter Beginn
- Wechsel zwischen Apathie und Hyperaktivität
- gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus
Psychische Symptome
[Bearbeiten]- abnormes Verhalten
- leichte Erregbarkeit
- Verwirrtheit
- Wahrnehmungsstörungen,
- Bewusstseinsveränderungen
- Halluzinationen, Verfolgungswahn
- gestörte Aufmerksamkeit
- gestörte Orientierung
- gestörtes Gedächtnis
- schleudernde Bewegungen (Jaktationen)
- Bettflucht, Stationsflucht, Krankenhausflucht
Körperliche Symptome
[Bearbeiten]- Unruhe mit starkem Bewegungsdrang
- Tremor
- gelegentlich schleudernde Bewegungen (Jaktationen)
- erhöhte Temperatur
- Tachykardie
- hoher Blutdruck
- Hyperventilation
- starkes Schwitzen
Diagnostik
[Bearbeiten]Übersicht
[Bearbeiten]- komplette internistische Laborroutine
- Blutgasanalyse
- Kreislaufparameter RR,Hf Monitoring
- Temperaturmessung
- CCT nativ nach Sedierung und initialer Behandlung
- Röntgen Thorax
- EKG
- Sono Bauch, Schilddrüse, Echo
- Komplette Medikamenten- und Drogenanamnese
- körperliche Untersuchung
- Delir Screening Tests
Differentialdiagnostik
[Bearbeiten]- Verwirrtheitszustände, die durch eine Demenz ausgelöst werden
- endogene Psychose
- Schizophrenie
- Manie
- Depression
Therapie
[Bearbeiten]- Behandlung der Ursache
- Exsikkose Ausgleich
- Fiebersenkung
- Antibiose
- Elektrolytausgleich
- Sauerstoffgabe
- Verbesserung der Beatmung
- Ausgleich einer Azidose oder Alkalose
- Blutzuckereinstellung
- Beatmung
- Überwachung auf einer Intensivstation
- Schutz vor Eigen- und Fremdverletzungen
- Fixierung falls notwendig
- Sedierung
- Clonidin ( schwach wirksam)
- Benzos
- sedierende Antipsychotika ( Levopromazin, Haloperidol)
- Propofol
- Verlegung in eine Neurologie oder Neurochirurgie
Verlauf und Prognose
[Bearbeiten]Fälle
[Bearbeiten]Fall 1
[Bearbeiten]Ein Patient mit 75 Jahren liegt mit schwerer Herzinsuffizienz, EF20 % und Stauungspneumonie auf der IMC. Er entwickelt ein hyperaktives Delir und eine schwere Alkalose durch Piperacillin, BE +20.
Piperacillin wird abgesetzt, die Alkalose ausgeglichen. Nach 2 Tagen ist das Delir beseitigt.
Geschichte der Krankheit
[Bearbeiten]Experten und Krankenhäuser
[Bearbeiten]Selbsthilfe
[Bearbeiten]Was kann ich als Betroffener/Angehöriger selber tun ?
[Bearbeiten]siehe gutes Infoblatt für Angehörige in verschiedenen Sprachen http://www.delir-netzwerk.de/info-blatt-delir-deutsch
Fragen und Anmerkungen
[Bearbeiten]Was ist besser zur Behandlung des Delirs Haldol oder Neurocil ?
[Bearbeiten]- Haldol macht in hoher Dosis Bradykardie und Kammerflimmern.
- Neurocil wirkt oft ziemlich lang.
Ist beim hypoaktiven Delir trotzdem der RR und die Herzfrequenz erhöht ?
[Bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten]Leitlinien
[Bearbeiten]- National Institute for Health and Clinical Excellence (2010): Delirium: diagnosis, prevention and management. http://guidance.nice.org.uk/CG103
- Barr J, Fraser GL, Puntillo K, Ely EW, Gélinas C, Dasta JF, Davidson JE, Devlin JW, Kress JP, Joffe AM, Coursin DB, Herr DL, Tung A, Robinson BR, Fontaine DK, Ramsay MA, Riker RR, Sessler CN, Pun B, Skrobik Y, Jaeschke R; American College of Critical Care Medicine. Clinical practice guidelines for the management of pain, agitation, and delirium in adult patients in the intensive care unit. Crit Care Med. 2013 Jan;41(1):263-306
- Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin
Links
[Bearbeiten]- https://m.aerzteblatt.de/print/139436.htm
- Dtsch Arztebl 2013; 110(21) PDF
- Delir: Wenn man zeitweise verwirrt ist
- Bünemann, Manuel; Baumeister, Maren; Thomas, Christine
- Abgrenzung Delir von Demenz