Innere Medizin kk: Heparin
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In diesem Abschnitt werden nur die hochmolekularen oder unfraktionierten Heparine (UFH) behandelt. Die niedermolekularen Heparine NMH finden sich hier: Innere_Medizin_kk:_NMH
Das Wichtigste
[Bearbeiten]- Heparin ist ein wichtiger Hemmstoff der Blutgerinnung
- Er wird s.c. oder intravenös verabreicht
- Seine Wirkung ist über die PTT Messung gut steuerbar.
- Die Wirkung kann vollständig mit Protamin antagonisiert werden.
- Heparin kann auch bei Niereninsuffizienz gegeben werden.
Wirkstoff
[Bearbeiten]Heparin ist ein körpereigener kettenförmiger stickstoff- und schwefelhaltiger Zucker (Polysaccharid). Die Zuckerkette ist unverzweigt und hat meist folgende Bausteine
- Glucosamin,
- Glucuronsäure
- Iduronsäure.
Heparin kommt physiologisch vor allem in Mastzellen vor und hemmt zusammen mit AT3 die Gerinnung. Die Zuckerketten haben eine variable Länge und eine molare Masse zwischen 4000 und 40000 ( im Mittel 16000). Das eigentliche gerinnungshemmende Wirkprinzip steckt in einer 5er-Kette des Aminozuckers und wird mittlerweile als synthetischer Stoff hergestellt und vermarktet. Natürliche Heparine werden derzeit aus Dünndarmmukosa vom Schwein gewonnen. Heparin wird aus dem Magen-Darm-Trakt nicht resorbiert und kann deswegen nur sc. oder iv gegeben werden. Das Heparin in den vielverkauften Heparinsalben sind wirkungslos.
Zusammensetzung
[Bearbeiten]- 5 ml Ampulle mit 25.000 I.E Heparin
- Wirkstoff: Heparin-Natrium oder Heparin-Calcium
- 1 ml Injektionslösung enthält Heparin-Natrium 5.000 I.E. (Heparin aus SchweinedarmMucosa)
- Aktivität:
- mindestens 150 I.E./mg
- maximal 200 I.E./mg
Wirkungsweise
[Bearbeiten]Blockiert zusammen mit AT3 einige Faktoren der Gerinnungskaskade. Beispielsweise
- Gerinnungsfaktor 2, Prothrombin und Thrombin
- Gerinnungsfaktor 9, 10, 11, 12
Weitere Wirkungen der Heparin-Antithrombin-Komplex
- hemmt die Protease Kallikrein
- hemmt die Wirkung des Membrane attack complex des Komplementsystems
Indikation
[Bearbeiten]Krankheiten bei denen eine Gerinnungshemmung notwendig ist und andere Antikoagulantien nicht gegeben werden können oder gegeben werden sollen.
- Prophylaxe peri- und postoperativer Thrombosen
- Therapie der tiefen Venenthrombose und der Lungenembolie
- Therapie arterieller Embolien
- Antikoagulans bei extrakorporaler Zirkulation (z. B. Dialyse)
- zur Therapie der DIC (= disseminierte intravasale Coagulation)
- zur Begleittherapie der Thrombolyse
- zur Therapie des akuten Myokardinfarktes.
Art der Anwendung Dosierung
[Bearbeiten]Heparin wird intravenös infundiert oder dreimal täglich subkutan gespritzt.
Nach sc Gabe werden therapeutische Spiegel nach 2 Stunden erreicht. Die Wirkung hält ca 10 h an. Patienten über 65 kg Körpergewicht benötigen eine um 50% höhere Heparindosis.
- Die iv Infusion gibt man bei sofort erforderlicher Antikoagulation.
- bei Patienten mit künstlichen Herzklappen
- ausgedehnten Lungenembolien
- wenn die gerinnungshemmende Wirkung plötzlich beendet werden muß
- vor Operationen
- vor der Geburt
Kontrolle mit der PTT
[Bearbeiten]Die PTT sollte bei therapeutischer Gabe um das 2 fache erhöht sein.
Normal Therapeutisch verlängert ----------------------------------- < 40 sek 80 sek
Dosierung eines therapeutischen Heparinperfusors
[Bearbeiten]- iv Bolus von 5.000 IE Heparin.
- 25.000 IE Heparin in 50 ml Kochsalzlösung
- Beginn mit 2,8 ml/Stunde
- Anpassung der Dosis nach der PTT
- Kinder benötigen geringere Heparindosen.
- Dosis am Körpergewicht und der PTT orientieren
Wirkstoff / Name am Display Heparin Handelsname bzw. Generikum Heparin, Liquemin Zusammensetzung der Lösung / Trägerlösung 45 ml NaCl 0,9 % + 5 ml Heparin Stechamp. mit 25 000 IE / 50 ml Dokumentation in der Tageskurve: Heparin + Laufrate IE pro ml 500 IE / ml Gesamtmenge (Lösung) 50 ml (25 000 IE)
Tabelle Heparin Dosisanpassung nach PTT Meßwert
aPTT Dosisänderung --------------------------------- < 35 s 80 IE/kg Bolus Infusionsrate erhöhen um 4 IE/kg/h 35–45 s 40 IE/kg Bolus Infusionsrate erhöhen um 2 IE/kg/h 46–70 s keine Änderung 71–90 s Infusionrate um 2 IE/kg/h reduzieren > 90 s Stop der Infusion für 1 h dann Infusionrate um 3 IE/kg/h reduzieren
Dosierung prophylaktisch
[Bearbeiten]- 2 x täglich 5.000 E sc
- bei Patienten > 65 kg 2 * 7.500 IE
Die niedrig dosierte subkutane Behandlung zur Thrombosevorbeugung erfordert keine regelmäßige Kontrolle der PTT. Wegen der Möglichkeit der Heparin-induzierten immunogenen Thrombopenie (HIT) sollten in den ersten zehn Tagen die Thrombozyten kontrolliert werden.
Bridging bei Marcumarpatienten
[Bearbeiten]Zum perioperativen Bridging von Marcumarpatienten ist Heparin aus 3 Gründen besser geeignet als NHM
- Man kann die Dosis an Hand der PTT besser steuern
- Man kann es leicht mit Protamin antagonisieren
- Es ist auch bei Niereninsuffizienz zugelassen.
Beispiel
[Bearbeiten]Patient mit Z.n. Mitralklappenersatz soll mit Heparin perioperativ behandelt werden:
Täglich quick - PTT Kontrolle Marcumar absetzen bei INR < 2,5 ( Quick > 30 %) Heparinperfusor anfangen 25000 E Heparin in 50 ml NaCl auf 2,8 ml / h einstellen PTT soll > 80 sek < 100 sek sein 12h vor der OP und 24 h nach OP Heparintherapie pausieren Heparin postop so lange fortsetzen bis unter Marcumar INR > 2,5 ( Quick < 30 %)
Vorsichtsmaßnahmen für die Verwendung
[Bearbeiten]Kontrolle der Thrombozyten
[Bearbeiten]- vor Beginn der Heparingabe
- am ersten Tag nach Beginn der Heparingabe
- alle 3 bis 4 Tage während der ersten drei Wochen
- am Ende der Heparingabe
Gegenanzeigen
[Bearbeiten]- Akute Blutungen
- Heparin-Allergie
- Heparininduzierte Thrombopenie Typ II (HIT II)
- Thrombozytopenie (zu wenig Blutplättchen)
- gesteigerte Blutungsneigung
- Drohende Fehlgeburt
- Rückenmarksanästhesie
- Punktion im Bereich der Lendenwirbelsäule
- Organschädigungen mit Blutungsgefahr
Nebenwirkungen
[Bearbeiten]- Blutungen
- HIT 1 und 2
HIT 1
[Bearbeiten]Leichte vorübergehende Thrombozytopenie am Beginn der Behandlung mit Heparin
- Thrombozytenwerten zwischen 100.000 und 150.000/µl
Sie wird verursacht durch eine vorübergehende Thrombozytenaktivierung. Meist kann die Behandlung fortgeführt werden.
HIT 2
[Bearbeiten]Antikörper-vermittelte schwere Thrombozytopenie
- Thrombozyten deutlich unter 100.000/µl
- schneller Abfall auf weniger als 50 % des Ausgangswertes
- Beginn bei nicht Sensibilisierten in der Regel nach 6 - 14 Tagen
- bei Sensibilisierten unter Umständen innerhalb von Stunden.
Es kann zu arteriellen und venösen Thrombosen / Thromboembolien, Verbrauchskoagulopathie, Hautnekrosen an der Injektionsstelle, Petechien, Purpura und Meläna kommen. Es kann die blutgerinnungshemmende Wirkung des Heparins vermindert sein (Heparintoleranz).
- Falls HIT 2, dann Heparin sofort absetzen
- Dokumentierte Information des Patienten, dass er eine Heparinunverträglichkeit hat.
Am besten in die Dauerdiagnosen ( beim Hausarzt oder in den Arztbriefen ) aufnehmen.
Wechselwirkungen
[Bearbeiten]Verstärkte Blutungsneigung
[Bearbeiten]- Acetylsalicylsäure,
- Ticlopidin, Clopidogrel,
- Glykoprotein IIb/IIIa Rezeptorantagonisten,
- Cumarin-Derivate,
- Fibrinolytika,
- Dipyridamol,
- Dextrane,
- hochdosierte Penicillin-Therapie
- NSAR
Salzbildung
[Bearbeiten]Bei gleichzeitiger Anwendung von basischen Arzneimitteln wie
- trizyklischen Psychopharmaka,
- Antihistaminika
- Chinin
kann es durch Salzbildung mit Heparin zu einem gegenseitigen Wirkungsverlust kommen.
Wirkungsabschwächung unter Nitroglyzerin iv
[Bearbeiten]Unter intravenöser Nitroglycerininfusion kann es zu einer Wirkungsabschwächung von Heparin kommen. Nach Absetzen von Nitroglycerin kann es zu einem sprunghaften Anstieg der aPTT kommen.
Wirkungsverstärkung von Propranolol
[Bearbeiten]Durch Verdrängung aus der Plasma-Eiweißbindung kann eine Wirkungsverstärkung auftreten.
Kaliumspiegel
[Bearbeiten]Arzneimittel, die den Serum-Kaliumspiegel erhöhen, dürfen nur unter besonders sorgfältiger medizinischer Überwachung gleichzeitig mit Heparin angewendet werden.
Packungsgröße
[Bearbeiten]Verfallsdatum und Lagerung
[Bearbeiten]Kosten
[Bearbeiten]Firma
[Bearbeiten]Fragen
[Bearbeiten]Warum kommt es unter Heparin zu einem erhöhtem Kaliumspiegel bei kaliumsparenden Diuretika ?
[Bearbeiten]Gibt es eine Heparinresistenz ?
[Bearbeiten]Eine Patientin bekommt wegen einer Lungenembolie einen Heparinperfusor mit 25000 E / 24 h . Die PTT steigt nicht über 30 sek an. Die Dosis wird auf 50000 E / 24 h gesteigert . Auch darunter steigt die PTT nicht an. Es wird dann auf Clexane therapeutisch gewechselt und AT3 bestimmt. Hat die Patientin eine Heparinresistenz oder wie sind die Werte zu erklären ?
Wie wird Heparin hergestellt ?
[Bearbeiten]Es wird aus Schweinemukosa ( Mukosa = Bauchschleimhaut ) gewonnen.
Gibt es noch Firmen die Heparin in Deutschland herstellen ?
[Bearbeiten]- Pharma Action GmbH
Geschichte
[Bearbeiten]- 1916 Heparin wird von dem Medizinstudenten Jay McLean aus Hundeleber isoliert.
- McLean J: The thromboplastic action of cephalin. Am J Physiol 1916; 41:250-257
- 1936 erste Anwendung beim Menschen
- 1947 die WHO legt den ersten internationalen Standard für Heparin fest.
- 1967 erstmaliger standardisierter Einsatz beim Menschen.
Literatur
[Bearbeiten]Links
[Bearbeiten]Fachinformation