Innere Medizin kk: Hypokaliemie

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EKG bei einem Kalium von 1,1

das Wichtigste[Bearbeiten]

  • Die  Hypokaliämie ist eine zu niedrige Kaliumkonzentration im Blut
  • Die Hypokaliämie ist ein häufiger Befund in der Medizin.
  • Bei der Hypokaliämie ist der Spiegel des Kaliums im Blut unterhalb des Normalbereiches ( < 3,5 mval/l).
    • Dies bedeutet noch nicht unbedingt, daß wirklich ein Kaliummangel im Körper bzw. in den Zellen vorliegt.
    • Das intrazelluläre Kalium wäre wichtig zu wissen ist aber nur schwer messbar.
    • Ein Hinweis auf das intrazelluläre Kalium liefert das EKG ( Herzfrequenz, Extrasystolie, Erregungsrückbildungsstörungen)
  • Der Kaliummangel kann durch orale oder intravenöse Kaliumgabe ausgeglichen werden.
  • Auslösende Ursachen sind meist Kaliumverluste über die Niere oder den Magen-Darmtrakt.
  • Der schwere Kaliummangel kann lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auslösen und sollte umgehend behoben werden.

Titel Krankheitsnummer ( ICD )[Bearbeiten]

Definition engl Bezeichnung + Abkürzungen[Bearbeiten]

Einteilungen[Bearbeiten]

leicht - schwer[Bearbeiten]

akut - chronisch[Bearbeiten]

mit und ohne Rhythmusstörungen[Bearbeiten]

Ätiologie Ursachen[Bearbeiten]

vermehrter Verlust über die Niere[Bearbeiten]

  • Renale Verluste (Kalium im Urin > 20 - 40 mmol / l )
    • Behandlung mit Diuretika ( harntreibenden Mitteln ) insbesondere Furosemid und Thiazide wie HCT
    • Überfunktion der Nebennierenrinde (NNR) mit vermehrter Produktion von Aldosteron , Conn Syndrom
      • Natrium wird zuwenig, und Kalium zuviel ausgeschieden
    • Sekundärer Hyperaldosteronismus
    • Pseudohyperaldosteronismus
    • Cushingsyndrom
    • Osmotische Diurese zb Hyperglykämie (z.B. bei unkontrolliertem Diabetes mellitus)
    • Hypomagnesiämie
    • Tubuläre Azidose (proximal oder distal)
    • BARTTER-Syndrom
    • GITELMAN-Syndrom
    • Seltene Medikamentöse Ursachen
      • Mineralokortikoid Gabe
      • Penicillin (hochdosiert)
      • Aminoglykoside
      • Amphotericin B, Cisplatin u.a.

Vermehrte extrarenale Verluste[Bearbeiten]

  • Extrarenale Verluste (Kalium im Urin < 10 - 20 mmol / l )
    • vermehrte Verluste über den Gastrointestinaltrakt
      • Erbrechen
      • Durchfall
      • Einnahme von bestimmten Laxantien
      • entzündliche Darmerkrankungen
      • Verluste über eine Magensonde
      • Neoplasien, die  VIP synthetisieren
        • Villöses Adenom
        • Pankreastumor
    • vermehrtes Schwitzen
    • Verluste durch ausgedehnte Verbrennungen

vermehrte Aufnahme von Kalium in die Zellen[Bearbeiten]

  • Vermehrte Aufnahme von Kalium in die Zellen ( vornehm ausgedrückt: Transzellulärer Shift )
    • Zu schneller Ausgleich einer Azidose zb bei entgleistem Diabetes und der Gabe von Insulin
    • Bei einer Alkalose werden von den Zellen vermehrt H+-Ionen abgegeben und dafür Kalium aufgenommen. Der Kaliumspiegel im Blut sinkt.
    • Medikamentös
      • Beta-Agonisten: Adrenalin, Formoterol, Salbutamol, Salmeterol
      • Verapamil-Intoxikation
      • Insulin
      • Vitamin B12
      • Koffein, Theophyllin
    • Thyreotoxikose

ungenügende Zufuhr[Bearbeiten]

  • ungenügende Zufuhr
    • selten bei Kaliumarmer Kost
      • Anorexie
      • Hungerzustände
    • Ton- und Lehmvergiftungen zb Betonit
    • Kaliumfreie Infusionen bei parenteraler Ernährung

Sonstige Ursachen[Bearbeiten]

  • Periodische hypokaliämische Plegie autosomal dominante Erbkrankheit
    • die Lähmungen dauern 24-48 h
  • Pseudohypokaliämie
  • Hypothermie
  • Bariumvergiftung

Epidemiologie Statistik Kosten[Bearbeiten]

Bei bis zu 20 % aller Krankenhauspatienten läßt sich ein Kalium < 3,6 nachweisen.

E87.6 Hypokaliämie Kaliummangel

Diagnosedaten der Krankenhäuser der BRD

Jahr  2000 2009
--------------------
Fälle 1180 3704

Die Zunahme beruht wahrscheinlich nicht auf einem echten Anstieg der Fälle sondern auf einer besseren Verschlüsselung .

Pathologie Pathophysiologie[Bearbeiten]

Kaliumionen sind die zahlenmäßig wichtigsten Ionen in der Zelle.

Der totale Kaliumgehalt des menschlichen Körpers beträgt ungefähr 55 mmol/kg

Beispiel: Gewicht 70 kg     
70 kg * 55 mmol/ kg = 3850 mmol 
entsprechend 150 g Gesamt-Kalium im Körper 

Kalium Aufnahme[Bearbeiten]

In fast allen Nahrungsmitteln steckt mehr oder weniger Kalium. Besonders kaliumreich sind Bananen, Nüsse, Avocados etc

  • Die Aufnahme findet im Darm statt.
    • Magnesium ist ein wichtiger Ko-Faktor bei der Kaliumabsorption

Bedarf[Bearbeiten]

Der tägliche Kaliumbedarf beträgt ca. 1 mmol/kg

Beispiel: Gewicht 70 kg     
70 kg * 1 mmol/ kg = 70 mmol Bedarf / Tag 

Kalium Verteilung[Bearbeiten]

intrazellulär              extrazellulär
------------------------------------------------
98 %                       2 %

Ausscheidung[Bearbeiten]

über die Niere                 über den Darm
--------------------------------------------
90 %                           10 % 

Funktion[Bearbeiten]

Kalium wird gebraucht:

  • bei der neuromuskulären Erregbarkeit der Nerven und Muskeln
  • bei der Kontraktion der Herzmuskulatur
  • für die Aufrechterhaltung des intrazellulären Volumens
  • für die Stabilisierung des Säure-Basen-Haushalt
  • für die Bildung von cAMP

Bei einer Azidose werden vermehrt Wasserstoff-Ionen in die Zelle aufgenommen. Im Gegenzug wird von den Zellen Kalium ins Blut und den Extrazellulärraum abgegeben. Es kann zu einer Hyperkaliämie kommen. Wird die Azidose wieder ausgeglichen, kehrt sich der Vorgang um und die Gefahr einer Hypokaliämie droht.

Bei Kaliummangel ist die Digitalisempfindlichkeit des Herzmuskels gesteigert. Bei einer Hypokaliämie können bereits bei einem Digitalisspiegel im therapeutischen Bereich Intoxikation auftreten.

Symptome und Klinik[Bearbeiten]

  • die leichte Hypokaliämie ist häufig symptomlos

Nur bei ausgeprägtem Kaliummangel kommt es zu Symptomen:

  • Adynamie bis hin zu Lähmungen
  • Obstipation bis hin zum paralytischen Ileus
  • Abschwächung bis Fehlen der Reflexe
  • Extraschläge und tachykarde Herzrhythmusstörungen
  • EKG: Abflachung von T, ST-Senkung, U-Welle, TU-Verschmelzung, QT-Verlängerung,

Diagnostik[Bearbeiten]

Anamneseerhebung[Bearbeiten]

  • Haben Sie Durchfall- oder Erbrechen ?
  • Nehmen Sie Wassertabletten ein ?
  • Nehmen Sie Blutdrucktabletten ein ?
  • Haben Sie einen hohen Blutdruck ?
    • Kalium niedrig und hoher RR lassen an einen NN Tumor denken ( Cushing oder Conn )
  • Haben Sie eine Muskelschwäche bemerkt ?
  • Schwitzen Sie stark ? Haben Sie stark geschwitzt ?
  • Nehmen Sie Abführtabletten ein ?

Labor[Bearbeiten]

Kalium im Blut[Bearbeiten]

Kaliumspiegel im Urin[Bearbeiten]

Blutzucker[Bearbeiten]

Blutgase[Bearbeiten]

Andere Elektrolyte im Blut[Bearbeiten]

  • Natrium, Magnesium, Calcium, Phosphat

Aldosteronspiegel[Bearbeiten]

Cortisoltagesprofil[Bearbeiten]

Schilddrüsenwerte[Bearbeiten]

EKG[Bearbeiten]

EKG bei einem Kalium von 2,4

Morphologie der Nieren und Nebennieren[Bearbeiten]

  • Sono oder CT : Nebennierentumor ?

Therapie[Bearbeiten]

Allgemein[Bearbeiten]

Magnesium ist ein wichtiger Ko-Faktor bei der Kaliumabsorption und der Aufrechterhaltung des intrazellulären Spiegels. Eine Magnesiumsubstitution ist bei Verdacht auf Hypomagnesiämie und gleichzeitiger Hypokaliämie immer indiziert v.a. bei Risikopatienten (schlecht ernährte Patienten, Alkoholikern)

Wieviel und Was?[Bearbeiten]

Kaliumdefizit [mmol]: delta-Serumkalium [mmol] x 370 Beispiel: Kalium im Serum ist 2,9 mmol/l --> Defizit beträgt 0,6mmol x 370 = 222mmol

Bei geringer Hypokaliämie (3–3,5 mmol/L) erfolgt die Substitution oral

Kaliumtabletten[Bearbeiten]

  • Brausetabeletten ( enthalten je 40 mmol)
  • Retard-Tabletten (enthalten je 8-10 mmol), d.h. eher zur Prophylaxe bei Schleifen/Thiazidiuretika-Therapie und unter Digitalis
  • KCl-Ampullen (20mmol) p.o. ( verdünnt mit O-Saft/Wasser da salzig)

Bei mittelschwerer (Serumkalium 2,5–3 mmol/L) und schwerer Hypokaliämie ( <2,5 mmol/L) zusätzlich i.v. Substitution zusätzlich zur oralen Therapie. Wenn möglich, ist die Gabe p.o. immer sicherer.

Periphere iv-Infusion (Phlebitisrisiko!): max. 40-60 mmol/24 h!
iv-Gabe über Zentralvene: max. 20-40 mmol/h!
zusätzlich Magnesiumgabe  
Verlaufskontrolle folgender Laborparameter initial nach 30-60 min:
*EKG
*Blutzucker
*Serumkalium
*BGA

Kalium i.v.[Bearbeiten]

  • Kaliumchlorid-Lösung 1 Amp (20mmol/Ampulle) in 500ml Jono oder 2 Amp (40mmol) in 1000ml

--> stets langsam (max. 20 mmol/h) und verdünnt verabreichen bei hohem Defizit (z.B. diabetische Ketoazidose) und Überwässerung, 40mmol/h (zb in 500ml) sehr möglich, aber sehr langsam infundieren und engmaschige Laborkontrollen alle 1-2 Stunden: Kalium, BZ, BGA u.a

CAVE: Kalium ist venentoxisch
CAVE: Kalium kann maligne u.U. tödliche Herzrhythmusstörungen auslösen, wenn es pur gegeben wird.

Beispiel von oben: Defizit von 222mmol

  • 1 Amp KCl in 500ml i.v.
  • Kalium Brause-Tabletten 1-1-0

am gleichen/nächsten Tag Laborkontrolle unterstützend :

Kaliumsparende Medikamente[Bearbeiten]

  • Amilorid ( gibt es leider nur als Kombination )
  • Triamteren ( gibt es leider nur als Kombination )
  • Spironolacton bei Schleifendiuretikatherapie und Herz mit eingeschränkter LV-EF/LEberinsuffizienz
  • ACE Hemmer
  • Sartane

Kaliumreiche Kost[Bearbeiten]

Kaliumreiche Lebensmittel sind vor allem pflanzliche Lebensmittel wie:

  • Getreide und Gemüse (z.B. Kartoffeln, Spinat, Salat, Petersilie)
  • Früchte (z.B. Avocados, Bananen, Aprikosen, Feigen, Honigmelonen, Kiwis, einige Beerensorten, Pfirsiche, Trauben, Trockenobst),
    • In 100 Gramm Banane befinden sich zum Beispiel etwa 400 Milligramm Kalium.
  • Fruchtsäfte
  • Nüsse
  • Fleisch und Fisch liefern ebenfalls Kalium, wenn auch nicht im selben Maße wie pflanzliche Lebensmittel.

Beim Einweichen und Kochen von Gemüse, geht das Kalium in die Flüssigkeit über.

Rekawan Suppe[Bearbeiten]

Kaliumsalz statt Natriumsalz[Bearbeiten]

Salze, bei den Natrium durch Kalium ersetzt wurde, heißen Diätsalze. Handelspräparate

  • Dr.Ritter Diät-Salz
  • Sina Salz
  • Disal Diätsalz

Verlauf und Prognose[Bearbeiten]

Fälle[Bearbeiten]

Schwere Hypokaliämie mit Pseudo-QTc-Verlängerung[Bearbeiten]

siehe http://www.medicalforum.ch/pdf/pdf_d/2003/2003-44/2003-44-110.PDF

Hypokaliämie, hoher Blutdruck, Coma[Bearbeiten]

siehe https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/ein-raetselhafter-patient-warum-ist-er-ins-koma-gefallen-a-9c13e479-b3d6-4a26-8d05-b252e0e14270

  • Patient mit Conn-Syndrom

Geschichte der Krankheit[Bearbeiten]

Experten + Krankenhaeuser[Bearbeiten]

Selbsthilfegruppen[Bearbeiten]

Fragen,Anmerkungen[Bearbeiten]

  • Macht eine Neurodermitis eine schwere Hypokaliämie mit Werten bis 1,5 ?
  • Welche Nebenwirkungen haben Kaliumtabletten ?
    • Vor allem Magen-Darm-Beschwerden
      • Sodbrennen, Aufstoßen, Übelkeit und Erbrechen
      • Duodenitis , Gastritis
    • Gefährlich kann auch eine Hyperkaliämie werden, wenn man den Kaliumspiegel nicht kontrolliert
  • Kann man Kaliumtabletten selbst als Herzschutz einnehmen?
  • Kann der Kaliumspiegel trotz der Einnahme von Kalium zu niedrig sein?
  • Kann man einen Kaliummangel mit Nahrungsmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln ausgleichen?
  • Wie kann man das intrazelluläre Kalium messen ?

Literatur[Bearbeiten]

Links[Bearbeiten]

Übersicht[Bearbeiten]