Innere Medizin kk: Nabi

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Chemische Formel von Nabi

Nabi d.h  Natriumbikarbonat , chemisch korrekt Natriumhydrogencarbonat, ist das wichtigste Medikament zur Korrektur einer schweren metabolischen Azidose.

Natriumbikarbonat (NaBi) wird bei einer metabolischen Azidose zur pH-Korrektur verwendet. Intravenös wird gelöstes Bikarbonat zugeführt, was eine pH-Wert Steigerung zur Folge hat. Da außerdem Natrium zugeführt wird muss der Na+ Spiegel beobachtet werden. Der Bicarbonatgehalt zwischen intravasal und intrazellulär gleicht sich nur langsam an. D.h. der in der BGA gemessene pH Wert bildet den intrazellulären Wert erst verzögert ab. NaBi wird erst ab einem pH unter 7,2 und einem BE < -10 angewendet. Bei ketoazidotisch entgleistem Diabetes reicht meist die Korrektur des Blutzuckerstoffwechsels durch Flüssigkeits-, Insulin- und Kaliumgabe aus um die Azidose zu korrigieren.

Fälle[Bearbeiten]

Fall 1[Bearbeiten]

Junger Mann mit Frostschutzmittelintoxikation. Leber und Nierenversagen, Somnolenz

  • Ph 6,6 BE -30
  • 300 ml Nabi , danach ph 7,0
  • Dialyse , Beatmung, Lebertherapie
  • Überlebt mit dialysepflichtiger Niereninsuffizienz

Fall 2[Bearbeiten]

  • Schwere GI Blutung unter Marcumar und sehr niedrigem Quick
  • Hypovolämischer Schock
  • pH 6,7 , BE -28
  • 500 ml NaBi , danach pH 7,4 BE 0
  • 4 EK , 3000 E PPSB Beriplex , Vitamin K Konakion 3 Amp
  • Jonosteril 2000 ml , Glucose 20 % 500 ml
  • Aterenolperfusor stufe 5 - 4- 3 - 6- 5
Blutgastabelle des Falles[Bearbeiten]
Uhrzeit  ph   BE   pCO2  po2( beatmet ) Na  K    Ca  Lactat Hb
-------------------------------------------------------------- 
10.42    6,7  -28  27    565            144 4,2  1,1 23     5,7
12.30    6,96 -24  24    356            145 3,9  1,0 23     4,9
14.20    7,1  -20  25    284            142 4,4  0,9 23     6,8
15.05    7,36 - 7  31    249            147 4,3  0,8 22     6,6
17.12    7,35 - 4  37     98            145 3,7  0,9 19     9,1
18.13    7,43 - 1  35     93            147 4,3  0,9 18     10,0
Aufnahmebefund[Bearbeiten]
Diagnosen[Bearbeiten]
  • Reanimation bei hämorrhagischer Schock wegen
  • Diffuse GI Blutung unter Marcumartherapie mit
  • Erhebliche Gerinnungsstörung
  • V.a. Aspiration
  • Z.n. schwere Refluxoesophagitis, HUT negativ, bei axialer Hiatushernie, Antrumgastritis
  • Nierenfunktion im Stadium der eingeschränkten Leistung.
  • Anamnestisch Thrombozytopenie (aethyltoxisch?).
  • Cardiovasculäre Risikofaktoren:
    • Nikotinabusus,
    • arterielle Hypertonie,
    • C2-Abusus.
Anamnese (durch Sanitäter, in der ZPA)[Bearbeiten]

Der Patient hat sich in der früh unwohl gefüllt, kurz danach hat er blutig erbrochen. Der Notarzt wurde alarmiert. Dieser legte einen Zugang und konnte einen niedrigen Blutdruck feststellen. Im Sanitätsauto war der Patient nicht mehr ansprechbar, dann Apnoe und Bradykardie etwa 30/min. Nach 1 Amp. Adrenalin und 1 Amp. Atropin zeigte der Patient einen kräftigen Puls, RR war weiterhin nicht messbar, weiter Apnoe. Der Patient wurde bis Zur Ankunft in der Notaufnahme mit der Maske beatmet, in der Notaufnahme erfolgte dann die Intubation.

Bisherige Therapie (nach tel. Angabe der Ehefrau):

  • Beloc zok mite (Metoprolol) 1-0-0 Tabl.
  • Marcumar alle 2 Tage 1 Tbl.
Aufnahmebefund[Bearbeiten]

57 jähriger Patient, massiv vorgealtert, intubiert und beatmet, Blutdruck bei Aufnahme 60/20 mmHg, Frequenz 132/min. Haut ikterisch-blass, cyanotisch, kalt, um Mund herum Hämatinspuren. Kopf und Hals: Keine Meningismuszeichen (unter Sedierung). Pupillen am Anfang weit dann unter Sedierung klein bis mittelgroß, ohne Lichtreaktion, kein Nystagmus, deutliche Lippencyanose. Stimme und Sprache initial nicht beurteilbar, da Patient beatmet. Kein Strömungsgeräusch über den Carotiden auskultierbar, keine Jugularvenenstauung, in Rachen beim Intubation Blutspuren, werden abgesaugt, V.a. Aspiration. Thorax und Lungen nach Intubation mit Tubus 8,0 Atemgeräusch seitengleich, Tubus bei 24 cm ab Zahnreihe fixiert Cor: Herzaktion tachycard, rhythmisch, Herztöne rein, keine pathologischen Geräusche auskultierbar. Abdomen: unauffällige Bauchdecke, adipös, seltene Darmgeräusche, keine Abwehrspannung, keine Resistenzen tastbar, Rectal Anfangs war die Ampulle leer, etwa 1 Stunde danach wenige Hämatinspuren. Nierenlager palp. unauff. Wirbelsäule und Extremitäten: Wirbelsäule palp. unauff., keine Unterschenkeloedeme beidseits. Fußpulse allseits regelrecht tastbar. Neurologischer Status: Patient unter Sedierung mit Midazolam, keine Auffälligkeiten..

Gastroskopie[Bearbeiten]
  • Untersuchung am intubierten/beatmeten Patienten auf Intensivstation
  • Ösophagus:
    • Geringe Hämatinspuren, sonst unauffälliges Plattenepithel;
    • Gastroösophagealer Übergang bei 40 cm ab Zahnreihe; Hiatushernie
    • Ösophagitis: Refluxösophagitis: Rötung
  • Magen:
    • Erythem: fleckförmig; noch dtl. Hämatinspuren, keine aktive Blutung,
    • einzelne Erosionen;
  • Duodenum:
    • Hämatinspuren, sonst unauffällig
  • Biopsien aus Antrum, Corpus für HUT:negativ

Wirkstoff[Bearbeiten]

50 mval Nabi

Zusammensetzung[Bearbeiten]

Bestandteil: 100 ml Infusionslösungskonzentrat enthalten:

  • Natriumhydrogencarbonat 8,4 g (Natriumbicarbonat);
  • Wasser für Injektionszwecke,

Theor. Osmolarität: 2000 mOsm/l, Titrationsacidität (pH 7,4): ca. – 80 mmol/l, pH-Wert: 7,0 – 8,5

sonstige Bestandteile

  • Natrium-Edetat 2H2O

Wirkungsweise[Bearbeiten]

  • Nabi ( HCO3-) reagiert mit H+-Ionen zu CO2 und H2O.
  • das Enzym  Carboanhydrase katalysiert diese Reaktion.

Regulation der Natriumbicarbonat-Konzentration des Plasmas[Bearbeiten]

  • durch die Lunge wird CO2 eliminiert
  • durch die Nieren:
    • Natriumbicarbonat wird in der Niere glomerulär filtriert und zum größten Teil tubulär rückresorbiert.
    • Bei Plasmawerten unter 24mmol/l wird Natriumbicarbonat praktisch vollständig reabsorbiert.

normale Natriumbicarbonat-Konzentration im Plasma[Bearbeiten]

Die normale Natriumbicarbonat-Konzentration im Plasma beträgt 24 – 31 mmol/l.

Gewebsverteilung[Bearbeiten]

  • extrazellulär
    • Natriumbicarbonat-Konzentration 24 – 31 mmol/l.
  • Intrazellulär
    • Natriumbicarbonat-Konzentration mmol/l.
  • HCO3- passiert die Plazenta-Schranke leicht
  • HCO3- passiert die Blut-Hirn-Schranke nur langsam.

Indikation[Bearbeiten]

  • schwere metabolische Azidosen
  • Harnalkalisierung bei Intoxikationen mit schwachen organischen Säuren (z. B. Barbiturate, Acetylsalicylsäure)
  • Harnalkalisierung zur Verbesserung der Löslichkeit von im neutralen und sauren Milieu schwerlöslichen Medikamenten (z. B. Methotrexat, Sulfonamide)
  • Harnalkalisierung bei Hämolyse
  • bei Natriummangel (hyperchlorämische Hyponatriämie),
  • als Beigabe zur Herz-Lungen-Maschine.

Alternativen[Bearbeiten]

  • Ausgleich eines Azidotisch entgleisten Zuckers durch
    • Parenterale Flüssigkeitsgabe
    • intravenöse Kaliumgabe
    • Insulingabe
  • Ausgleich einer Niereninsuffizienz durch Dialyse
  •  TRIS Puffer
    • vor allem bei hohem Natriumwert

Art der Anwendung Dosierung[Bearbeiten]

Art der Anwendung[Bearbeiten]

  • Unverdünnt
    • Nur in lebensbedrohlichen Notfällen über einen ZVK und separate Leitung
  • verdünnt
    • Natriumbicarbonat 8,4% sollte mit einer 5%-igen Glucoselösung oder einer 0,9%- igen Kochsalzlösung im gleichen Volumenverhältnis verdünnt werden.

Dosierung[Bearbeiten]

Bei Erwachsenen:

  • Die Dosierung muss immer unter Berücksichtigung des BE (Basendefizits) individuell festgelegt werden.
  • Die Dosis der erforderlichen Menge an ml 1-molarer Natriumbicarbonatlösung wird mittels nachstehender Formel berechnet:
ml 8,4%ige Lösung = Basendefizit in mmol/l x 0,3 x kg Körpergewicht
  • Zunächst sollten immer nur 50% der berechneten Menge Bicarbonat verabreicht und anschließend die BGA kontrolliert werden.
  • Maximale Infusionsgeschwindigkeit: bis zu 1,5 ml Natriumbicarbonat 8,4% pro kg Körpergewicht und Stunde

Dosierungsformel[Bearbeiten]

Anhand der Basenabweichung BE kann bei der metabolischen Azidose der Bedarf an NaHCO3 abgeschätzt werden:

Ein 75 kg schwerer Patient mit einer negativen Basenabweichung von -8 mmol/l hat also ein ungefähres Defizit von 200 mmol

-8 * 75 / 3 =  200

Vorsichtsmaßnahmen für die Verwendung[Bearbeiten]

Gegenanzeigen[Bearbeiten]

  • Nicht zusammen mit calcium- und magnesiumhaltigen Lösungen verwenden.
  • nicht mit phosphathaltigen Lösungen mischen.
  • nicht am gleichen Schenkel, wie Noradrenalin (Arterenol) laufen lassen (Wirkverlust)
  • Paravenöse Applikation kann Nekrosen zur Folge haben.
  • bei Dosisüberschreitung Gefahr der hypokalzämischen Tetanie.

weitere Gegenanzeigen[Bearbeiten]

  • Hypocalcämie,
  • Hypochlorhydrie,
  • Alkalosen,
  • respiratorische Acidose, ( hoher pCO2)
  • Hypoventilation,

allgemeine Gegenanzeigen der Infusionstherapie[Bearbeiten]

  • dekompensierte Herzinsuffizienz,
  • Lungenödem
  • Hirnödem,
  • Hyperhydratationszustände
  • therapieresistente Anurie

Nebenwirkungen[Bearbeiten]

  • Lokale Nebenwirkungen
    • Unverdünnte Lösungen führen zu Gefässwandreizungen
  • Systemische Nebenwirkungen
    • Elektrolythaushalt
      • Der hohe Natriumanteil kann zur Hypernatriämie führen
        • dadurch Flüssigkeitsretention möglich
      • Hypokaliämie
        • Kalium wird vermehrt intrazellulär aufgenommen
        • Kalium wird als Gegenion zu Bicarbonat über die Nieren ausgeschieden.
      • Hypocalciämie
    • metabolischen Alkalose
  • Milch-Alkali-Syndrom
    • Bei chronischer Verabreichung von oralem Natriumbicarbonat zusammen mit Milch oder Calcium
    • Zeichen:
      • Hypercalcämie,
      • Niereninsuffizienz,
      • metabolischer Alkalose,
      • Nausea, Erbrechen,
      • Verwirrtheitszustände
  • Nebenwirkungen nach hohen parenteralen Dosierungen:
    • Metabolische Alkalose
    • Hypokaliämie
    • Hypocalcämie
    • Hyperkapnie
    • Hypernatriämie
    • Volumenüberladung des Kreislaufs
    • Hydropische Herzdekompensation
  • Gewebshypoxie
    • Verschiebungen in der Sauerstoffdissoziationskurve
    • Paradoxe ZNS-Azidose im Liquor
      • Atemstillstand

Wechselwirkungen[Bearbeiten]

Vorsicht: Wegen des alkalischen pH-Wertes ist Natriumhydrogencarbonat 8,4 % Infusionslösungskonzentrat mit den meisten Arzneimitteln inkompatibel. Insbesondere die Kombination mit calcium-, magnesium- und phosphathaltigen Lösungen kann zu Ausfällungen führen.

Packungsgröße[Bearbeiten]

Verfallsdatum und Lagerung[Bearbeiten]

Kosten[Bearbeiten]

Firma[Bearbeiten]

  • Fresenius Kabi
  • Braun Melsungen

Fragen[Bearbeiten]

Unverdünnt über den ZVK ?[Bearbeiten]

Darf man Nabi unverdünnt über den ZVK laufen lassen ?

Ab welchen Blutgaswerten sollte man NaBi geben ?[Bearbeiten]

  • BE < - 10
  • pH < 7,2

Beim Polytrauma mit Blutverlust gibt man Nabi schon früher

  • BE < - 5
  • pH < 7,2

Literatur[Bearbeiten]

Links[Bearbeiten]